Wo wohnst Du? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Miete

Lesezeit: ~ 3 Min.

Wo wohnst Du? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Miete, gesprochen von Dr. Wolfgang Beck (kath.), veröffentlicht am 21.04.2018 von ARD/daserste.de

[…] Sogar Jesus wird in der Bibel gefragt, wo er denn eigentlich wohnt. Darin drückt sich einfach das Interesse von Menschen an ihm aus.*

Na, da haben wir ja Glück gehabt, dass der biblische Romanheld auch mal nach seinem momentanen Wohnort gefragt worden war. Und somit Herr Dr. Beck wiedermal eine Möglichkeit hat, wenigstens irgendeinen Bezug zu seiner „Heiligen Schrift“ herzustellen. Auch wenn es sich um einen noch so banalen, trivialen Bezug handelt.

Wie jemand wohnt, erzählt schließlich eine Menge über die Person.

Die biblische Legende berichtet jedenfalls nichts davon, dass die potentiellen Jesus-Nachfolger mit dieser Frage etwas über die Person Jesus herausfinden wollten. Die wollten einfach nur wissen, wo sie ihn finden. Was ja nachvollziehbar ist: Wie sollten sie ihrem Endzeitsektenführer nachfolgen können, wenn sie gar nicht wissen, wo der wohnt?

…da stockt der Atem…

Wer aber heute Menschen fragt, wo sie wohnen, kann sich gerade in städtischen Bereichen auf dramatische Erzählungen einstellen: Monatelanges Suchen in den entsprechenden Internetportalen und geradezu groteskes Schlange-Stehen für bloße Wohnungsbesichtigungen. Und natürlich dann Mietpreise, die einem den Atem stocken lassen.

Missstände anzuprangern ist das Eine. Vor der eigenen Tür zu kehren, wäre das Andere. Denn auch Mietern und Pächtern von Wohnungen und Grundstücken, die Deutschlands zweitgrößtem Immobilienbesitzer gehören (das Immobilienvermögen der christlichen Kirchen in Deutschland beläuft sich auf rund 220 Milliarden (!) Euro, Kirchengebäude nicht mitgerechnet, Quelle), stockt mitunter gehörig der Atem:

…keinen Deut besser

  • So ein Verhalten kennt man von Immobilienhaien – nicht von der Kirche. Doch es ist, so zeigt der Bericht, nur ein Beispiel von vielen.
  • Immer wieder stöhnen Mieter: Das, was die Kirche mache, sei „Wucher“, wird da ein Betroffener zitiert, der für ein Grundstück fünf Mal mehr Pacht zahlen soll. Ein anderer Mieter ärgert sich über hohe Quadratmeterpreise und kritisiert, dass diejenigen mit dem sozialsten Namen am stärksten „zulangen“ würden und am wenigsten einsichtig seien.
  • Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund bestätigt die ARD-Recherchen: „Es gibt regional immer wieder Fälle, wo die Kirche exorbitant hohe Mieterhöhungen versucht geltend zu machen.“ (Quelle)

Betrachtet man die von report München geschilderten Fälle, so scheint sich die Kirche also nicht durch besonders faire Praktiken von den zurecht angeprangerten Immobilienhaien abzuheben. Es geht auch hier schlicht und ergreifend um Gewinnmaximierung:

„Wir brauchen moderate Renditen“

[…] Und es gab bei Architekten und Stadtplanern ein Bewusstsein dafür, dass die Frage des Wohnens mehr ist, als eine Kapitalanlage.

Bei der Kirche hingegen scheint vorrangig das Bewusstsein für die Rendite ausgeprägt zu sein:

  • Darf die Kirche als Vermieter immer stärker auf die Rendite schauen? Ja, muss sie zwangsläufig, erklärt Erich Barzen, Finanzchef der Evangelischen Landeskirche Bayern im Gespräch mit „Report München“. Es gebe zum Teil falsche Erwartungen an die Kirche: „Wir können nicht dauerhaft massiv Wohnungen subventionieren, wir brauchen moderate Renditen.“ (Quelle)

Ob „moderate Renditen“ ausreichen, um den enormen klerikalen Finanzbedarf zu befriedigen? Ganz zu schweigen von den bisher immer gerne nach Möglichkeit verschwiegenen Skandalen. Der Immobilienexperte für schönes Wohnen Tebartz van Elst kommt einem da spontan in den Sinn. Oder wenn Kirchendiener wieder mal ein paar Millionen verzockt haben.

Wie zum Beispiel in dem Fall, der vor einigen Wochen bekannt geworden war. Da hatte ein Mitarbeiter der Diözese Eichstätt bis zu 60 Millionen Dollar durch nicht abgesicherte Darlehen an Immobilien-Firmen in den USA verseppelt.

Auch wenn sie nach Kräften versucht, dieses Image zu vertuschen: Die Kirche ist nichts weiter als ein Wirtschaftsbetrieb mit religiöser Lackierung:

  • „Und dieser ganze Bereich der Wirtschaft im Raum der Kirchen als Geldfluss sind 129 Milliarden Euro pro Jahr. Die deutsche Automobilindustrie hat ein Gesamtinlandsumsatz – eine vergleichbare Größe – von 127 Milliarden.“ (Quelle: Zitat Carsten Frerk auf deutschlandfunk.de)

Als Christ nicht – sonst aber schon?

Als Christ können mir die Sorgen von Mitmenschen nie egal sein.

Herr Dr. Beck, wenn Ihr Mitgefühl von Ihrem Christsein abhängt, dann können Ihre Mitmenschen ja froh sein, dass Sie (vermutlich) christlich sozialisiert worden waren.

Denn sicher belassen Sie es ja nicht dabei, Ihr Mitgefühl mit abgezockten oder schickanierten Mietern in Ihrem „Wort zum Sonntag“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu verkünden.

Wie oben kurz dargestellt, glänzt die Kirche als Vermieter keinesfalls durch ein überdurchschnittliches Verständnis für die Sorgen von Mitmenschen. Jedenfalls dann nicht, wenns ums (zu erwirtschaftende) Geld geht.

  • Meistens gelinge es jedoch mit Hilfe der Öffentlichkeit, Mieterhöhung zurückzuschrauben, so Ropertz. „Weil die Kirche einfach sieht und akzeptiert, dass sie sich so nicht verhalten kann, dass dies sozial schlicht unmöglich ist.“ Das Zitat von Ropertz zeigt aber auch: Erstmal versucht sie es, in der Hoffnung, dass ein Aufschrei ausbleibt. (Quelle)

Als Angestellter eines Milliardenkonzerns, der die meisten DAX-Unternehmen locker in die Tasche steckt, der nach dem Staat als zweitgrößter Immobilienbesitzer des Landes gilt und der sich bei jeder Gelegenheit seiner überlegenen Moral rühmt („Als Christ können mir die Sorgen von Mitmenschen nie egal sein…“) haben Sie ja sicher noch ganz andere Möglichkeiten, etwas Wirksameres gegen die Bezahlbarer-Wohnraum-Problematik zu unternehmen, als nur die Missstände in einer kirchlichen Verkündigungssendung anzuprangern. Aus der Portokasse, quasi.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.

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