Die Geschmäcker ändern sich…. Gedanken zu „Sonntagsgedanken“ (Nachgedacht 289) von Christina Lander, veröffentlicht am 11.11.2018 von Osthessennews
Guten Tag Frau Lander,
in der 289. Ausgabe Ihrer Kolumne „Nachgedacht“ beschreiben Sie Ihre Erfahrung, dass sich Geschmäcker im Lauf der Zeit verändern können:
Es heißt ja, alle sieben Jahre verändere sich der Geschmack. […] Immer wieder fällt mir auf, dass ich gewisse Speisen, die ich noch vor Jahren mit einem verzogenen Gesicht abgewiesen habe, nun sehr gern esse: Etwas intensiver duftender Käse, Oliven, Mozzarella und Mont [sic] Cherie, das alles habe ich früher verschmäht, heute finde ich es einfach klasse […]
Nicht nur die Geschmäcker verändern sich
Ein Humanmediziner kann die Veränderungen der „Geschmäcker“ sicher medizinisch erklären.
Neben der Veränderung der „Geschmäcker“ sprechen Sie auch noch andere Veränderungen an. Solche, die nichts mit dem Geschmacksempfinden zu tun haben.
Sie schreiben, dass Sie manche Ihrer älteren NACHGEDACHT-Texte mit Ihrer heutigen Einstellung zum Leben heute so nicht mehr verfassen würden.
Das finde ich sehr interessant. Ich würde mich freuen, wenn Sie mal ein paar Beispiele nennen könnten, an denen zu erkennen ist, inwiefern sich Ihre Sichtweise dazu inzwischen verändert hat.
Und natürlich fände ich es auch spannend zu erfahren, welche Erfahrungen Ihrer Meinung nach zu diesem Wandel geführt haben könnten: Woran konnten Sie jetzt erkennen, dass Sie offenbar falsch gelegen hatten, als Sie diese Texte damals verfasst hatten? Welche Formulierung/en empfinden Sie heute anders als damals? Und warum?
Wovon waren Sie damals vielleicht noch ausgegangen? Von dem Sie heute offenbar nicht mehr ausgehen?
Austausch mit anderen kann positive Veränderungen bewirken
Einen Satz Ihres heutigen NACHGEDACHT finde ich besonders bemerkenswert:
[…] Grundlegend für positive Veränderungen im Leben, für das sogenannten Reiferwerden, ist aber der Dialog, der Austausch mit anderen, der unseren eigenen Blick erweitert und Haltungen und Urteile überdenken lässt.*
Das sehe ich genauso. Gerade im Dialog hat man die Möglichkeit, seinen eigenen Standpunkt und dessen Grundlagen selbstkritisch zu hinterfragen. Und ihn mit seinem aktuellen Erkenntnisstand über die Wirklichkeit abzugleichen.
Voraussetzung dafür ist, sachlich geäußerte Kritik an aufgestellten Behauptungen und zu geäußerten Ansichten nicht als persönlichen Angriff zu interpretieren. Sondern sich vielmehr ebenfalls sachlich mit den Argumenten auseinanderzusetzen.
Auch (und gerade) eine sehr kontroverse Diskussion kann für alle Beteiligten sehr ergiebig sein. Wenn sich die Teilnehmer auch dann respektieren, wenn sie die Argumente des Anderen möglicherweise nicht respektieren können.
Diese Einstellung auf den Punkt gebracht findet sich in diesem Zitat, das (wahrscheinlich fälschlicherweise) Voltaire zugeschrieben wird:
- „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“
Halten die Dialogpartner dabei dann noch gewisse Standards der Dialogethik ein, steht einem fairen und ergiebigen Austausch nichts im Wege.
Nachgedacht und Mitgemacht
Natürlich maße ich mir nicht an davon auszugehen, dass Sie sich mit Ihrer Aussage über die wichtige Bedeutung des Austausches auf meine Kommentare zu Ihren Beiträgen bezogen haben. Sollte ich Ihnen trotzdem die eine oder andere Anregung zum Nachdenken gegeben haben, so freut mich das natürlich.
Viele meiner Kommentare beinhalten auch Fragen zu Ihren Aussagen. Aufgrund Ihrer geäußerten Dialogbereitschaft lade ich Sie (einmal mehr) herzlich ein, mir Ihre Gedanken zu meinen mitzuteilen oder meine Fragen zu beantworten. Entweder persönlich und nicht-öffentlich per E-Mail. Oder natürlich auch gerne als öffentlich sichtbarer Kommentar direkt unter den Beiträgen.
Nach wie vor würde es mich ehrlich interessieren, mal aus erster Hand zu erfahren, in welchen Punkten sich ein liberal-theologischer von einem fundamentalistisch-religiösem Standpunkt unterscheidet.
Einladung zum Dialog
Eine weitere Möglichkeit, einen religiösen Standpunkt mal aus einem säkular-humanistischen Blickwinkel zu betrachten, bietet sich zum Beispiel im Rahmen eines Stammtisches der Evolutionären Humanisten Fulda e.V. Da gibts außerdem auch immer lecker Essen für alle Geschmäcker 🙂
Ich finde, dass es auch heilsam ist, zu wissen, dass sich Gefühle ändern können, Angst abgebaut, Trauer bearbeitet und Liebe intensiviert werden kann.
Nicht nur Geschmäcker, Gefühle und Liebe können sich verändern. Auch Einstellungen, Sichtweisen und Glaubensinhalte können sich im Lauf des Lebens verändern. Sogar grundlegend. Manchmal in ganz kleinen Schritten. Und über einen langen Zeitraum. Aber manchmal auch ganz plötzlich.
Mitunter sind es viele kleine Erkenntnisse und Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen, die dann dazu führen können, bislang sicher Geglaubtes als doch nicht zutreffend zu durchschauen. Einen ergebnisoffenen Standpunkt halte ich für wichtig, wenn man bestrebt ist, seine Weltsicht weiterzuentwickeln.
Viele Grüße und alles Gute weiterhin!
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag „Die Geschmäcker ändern sich…. Sonntagsgedanken von Christina Lander“
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