Zum ersten Mal einen Adventskalender – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 5 Min.

Zum ersten Mal einen Adventskalender – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Pastorin Annette Behnken, Loccum, veröffentlicht am 28.11.2020 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Frau Behnken plaudert diesmal über den Advent als Zeit der Hoffnung. Obwohl sie berufsbedingt ja eigentlich die „Hoffnung Gott“ verkünden müsste, scheint sie lieber auf die „Hoffnung Mensch“ zu setzen.

Keine Frage: Ganz sicher meint sie es wie immer gut, die Frau Pastorin Behnken. Ein bisschen Trost und Hoffnung als Betthupferl fürs öffentlich-rechtliche Fernsehpublikum. Möglichst unverfänglich, mehrheitsfähig und leicht verdaulich. Und natürlich muss im Wort zum Sonntag auch irgendwas mit Religion vorkommen.

Dann schauen wir mal, was das Christentum an Hoffnung zu bieten hat:

Advent – Zeit der Hoffnung, wird uns alle Jahre wieder gesagt. Dass irgendwann mal alles gut ist. Naja. Wer kann das ernsthaft noch hoffen?
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Zum ersten Mal einen Adventskalender – Wort zum Sonntag, verkündigt von Pastorin Annette Behnken, Loccum, veröffentlicht am 28.11.2020 von ARD/daserste.de)

Das christliche Heilsversprechen, der Kern der Frohen Botschaft ist Naja, Frau Behnken?

Naja. Naja!?

Sie werden doch nicht etwa vor der Absurdität des Glaubenskonstruktes kapituliert haben, das Sie eigentlich an den Mann, die Frau und das Kind bringen sollten? Voller Gottvertrauen, statt dessen Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen?

Da denken sich Menschen in der Bronzezeit extra einen Gott aus, der sich einen Sohn zeugen lässt, um diesen dann später als Menschenopfer für sich selbst vorübergehend zu Tode foltern zu lassen. Um damit seinen Anhängern zu beweisen, dass er es ernst meint mit der Hoffnung, die er in Aussicht stellt (Joh 3,16, Mk 16,16).

Und dann kommt da so eine Protestantin aus Loccum daher und meint, das alles sei Naja? Nichts, worauf man ernsthaft noch hoffen könne?

Frau Behnken, nachdem Sie offensichtlich das christliche Heilsversprechen als Fiktion oder zumindest als frag- und unglaubwürdig durchschaut haben, was bleibt denn dann noch übrig vom Christentum?

Woran sollte man Ihrer Meinung nach trotzdem noch glauben, worauf noch hoffen (oder auch: wovor sich fürchten) von dem, was das biblisch-christliche Glaubenskonstrukt so alles zu bieten hat und was nicht im ganz natürlichen, gottlosen Diesseits zu finden ist?

Andererseits: Hoffnung

Andererseits: Leben ohne Hoffnung? Wir würden nicht forschen, hätten keine Visionen, wir würden uns nicht verlieben. Menschsein geht nicht ohne Hoffnung.

Menschsein! Genau! Hoffnung ist eine ganz natürliche, irdische, menschliche Angelegenheit.

Weil Menschen grundsätzlich hoffen, bedeutet das nicht, dass deshalb auch die (fiktive) Hoffnung auf das biblisch-christliche Heilsversprechen plausibel oder sinnvoll sein muss. Gerade das scheint Frau Behnken jedoch durch das „Andererseits:“ suggerieren zu wollen: Unser Hoffnungsangebot ist zwar unglaubwürdig, aber der Mensch ist nun mal auf Hoffnung angewiesen.

Kennen Sie das? Vielleicht noch von sich selbst noch, als Kind? Dass Sie manchmal Dinge so sehr gehofft und gewünscht haben, dass Sie dachten, allein durch die Kraft des Wünschens müsste es wahr werden?

Frau Behnken, ich kenne sogar geistig gesunde, akademisch gebildete Menschen, die im 21. Jahrhundert in einem westlichen Industriestaat mit Schulpflicht groß geworden sind und die trotzdem auch als Erwachsene noch allen Ernstes glauben, sie könnten ihren magischen Himmelsfürsten durch die Kraft ihrer Gedanken oder Worte dazu bewegen, ihre Wünsche vielleicht wahr werden zu lassen.

Was geht Ihnen eigentlich so durch den Kopf, wenn Sie sich mit Bitt- oder Fürbitte-Gebeten an Ihren Gott wenden, Frau Behnken? Naja? Wer kann das ernsthaft noch hoffen?

Gestatten: Ewig-Vater Friedefürst

[…] Naja – und dann gibt’s noch diese anderen Hoffnungen. Die ganz großen. Unerfüllten. Die, die weh tun.

Da kann ich einen langen Wunschzettel schreiben: Weniger Angst und Trauer und Tod. Und deutlich mehr Liebe. Und Ehrfurcht. Ich wünsche leere Intensivstationen. Kein Virus. Dass Querdenker anfangen, geradeaus zu denken. Ich wünsche mir, Kerzen anzuzünden mit meinen Kindern und ihnen zu sagen: Alles ist gut. Und das bleibt auch so. Fürchtet euch nicht. Ich wünsche den Wunderbar, Rat, Held, Ewig-Vater Friedefürst; den der alle Tränen abwischt. Jetzt, hier, überall und immer.

Aber so ist es nicht.

Achso – so ist es gar nicht? Sondern… – wie?

Vielleicht genau so, wie man es erwarten würde, wenn die Erde nicht unter dem Oberkommando eines allmächtigen, allwissenden und allgütigen Wesens stehen würde, wie vom Christentum behauptet?

Und woran konkret sollen Christen dann noch glauben, worauf hoffen? Wenn es doch gar nicht so ist? Weder im Himmel (siehe oben), noch hienieden, auf Erden?

Wenn Sie sich einen Ewig-Vater wünschen, der alle Tränen abwischt (jetzt, hier überall und immer) und falls Sie das belasten sollte, dann könnte ein/e Psychologe/-in sicher dabei behilflich sein, dieser Sehnsucht auf den Grund zu gehen.

Ein bisschen Esoterik muss sein…

Wer denkt, dass Frau Behnken mit diesem Quasi-Offenbarungseid ihren Rücktritt als Berufschristin bekannt gibt, um sich ab sofort mit der irdischen Realitität zu befassen, der irrt. Auch wenn das christliche Heilsversprechen offenbar gerade obsolet geworden ist: Für ein bisschen esoterisches Geschwurbel ist es nie zu spät, wies scheint.

Und jetzt Advent. Zeit der Hoffnung, so die Tradition, ja. Aber: Auch Zeit der Erschütterung. So hat’s mal ein Jesuit gesagt. Und, das hat er auch gesagt: Gerade dann, wenn wir erschüttert sind, gerade dann erreichen uns die goldenen Fäden, die zwischen Himmel und Erde sind.

Goldener Faden zwischen Himmel und ErdeGoldfäden zwischen Himmel und Erde! Andere empfehlen Aluhüte als Schutz gegen Erschütterungen zwischen Himmel und Erde. Vielleicht kann man sich ja zusammentun. Anknüpfungspunkte gibt es sicher mehr als genug…

Weder im Wort- noch in irgendeinem übertragenen Sinn erschließt sich mir, was Frau Behnken mit ihrer himmlisch-irdischen Goldfäden-Spinnerei eigentlich andeuten oder gar konkret ausdrücken möchte.

Wenn das auf dem Mist eines Jesuiten gewachsen war, dann kann man wohl davon ausgehen, dass damit irgendeine Form von göttlicher Einfluss- oder Kontaktaufnahme gemeint sein könnte.

Nachdem Frau Behnken also gerade nüchtern festgestellt hat, dass niemand mehr ernsthaft auf göttliche Hilfe hoffen könne und dass magische Phantasiewesen keine Tränen abwischen, zerrt sie schließlich doch noch ihren Gott am seidenen Goldfaden zurück ins irdische Diesseits ihrer christlichen Verkündigungsshow:

Goldfäden zwischen Himmel und Erde

Ich suche diese Goldfäden. Und finde sie in ganz unterschiedlicher Weise. In der letzten Woche drei kostbare Gespräche. Mit einer Freundin über Gott und die Welt: wie wir uns die Seele vorstellen und das Leben nach dem Tod, übers Älterwerden, Gewichtsprobleme, unsere Scheidungen, schöne Klamotten und Lieblingsfilme. Ein Gespräch mit meiner Tochter darüber, wie nervig sie mich findet und wie sehr wir uns lieben. Und eines mit einer Ordensschwester über Dominosteine und Demut. Drei Goldfäden zwischen Himmel und Erde.

Welchen Zusammenhang stellen Sie sich denn zwischen Gesprächen über Esoterik, Frauen- und Elternthemen und „Goldfäden zwischen Himmel und Erde“ konkret vor, Frau Behnken? Was genau meinen Sie mit Himmel?

Und: Wären Ihre Gespräche auch nur ein ganz kleines bisschen weniger tief, interessant, wertvoll und bedeutsam für Sie gewesen, wenn Sie das religiös-nebulöse Gold-Lametta in der Kiste gelassen hätten? Statt damit Ihren Anflug von Rationalität, vielleicht auch verbunden mit einer gewissen Ent-Täuschung direkt wieder zunichte zu machen?

24 Mitmenschlichkeiten

Frau Behnken, ich habe den Eindruck, dass Sie diese Goldfäden nicht suchen. Sondern dass Sie sie selbst spannen. Und zwar aus Ihrer irdischen Wirklichkeit in Ihre religiös erweiterte Phantasie-Vorstellungswelt. Diese Fäden kommen nicht von Gott her, sondern von Ihnen zu Gott hin, um es dem Thema angemessen theologisch-schwurbelig auszudrücken.

Ja, und dann mein Adventskalender. Ein Weihnachtsbaum aus Pappe. Hinter jedem Türchen ein kleines Projekt, das mit meinem Kauf des Kalenders unterstützt wird. Sauberes Wasser für einen Menschen in Äthiopien für anderthalb Tage. Ein paar Quadratmeter blühende Wiese für Schmetterlinge in Thüringen. Ein Frühstück für ein krebskrankes Kind in Berlin. 24 Winzigkeiten. 24 zarte Goldfäden.

Wie wärs ganz einfach mit: Praktizierte Mitmenschlichkeit? Denn auch hier gehts ja um Menschen (bzw. um Mitlebewesen). Und nicht um ein Himmelswesen, das entweder unfähig, untätig, sadistisch oder alles zusammen ist und das durch goldene Fäden ins Geschehen eingebunden werden müsste.

„Hoffnung Mensch“– nicht nur im Advent

Dieses Jahr hat Viele und Vieles erschüttert. Ohne Hoffnung ist das nicht zu ertragen. Es wird Zeit, dass es endlich Advent wird.

Die Hoffnung, die der Advent angeblich mit sich bringen soll, hatten Sie doch gerade als illusorisch und unglaubwürdig entlarvt, Frau Behnken.

Stattdessen werben Sie im Grunde für die „Hoffnung Mensch.“

Eine Hoffnung, die ich gerne, allerdings ohne irgendwelche Erd-Himmel-Goldfädchen-Verflechtungen mit Ihnen teile. Nicht nur im Dezember. Sondern ganzjährig.

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