Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Die Bienen von Bethlehem

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Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Die Bienen von Bethlehem, veröffentlicht am 25.12.20 von osthessennews.de

Darum geht es

Besser als das Bild von der Biene, die auf der Wiese Nahrung sammelt und aufbewahrt passt auf religiös Gläubige das Bild von der Motte, die immer wieder versucht, in das Licht zu fliegen.

Stadtpfarrer Stefan Buß berichtet heute von einem Bild, das er einem Bischof und Kirchenlehrer aus dem 4. Jahrhundert zuschreibt:

„Geh zur Biene und lerne, wie arbeitsam sie ist und wie ernst sie ihre Tätigkeit nimmt. Wie zu einer Wiese soll man zu den göttlich inspirierten Worten hinfliegen. Dort soll man so viel einsammeln, wie zum Erlangen der Weisheit erforderlich ist, und sich eine Honigwabe herstellen. Der Ertrag dieses Arbeitseifers wird im eigenen Herzen wie in einem Bienenstock aufbewahrt.“
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Die Bienen von Bethlehem, veröffentlicht am 25.12.20 von osthessennews.de)

Bienen übermitteln mit ihrem Bienentanz ihren Mitbienen die Richtung und Entfernung zu lohnenswerten Futterquellen.

Der Tanz der Religionsbiene

BienentanzIn einer Hinsicht passt dieses Bild tatsächlich gut: Religionsbienen wie Herr Buß tanzen ihrem katholischen Bienenstock den Wegweiser zur biblisch-christlichen Wiese. Also immer direkt dorthin, wo er „göttlich inspirierte“ Worte ausgemacht hat. Nicht, dass die noch auf die Idee kommen, mal andere Wiesen, Wälder oder Gärten anzufliegen…

Besonders interessant und aufschlussreich finde ich die Anweisung, nur „so viel einzusammeln, wie zum Erlangen der Weisheit erforderlich ist, um sich eine Honigwabe herzustellen.“

Es geht also nicht darum, soviel Weisheit wie möglich zu erlangen. Um zum Beispiel mal auf die Idee zu kommen, auch andere potentielle Futter- bzw. Erkenntnisquellen „anzufliegen.“

Sondern gerade so viel, dass man bereit ist, immer und ausschließlich zu der einen, immer wieder „vorgetanzten“ Wiese mit den „göttlich inspirierten Worten“ zu fliegen, den biblisch-christlichen Nektar aufzunehmen und für sich zu bewahren.

Dieses Bild halte ich für bezeichnend für den Denkverzicht, den Religionen wie auch das Christentum ihren Anhängern verordnen.

Stadtpfarrer Buß fliegt auf Jesus

Ganz anders klingen erwartungsgemäß die Schlüsse, die Stadtpfarrer Stefan Buß für sich aus dieser Geschichte zieht:

Ich möchte zum einen, auf Jesus fliegen‘ – mich vom Menschgewordenen göttlichen Wort anlocken lassen. Bei ihm versuche ich immer wieder zu landen.

Hier fällt mir spontan ein anderes Bild ein, das meines Erachtens wesentlich besser dieses Verhalten beschreibt: Das Bild von der Motte, die sich immer und immer wieder von Licht anlocken lässt und immer wieder versucht, dort zu landen.

Biene – oder doch eher Motte?

Nach akuellem Forschungsstand orientieren sich Motten am Mondlicht, um den Winkel für ihren Geradeausflug zu berechnen. Wenn nun helle Lichter in der Nähe sind, lassen sie sich irritieren und berechnen ihren Kurs immer wieder falsch. Weil sie ihn immer wieder statt auf das weniger grelle, dafür aber verlässliche Mondlicht auf das helle, nahe Licht ausrichten.

Und deshalb landen sie immer wieder bei diesem Licht. Das aber nicht die erhoffte Orientierung ermöglicht, sondern für dauerhafte Ablenkung und Verwirrung sorgt.

Diese Analogie beschreibt meiner Meinung nach besser den Effekt von religiösen Glaubensgewissheiten auf Menschen als die Geschichte von den Bienen und Blümchen.

Von seinen Gedanken, von seinen Geschichten und von seiner Liebe zu den Menschen möchte ich zehren. Bei ihm hoffe ich zu finden, was mir zu einem ehrlichen und aufrechten Leben hilft.

…genau so, wie die Motte hofft, anhand der Lichtquelle den richtigen Kurs berechnen zu können. Schließlich leuchtet es ja so schön hell!

Botschaft einverleiben, nicht hinterfragen

In Gottesdiensten und Gesprächen, in Meditationen und privater Lektüre will ich mich seiner Botschaft annähern und sie mir einverleiben, sie in mich aufnehmen.

Offenbar ist es Herrn Buß kein Bedürfnis, diese Botschaft kritisch zu hinterfragen und die Plausibilität der Prämissen zu prüfen. Wenn es ihm allerdings tatsächlich darum geht, ein ehrliches und aufrichtiges Leben zu führen, dann wäre dies der erste Schritt in Richtung Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit.

Die biblische Botschaft bietet weder faktisch noch moralisch irgendeine außergewöhnliche Überlegenheit.

Im Gegenteil: Es handelt sich um ein im Grunde unmenschliches Belohnungs-Bestrafungskonzept. Erdacht von Menschen, um zunächst ein kleines Wüstenvolk einfacher führen zu können.

Trost auf Vorrat

Ich möchte zum anderen in meinem Herzen eine Vorratskammer mit seinen Worten anlegen – so wie die Biene eine Wabe zur Lagerung des Honigs errichtet. Wenn ich traurig und enttäuscht bin, kann ich mich dann durch seine tröstenden und ermutigenden Worte wieder aufbauen lassen.

Hierzu empfehle ich, tatsächlich mal eine andere „Wiese anzufliegen.“ Wie wäre es zum Beispiel mit Heinz-Werner Kubitzas Büchern „Jesus ohne Kitsch“ oder „Der Glaubenswahn“? Die anfängliche Enttäuschung über die Erkenntnis, dass diese Worte bei Licht betrachtet weder tröstlich noch ermutigend sind, lässt sich verkraften.

Immer wieder höre ich den Satz von Menschen, die sich von ihren Glaubensgewissheiten befreit haben und auf ihre religiöse Zeit zurückschauen: „Es ist mir unbegreiflich, dass ich das tatsächlich mal geglaubt habe!“

Oberflächlich und lasch

Wenn ich oberflächlich und lasch werde, können mich seine provozierenden Worte aufrütteln und motivieren.

Wozu motivieren Sie die provozierenden Worte, die Menschen Ihrem Gott in den Mund gelegt hatten? Ungläubige mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer zu werfen, wo es am tiefsten ist? Frauen aufzuschlitzen und Kinder am Felsen zu zerschmettern? Menschen nieder zu machen, die sich Ihrem Gott nicht unterwerfen möchten? Dabei keine Frauen, Kinder, Greise und Tiere zu verschonen? Feuer auf die Erde zu werfen? Menschen, die keine oder andere Götter verehren deswegen unvorstellbar grausame, ewige Folter anzudrohen?

Ja, als halbwegs zivilisierter Mensch im 21. Jahrhundert kann man nach biblischen Maßstäben schon schnell als „oberflächlich und lasch“ erscheinen, wenn man die unmenschlichen, ungerechten, unmoralischen, grausamen, brutalen und sonstig widerwärtigen Aspekte der Bibel einfach ignoriert.

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1 Gedanke zu „Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Die Bienen von Bethlehem“

  1. Eine tolle Analogie mit den Motten! Passt haargenau!

    Wäre nicht auch die Analogie einer Fliege möglich? Die Fliege setzt sich auf jede Scheiße, denkt aber, es sei der tollste Leckerbissen.

    Was wäre, wenn der Bienenkorb von einem Züchter in einen Schweinestall gestellt worden wäre, und wenn der einzige Lebenszweck der Bienen darin bestünde, dass der Imker eines Tages kommt und ihnen den Honig klaut? Denn wer es nicht wagt, mal aus dem Fenster zu fliegen, der denkt vielleicht, der Schweinestall sei die große weite Welt, und der Imker wäre der Papst, und die zwölf Schweine wären die zwölf Apostel.

    Bienen sammeln, aber sie denken nicht. Nur deswegen sind sie eine nützliche Analogie für den Pfarrer. Wie wär’s stattdessen mit einem Team aus Wissenschaftlern in einem Flugzeug, die Daten nicht nur sammeln, sondern damit verschiedene Theorien testen, um die falschen zu verwerfen? Denn ein Wissenschaftler, der die Daten nur sammelt, sie aber nicht auswertet, wäre ziemlich dumm.

    Wie wär’s mit einem Schwarm an Theologen? Selbst wenn die Theologen in einer rein theologischen Bibliothek sammeln würden, würde ihnen die Widersprüchlichkeit und die Albernheit aller Religionen auffallen, inklusive ihrer eigenen.

    Was wäre, wenn die blumige Wiese überhaupt nicht existierte? Wenn es ein Märchen wäre? Wenn die Bienen niemals dort ankämen? Und wenn dann einfach jemand sagen würde, naja, öh, es war sowieso nur als Metapher gemeint, und die Wiese gäb’s nur im Jenseits (dies aber völlig sicher).

    Was der Herr Pfarrer nicht weiß: Wir Menschen sammeln fleißiger als alle Bienen. Wir sind nicht nur zur nächsten Wiese geflogen. Sondern wir haben inzwischen buchstäblich jeden Stein auf dem Planeten umgedreht, jeden Gipfel erklommen, haben ins Weltall geblickt und sind sogar bis an den Beginn der Zeit vorgedrungen. Die angebliche Zauberwiese existiert nicht, weder hier auf der Erde noch sonstwo.

    Diese blanke Tatsache starrt uns derart unausweichlich ins Gesicht, dass jene, die stets etwas anderes behauptet hatten, in allergrößte Erklärungsnot geraten. Diese Erklärung würde mich von Pfarrer Buß mehr interessieren als seine Theorien zu Bienen.

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