Herzensanliegen – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 5 Min.

Herzensanliegen – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Gereon Alter, veröffentlicht am 2.1.21 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Herr Alter hört in sich hinein, fordert eine neue Gesprächskultur, beschreibt die Kirche wie sie ist und wie er sie sich wünscht und seinem Publikum ein kraftvolles und sinnerfülltes Jahr.

Bei der Schau in seine eigene Gedankenwelt fallen Herrn Alter als erstes seine hilfsbereiten Freunde aus Madagaskar ein.

Anschließend verrät Herr Alter in Anbetracht von Beschimpfungen, die ihn auf verschiedenen Wegen erreichten, dass eine neue Gesprächskultur ebenfalls ein Herzensanliegen von ihm sei:

[…] Danach sind mir Briefe, Emails und Facebook-Kommentare in den Sinn gekommen, in denen ich auf ziemlich üble Weise beschimpft worden bin. Und die Mühe, die es kostet, auf so etwas zu antworten. Manchmal ist gar keine Diskussion mehr möglich, weil der andere überhaupt nicht auf das Gesagte oder Geschriebene eingeht. Wir brauchen eine neue Gesprächskultur. Auch das ist mir mittlerweile zu einem Herzensanliegen geworden. Auch wenn es noch so viel Mühe kostet: Wir müssen wieder lernen einander zuzuhören und miteinander ins Gespräch zu kommen.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Herzensanliegen – Wort zum Sonntag, verkündigt von Gereon Alter, veröffentlicht am 2.1.21 von ARD/daserste.de)

Wieso gehen Sie denn auf Menschen ein, denen es offenbar nur darum geht, Sie zu beschimpfen? Christliche Leidkultur à la Linke Wange, rechte Wange…?

Einladung zum Gespräch

Wäre diese Zeit nicht besser und sinnvoller genutzt, um sich zum Beispiel mit Menschen auseinanderzusetzen, die Sie nicht beschimpfen und beleidigen, sondern die sich kritisch und argumentativ mit den Inhalten Ihrer öffentlichen Aussagen befassen?

Also, wir bei AWQ hören Ihnen und Ihren Kolleg*innen vom „Wort zum Sonntag“ seit nunmehr 4 Jahren bzw. 253 Folgen sogar sehr genau zu.

Wenn es Ihnen wirklich ein Anliegen ist, auch mit Menschen, die Ihre öffentlichen Aussagen kritisch hinterfragen ins Gespräch zu kommen, dann haben Sie bei uns jederzeit die Gelegenheit dazu.

Wir bieten Ihnen sogar, anders als praktisch alle Kirchenwebseiten, zu jedem Beitrag eine Kommentarfunktion, die Sie gerne nutzen können, um wie gefordert miteinander ins Gespräch zu kommen.

Katholische Kirche: In den Mist geritten

Und dann ist mir meine Kirche vor die Augen getreten. Die katholische Kirche. Was hat die sich im vergangenen Jahr in den Mist geritten mit ihrem krampfhaften Festhalten an einer Fassade, die nur ja nicht befleckt werden darf! Entschuldigungen, die keine Entschuldigungen sind. Vertröstungen, Halbherzigkeiten, Doppelmoral. Fürchterlich!

Dieser Zustandsbeschreibung ist eigentlich nur hinzuzufügen, dass dieser „Ritt“ schon länger andauert als nur ein Jahr.

Was meines Erachtens allerdings tatsächlich im letzten Jahr noch offensichtlicher geworden war als je zuvor ist der Umstand, wie irrelevant und entbehrlich die religiösen „Heilsbotschaften“ heute sind, mit denen die Kirche viele Jahrhunderte lang zweifellos erfolgreich war.

Ein Erfolg, von dem sie bis heute zehrt. Obwohl sich längst kaum noch jemand ernsthaft auf jenseitige himmlische Herrlichkeit freut oder vor Höllendrohungen fürchtet.

Herzensanliegen: Herrn Alters Wunschkirche

Statt nach dieser Analyse konsequenterweise und medienwirksam direkt im „Wort zum Sonntag“ seinen Kirchenaustritt zu erklären, beschreibt Herr Alter, wie er sich den katholischen Kirchenkonzern wünscht:

Mein Herz schlägt für eine Kirche, die sich ehrlich macht. In der ein Fehler auch ein Fehler sein darf. Für eine Kirche, die sich nicht absondert und über andere erhebt, sondern mit ihnen nach verantwortbaren Lösungen sucht. Herausforderungen dafür gibt es reichlich: den unsäglichen Missbrauchsskandal, die Frage der Geschlechtergerechtigkeit, das Ringen um ein zeitgemäßes Amtsverständnis und nicht zuletzt die Frage, wie denn die befreiende Botschaft, die den Kirchen anvertraut ist, wieder neu zur Wirkung kommen kann.

Haben Sie jemals darüber nachgedacht, ob Sie in irgendeiner anderen Kirche vielleicht besser aufgehoben wären als ausgerechnet in der katholischen, Herr Alter?

Oder, wenn es Ihnen tatsächlich um Ehrlichkeit geht, ob es dann nicht höchste Zeit wäre, die Weltanschauung von magisch-esoterischen Fiktionen aus der Bronzezeit umzustellen auf rational und möglichst realitätskompatibel?

Nein? Wegen der befreienden Botschaft, die den Kirchen anvertraut ist?

Welche Botschaft soll das denn sein? Dass der liebe Gott Vertreter seiner bevorzugten Trockennasenaffenart vielleicht von dem befreit, was er ihnen androht, wenn sie nicht seine Anhänger sein wollen?

Diese Botschaft ist für die irdische Wirklichkeit in etwa so relevant wie zum Beispiel die Herzensangelegenheit von Gargamel, dass er alle Schlümpfe fangen werde. Und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Leben tue!

Das Dilemma der katholischen Kirche

Inwiefern es dem katholischen Glaubensbekenntnis entspricht, die „heilige katholische Kirche“ zum Bauernopfer für eine nicht näher benannte „befreiende Botschaft“ zu machen, können Theologen sicher besser beantworten.

Warum sich die katholische Kirche so schnell nicht ändern wird, erklärte Richard David Precht in einem Fernsehbeitrag, an dessen Aussage sich bis heute nichts geändert hat:

Hält die katholische Kirche an dem fest, was sie aus und unterscheidbar macht, wird genau das der Grund für immer mehr Menschen sein, sich von der Herde zu verabschieden. Und folgt sie dem Vorbild der evangelischen Abteilung, dann wird sie, abgesehen von einem hoffentlich kleinen Rest religiotischer Fundamentalisten in der Beliebig- und Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Die Hoffnung, die katholische Kirche könne sich vielleicht zumindest hierzulande so umfassend reformieren, dass man sich nicht mehr schämen müsste, für diese Kirche zu arbeiten oder Mitglied bei ihr zu sein, halte ich für illusorisch.

Als absolutistische, patriarchiale und undemokratische Wahlmonarchie  ist die katholische Kirche so strukturiert, dass grundlegende Veränderungen praktisch ausgeschlossen sind. Erst recht, wenn es dabei um Bestrebungen geht, die von der Basis kommen.

Innere Stimmen

Erstaunlich: das Hineinhorchen in mich selbst hat mich keineswegs depressiv gemacht oder mir ein unangenehmes Zuviel an inneren Stimmen beschert. Ganz im Gegenteil: Es hat mich motiviert. Es hat mir neue Energie gebracht. Mich wieder klarer sehen lassen, wofür mein Herz denn eigentlich schlägt und wofür ich mich stark machen will.

Erstaunlich: Eigentlich hätte man bei einem Priester ja damit rechnen können, dass er dazu rät, statt auf die eigene innere auf die Stimme seines Gottes zu hören.

Herr Alter scheint sich von dieser Vorstellung schon befreit zu haben. Keine Gebete, kein Gottvertrauen und keine Jenseitsfiktionen bringen neue Energie. Sondern die Selbstreflexion, das Konzentrieren auf das Wesentliche und Diesseitige, Reale. Auf die eigenen, inneren Herzensangelegenheiten.

Obwohl Herr Alter berufsbedingt Menschen sicher nach wie vor in jedem Gottesdienst einredet, dass diese nicht würdig seien, dass ihr Gott eingehe unter ihr Dach und dass die Gesundheit ihrer Seele davon abhängen würde, ob ihr Gott nur ein Wort spricht, traut er ihnen offenbar zumindest zu, sich selbst für ihre eigenen Herzensangelegenheiten zu motivieren.

Was bleibt?

Zum Einen ein Multimilliardenkonzern mit äußerst frag- und kritikwürdigem Geschäftsmodell. Den wahlweise sowohl das Festhalten an seinen Alleinstellungsmerkmalen, als auch seine Bestrebungen, im 21. Jahrhundert anzukommen ruinieren können. Und zum Anderen eine nicht näher beschriebene „befreiende Botschaft“, die es laut Herrn Alter gilt zu verbreiten.

Herr Alter, Sie möchten ja ins Gespräch kommen und fordern eine neue Gesprächskultur.

Deshalb hier ein paar wie immer ernst gemeinte und sachlich gestellte Fragen an Sie:

  1. Worin besteht Ihrer Meinung nach konkret die „befreiende Botschaft, die den Kirchen anvertraut ist“?
  2. Wer oder was befreit dabei wen, wovon und wann? Und unter welchen Bedingungen?
  3. Von wem stammt diese Botschaft tatsächlich? Und wer hat sie den Kirchen anvertraut?
  4. Können Sie sich vorstellen, Ihre „Herzensanliegen“ auch oder vielleicht sogar noch viel besser ohne die katholische Kirche und das biblisch-christliche Glaubenskonstrukt verfolgen und voranbringen zu können?
  5. Und umgekehrt: Gibt es Aspekte, die nur Ihr Glaube und/oder Ihre Kirche zu bieten haben und die Sie für unverzichtbar halten, wenn es um Ihre Herzensanliegen geht?
  6. Welche beruflichen Möglichkeiten stehen Menschen offen, wenn sie ihren Glauben (zum Beispiel aus Gewissensgründen) und konsequenterweise in der Folge  ihren Priesterberuf aufgeben?

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