Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Palmesel

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Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Palmesel, veröffentlicht am 27.3.21 von osthessennews.de

Darum geht es

Esel scheinen es ihm angetan zu haben, dem Stadtpfarrer von Fulda. Diesmal lässt er einen biblischen Esel die Schäfchen dazu auffordern, sich wie Esel zu verhalten.

Als professioneller Märchenerzähler schlüpft Pfarrer Buß heute in die Rolle des biblischen Esels.

…wie die Glieder der Esel

Esel tauchen in der Bibel immer wieder auf. Zum Beispiel hier:

  • Und sie hatte Verlangen nach ihren Liebhabern, deren Glieder wie die Glieder der Esel und deren Erguss wie der Erguss der Hengste waren.
    (Quelle: Hesekiel 23,20 EU)

Um Eselsgemächte geht es Herrn Buß diesmal allerdings nicht. Stattdessen lässt er den Esel die Legende aus dem Markusevangelium aus der Sicht des Esels erzählen.

[…] Die Menschen strömten aus allen Ecken der Stadt zusammen. Sie legten ihre Kleider auf die Straße und brachen Zweige von den Bäumen und jubelten ihm zu (vgl. Mk.11,1-11).
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Palmesel, veröffentlicht am 27.3.21 von osthessennews.de)

Der Einzug des biblischen Romanhelden Jesus in Jerusalem wird in der Bibel wie ein außergewöhnliches Großereignis dargestellt.

Allerdings auch nur in der Bibel: Für außerbiblische Geschichtsschreiber, die die Ereignisse dieser Zeit und dieser Gegend zum Teil sehr detailliert dokumentiert hatten, scheint auch dieser Auftritt keiner Erwähnung wert gewesen zu sein.

Der Propheten-Trick

[…] Aber bereits im Alten Testament wird darauf hinwiesen, dass der Herr und König auf einem Esel kommen wird.

„Du, Tochter Zion, freue dich. Du, Tochter Jerusalem, jauchze. Siehe dein König kommt zu dir, ein gerechter und ein Helfer, aber arm und er reitet auf einem Esel“ (Sacharja 9,9).

Bevor sich Tochter Zion freuen darf, muss der liebe Gott erstmal, wie üblich und wie von Berufschristen immer gerne verschwiegen, reinen Tisch machen. Wie wir in den Zeilen erfahren, die der Eselserwähnung vorausgehen:

  1. Tyrus baute sich eine Festung, häufte Silber auf wie Staub und Feingold wie Schmutz auf den Straßen.
  2. Siehe, der Herr wird ihm den Besitz wegnehmen und seine Streitmacht auf dem Meer schlagen; und es selbst wird vom Feuer verzehrt.
  3. Sieht es Aschkelon, so fürchtet es sich, und Gaza, so zittert es gewaltig, auch Ekron, denn zuschanden geworden ist, wonach es Ausschau hielt. Verschwinden wird der König aus Gaza und Aschkelon wird nicht mehr bewohnt.
  4. Ein Mischvolk wird in Aschdod wohnen. So werde ich den Stolz der Philister zerschlagen.
  5. Ich werde einem jeden das Blutige aus seinem Mund nehmen und seine Gräuelspeisen aus seinen Zähnen. So wird auch er zu dem Rest gehören, der unserem Gott zu eigen ist. Er wird wie eine Sippe in Juda sein und Ekron wie ein Jebusiter.
    (Quelle: Sacharja 9,3-7 EU)

Dass sich angebliche Prophezeiungen aus dem Alten im Neuen Testament scheinbar erfüllen, ist ein Trick, der an vielen Stellen anzutreffen ist.

Aber auch die AutorInnen anderer Phantasy-Geschichten machen davon Gebrauch. So finden sich zum Beispiel in den ersten Harry-Potter™-Bänden zahlreiche Andeutungen und Prophezeiungen, die sich in späteren Büchern dann zu erfüllen scheinen.

Der Esel, auf dem Jesus in die Stadt geritten sein soll, dürfte vermutlich extra zu diesem Zweck eine in die Geschichte hineingeschrieben worden sein: Um die Geschehnisse als so wichtig darzustellen, dass sie sogar schon von den Propheten des Alten Testaments vorhergesehen worden waren.

Wer mehr über angebliche Prophezeiungen in der Bibel erfahren möchte, kann sich in diesem Segment vom Ketzerpodcast weiterbilden.

…manchmal als dumm und naiv verlacht

Stadtpfarrer Stefan Buß geht es freilich nicht um Historizität oder Plausibilität. Sondern um eine metaphorische Bedeutung des legendenhaften Esels:

[…] Ich bin ein Zeichen, damals wie heute. So wie ich friedfertig, uneitel, den kleinen und armen nahe, manchmal als dumm und naiv verlacht, nicht selten sperrig, manchmal geschlagen. Aber ich weiß noch heute, wen ich auf meinem krummen Rücken durch die Welt getragen habe: den Messias, den Erlöser, der durch Friedfertigkeit, auf Kampf verzichtend, mit offensiver Bescheidenheit allen Menschen das Heil bringen will.

EselWer diesem Esel seine religiöse Indoktrination verpasst hatte, ist nicht überliefert. Das Vorurteil, Esel seien dumm und naiv, dürfte ihnen der Umstand eingebracht haben, dass sie meist als reine Nutztiere für stupide Arbeiten eingesetzt wurden, bei denen sie nicht viel mehr können mussten als endlos dieselben monotonen Aufgaben zu verrichten.

In Wirklichkeit stammen die Aussagen über Jesus freilich ja auch nicht von einem Esel. Sondern von einem katholischen Priester.

Und der müsste von Berufs wegen ja eigentlich bemerken, dass diese Beschreibung völlig hanebüchen erscheint, wenn man von den biblischen Texten ausgeht (und wovon sollte man auch sonst ausgehen). Und wenn man nicht nur die Fragmente aus dem Kontext herauspickt, die einem in den Kram passen oder zumindest unverfänglich erscheinen..

Friedfertigkeit und offensive Bescheidenheit?

Seine „Friedfertigkeit, auf Kampf verzichtend, mit offensicher Bescheidenheit“ lassen die anonymen Bibelautoren ihren Jesus zum Beispiel so beschreiben:

  1. Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen! Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
  2. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter;
  3. und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein.
    (Quelle: Matthäus 10, 34-36 EU)
  1. Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde.
    (Quelle: Matthäus 18,6 EU)
  1. Doch meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde – bringt sie her und macht sie vor meinen Augen nieder!
    (Quelle: Lukas 19,27 EU)
  1. Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!
    (Quelle: Lukas 12,49 EU)

Wenn der biblische Jesus an anderen Stellen seine Anhänger (und auch nur die) zu Friedfertigkeit aufruft, dann immer im festen Vertrauen auf das göttliche Versprechen, dass dieser dereinst durch unvorstellbar grausame Bestrafung für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen wird:

  1. Übt nicht selbst Vergeltung, Geliebte, sondern lasst Raum für das Zorngericht Gottes; denn es steht geschrieben: Mein ist die Vergeltung, ich werde vergelten, spricht der Herr.
    (Quelle: Römer 12,19 EU)

Und was vielleicht sogar der Esel mitbekommen haben müsste (wenn er schon so genau wusste, wer da auf ihm geritten war):

Wer sich selbst als Gottessohn bezeichnet, dem kann man kaum „offensive Bescheidenheit“ attestieren.

Und gerade sein Ausraster im Tempel, der wohl Grund seiner Festnahme und Hinrichtung gewesen sein dürfte spricht, wie auch die oben exemplarisch genannten Beispiele, kein bisschen für Friedfertigkeit. In der Bibel wird Jesus als religös-fanatischer Fundamentalist beschrieben.

Kraft? Ja – Schwerkraft…

Wer sich auf Jesus einlässt, wird seine Kraft spüren. Sich bewusst machen, dass Gott mich braucht, mich, mit meinen Ecken und Kanten, mit allem was mich ausmacht.

Der Esel, nach biblischer Legende ein Fohlen, dürfte wohl eher das Gewicht von Jesus gespürt haben.

Formulierungen wie „Wer sich auf Jesus einlässt, wird seine Kraft spüren“ sind nichts anderes als inhaltsleere Wortphrasen. Ungefähr so aussagekräftig wie: „Gleich passiert was!“

Natürlich gehts hier nicht um Kraft im physikalischen Sinne. Eine solche müsste man ja messen können. Sondern, wie immer bei Religion: Um eine Illusion, die dem Gläubigen ein gutes Gefühl verschaffen soll.

Das Verhältnis des Gläubigen zu Jesus als Kraftquelle ist vergleichbar irrational wie das Verhältnis eines Alkoholabhängigen zu seinem Schnaps als Kraftquelle.

Du Esel und du Eselin…

Und dann wird es nochmal interessant. Wenn Stadtpfarrer Buß seinen Esel die Schäfchen als Esel und Eselin ansprechen und dazu auffordern lässt, sich genauso zu verhalten wie er:

[…] Nichts ist perfekt, nicht alles so, wie ich es gerne hätte. So viel ist schwach an mir. Doch der Herr wollte, dass ich ihn auf dem Rücken trage. Trotz dieser großen Aufgabe wird mein Name oft als Schimpfwort verwendet. „Du bist ein Esel!“ Aber genau mich Esel hat der Herr gebraucht. Und deshalb erlaube ich mir, die biblische Begebenheit auf Dich anzuwenden: Du Esel und du Eselin, lass dich von den vielfachen Halterungen deines Lebens losbinden; der Herr braucht dich. Du bist zu einer großen Aufgabe berufen: Du sollst den auferstandenen Christus in die Welt tragen. Es muss nämlich Menschen geben, die sich Lasten aufpacken lassen, um anderen tragen zu helfen. Für viele Menschen sind die Nöte und Sorgen so groß, dass sie allein nicht damit fertig werden; sie brauchen Menschen-Esel, denen sie einiges aufladen können. Wenn du dazu bereit bist, deinen Rücken für solche Lasten hin zu halten, dann trägst du gleichzeitig immer auch Jesus. Du wirst zum Christusträger in dieser Welt. „Ich bin der Esel vom Einzug in Jerusalem!“ Hal – le – ia. Nein, Halleluja.

Natürlich spricht nichts dagegen, Menschen dazu aufzufordern, sich mitmenschlich zu verhalten. Zum Esel braucht man sich deswegen nicht zu machen.

Und noch weniger bedarf es dazu einer religiösen Wirklichkeitserweiterung. Hier in Form der Einbildung, mitmenschliches Verhalten stünde in irgendeinem Zusammenhang mit imaginären Göttern, Geistern oder Gottessöhnen und deren Bedürfnissen.

Mitmenschlich – der Mitmenschen wegen

Es genügt doch völlig, sich der Mitmenschen wegen mitmenschlich zu verhalten.

MitmenschlichkeitWer sich um mögliche Auswirkungen auf seinen eigenen göttlichen Richterspruch sorgt: Dem Bibelgott geht es primär nicht um Mitmenschlichkeit. Sondern um möglichst umfangreiche und exklusive Unterwerfung (Mk 16,16).

Mitmenschlichkeit ist eine Eigenschaft, die sich als evolutionärer Überlebensvorteil erwiesen hatte. Nicht zufällig belohnen menschliche Gehirne Menschen, die sich altruistisch verhalten mit Glücksgefühlen.

Das ist ein ganz natürlicher, hauptsächlich biochemischer Vorgang. Und nichts, was die Annahme von irgendwelchen Göttern, Geistern oder Gottessöhnen erforderlich oder plausibel machen würde.

Wenn Jesus zu faul oder zu stolz ist um zu Fuß zu gehen, dann ist das erstmal sein eigenes Problem.

Wobei er als zweites Drittel des allmächtigen Gottes ja in der Lage sein sollte, sich so fortzubewegen, wie es ihm beliebt. Bei seiner Himmelfahrt hatte das ja auch ohne menschliche Hilfe geklappt.

Auch im übertragenen Sinn bleiben viele Fragen offen

Zum Beispiel: Wenn es einen allmächtigen Gott gibt, der irgendetwas von einer bestimmten Trockennasenaffenart will, was hält ihn dann davon ab, sich dieser wenigstens mal unzweifelhaft und unmissverständlich erkennen zu geben? Oder sich die Welt einfach gleich so zu erschaffen, wie er sie gerne hätte?

Rechtfertigt die Hybris eines eifersüchtigen, zornigen Gottes, sich von Menschen aus freien Stücken verehren lassen zu wollen die Existenz von menschlichem Leid, das laut biblischer Logik ja gern der angeblich eigens zu diesem Zweck gottgegebenen menschlichen Willensfreiheit zugeschrieben wird? Damit genug Raum für den Zorn Gottes bleibt? Der sonst ja niemand hätte, den er mit endloser Höllenfolter für fehlenden, mangelnden oder „falschen“ Glauben bestrafen könnte?

Wieso macht ein Gott gar seine eigene Existenz davon abhängig, dass noch irgendwer archaische Wüstenmythologie für wahr und bedeutsam hält? Warum riskiert er, genauso in Vergessenheit zu geraten und in die Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, wie tausende Götter vor ihm auch schon? Von denen nicht wenige ebenfalls seine Empfänglichkeit für Menschenopfer teilten?

Fazit

Vielleicht wäre Herr Buß gut beraten, wenn er sich statt in Esel und Götter mal in Menschen hineinversetzt und seine Anliegen aus humanistischer Perspektive präsentiert.

Der Vorteil: Mit einer Argumentation, die ohne magisch-esoterische Komponenten und religiöse Wirklichkeitserweiterungen auskommt, kann Herr Buß alle Menschen erreichen. Also auch die, die an keine oder andere Götter glauben.

Der ganze Rest ist bestenfalls entbehrlich und schlimmstenfalls konkraproduktiv, wenn es ihm tatsächlich um die Menschen und nicht um göttliche Befindlichkeiten gehen sollte.

Einmal mehr frage ich mich, wen Stadtpfarrer Stefan Buß meint, mit solchen Geschichtchen erreichen zu können. Und wie er das intellektuelle Level dieser Schafe, Esel und Menschen einschätzt.

 

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