Auferstehung in das Leben – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 5 Min.

Auferstehung in das Leben – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von llka Sobottke, veröffentlicht am 03.04.2021 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Frau Sobottke versucht diesmal, Analogien zwischen der biblischen Auferstehungslegende und der derzeitigen Corona-Situation zu konstruieren.

[…] Ich will zurück ins Leben. Ich würde am liebsten laut im Ostergottesdienst singen: Jesus unser Trost und Leben!
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Auferstehung in das Leben – Wort zum Sonntag, verkündigt von llka Sobottke, veröffentlicht am 03.04.2021 von ARD/daserste.de) 

Abschied und TrostInwiefern die biblisch-mythologische Jesusgestalt, um die es hier ja offenbar geht „unser Trost und Leben“ sein soll, bleibt zunächst unklar.

Unklar ist auch, ob Frau Sobottke sich hier auf die aktuell geltenden Bestimmungen bezieht, die lautes Singen wegen der damit verbundenen Ansteckungsgefahr verbieten.

Oder ob sie vielleicht tatsächlich doch noch selbst bemerkt hat, dass die Jesuslegende bei Licht betrachtet gar nicht wirklich so tröstlich ist? Und dass die mythologischen Bibelgeschichten ungefähr so viel mit der irdischen Wirklichkeit zu tun haben wie die Märchen aus Tausendundeiner Nacht? Wohl eher nicht…

Das Lied, das Frau Sobottke so gerne singen würde, beschreibt Jesus als mächtigen Kriegsherren, der siegreich aus der Schlacht zurückkehrt, nachdem er den Tod und alle Feinde, vor denen sich Christen fürchten ihnen zuliebe ein für allemal besiegt hat.

Würden die Anhänger anderer Götter solche martialischen Lieder über ihre magischen Himmelskrieger singen, fände das vermutlich sogar Frau Sobottke zumindest fragwürdig.

Anders vielleicht und neu…

Und ich weiß doch: Zurück geht nicht. Anders vielleicht und neu. Das, was Christen an Ostern feiern, die Auferstehung, das ist anders. Auferstehung führt aus dem Tod in ein neues (!) Leben. Mittendrin zwischen Konflikten, im Dunkel und im Schmerz keimt etwas Neues.

Das, was die biblisch-christliche Auferstehungslegende so besonders, so anders macht, ist, dass hier ein bestimmter Gott seine Hände (oder was auch immer) im Spiel hat. Und dass diese Auferstehung als göttliche Machtdemonstration ausgegeben wird.

Für den ganz natürlichen Umstand, dass Leben danach strebt, auch unter schwierigen Bedingungen zu überleben und mit veränderten Rahmenbedingungen zurecht zu kommen, braucht es keine Annahme von magisch-esoterischen Entitäten. Die Eigenschaft von Leben, überleben zu wollen, und sich, falls erforderlich, auch immer wieder neu an die Umwelt anzupassen, lässt sich evolutionär erklären.

Jesus im Transit

Die Bibel erzählt von diesem neuen Leben in der Geschichte einer Frau, die das frische Grab Jesu besucht. Aber das Grab ist leer. Sie weint. Sie trifft einen Mann, der Gärtner? „Wo haben sie ihn hingetan, Jesus der meine ganze Hoffnung war?“ Der Mann spricht sie an und sagt nur: „Maria!“ Da erst erkennt sie ihn. Es ist Jesus. Er ist verändert. Sie will ihn umarmen – Er weicht zurück. Weicht zurück – vielleicht, weil das neue Leben noch nicht greifbar ist? So verletzlich ist?

Im Johannesevangelium, das als einziges Evangelium von dieser Begebenheit berichtet, lassen die anonymen Autoren ihren Jesus seine Zurückweisung wie folgt begründen:

  1. Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. (Johannes 20,17 LUT)

Für Frau Sobottke genügt diese Stelle als Anknüpfungspunkt zur aktuellen Situation, in der Abstandhalten zur Unterbrechung möglicher Infektionsketten geboten ist. Es wirkt auf mich wie ein verzweifelter Versuch, dem Publikum zu suggerieren: „Schaut mal, meine Bibellegenden haben auch etwas mit euch zu tun!“ 

Auferstehung: Die liebende Einbildungskraft einer Frau war religionsbegründend

In dem Beitrag „Jesus, die Frauen und die Auferstehung“ auf hpd.de beleuchtet der Autor Hubertus Mynarek auch diese Legende – und kommt zu einer interessanten Schlussfolgerung (Hervorhebung von mir):

  • Denn „Jesus sagte zu ihr: Rühre mich nicht an; denn ich bin noch nicht zum Vater aufgefahren“. Wenn Jesus ihr gebietet, ihn nicht zu berühren, dann muss sie es unmittelbar vorher versucht haben. Keine Frau berührt so mir nichts, dir nichts einen Mann, mit dem sie nicht schon vorher vertrauten Umgang hatte. Dass er, Jesus, sich aber jetzt nicht berühren lassen will, ist im Rahmen der Imaginationskraft dieser Frau durchaus verständlich, logisch. Wie oft erleben Lebende ihre tote Geliebte, ihren toten Geliebten im Traum als ganz real, aber eben doch in einer anderen Dimension, zwar liebend ihnen zugewandt, aber doch irgendwie unnahbar, unberührbar, in Distanz. Nach dem Johannes-Text, den wir hier interpretieren, deutet Jesus diese andere, jenseitige Dimension mit dem Hinweis an, er fahre auf zum Vater, in den Himmel.
  • Für Maria Magdalena ist der tote Jesus wieder lebendig, steht er real vor ihr – doch auch wieder nicht so real wie vor seinem Tod, da sie seinen Leib jetzt nicht mehr berühren kann. Diese feinsinnige, auch psychologisch überzeugende Liebesgeschichte, wie sie uns das Johannes-Evangelium beschreibt, beweist erneut: Die liebende Einbildungskraft einer Frau war religionsbegründend, erweckte das Christentum zu erstem Leben. Nicht so sehr der Glaube, wie Jesus sagt (Mk. 11,23), vielmehr die Liebe hat hier Berge versetzt. Die ganze lyrisch-erotische Begebenheit zwischen Maria Magdalena und Jesus nach dessen Tod bleibt jedoch absolut unverständlich, wenn es kein volles sinnliches Liebesleben zwischen den beiden zu Lebzeiten Jesu gegeben hätte.
    (Hubertus Mynarek: Jesus, die Frauen und die Auferstehung via hpd.de)

Gott hofft auf Menschen?

Auch der letzte Teil der heutigen Verkündigungssendung bietet nicht viel mehr als einen verschwurbelten Mix aus Spekulationen über die Bedeutung des biblischen Auferstehungs-Narratives und Aussagen zur aktuellen Herausforderung, sich auf durch Corona veränderte Umstände einstellen zu müssen.

Gott erweckt Jesus zu neuem Leben. Gott hofft auf uns Menschen, vertraut uns, darauf, dass wir die Welt aus unserer Verletzlichkeit heraus neu gestalten. Ich taste mich vorwärts.

Da es hier ja um das biblisch-christliche Gottesbild geht, erscheinen diese Vorstellungen reichlich absurd. Genauso absurd: Obwohl sich dieser Gott laut christlicher Aussage per Definition der menschlichen Erkenntnis entzieht, tut Frau Sobottke hier so, als könnte sie etwas Sinnvolles darüber sagen, wie dieser Gott denkt und fühlt.

Es mag ja sein, dass sie sich ihren persönlichen Gott so vorstellt. Die biblischen Gottesbeschreibungen geben einen solchen hoffenden und vertrauenden Gott jedenfalls nicht her: Dieser Gott braucht die Inszenierung einer Todesfolterung als Menschenopfer für sich selbst, um sich mit seinen Anhängern zu versöhnen.

Das, was Frau Sobottke hier als göttliche Hoffnung euphemisiert, ist bei Licht betrachtet nichts anderes als eine klassische Nötigung: Unterwirf dich mir, dann belohne ich dich. Tust du es nicht, bestrafe ich dich (und alle anderen, die es nicht tun) mit ewiger Höllenfolter.

Christliche Endsieg-Phantasien

In mir klingt ein Lied, schon seit Tagen, das trotzig voll Hoffnung den Kopf hebt: „Wir wollen alle fröhlich sein, in dieser österlichen Zeit…“

Ausgerechnet dieses Lied mag zu der gerade beschriebenen Vorstellung, Gott hoffe auf die menschliche Gestaltungsfähigkeit so gar nicht passen. Denn hier sind es eben nicht die Menschen, denen es gelingt, von sich aus auf einen grünen Zweig zu kommen (Hervorhebungen von mir):

  • 1) Wir wollen alle fröhlich sein
    in dieser österlichen Zeit,
    denn unser Heil hat Gott bereit‘. […]
  • 3) Er hat zerstört der Höllen Pfort,
    die Seinen all herausgeführt
    und uns erlöst vom ewgen Tod.
    […]
  • 4) Es singt der ganze Erdenkreis
    dem Gottessohne Lob und Preis,
    der uns erkauft das Paradeis. […]
    (Quelle: liederdatenbank.de: Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit)

Die Hoffnung lautet hier ausdrücklich nicht Mensch. Sondern Gott.

Und auch geht es hier überhaupt nicht um die Frage, wie Menschen im Diesseits die irdischen Herausforderungen meistern können. Sondern um die Freude über eine vermeintliche Chance auf ein fiktives Paradies. Den „richtigen“ Glauben vorausgesetzt, natürlich.

Durch Wiederholung wirds auch nicht wahrer…

Und offenbar mangels eines sinnvolleren Schlusswortes lässt Frau Sobottke nochmal kräftig die Glocken läuten:

So kann es anfangen: Öffnen Sie doch einmal das Fenster in diese Nacht. Mitten im Dunkel läuten schon die Glocken. Wie ein Staffellauf von Kirchturm zu Kirchturm. Das Osterläuten ruft allen zu: „Gott schenkt neues Leben. Christus ist auferstanden. Wahrhaftig auferstanden!“

WahrheitNa, wenn sogar Glocken das allen zurufen, und dafür vermutlich jemand schon extra zu nachtschlafener Zeit aufgestanden ist, dann muss es ja stimmen…

Andererseits weckt gerade der enorme Aufwand, mit dem das Berufschristentum quasi gebetsmühlenartig die Wahrheit seiner Auferstehungslegende, die es für unverzichtbar hält immer und immer wieder beschwört doch starke Zweifel an der tatsächlichen Wahrhaftigkeit dieser Behauptung.

Und unabhängig vom Wahrheitsgehalt und der Glaubwürdigkeit dieser Legende habe ich bis heute keine verbindliche, allgemein anerkannte Antwort auf die Frage erhalten, was denn die inszenierte Todesfolterung als Menschenopfer mit anschließender angeblicher Auferstehung konkret bewirkt oder verändert haben soll. Also außerhalb menschlicher Phantasie, Wunschvorstellung und Einbildung.

Und Schwurbel-Antworten wie „Gott schenkt neues Leben!“ oder „Jesus hat uns erlöst!“ werfen mehr Fragen auf, als dass sie irgendetwas halbwegs vernünftig beantworten.

Was unterscheidet die Freude über eine vermeintliche postmortale Belohnung von der Freude eines Kleinkindes darüber, dass ihm der Osterhase Ostereier bringt? Außer, dass Kinder in der Regel irgendwann mal dahinter kommen, wie der Hase wirklich läuft?

 

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