Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Es geht! Anders.“, veröffentlicht am 26.05.21 von osthessennews.de
Darum geht es
Stadtpfarrer Buß beweist mit seinem heutigen Impuls, dass selbst das weichgespülteste Glaubensgesäusel ein nicht zu unterschätzendes, ganz reales Gefahrenpotential bergen kann.
[…] „Es geht! Anders.“ Dass war im Jahr 2021 das Motto der MISEREOR Fastenaktion. „Es geht! Anders.“, das zieht sich schon durch die Bibel.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Es geht! Anders.“, veröffentlicht am 26.05.21 von osthessennews.de)
Was sich durch die Bibel zieht, ist das genaue Gegenteil von „Es geht! Anders.“ Die biblische Kernaussage, die Botschaft jeder einzelnen Legende, jedes Gleichnisses ist, dass es eben nicht anders geht. Also nicht anders, als sich dem „richtigen“ Gott zu unterwerfen.
Zumindest dann, wenn man nicht den unbändigen Zorn des lieben Gottes auf sich ziehen möchte. Ein Zorn, der sich im 1. Teil der Bibel noch durch gnadenlose Vernichtung, im 2. Teil durch die Androhung von unvorstellbar grausamer Höllenqual äußert.
Josef verhält sich gerade nicht anders, sondern wie befohlen
Mir kommt der Hl. Joseph in den Sinn. Er hat eine Verlobte, die ein Kind erwartet, obwohl sie noch nicht verheiratet waren. In der jüdischen Gesellschaft damals undenkbar. Und er denkt sich: „das geht nicht, da muss sich mich trennen.“ Ein Engel erscheint ihm im Traum und sagt ihm: „Es geht. Aber anders, als du es dir vorgestellt hast!“ Und Joseph steht auf und tut, wie der Engel ihm gesagt hat.
Nach biblischen Maßstäben haben der Wille Gottes und dessen Befolgung höchste Priorität. Das einzig richtige Verhalten ist immer das, das dem vermeintlich göttlichem Willen entspricht. Alle anderen Optionen sind falsch.
Wenn Josef, der laut biblischer Mythologie als fromm und gottesfürchtig beschrieben wird die göttliche Traumanweisung befolgt, verhält er sich also gerade nicht anders. Sondern genau so, wie es ihm aufgetragen wurde. Er gibt in diesem Moment die Verantwortung ab. Und führt den göttlichen Befehl aus:
- Als Joseph dann aus dem Schlaf erwacht war, tat er, wie der Engel des Herrn ihm geboten hatte: er nahm seine Verlobte (als Gattin) zu sich,
- verkehrte aber nicht ehelich mit ihr, bis sie einen Sohn geboren hatte; dem gab er den Namen Jesus.
(Quelle: Matthäus 1, 24-25 MENG)
Damit hat der Zimmermann seine Pflicht auftragsgemäß erfüllt. Und spielt fortan für die Story praktisch keine Rolle mehr. Letztlich dient er nur als nützlicher Statist für eine weitere göttliche Machtdemonstration.
Gottvertrauen: potentiell lebensgefährlich
Und dann wird es tatsächlich potentiell lebensgefährlich bei Stadtpfarrer Stefan Buß:
In der Coronazeit hieß es oft: „Das geht nicht, muss abgesagt werden“. Aber auch hier galt, wer entsprechend Kreativität hatte und Gottvertrauen: „Es geht! Aber anders!“ Und so ließen sich viele Feste und auch kirchliche Rituale auch mit Beschränkungen durchführen und: „Es geht. Anders.“
Wie religiös verstrahlt, wie fern der Realität, wie ignorant muss man sein, um Gottvertrauen als probates Mittel im Umgang mit einem hoch infektiösen Virus anzupreisen?
So lange sich die Vermischung von religiösen Wunschphantasien und irdischer Realität noch auf harmlose Spinnereien wie wohlige Überlegenheitsphantasien von Menschen beschränkt, die sich für auserwählt und/oder erlöst halten ist sicher nichts dagegen einzuwenden. Die Gedanken sind dank Aufklärung und Säkularisierung heute freier denn je.
Anders sieht es aus, wenn das durch ihre Quatschannahmen und irreale Einbildungen hervorgerufene Verhalten von Menschen das Allgemeinwohl gefährdet wird. Und das ist dann der Fall, wenn Gläubige tatsächlich darauf vertrauen, dass ihre imaginären Himmelsherrscher schon auf sie aufpassen werden. Wenn sie nur ganz fest auf sie vertrauen.
Auch Stadtpfarrer Buß muss doch mitbekommen haben, dass gerade Gottesdienste immer wieder zu Superspreader-Events wurden. Und zwar genau deswegen, weil sich Gläubige wegen ihres Gottvertrauens für immun gehalten hatten.
Einmal mehr stellt sich die Frage, was ein Gottesgläubiger wohl als Beweis dafür anerkennen würde, dass der von ihm geglaubte Gott bis zum Beweis des Gegenteils genausowenig außerhalb menschlicher Phantasie existiert wie die vielen tausend anderen Götter auch, die sich die Menschen schon ausgedacht haben.
Göttern ist menschliches Schicksal…
Ein verantwortungsbewusster, wohlwollender Gott hätte in dieser Situation doch mal wenigstens seinem Fanclub geoffenbart, dass er sich zwar herzlich für die vielen rituellen Unterwerfungsbekundungen bedankt, sie aber trotzdem im Interesse ihrer Gesundheit bittet, bis zum Ende der Pandemie mal auf diesbezügliche Zusammenkünfte zu verzichten.
Während sich dieser Gott noch vor gar nicht allzu langer Zeit wegen jedem Scheiß in Wort und Tat ins irdische Geschehen eingemischt hatte (also laut biblischer Mythologie), scheint ihm inzwischen alles egal zu sein. Wer heute noch ernsthaft behauptet, irgendetwas von einem magischen Himmelswesen geoffenbart bekommen zu haben, landet entweder im Esoterikmagazin. Oder in der Psychiatrie.
Der Vergleich mit der biblischen Josefslegende würde passen, wenn die Gläubigen einfach nur auf ihren Gott vertraut hätten. Und wenn dieser daraufhin tatsächlich eine Verbreitung des Corona-Virus bei Gottesdiensten verhindert hätte.
…völlig egal
Nun war aber genau das Gegenteil der Fall: Überall dort, wo Menschen tatsächlich auf ihre Götter vertrauten, explodierten die Infektionszahlen.
Dabei spielte es, wenig überraschend, keine Rolle, welche Götter jeweils verehrt wurden.
Und umgekehrt sind die tatsächlich wirksamen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie natürlich auch dann wirksam, wenn die Leute, die sich daran halten, auf andere oder gar keine Götter vertrauen. Das ist der Unterschied zwischen Glaube und Wissenschaft: Science works, bitches.
Gerade in der Corona-Situation ist doch der Unterschied zwischen religiöser Wunschvorstellung und natürlicher Wirklichkeit so offensichtlich geworden, dass man sich kaum vorstellen kann, dass jetzt noch jemand ernsthaft in diesem Zusammenhang positiv von Gottvertrauen spricht. Dass es wie bisher (also mit Gottvertrauen) eben nicht, sondern nur anders, nämlich mit Vernunft und wissenschaftlicher Erkenntnis geht, sollte jetzt doch einmal mehr für alle offensichtlich geworden sein.
Aber dann hat man die Rechnung ohne Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda gemacht.
Eine möglichst wirklichkeitskompatible Weltanschauung zeugt nicht nur von intellektueller Redlichkeit: Geht es um potentiell lebensbedrohliche Gefahren, kann sie mitunter sogar fürs eigene Überleben relevant sein. Und, im Fall einer Pandemie, auch für das der Mitmenschen.
Es geht! Anders
Menschen ist der Weg zueinander versperrt. Da geht einfach nichts mehr. Und dann tut doch einer den ersten Schritt, neue Möglichkeiten tuen sich auf. „Es geht! Anders“. Mit dem nötigen Gottvertrauen tuen sich immer wieder neue Wege auf und ungeahnte Möglichkeiten sind neu da.
Ob sich Herr Buß hier noch auf die Corona-Situation und die damit verbundenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bezieht, ist nicht klar.
Dass Menschen heute mehr Möglichkeiten denn je haben, trotz räumlicher Distanzierung in Kontakt zu bleiben, haben sie der Wissenschaft zu verdanken.
Diese „Wege“ haben Menschen geschaffen, die selbst nach Lösungen suchten. Weil sie zumindest diesbezüglich eben nicht auf göttliche Unterstützung vertrauten. Und weil sie nicht bereit waren, das Problem, das sie lösten als gottgegebenes und damit unabwendbares Schicksal hinzunehmen. Neue Wege und ungeahnte Möglichkeiten tun sich immer dann auf, wenn Menschen selbst denken und handeln, statt auf Gottvertrauen zu setzen.
Wenn etwas anders sein muss, damit es geht, dann heißt das, dass es so wie bisher offenbar nicht gegangen war oder hätte weitergehen können.
Neue Wege, ungeahnte Möglichkeiten
Und sollte sich die Aussage nicht auf die technischen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme, sondern auf den zwischenmenschlichen Bereich beziehen: Für die Entscheidung, ob ich Kontakt zu Mitmenschen suche oder nicht ist Gottvertrauen völlig irrelevant. Da muss ich höchstens auf mich selbst, genauer: auf meine Menschenkenntnis und meine Empathiefähigkeit vertrauen.
Im Fall von Herrn Buß scheint ihm sein Gottvertrauen jedenfalls keine wirklich neuen Wege und ungeahnte Möglichkeiten zu eröffnen.
Im Gegenteil: Mit dem Festhalten an seinem Glaubenskonstrukt versperrt er sich selbst den Weg aus der religiösen Scheinwirklichkeit.
„Anders“ aus seiner Sicht wäre es ja, wenn er anfgangen würde, seine Glaubensgewissheiten zumindest mal kritisch und ehrlich in Frage zu stellen und auf ihre Plausibilität und damit Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen.
Veränderungen tun immer weh, aber sie brauchen Beweglichkeit und Dynamik. Als „Geht nicht! Gibt´s nicht!“ „Es geht! Anders“.
Genau: Es geht! Anders. Gottlos glücklich!
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