Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Der Lebensfaden“

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Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Der Lebensfaden“, veröffentlicht am 10.07.21 von osthessennews.de

Darum geht es

Keine Geschichte ist Stadtpfarrer Buß zu banal, um sie nicht für die Verbreitung religiös verstrahlter Überheblichkeit zu nutzen.

Schon öfter habe ich im Zusammenhang mit den „Impulsen“ von Stadtpfarrer Buß die Frage gestellt, wie Herr Buß wohl den Geisteszustand des Publikums einschätzt, das er mit seinen Impulsen zu erreichen versucht. Dem heutigen Impuls zufolge dürfte dieses angenommene Level kaum höher als Debilität liegen.

In seiner heutigen Geschichte geht es um eine Spinne:

[…] Alles war gut, bis sie hörte: Die Welt ist anders geworden, du musst dich anpassen, du musst Altes aufgeben, du musst dich neu orientieren, du muss [sic] rationalisieren.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Der Lebensfaden“, veröffentlicht am 10.07.21 von osthessennews.de)

Veränderung, Altes aufgeben, neu orientieren, rationalisieren: Das alles sind Vorgänge, die auch das Festhalten an einem archaischen unmoralischen und unmenschlichen Belohnungs-Bestrafungskonzept wie des biblisch-christlichen Glaubenskonstrukts grundlegend in Frage stellen können.

Kein Grund zur Veränderung

Bei vielen von Herrn Buß`Impulsen hat man den Eindruck, dass dieser sein Leben am liebsten in einer kindlich-naiven, ja oftmals geradezu infantilen katholischen Scheinwirklichkeit verbringen möchte.

Eine Vorstellungswelt, die klar in „Gut“ (= wir, die „Rechtgläubigen“) und „Böse“ (= alle Anderen) aufgeteilt ist. Und wo alles, ungeachtet der irdischen Realität, gut ist oder zumindest wird, solange man nur den „richtigen“ Gott anbetet.

Wer es mit der Wirklichkeit nicht so genau nimmt und wer keinen Wert auf intellektuelle Redlichkeit legt, der hat also gar keinen Grund, an seiner zwar absurden und bei Licht betrachtet unmoralischen, aber eben doch auch denk- und von Verantwortung befreienden religiös vernebelten Weltanschauung irgendetwas ändern zu wollen.

Zumal bei einem Berufschristen wie Herrn Buß ja auch noch das Einkommen davon abhängt, dass sich noch genügend Versorger finden, die diese Realitätsflucht teilen.

Physik statt Gottvertrauen

Der Rest der Spinnengeschichte ist schnell erzählt:

Das Tierchen will also doch sein Netz optimieren. Und entfernt dazu einen Faden, der nach oben führt und dessen Bedeutung der Spinne nicht (mehr) bewusst zu sein scheint. Daraufhin fällt das Netz in sich zusammen.

Der Faden nach oben war der, auf den es ankam und an dem alles hing. Der Faden nach oben weist auf die Beziehung des Menschen zu Gott hin.

SpinneNein, Herr Buß. Dieser Faden weist darauf hin, dass es einen tatsächlich vorhandenen Fixpunkt braucht, um ein Spinnennetz daran zu hindern, von der Schwerkraft auf den Boden gezogen zu werden. Physik. Nix Götter.

Spinnen, die ihr Netz nicht an einem tatsächlich vorhandenen, ausreichend stabilen Aufhängungspunkt fiixierten, sondern stattdessen zum Beispiel an ihrer Vorstellung von Anansi, des Spinnengottes aus der westafrikanischen Mythologie, kamen in der evolutionären Entwicklungsgeschichte nicht allzu weit.

Religiöse Überheblichkeit: Woran hängt unser Leben?

Gerne meinen Menschen, diese Verbindung kappen zu können. Aber daran hängt unser Leben.

Herr Buß, angenommen, Sie wären in Saudi-Arabien, in der Mongolei oder in einem noch nicht christlich missionierten Amazonas-Völkchen geboren worden.

Sehr wahrscheinlich würden Sie dann einen anderen als den Gott verehren, für den Sie hierzulande missionarisch tätig sind.

Vielleicht wären Sie dort ebenfalls als Priester oder Schamane tätig. Und würden dann möglicherweise das gleiche, was Sie hier erzählen, mit der selben Überzeugung, Glaubensgewissheit und Selbstverständlichkeit über Allah, Shiva oder Pachamama verbreiten.

Würden Sie dann auch behaupten, Ihr Leben hänge an der Verbindung zu einem bestimmten Wüstengott, den sich Menschen in der ausgehenden Bronzezeit ausgedacht hatten?

Für eine Einbildung der Abhängigkeit von Göttern spielt es nicht die geringste Rolle, an welchen der vielen tausend Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat jemand glaubt. Auch Ihr Gott ist beliebig ersetzbar, ohne dass sich am Effekt dieser Einbildung irgendetwas ändert.

Keine Skrupel…?

Als Menschen dürfen wir uns getragen wissen und können darauf vertrauen, dass er uns hält.
Gerade auch in Krisensituationen und schweren Stunden will er der Halt sein, der uns Vertrauen und Leben lässt.

Herr Buß, haben Sie keine Skrupel, wenn Sie Menschen, denen es vielleicht tatsächlich schlecht geht, mit solchen Spinnereien auch noch gezielt in die Irre führen?

Meinen Sie ernsthaft, Sie tun diesen Menschen damit einen Gefallen oder bieten Ihnen eine tatsächlich wirksame Hilfe, indem Sie Ihnen vorgaukeln, Ihr Gott sei jemand oder etwas, auf dessen Unterstützung man aus guten Gründen tatsächlich vertrauen könne?

Es ist keine göttliche Hilfe, die Gläubige in schweren Stunden Halt gibt. Sondern lediglich ihre Einbildung einer solchen Hilfe.

Sie persönlich mögen ja dem vertrauen, was immer Ihnen vertrauenswürdig erscheint. Aber dann beziehen Sie Ihre Aussagen darüber, was „Vertrauen und Leben lässt“ bitte auf sich. Und nicht pauschal auf „uns.“

Denn zu „uns“ gehöre zum Beispiel auch ich. Und ich vertraue und lebe auch. Ohne, dass dabei irgendwelche Gottheiten ihre Finger oder was auch immer im Spiel haben. Weder mein Vertrauen, noch mein Leben hängt an Ihrer oder sonst irgendeiner Gottesvorstellung.

Den Faden nach oben sollte der Mensch also nicht trennen, denn es gibt Situationen im Leben, da kommt es auf diese tragfähige Verbindung nach oben an.

Dieser Faden ist keine tragfähige Verbindung. Sondern ein Hirngespinst im wahrsten Wortsinn.

Das Schicksal der Anderen: Egal?

„Vernetzung“ ist ein wichtiges Wort unserer Zeit. Wer gut vernetzt ist, kann viel erreichen und ist mit im Geschehen des Lebens. Der Mensch bedarf eines Netzwerkes mit anderen Menschen,

Ja. Netzwerken ist eine Fähigkeit, die sich für in sozialen Gruppen zusammenlebende Individuen evolutionär bewährt hat.

aber auch der Vernetzung nach oben mit Gott.

Nö. (Was ohne Beweis behauptet wird, kann auch ohne Beweis verworfen werden.)

In Jesus Christus hat Gott sich uns Menschen zugewandt und lässt Menschen, die sich ihm zuwenden erfahren, dass sie in ihm gehalten sind.

Herr Buß, woran können Sie diese „Erfahrung“ von einer rein menschlichen Einbildung/Wunschvorstellung unterscheiden?

Und wieso verschweigen Sie auch diesmal, dass dieses göttliche Angebot keineswegs optional ist? Weil der selbe liebe Gott, von dem Sie sich gehalten fühlen möchten, allen, die diesen Service nicht in Anspruch nehmen möchten mit zeitlich unbegrenzter physischer und psychischer Dauerfolter bei vollem Bewusstsein bedroht?

Ist Ihnen das Schicksal Ihrer glaubensfreien und andersgläubigen Mitmenschen egal?

Einmal mehr frage ich mich, warum die katholische Kirche jemanden mit der öffentlichen Verkündigung beauftragt, dessen Beiträge den religiösen Glauben geradezu ins Lächerliche ziehen. Und weiter frage ich mich, warum ein Nachrichtenportal solche Beiträge veröffentlicht.

Geschätzte Leserschaft, verpassen Sie keinesfalls den nächsten Impuls, wenn der liebe Jesus dem armen Teddybär sein abgefallenes Auge wieder annäht! Halleluja!

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