Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Die Sorge für das gemeinsame Haus“

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Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Die Sorge für das gemeinsame Haus“, veröffentlicht am 07.07.21 von osthessennews.de

Darum geht es

Stadtpfarrer Buß hat einen Freund, der sich mit Vögeln auskennt und gemeinsam wurden 12 Nistkästen im Garten des Bischofshauses aufgehängt. Dazu gibts noch eine päpstliche Falschdarstellung und ein romantisch-naturalistisches Gedicht.

[…] Jeder [der Nistkästen, Anm. v. mir] hat einen Paten. Neben besonderen Fuldaer Heiligen wie Bonifatius, Sturmius oder Lioba, trägt einer auch den Namen „Michael“ – unser Bischof oder „Heiko“, wie der Oberbürgermeister. An einem Nistkasten steht auch der Name „Stefan“ mit Blickrichtung zur Stadtpfarrkirche.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Die Sorge für das gemeinsame Haus“, veröffentlicht am 07.07.21 von osthessennews.de)

Ja – auch Vogelhäuschen lassen sich für religiöse bzw. kirchliche PR-Zwecke instrumentalisieren.

Abgesehen davon würde man eine solche Aktion als Grund für einen Medienauftritt wohl eher in einem Kinder- als in einem Pfarrgarten erwarten…

Corona: Positive Nebeneffekte

Anschließend erfahren wir, dass die einschränkenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch positive Effekte hatten:

Geringere Umweltbelastungen, weniger Touristen und gebremster Handel hatten nicht nur ihre Schattenseiten, sondern ließen die Schöpfung an unterschiedlichen Stellen aufatmen.

Mich erstaunt immer wieder diese Selbstverständlichkeit, mit der die Erde bzw. die belebte Natur als „Schöpfung“ bezeichnet wird. Und zwar nicht nur von Berufsgläubigen. Sondern durchaus auch von Menschen, die eigentlich einen Säkularstaat vertreten sollen. Und zwar eigentlich mit der dafür erforderlichen Neutralität und Sachlichkeit.

Von der Urkuh aus dem Eis geleckt

Herr Buß, laut einer anderen als der biblischen Schöpfungsgeschichte war es die Urkuh Audhumbla, die die Menschheit aus dem Eis geleckt hatte, wie der Edda zu entnehmen ist.

Wie sicher sind Sie sich, dass ausgerechnet Ihr Schöpfungsmythos tatsächlich stimmt, die unzähligen anderen aber nicht? Und worauf stützt sich Ihre Gewissheit?

Andere, mindestens genauso unplausible Schöpfungslegenden wurden bzw. werden ja genauso überzeugt geglaubt und überliefert wie das biblische Schöpfungsmythos. Und die sind teilweise viel origineller und spannender als die Bibelversion.

Man denke zum Beispiel nur an den ganzen Zirkus, bis die Götter der Azteken endlich eine brauchbare Erde für ihre Menschenexperimente am Start hatten…

Das wenig erstaunliche Ergebnis einer Untersuchung, dass sich während der Lockdown-Zeiten mehr Menschen in der Natur aufgehalten hatten als vorher, findet Herr Buß interessant.

Bibelblinder Papst

Um seinem heutigen Impuls noch eine wahrlich religiotische Komponente hinzuzufügen, wählt Pfarrer Buß ein Papst-Zitat:

[…] Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika „Laudato si“ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus vom 24. Mai 2015 betont: „Die dringende Herausforderung, unser gemeinsames Haus zu schützen, schließt die Sorge ein, die gesamte Menschheitsfamilie in der Suche nach einer nachhaltigen und ganzheitlichen Entwicklung zu vereinen, denn wir wissen, dass sich die Dinge ändern können. Der Schöpfer verlässt uns nicht, niemals macht er in seinem Plan der Liebe einen Rückzieher, noch reut es ihn, uns erschaffen zu haben.

Herr Bergoglio gibt also vor, zu wissen, welche Pläne sein Gott hat. Und was ihn (nicht) reut.

Dass dieser göttliche Liebesplan auch beinhaltet, alle, die sich von diesem Gott nicht lieben lassen wollen bei zwar gestorbenem, aber trotzdem empfindungsfähigem Leib deswegen zeitlich unbegrenzt dauerzufoltern, scheint ihn nicht weiter zu kümmern.

Klar: Er ist ja getauft und vermutlich auch ziemlich sicher, dass ihm sein Gott seinen Glauben schon allein berufsbedingt dereinst schon glauben wird. Und damit erfüllt er wahrscheinlich schon die Kriterien, um der göttlichen Höllenfolter zu entgehen.

Die Aussage, dass wir wissen, dass sich die Dinge ändern können steht im Widerspruch zur Aussage, dass uns der „Schöpfer“ niemals verlassen würde.

A propos Widerspruch:

Denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe

Die Aussage, dass dieser Gott niemals „in seinem Plan der Liebe einen Rückzieher“ machen würde und dass es ihn nicht reue, uns erschaffen zu haben stimmt definitiv nicht mit der biblischen Mythologie überein (Hervorhebungen von mir):

  1. Als aber der HERR sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar,
  2. da reute es den HERRN, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen,
  3. und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.
    (1. Mose 6, 5-7 LUT)

Entweder hat Herr Bergoglio mit Künstlernamen „Papst Franziskus“ genauso wenig Zeit zum oder Interesse am Bibelstudium wie der Großteil seiner Mainstream-Schäfchen. Oder er belügt sie absichtlich, was die angeblichen Eigenschaften und Gefühlsregungen seines magischen Himmelswesens angeht, wie sie in der biblischen Mythologie nun mal enthalten sind.

Verständlicherweise ist weder von der „gesamten Menschenfamilie“, noch von Nachhaltigkeit oder Ganzheitlichkeit in den biblischen Narrativen die Rede. Das einende Element war damals nicht das Menschsein. Sondern der „richtige“ Glaube an den „richtigen“ Gott. Die gesamte biblische Mythologie spielt sich in einem vergleichsweise winzigen Teil der damals den Autoren bekannten Welt ab.

Um die Chancen und Risiken der globalen Weltbevölkerung überhaupt erkennen und benennen zu können, musste erstmal die Erkenntnis gegen den erbitterten Widerstand der Kirche durchgesetzt werden, dass die Erde überhaupt global, also annähernd kugelförmig ist.

Hoffnung Mensch

Die Menschheit besitzt noch die Fähigkeit zusammenzuarbeiten, um unser gemeinsames Haus aufzubauen.

…und deshalb lautet die Hoffnung auch Mensch. Und nicht Gott.

Götter, die sich uns gegenüber exakt so verhalten, als gäbe es sie nicht, mögen sich bitte um ihre eigenen Angelegenheiten selbst kümmern.

Wem der Erhalt der Erde als geeigneter Lebensraum für Sauerstoff verstoffwechselnde Lebewesen ein Anliegen ist, der hätte eigentlich Wichtigeres und Sinnvolleres zu tun als seine Zeit in der Hoffnung auf eine fiktive jenseitige Belohnung mit der Befriedigung der angeblichen Bedürfnisse eines selbstverliebten mythologischen Götterwesens mit tripolarer Persönlichkeitsstörung zu verplempern.

(Monotheistische) Religionen gehören zu den Ideologien, die die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt der Weltbevölkerung behindern statt zu fördern. Sie schaffen, neben anderen Faktoren, künstliche Spaltung, die erst noch überwunden werden muss. Sie sind Teil des Problems, nicht Teil der Lösung.

Schönen Dank auch

Ich möchte allen, die in den verschiedensten Bereichen menschlichen Handelns daran arbeiten, den Schutz des Hauses, das wir miteinander teilen, zu gewährleisten, meine Anerkennung, meine Ermutigung und meinen Dank aussprechen. Besonderen Dank verdienen die, welche mit Nachdruck darum ringen, die dramatischen Folgen der Umweltzerstörung im Leben der Ärmsten der Welt zu lösen. Die jungen Menschen verlangen von uns eine Veränderung. Sie fragen sich, wie es möglich ist, den Aufbau einer besseren Zukunft anzustreben, ohne an die Umweltkrise und an die Leiden der Ausgeschlossenen zu denken.“

Die katholische Kirche in Deutschland verfügt über ein geschätztes Vermögen von 200 – 500 Milliarden (!) Euro. Schon ein vergleichsweise geringer Teil davon eröffnet einen beachtlichen Spielraum, um in den verschiedensten Bereichen menschlichen Handelns daran zu arbeiten, den Schutz des Hauses, das wir miteinander teilen, zu gewährleisten.

Die katholische Kirche allein schon in Deutschland hat also die finanziellen Mittel, um diesen Schutz vielleicht zwar nicht gewährleisten zu können, aber doch maßgeblich und effektiv zur Rettung der Erde als Lebensraum beizutragen.

Die Kirche könnte dies als einmalige Chance nutzen, um als die religiöse Institution in die Menschheitsgeschichte einzugehen, die die Welt nach all dem Leid, das sie ihr angetan hatte, schließlich doch noch fairer und gesünder gemacht haben würde.

Aber wozu das schöne viele Geld ausgeben, wenn es auch ein paar fremdfinanzierte Heiligen-Vogelhäuschen und fromme Sprüche tun?

Es genügt ja, wenn man den anderen erzählt, dass sie keine Schätze sammeln sollen auf Erden… Und die Kosten für die Nistkästen konnte man auch auf Sponsoren abwälzen – was will man mehr! Dafür bekommt dann der Bürgermeister eben auch sein Vogelhäuschen im Pfarrgarten.

Von der Katze lernen, Singvögel zu jagen…

Zum Abschluss präsentiert Stadtpfarrer Buß noch ein naturalistisches Gedicht einer christlichen Autorin, das immerhin ganz ohne Glaubens- und Göttergedöns auskommt:

Es wäre schön, wenn wir lernen würden zu leben, wie es in einem Text der Dichterin und Fotografin Ute Latendorf heißt: „Von der Sonne lernen, zu wärmen. Von den Wolken lernen, zu schweben. Vom Wind lernen, beweglich zu sein. Von den Bäumen lernen standhaft zu sein. Von den Blumen das Leuchten lernen. Von den Steinen das Bleiben. Von den Büschen im Frühling Erneuerung lernen. Von den Blättern im Herbst das Fallenlassen. Vom Sturm die Leidenschaft lernen. Vom Regen lernen, sich zu verströmen. Von der Erde lernen mütterlich zu sein. Vom Mond lernen sich zu verändern. Von den Sternen lernen, einer von vielen zu sein. Von den Jahreszeiten lernen, dass das Leben immer von neuem beginnt.“

Nun geht es in der Natur freilich keineswegs immer so romantisch zu, wie Frau Latendorf das hier darstellt.

Zur Natur, die Christen ja als die Schöpfung ihres allmächtigen und allgnädigen Gottes betrachten, gehören auch Erdbeben, Vulkanausbrüche, Meteoriteneinschläge, Tsunamis, Regen-, Kälte- und Dürrekatastrophen, Pandemien, Parasiten, Erb- und sonstige Krankheiten, Waldbrände, Wirbelstürme…

Kurz: Der göttliche „Plan der Liebe“ beinhaltet auch unvorstellbar viele Ursachen für unvorstellbar viel Leid empfindungsfähiger Lebewesen. Nach dem Werk eines allgütigen Schöpfergottes sieht das beim besten Willen nicht aus.

Um der Natur der Natur gerecht zu werden, könnte man also auch dazu auffordern, von der Hauskatze zu lernen, Singvogelbabies zu fangen, zu zerlegen und zu verspeisen.

Verklärter Naturalismus

Und  da ja auch der Mensch mit seinen menschlichen Fähigkeiten Teil der Natur ist, könnte man zum Beispiel auch von der Wissenschaft lernen, wirksame Mittel gegen Viren-Pandemien zu entwickeln.

Christen vergaloppieren sich schnell, wenn sie versuchen, ausgehend von ihrer Schöpfungslegende einen verklärten Naturalismus zu predigen – und dabei den Humanismus, Rationalismus oder allgemein menschliche Fähigkeiten weglassen.

Der wenig romantische Umstand, dass die Natur zunächst mal aus Leben besteht, das überleben möchte neben anderem Leben, das den selben Plan verfolgt, wird mitunter gerne verklärt-idealisiert dargestellt.

So zum Beispiel auch in der Bibel, wo Gott seine Idealvorstellung (die in Wirklichkeit natürlich die Idealvorstellung jener ist, die sich das alles ausgedacht hatten) so beschreibt:

  • Wolf und Lamm sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge (damals war dieser Gott offenbar noch nicht zum allmächtigen Schöpfer aufgestiegen, sondern noch ein gewöhnlicher Berggott, Anm. v. mir), spricht der HERR.
    (Jesaja 65,25 LUT)

Fazit

Vogelhäuschen aufhängen ist an sich sicher eine prima Idee. Und wenn man sonst nichts hat, womit man sich positiv präsentieren kann, dann eben auf diesem Weg.

Wer weiß, vielleicht ist das ja der Beginn der Geschichte: „Wie Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda die katholische Kirche dazu brachte, ihr Milliardenvermögen zur Rettung der Welt zur Verfügung zu stellen“…?!

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