Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Fußball Europameisterschaft 2021“

Lesezeit: ~ 5 Min.

Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Fußball Europameisterschaft 2021“, veröffentlicht am 03.07.21 von osthessennews.de

Darum geht es

Stadtpfarrer Buß scheint diesmal der Länge nach ins Metaphertöpfchen gefallen zu sein. Rund um das Thema „Fußball-Europameisterschaft“ präsentiert er eine Sammlung an religiös vernebelten Banalitäten.

„Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda!“
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Buß: „Fußball Europameisterschaft 2021“, veröffentlicht am 03.07.21 von osthessennews.de)

Noch wichtiger als dieser Hinweis wäre mal ein Disclaimer, der leichtgläubige Menschen davor warnt, Herrn Buß alles zu glauben, was er in seinen Videobotschaften zum Besten gibt. Vorschlag:

  • Hinweis: Der folgende Beitrag kann Behauptungen enthalten, die auf magisch-esoterischen Phantasievorstellungen basieren. Jede einzelne Behauptung ist deshalb besonders kritisch auf Plausibilität und Wahrheit zu überprüfen. Um die eigentliche Aussage von herausgepickten Bibelstellen richtig einordnen zu können, empfiehlt sich immer ein Blick auf den Kontext, aus dem sie entnommen wurden.

Fußball Europameisterschaft: Schon gelaufen…

In diesen Wochen findet die Fußball-Europameisterschaft mit einem Jahr Verspätung statt. Zum ersten Mal wird sie an 12 verschiedenen Spielorten ausgerichtet. Viele haben schon mit Spannung dieses große Turnier erwartet. Welche Erwartungen wir an die deutsche Mannschaft knüpfen dürfen, das wird sich in den nächsten Tagen noch zeigen.

Dieser Beitrag scheint offenbar vorproduziert gewesen zu sein.

Für spätere Zeiten: Deutschland war schon letzten Dienstag bei der Fußball Europameisterschaft (die korrekterweise Coronabedingt nicht Fußball Europameisterschaft 2021, sondern Fußball Europameisterschaft 2020 hieß) ausgeschieden.

Hölzernes Holz: Nutzlose Metaphern

Das, was bei einem Fußballspiel wichtig ist, lässt sich sicher auch gut übertragen auf das Leben.

Praktisch alles lässt sich irgendwie auf praktisch alles übertragen. Die Frage ist, welchen Erkenntnisgewinn oder Erklärungsvorteil eine solche Metapherisierung letztlich bieten kann.

Analogien und bildhafte Sprache können helfen, komplexe Sachverhalte leichter verständlich zu machen. Gerade dann, wenn man beim Gegenüber nicht den erforderlichen Wissensstand erwarten kann, um das, worum es eigentlich geht verstehen zu können.

Das hatte auch der biblische Romanheld Jesus als Grund genannt, warum er seine Endzeit-Szenarien fürs „gemeine Volk“ mit Gleichnissen beschrieben hatte: Wie Unkraut ausgerissen und in den Feuerofen geworfen zu werden, weil man keinen oder den falschen Gott verehrt hatte – das konnten sich die Leute damals sicher lebhaft vorstellen.

Warum Metaphern in Religionen so beliebt sind, liegt auf der Hand: Denn für ein Gleichnis spielt es keine Rolle, ob das, was es eigentlich beschreiben soll, überhaupt existiert. Menschliche Gehirne haben erstaunliche Fähigkeiten, wenn es um Phantasie und Fiktion geht.

…von Gott her auf seinen bestimmten Platz gestellt

Zurück zu Herrn Buß und seiner Fußball Europameisterschaft:

[…] Auf jeden einzelnen Spieler kommt es an und jeder hat seine bestimmte Position auszufüllen. Auch im Leben ist jeder und jede wichtig, auf jeden kommt es an und jeder ist von Gott her auf seinen bestimmten Platz gestellt.

Die Feststellung, dass es im Leben genauso wie beim Fußball auf Teamgeist und persönlichen Einsatz ankommt, ist trivial und belanglos. Beim Fußball legt der Trainer fest, wer auf welcher Position spielt. Wie stellen Sie sich das konkret, also ohne Fußball- oder sonstige Metapher vor, Herr Buß, wenn Sie behaupten, jeder sei von Gott her auf seinen bestimmten Platz gestellt?

Herr Buß, wenn jeder „von Gott her auf seinen bestimmten Platz gestellt“ wurde, dann auch die katholischen Priester, die Kinder vergewaltigen? Und natürlich auch die Kinder, die Opfer dieser Sexualverbrechen wurden und werden: Hat die auch Ihr lieber Gott „auf ihren bestimmten Platz gestellt“?  So von Gott her…?

Ganz alleine in der Gemeinschaft?

[…] Oft stehen Menschen im Leben mit christlichen Standpunkten oder auch der Tatsache ihren Glauben zu leben und dies in der Gemeinschaft der Kirche zu leben, allein. Dann braucht es Rückgrat, um Farbe zu bekennen und auch gegen den Strom zu schwimmen. Gut ist es hier sich in einer Gemeinschaft wiederzufinden, wo einer für den anderen einsteht.

Wenn Menschen ihre religiöse Realitätsflucht kollektiv in der Gemeinschaft der Kirche ausleben, dann stehen sie doch gar nicht allein?

Der Umstand, dass Christen in der zunehmend nicht (mehr) religiös geprägten Gesellschaft immer mehr allein stehen, könnte sie ja auch mal auf die Idee bringen zu überlegen, ob das vielleicht auch an ihnen selbst liegen könnte. Oder genauer: An dem, was sie für wahr halten, obwohl es nicht mit der irdischen Wirklichkeit übereinstimmt.

Ich kenne Christen, denen es völlig egal ist, was die weltliche Welt von ihnen oder von ihrem Glauben hält. Entweder, weil sie sowieso so unverrückbar in ihrem Glauben gefangen sind, dass sie sich durch das biblische Wort, Christen würden wegen ihres Glaubens gehasst werden noch in ihrem Glauben bestärkt fühlen. Selbst dann, wenn sie gar nicht gehasst, sondern nur wegen ihres Glaubens kritisiert oder hinterfragt werden.

Oder, und das ist der häufigere Fall, weil ihnen ihr Glaube eigentlich ebenfalls völlig egal ist.

Mimimi!

Und dann gibt es noch die christliche Mimimi-Fraktion. Das sind die, die das christliche Gut-Böse-Schema (wir: die Guten, alle anderen: die Bösen) verinnerlicht haben. Und die sich, ungeachtet der beispiellosen Sonderprivilegierung ihrer Kirche und der in Deutschland herrschenden Glaubens-, Meinungs- und Redefreiheit ständig und überall verfolgt und in ihrem Glauben bedroht fühlen. Nur, weil immer weniger Menschen noch ein Interesse an religiösen Realitätsverweigeren haben und deren absurden Behauptungen und Überheblichkeiten mitunter auch kritisieren.

Ganz unabhängig von der Unredlichkeit und Untauglichkeit des religiösen Glaubens an sich sollte man sich schon allein in Anbetracht der Skandale und Verdorbenheiten der katholischen Kirche inzwischen allerdings tatsächlich schämen, diese Gemeinschaft auch nur noch einen Tag länger mit seiner Mitgliedschaft zu unterstützen.

Offenbar fällt es leichter, wenn man sich immer wieder vergewissern kann, dass man nicht der einzige ist, dessen Weltbild nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Christliche Glaubensüberzeugungen gegen die eigene Vernunft und Redlichkeit zu verteidigen, stelle ich mir ziemlich anstrengend vor. Trotzdem fällt natürlich auch das Fürwahrhalten von religiösen Scheinwirklichkeiten in den Bereich „Gedankenfreiheit.“

Durchhalten – ganz ohne Gottes Hilfe

In einem Fußballspiel muss man kämpfen bis zum Ende. Auch wenn eine Niederlage droht, darf man sich nicht aufgeben. Das ist eine Haltung, die der Mensch auch im Leben und Alltag braucht. Im Leben nie die Hoffnung aufgeben, sondern immer wieder auch davon getragen sein, dass ich etwas erreichen kann mit Gottes Hilfe. Das kann tragen in schwierigen Lebenssituationen.

Da noch kein einziger Gott tatsächlich nachweisbar irgendwem irgendwie geholfen hat, ist es bis zum Beweis des Gegenteils lediglich die Einbildung göttlicher Hilfe, die hier zum Tragen kommt.

Auch unzählige Menschen, die an keine oder andere Götter glauben, schaffen es trotzdem, auch in aussichtslosen Situationen durchzuhalten. Und das, ohne dass sie deshalb auf etwas hoffen würden, was bis zum Beweis des Gegenteils gar nicht existiert und das sich nicht von einer rein menschlichen Einbildung oder Wunschvorstellung unterscheidet.

Bei Foul: Positive Gedanken?

Unschön ist es, wenn ein Spiel geprägt ist von vielen Fouls. Fairplay sollte an erster Stelle stehen. Auch im Leben muss man manchmal so manches Foul einstecken. Dabei gilt, es auch dann nicht anderen heimzuzahlen, sondern immer wieder auch mit positiven Gedanken über allem zu stehen.

Ob es immer die richtige Strategie ist, bei erlittenem Unrecht oder Leid „mit positiven Gedanken über allem zu stehen“ halte ich für fragwürdig.

Beim Fußball ist es Sache des Schiedsrichters, Fouls zu erkennen und den offiziellen, eindeutig festgelegten Fußballregeln entsprechend zu ahnden.

Die anonymen Verfasser der biblischen Legenden lassen ihren Gottessohn erklären, dass man deshalb nicht selbst Rache üben solle, weil man genug Raum für Gottes Zorn lassen müsse. Interessanterweise habe ich diese biblisch „belegte“ Erklärung noch in keiner christlichen Mainstream-Verkündigung gehört oder gelesen.

Auch die Spieler, die sich vorher noch mit großen Selbstbekreuzigungen als Christen geoutet hatten, sehen jedenfalls selten so aus, als stünden sie mit positiven Gedanken über allem, nachdem sie gefoult wurden.

…und wie siehts eigentlich mit den eigenen Fouls aus?

Große Ziele

Wer am Ende des Turniers die Spiele gewonnen hat, der darf den Siegespokal in die Höhe strecken. Vom Siegespokal oder Siegeskranz, den wir erkämpfen können, spricht der Apostel Paulus in seinem ersten Korintherbrief (1 Kor. 9,24-27). Paulus drückt mit dem Vergleich aus, dass es darum geht sich zu bemühen im Leben den Siegeskranz zu erringen.

Diese Stelle war schon Gegenstand dieses Beitrages.

Jeder Mensch darf sein Leben ausrichten und es davongetragen [sic] wissen, dass uns der Siegespreis Gottes in Aussicht gestellt wird – das ewige Leben.

Und wenn er sein Leben nicht an dieser fiktiven postmortalen Siegerprämie ausrichten möchte, dann droht ihm eine zeitlich unbegrenzte Dauerbestrafung durch psychische und physische Höllenfolter bei vollem Bewusstsein.

Danke, an einem solch unmenschlichen und unmoralischen Belohnungs-Bestrafungskonzept möchte ich mein Leben nicht ausrichten.

Zumal mir dazu ja das Schicksal meiner glaubensfreien oder andersgläubigen Mitmenschen egal sein und ich nur auf meinen eigenen Vorteil bedacht sein müsste.

[…] In einer Liedstrophe heißt es: „Das Leben ist ein Spiel. Wer es recht zu spielen weiß, gelangt ans große Ziel.“

Lack of empathyDereinst auf ein erfülltes, glückliches, friedliches und möglichst gesundes Leben zurückblicken zu können, in dem es einem vielleicht sogar gelungen sein wird, die Welt ein bisschen fairer, friedlicher, fröhlicher, bunter, gescheiter und gesünder gemacht zu haben, halte ich für ein hervorragendes, herausforderndes und erstrebenswertes „großes Ziel.“

Und dazu braucht es keine absurden Jenseitsphantasien mit falschen Himmelshoffnungen und fiktiven Höllendrohungen.

 

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