Gedanken zu: Impulse von Stefan Buß: „Es werde Licht“

Lesezeit: ~ 5 Min.

Gedanken zu: Impulse von Stefan Buß: „Es werde Licht“ – Lichtmomente des Glaubens, veröffentlicht am 22.09.21 von osthessennews.de

Darum geht es

Statt etwas zu den Fehlern und Vergehen der Kirche zu sagen, wäre es für Herrn Buß sehr viel wertvoller, wenn Christen von ihren "Lichtmomenten des Glaubens" erzählen würden. Denn so würden sie auch seinen Glauben bestärken.

Statt Bittgebete („Herr wir bitten dich: Erleuchte unsere Kirche!“) zu Mariä Lichtmess nutzt der Stadtpfarrer lieber ein Tablet, um die Beleuchtung seiner Kirche zu steuern, wie er in seinem heutigen Impuls wissen lässt.

Das bietet gleich mehrere Vorteile:

Einzelne Bereiche können individuell angeleuchtet werden. Bei elektrischem Licht hat auch „Sankt Florian“ viel weniger zu tun als beim Hantieren mit Kerzen.

Und der größte Vorteil: Elektrisches Licht und die Technologie, um es mit einem Tablet zu steuern, funktionieren. Unabhängig davon, ob jemand dran glaubt oder nicht. Und auch unabhängig davon, ob es dem vermeintlichen Willen vermeintlicher Götter entspricht oder nicht.

Illuminierung für eine intensive Gottesbegegnung

Jesus Christus kann den Menschen, der ihm vertraut, aus der Finsternis ins Licht führen.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stefan Buß: „Es werde Licht“ – Lichtmomente des Glaubens, veröffentlicht am 22.09.21 von osthessennews.de)

Wenn Jesus Christus in der Lage ist, Menschen aus der Finsternis ins Licht zu führen (was ja bestimmt als Metapher gemeint sein soll), wieso macht er seine Dienstleistung dann davon abhängig, ob ihm jemand vertraut?

Mit welcher Ausrede lässt er die, die nicht auf ihn vertrauen (oder die ihn gar nicht kennen) in der „Finsternis“ zurück? Trotz angeblicher Allmacht und Allgüte?

…uuund: Stimmung!

Licht kann viel Atmosphäre schaffen auch in einem Kirchenraum und so Herzen aufschließen für eine intensive Gottesbegegnung.

Das Erzeugen von Stimmungen mit Lichteffekten funktioniert tatsächlich in Stadtpfarrkirchen genauso gut wie in der „Church of Satan.“ Oder wie bei Bad Religion-Bühnenshows. Und natürlich in jedem Kaufhaus.

Was die intensiven Gottesbegegnungen angeht: Für diesen Effekt spielt es keine Rolle, welchem der vielen tausend Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat man sich einbildet zu begegnen.

Welcher Gott das im Einzelfall ist, hängt fast immer vom Geburtsort und von der zeitlichen Epoche ab, in die man hineingeboren wurde. Und nicht davon, dass irgendein Gott wahrer oder besser wäre als irgendein anderer.

Wann ist ein Christ ein Christ?

Aber alles Licht wäre umsonst, wenn nicht die Glaubenslichter der einzelnen Menschen in die Welt hineinleuchten würden. Dazu braucht es auch immer wieder Lichtmomente des Glaubens. Ein Christ ist, was er ist, weil er durch Lichtmomente im Glauben im Vertrauen auf Gott gewachsen ist.

Da auch dieser Effekt unabhängig vom jeweils geglaubten Gott funktioniert, kann man davon ausgehen, dass diese „Lichtmomente des Glaubens“ genau dort entstehen, wo auch Göttervorstellungen wohnen: In der menschlichen Phantasie, in menschlichen Gehirnen.

Demzufolge wird man ein Christ, indem man sich den chronischen Bestätigungsfehler antrainiert, Wahrnehmungen, Ereignisse und Vorstellungen in einen ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Wetter-Berge-Wüsten-Kriegs-Rachegott zu setzen, den sich ein halbnomadischer Wüstenstamm in der Bronzezeit aus früheren Gottesvorstellungen zusammengebastelt hatte.

Empfehlungsmarketing

Und dies gilt es weiterzuerzählen an andere.

Wie wirksam ein solches Empfehlungsmarketing sein kann, zeigt der Erfolg von Online-Verkaufsportalen mit Bewertungsfunktion.

Menschliche Gehirne sind evolutionär bedingt so konditioniert, dass sie Bewertungen von anderen Kunden für aussagekräftiger halten als alle Werbeversprechen des Anbieters selbst.

Die Kehrseite der Medaille: Negative Bewertungen können dazu führen, dass ein Produkt praktisch unverkäuflich wird. Wer würde schon ein Gerät kaufen oder ein Hotel buchen, das die meisten Kunden mit nur einem oder zwei von fünf Sternen bewertet haben?

Dem Anbieter bleiben dann nüchtern betrachtet nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Qualität seines Produktes verbessern. Oder es vom Markt nehmen.

…sehr viel wertvoller!?

Beide Optionen scheinen für Pfarrer Buß nicht in Frage zu kommen:

Menschen wissen heute viel zu sagen über Fehler und Vergehen der Kirche. Die müssen auch ihren Platz haben. Aber ist das alles, was Christen zu sagen haben? Erzählen sie eigentlich von den Lichtmomenten ihres Glaubens und Teilen [sic] davon anderen mit? Es wäre sehr viel wertvoller.

Einmal mehr treten hier diese unsägliche klerikale Arroganz und die narzisstisch verzerrte Selbstüberschätzung zu Tage, die wir schon so oft in den Verkündigungen von Buß & Co. angetroffen haben.

Übertragen wir diese Aussage von Pfarrer Buß auf ein beliebiges anderes Produkt. Das ein Kunde mit dem Hinweis darauf, dass das Produkt nicht funktioniert negativ bewertet.

Analog zu Herrn Buß‘ Aussage würde die Antwort des Herstellers dann ungefähr so lauten:

  • „Ja, das Produkt funktioniert nicht. Aber haben Sie bemerkt, wie kunstvoll es verpackt war? Es wäre sehr viel wertvoller, wenn Sie anderen das mal mitteilen würden.“

Auf die Idee, dass es eben nicht genügt, den Fehlern und Vergehen der Kirche einen Platz einzuräumen, scheint er nicht zu kommen. Genausowenig dürfte er sich und seinem Publikum gegenüber eingestehen, dass man sich heute eher lächerlich macht, wenn man anderen etwas von „Lichtmomenten“ seines Glaubens mitteilt.

Und selbst, wenn jemand seine Glaubensüberzeugungen tatsächlich als irgendwie erhellend empfindet, dann wird trotzdem immer mehr Katholiken bewusst, dass eine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche etwas ist, wofür man sich spätestens jetzt (zurecht) schämen sollte. Nichts, worauf man im Smalltalk gerne zu sprechen kommt. Nicht umsonst sind Religion und Politik für viele Menschen Tabuthemen.

Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass sich Pfarrer Buß genötigt sieht, seine Schäfchen mal wieder an deren missionarischen Verkündigungsauftrag zu erinnern.

Kaum geboren, schon indoktriniert

In der Tauffeier wird am Kind vollzogen und spricht der Taufspender aus: „Effata, öffne dich! Der Herr öffne dir die Ohren, damit du das Wort Gottes hörst und er öffne den Mund, damit du es auch im Leben bekennst!“

Stop fruehkindliche Indoktrination

Die frühkindliche Indoktrination, hier in Form der Säuglingstaufe scheint für das Fortbestehen der katholischen Herde überlebensnotwendig zu sein. Und das Festhalten an diesem Vorgehen ist ein deutliches Zeichen, wie armselig und irrelevant ein Glaubenskonstrukt sein muss, wenn die Kirche, die es verbreitet auf solche Methoden angewiesen ist.

Ein wahrscheinlicher Grund, warum Katholiken ihre Babies taufen lassen, ist der Umstand, dass sich die Eltern dadurch auch selbst in ihrem eigenen Aberglauben bestärken.

Den gleichen Effekt haben auch Gottesdienste: Religiöse Vorstellungen und Annahmen, die sich, je nach Ausprägung und Intensität mitunter nicht von Wahnvorstellungen unterscheiden lassen, fühlen sich vermutlich ein bisschen weniger absurd an, wenn man sie mit anderen teilen kann.

Müssten Gläubige zum Beispiel allein und vor ihrem Badezimmerspiegel das „Glaubensbekenntnis“ aufsagen oder vor ihrem Spiegelbild die Unterwerfungsformel „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ laut aussprechen, dann wäre ihr religiöses Kartenhaus sicher viel akuter vom Einstürzen bedroht, als wenn dies im Chor mit weiteren Schäflein geschieht.

Lichtmomente des Glaubens

Dass dieser Effekt der gegenseitigen Vergewisserung der gemeinsam betriebenen Realitätsflucht nicht nur auf die Schäfchen begrenzt ist, geht aus Pfarrer Buß‘ Abschlusssatz hervor:

Ich wünsche mir viele Christen, die den „Mund öffnen“ und von ihren Lichtmomenten des Glaubens erzählen, den [sic] das bestärkt auch meinen Glauben.

…und ich wünsche Ihnen einen lichten Moment, Herr Buß. In dem Sie mal ganz aufrichtig und ernsthaft in sich hineinhören:

Licht

Wie wahrscheinlich ist es, dass auch Ihre Glaubensgewissheiten und deren biblisch-christlichen Grundlagen genauso fiktiv sind wie die aller anderen Religionen?

Unabhängig von den soziokulturellen Effekten Ihres Glaubens? Also unabhängig von dem, was Menschen im vermeintlichen Namen und Auftrag Ihres Gottes tun und lassen?

Und meinen Sie nicht auch, dass Ihre Kirche jegliche Glaubwürdigkeit längst und gründlich verspielt hat?

Fragen über Fragen…

Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie einfach nur auf einen groß angelegten und fatalen, wenngleich erstaunlich erfolgreichen Schwindel hereingefallen sind? Genau so, wie Anhänger anderer Gottheiten auch?

Ist Ihr persönlicher Glaube wirklich so schwach, dass Sie eine Bestätigung Ihres Glaubens durch Ihre Kundschaft nötig haben?

Geht es überhaupt tatsächlich um Ihren Glauben? Oder nicht vielleicht vielmehr um Ihre berufliche Zukunft als katholischer Priester?

Die ja davon abhängt, dass Sie noch genügend Leute finden, denen die Verbrechen Ihrer Kirche egal sind und die Ihnen Ihre Behauptungen noch abkaufen? Und die dazu bereit sind, positive Erlebnisse in Form von „Lichtmomenten des Glaubens“ mit dem gleichen magischen Himmelswesen in einen ursächlichen Zusammenhang zu bringen wie Sie?

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4 Gedanken zu „Gedanken zu: Impulse von Stefan Buß: „Es werde Licht““

  1. Es wäre wirklich mal interressant, wie viele dieser „Heilsverkünder“ den Stuss den sie erzälen selbst glauben, oder sich insgeheim ins Fäustchen lachen über die dummen Schafe ihrer Gemeinde, die ihnen ihr Geld bereitwillig hinterherwerfen.

    Leider wird mans wohl nie erfahren…

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    • Stimmt, das wird man wohl eher nicht erfahren, weil das Kartenhaus dann ja sofort in sich zusammenfallen würde.

      Wer sich für den Priesterberuf entscheidet, der nimmt damit die intellektuellen Nöte in Kauf, die dieser Beruf ihm abverlangt. Das ist heute nicht anders als früher auch schon:

      „Als Priester musste ich meine Amtspflichten verrichten, aber wie viel habe ich an mir selbst gelitten, wenn ich gezwungen war, euch fromme Lügen zu predigen, die ich im Herzen verabscheute. Wie sehr habe ich mein Amt gehasst und welche Gewissensbisse hat mir eure Leichtgläubigkeit verursacht. Tausendmal hatte ich die Absicht, euch die Augen zu öffnen, aber eine Furcht, die meine Kraft überwog, hielt mich zurück, bis zu meinem Tod zu schweigen.“
      – Jean Meslier, kath. Priester, 1678-1733

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      • Wäre auch interessant, welche Rolle das sogenannte „Stockholm-Prinzip“ dabei spielt.
        D.h. sich so lange mit der Lüge (Geiselnehmer) zu beschäftigen, bis einem diese sympatisch wird und plausibel klingt…

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  2. Ich wünsche mir auch, dass bestimmte Christen endlich „den Mund öffnen“ – nämlich die katholischen Bischöfe zu allem, was sie zum Thema Kinderschändung immer noch vertuschen und verheimlichen.

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