Gedanken zum Impuls von Stefan Buß: Verantwortung für die Schöpfung

Lesezeit: ~ 5 Min.

Gedanken zum Impuls von Stefan Buß: Verantwortung für die Schöpfung, veröffentlicht am 22.10.22 von osthessennews.de

Darum geht es

Pfarrer Buß hält die Erde für eine Schöpfung seines Gottes und wünscht sich, dass ihm dieser Gott ein Umweltbewusstsein schenken möge.

Beim Landurlaub sinniert Stadtpfarrer Buß über sein Verhältnis zur Umwelt:

[…] Mir reicht es manchmal einfach in die Rhön hinauszufahren, ein paar Kilometer oder in den Vogelsberg oder wie hier im Zeltlager in der Effelder Mühle am Bach zu sitzen und die Zeit zu genießen. Zwei Dinge werden mir dabei besonders bewusst. Zum einen weckt es in mir Dankbarkeit für die Schöpfung. Der gute Gott hat uns eine wunderbare Schöpfung geschenkt und in den kleinen Dingen können wir seine Größe entdecken. In den kleinen Dingen können wir spüren, wie wunderbar alles gemacht ist. Also, das weckt in mir Dankbarkeit.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impuls von Stefan Buß: Verantwortung für die Schöpfung, veröffentlicht am 22.10.22 von osthessennews.de)

Wie wir diesen Einblicken in des Pfarrers Vorstellungswelt entnehmen können, scheint es für ihn völlig außer Frage zu stehen, dass der Planet Erde das Werk des Gottes aus der biblisch-christlichen Mythologie ist.

Mythologie vs. Wissen

Also des Gottes, den sich ein halbnomadisches Wüstenvolk in der ausgehenden Bronzezeit aus früheren Gottesbildern zweckdienlich und exakt ihres eigenen Wissens- und Erkenntnisstandes entsprechend zusammengeschustert hatte.

Ob Pfarrer Buß diesen Gott trotz oder wegen seiner in der biblischen Mythologie detailliert beschriebenen katastrophalen Charaktereigenschaften und seines höchst unmoralischen und unmenschlichen Verhaltens „gut“ findet, erfahren wir nicht.

Wie auch immer: Pfarrer Buß hält die Erde also ganz selbstverständlich für eine „wunderbare Schöpfung“ eines guten Gottes. Seines guten Gottes, natürlich. Und geschöpft soll er sie haben, um sie uns zu schenken.

Unklar bleibt, ob Herr Buß mit „uns“ Katholiken, Christen, Hessen, Westeuropäer, alte weiße Männer oder die Menschheit allgemein meint.

Zumindest für einfältige, entsprechend vorgeprägte und/oder leicht- bzw. tiefgläubige Schäfchen ist hier nicht unbedingt klar erkennbar, dass Herr Buß offenbar nicht zwischen Mythologie und Wirklichkeit unterscheidet.

Untalentierter Flickschuster und Pfuscher

Die Idee, die Erde und das Leben auf ihr (sowie die „kleinen Dinge“, womit Herr Buß vermutlich kaum tödliche Viren und schädliche Bakterien gemeint haben dürfte) seien ein Beleg für die Genialität eines vermeintlichen Schöpfers und ein Grund, diesem dafür zu danken, zeugt von einer typisch religiös einseitig verzerrten Wahrnehmung des Stadtpfarrers.

Wären die Erde und das Leben auf ihr tatsächlich das Produkt eines Schöpfers, dann wäre dieser ein sadistischer Psychopath, ein fürchterlich untalentierter Flickschuster und Pfuscher gewesen.

Jede Menge Beispiele, wo sich der liebe Gott ganz offensichtlich gründlich verschöpft haben muss, liefert das lesenswerte Buch „Gott ist ein Arschloch“ von Christian Kalwas. Spoiler: „Kleine Dinge“ kommen hier auch vor – keine „wunderbare“, sondern ziemlich fiese und eklige…

Wer nach der Lektüre dieses Buches immer noch meint, die Beschaffenheit der Erde sei ein Grund für Dankbarkeit einem vermeintlichen Schöpfer gegenüber, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.

Kleine Tipps eines kleinen Pfarrers

Als zweiten Gedanken präsentiert Herr Buß nun noch einen Aufruf, sich umweltfreundlich zu verhalten.

Wir sagen manchmal: „Das bisschen, was ich da tue oder nicht tue, darauf kommt es nicht an!“ Doch wo viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, viele kleine positive Dinge tun, da wird sich auch die Welt verändern.

Wie wir aus etlichen seiner bisherigen Impulse wissen, verachtet Herr Buß Individualität und persönliches Engagement, sofern er dies nicht für Glaubens- oder Kirchenreklame vereinnahmen kann. Das kann erklären, warum Herr Buß Individuen und ihr Engagement hier sprachlich gleich drei Mal „verkleinert.“

Wie siehts jetzt also konkret aus mit den kleinen positiven Dingen, die kleine Leute an kleinen Orten tun?

Think global – act local alleine wird nicht ausgereicht haben

Was den Klimawandel angeht, so sollte der Menschheit inzwischen bewusst sein, dass lokal begrenztes Engagement Einzelner allein nicht mehr ausgereicht haben wird.

Um die längst überfälligen Veränderungen möglicherweise doch noch rechtzeitig herbeigeführt zu haben, die erforderlich gewesen sein werden, um die Erde auch noch weiterhin als geeigneten und lebenswerten Lebensraum für Sauerstoff verstoffwechselnde Landsäugetiere (und anderes Leben) erhalten zu haben, dürfte schon längst ein deutlich entschiedeneres und konsequenteres Handeln auf politischer und weltpolitischer Ebene erforderlich gewesen sein.

Ohne ein solches sofortiges, entschiedenes und vor allem auch wirklich konsequentes Handeln auch auf politischen und weltpolitischen Ebenen werden, so meine persönliche Einschätzung, alle kleinen positiven Dinge zusammen, die viele kleine Leute an vielen kleinen Orten tun vermutlich nicht ausgereicht haben, um wenigstens die angestrebten und seit Jahrzehnten bekannten und eigentlich auch vereinbarten Mindestziele auch nur ansatzweise erreicht zu haben.

Religiöse Realitätsflucht

Und während Wissenschaft und Forschung schon längst die Fakten und Prognosen für eine Formulierung dieser Ziele und auch der erforderlichen Maßnahmen vorgelegt haben und täglich weiter daran arbeiten, die Zusammenhänge immer besser zu verstehen, flüchten sich Realitätsverweigerer wie Herr Buß auch weiterhin unbeirrt in ihre religiöse Phantasiewirklichkeit:

Ich danke Gott für die Schöpfung und ich wünsche mir, dass er mir und vielen anderen Menschen das Bewusstsein schenkt in Verantwortung mit der Schöpfung umzugehen.

In Herrn Buß‘ Vorstellung ist Umweltbewusstsein also etwas, das man sich für sich und viele andere Menschen sinnvollerweise als Geschenk von einem Wüstengott aus der ausgehenden Bronzezeit wünschen kann.

…sind wir hier bei Wünsch-dir-was?

Da Christen bei Nachfragen zum Thema „etwas von Gott wünschen“ praktisch immer empört erwidern, dass ihr Gott ja schließlich keine „Wunschmaschine“ sei, bei der man sich einfach was wünschen könne, müssen wir davon ausgehen, dass es Herrn Buß eigentlich völlig egal ist, ob sein Wunsch von seinem Gott nun erfüllt wird oder nicht.

Die Frage, wie sinnvoll ein solcher Wunsch nüchtern betrachtet maximal sein kann, spielt für ihn augenscheinlich keine Rolle.

Quelle: facebook.com/datheisten

Wozu auch: An ihm, dem Fuldaer Stadtpfarrer hats dann ja schließlich nicht gelegen, wenn sein Gott seinen Wunsch nach mehr Umweltbewusstsein nicht erfüllt. Und er, Herr Buß, deshalb seinen Ölwechsel im Wald durchführt.

Denn sein Gott, der, dessen Wege bei Bedarf praktischerweise immer unergründlich sind, ist ja auch schließlich keine Wunschmaschine.

Steckst du nicht drin. Wird sich schon was dabei gedacht haben, den Wunsch seines Vertrieblers nach mehr Umweltbewusstsein ausgeschlagen zu haben.

Gebete und Gelbe Säcke: Ich habe doch getan was ich konnte!

Dieses Verhalten erinnert ein bisschen an jene Zeitgenossen, die zwar Meister der Mülltrennung sind. Und denen es aber egal ist, was danach aus dem Müll in ihren „Gelben Säcken“ wird.

Gelbe Säcke

Am Beispiel der „Gelben Säcke“ lässt sich die Problematik gut nachvollziehen: Plastikmüll gesondert zu sammeln und zu entsorgen ist grundsätzlich sicher schonmal eine ganz gute Idee.

Allerdings genügt es nicht, daheim Müll zu trennen und diesen dann nach dem Motto: „Aus den Augen, aus dem Sinn“ gedanklich abzuhaken.

Wer als Einzelner einen tatsächlich effektiven Beitrag leisten möchte, kommt nicht umhin, sich auch mit der Frage zu befassen, was mit seinem Müll geschieht, nachdem er abgeholt wurde.

Und für die Regierung genügt es nicht, die Bürger zur Mülltrennung zu verpflichten. Denn mindestens genauso wichtig wie das Engagement des Einzelnen wären wesentlich konsequentere und deutlich umfassendere Maßnahmen auf politischer Ebene.

Wie zum Beispiel eine bessere Regelung des Umgangs mit dem Plastikmüll. Mit dem Ziel, die Recyclingquote weiter zu erhöhen und eine Verlagerung des Problems (also des Mülls) in andere Länder möglichst komplett zu beenden.

Hauptziel sollte dabei sein, dass Plastikmüll gar nicht erst produziert wird.

Längst existieren Verpackungslösungen aus unbedenklichen Materialien, mit denen Plastikverpackung oft komplett ersetzt werden kann. Hier können innovative Firmen erstaunliche Fortschritte vorweisen.

Wie entsteht Umwelt-Bewusstsein?

Ein Bewusstsein, wie es für möglichst umweltverträgliches Verhalten erforderlich ist, erlangt man nicht durch sowieso niemals erhörte Wunschgebete an imaginäre Himmelswesen. Sondern durch Aufklärung und durch vernünftiges, also faktenbasiertes, kritisches und ergebnisoffenes Denken:

Je genauer und richtiger unsere Annahmen über die irdischen Zusammenhänge sind, desto genauer lässt sich sagen, was zu tun ist. Oder was zu tun gewesen wäre.

Mehr Wissenschaft - weniger Glaube

Götter spielen dabei keine Rolle.

Abgesehen vielleicht davon, dass sich der Götterglaube negativ auf das klare Denken, das Selbstverantwortungsbewusstsein und auf die intellektuelle Redlichkeit von Menschen auswirken kann: Das Konzept, Behauptungen ohne Beweise und auch wider besseres Wissen für wahr zu halten, kann nicht nur im religiösen Kontext fatale Folgen haben.

Statt sich vom imaginären Herrscher über das katholische Wolkenkuckucksheim vergebens eine Bewusstseinserweiterung in Sachen Umweltschutz zu wünschen, fände ich es sinnvoller und effektiver, wenn Herr Buß seine Reichweite dafür nutzen würde, sowohl an die persönliche, als auch an die politische und weltpolitische Verantwortung zu appellieren.

Und statt einem fiktiven Schöpfer zu danken, der trotz angeblicher Allmacht und Allgüte augenscheinlich nicht in der Lage oder willens war, eine wenigstens etwas weniger leidvolle Welt als diese zu schöpfen, wäre ein Dank jenen gegenüber angebracht, die täglich mit wissenschaftlichen Methoden nach tatsächlich funktionierenden Lösungen für die Probleme suchen, in denen die Menschheit steckt.

Fazit

Die menschliche Verantwortung für die Erde als Lebensraum begründet sich nicht aus archaischen Schöpfungsmythen.

Sondern aus dem Umstand, dass der Mensch als einzige Spezies das Potential hat, den eigenen Lebensraum nicht nur zu zerstören, sondern eben auch, ihn zu erhalten. Und daraus, dass auch das eigene Überleben (und das künftiger Generationen) auf dem Spiel steht.

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3 Gedanken zu „Gedanken zum Impuls von Stefan Buß: Verantwortung für die Schöpfung“

  1. Schöpfung, Umweltbewusstsein, viele kleine Schritte für ein großes Ergebnis … irgendwie langweilig und schon oft gehört. Wie wäre es denn, wenn uns Herr Buß mal was zu den Exorzismusaktivitäten seiner Kirche erzählt? Dämonen kommen zu Halloween sicher gut rüber …

    Antworten
  2. Nun ja, Progression war nie in einer monotheistischen Religion auch nur vorgesehen…
    Sonst hätte der Dogmatismus gar keinen Sinn mehr.

    Jeder Priester, der das nicht kapiert, sollte sich mal nen gelben Sack übers Haupt ziehen, 12x ein- und ausatmen und wenn die Luft knapp wird, mal genau überlegen, woran das liegt.

    Antworten
  3. Hallöli liebes Herr Bußilei,
    die Schöpfung ist schön, wie die Vöglein fliegen und die bunten Blümelein blühen, wie die Störche klappen am kühlen Bächlein. Alles hat das liebe Göttilein ganz feini gemacht.
    🤪
    Mal eine ehrliche Frage an Sie Herr Buß, kommt das vom Weihrauch oder von LSD?

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