Wohin mit der Wut? – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Alexander Höner, veröffentlicht am 12.1.24 von ARD/daserste.de
Als Angestellter der evangelischen Kirche ist Herr Höner richtig wütend darüber, dass seine evangelische Kirche in Sachen sexualisierter Gewalt durch pädokriminellen Pfarrer und Vertuschung durch die Kirchenführung (Stichwort: Annette Kurschus) der katholischen Kirche in nichts nachsteht.
Das war freilich nur Satire. Tatsächlich nennt Herr Höner einen ganz anderen Grund für seine Wut:
Herr Höner ist wütend auf Berlin. Weil die Stadt seiner Wahrnehmung zufolge stinkt, weil sie laut und anstrengend ist und weil ihn die Menschen in der Berliner U-Bahn nicht anlächeln.
(Anmerkung: Das ist jetzt keine Satire, sondern tatsächlich das Thema im heutigen „Wort zum Sonntag“.)
Für das neue Jahr hatte sich Herr Höner vorgenommen, seine Wut auf Berlin abzulegen. Doch dann: S-Bahn-Ausfall wegen Streik. Da kann Herr Höner seine Wut natürlich nicht länger so einfach ignorieren.
Wütend auf Berlin
Seine nun folgende Entscheidungsfindung, ob er jetzt doch wieder auf Berlin wütend sein möchte oder nicht beschreibt er wie folgt:
Mein kleiner Engel auf der Schulter hält noch dagegen und flüstert mir ins Ohr: „Hey Alexander, reg‘ dich nicht auf! Es bringt nichts. Du kannst es nicht ändern. Denk‘ an deinen Vorsatz. Denk‘ daran, was dir Deine christliche Tradition sagt: Selig sind die Sanftmütigen!“ Doch das Teufelchen auf der anderen Schulter ist lauter: „Sanftmütig – bringt nichts! Seit Corona bist du sanftmütig. Und dann noch die Kriege, die hohen Preise, die Proteste. Alles hältst du aus, wirst immer erschöpfter und wütender. Jetzt ist Schluss! Lass es raus!“
Tja, Herr Höner. Wenn Sie Ihrer heiligen Schrift glauben, dann lohnt es sich für Sie natürlich, sanftmütig zu sein. Schließlich werden Sie, der von Ihnen referenzierten biblischen Legende zufolge, dann ja mal die Erde besitzen.
Wobei ich mich frage, ob das für Sie überhaupt erstrebenswert sein kann. Wenn Sie doch schon eine einzelne Stadt so auf die Palme bringt, dass Sie Ihren Frust in einer vierminütigen, unmoderierten Sendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk eigentherapieren müssen…
Das Teufelchen hat Recht
Aber zunächst entscheidet sich Herr Höner erstmal zum Schein und zur Anbiederung an sein offenbar ebenfalls für wütend gehaltenes Publikum gegen den englischen Rat:
Das Teufelchen hat Recht. Meine Wut muss raus. Ich kann sie nicht mehr runterschlucken oder versuchen abzuhaken. Da geht es mir wie vielen anderen, bei denen die Wut noch viel stärker ist, weil sie Angst um ihre Existenz haben. Ok, die Wut ist nicht wegzureden. Aber: Was mir ganz wichtig ist: Die Wut soll mich nicht blind machen. Nicht anderen schaden. Nie! Wie mach‘ ich das bloß?
Genau, Herr Höner. Ihre läppische Wut auf Berlin ist natürlich auch belastend und kann nicht einfach so ignoriert werden. Nicht nur die Wut von Menschen, die wütend auf etwas sind, von dem sie ihre Existenz bedroht sehen.
A propos Berlin: Wieso ziehen Sie nicht einfach irgendwo hin, wo es Ihnen besser gefällt als in Berlin? Hat Ihnen das Ihr imaginärer himmlischer Begleiter, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob Sie ihn für allegorisch oder real halten noch nicht mal als heißen Tipp ins Ohr geflüstert?
Die nun folgenden Ausführungen lassen sich mit dem simplen Motto „Take it, change it or leave it“ zusammenfassen.
Ich hätte nicht gedacht, dass das mit meiner Wut so schwierig wird.
Und ich hätte nicht gedacht, dass sich ein erwachsener Mensch mit einer so banalen und läppischen Story als Aufhänger für eine religiös angehauchte küchenpsychologische Wutbewältigungsstrategie wie dieser öffentlich lächerlich macht.
Musst‘ es eben leiden…
Wütend-Sein geht schnell, Sanftmütig-Sein ist aktuell die größere Herausforderung. Trotzdem versuch‘ ich‘s weiter. Berlin, ich liebe Dich nicht, aber wütend auf Dich sein, will ich auch nicht mehr.
Was die Wut auf eine Stadt angeht, die man sich als Wohnort ausgewählt hat, ist Sanftmütig-Sein, genauer: Gleichgültig-Sein gegenüber den genannten Wut-Gründen sicher eine passable Option.
Für Menschen, die aus tatsächlich gewichtigen oder gar existentiellen Gründen auf irgendetwas wütend sind, muss Gleichgültigkeit gegenüber den Ursachen nicht unbedingt die beste Empfehlung sein. Da kann Wut durchaus auch ein positives Potential wecken und Menschen dazu bringen, aktiv zu werden, auch wenn sie zunächst nicht sicher sind, was ihre Erfolgschancen angeht.
Kommen Sie gut durch die Nacht und geben Sie Ihrem Engel auf der Schulter immer wieder eine Chance!
Dem Wunsch, gut durch die Nacht zu kommen schließe ich mich an.
Statt eigene relevante Entscheidungen vom Ausgang eines allegorischen Kampfes religiös-dualistischer Gut-Böse-Phantasiewesen abhängig zu machen, empfehle ich ein möglichst wirklichkeitskompatibles Weltbild sowie den Einsatz von Vernunft, Verstand, (Selbst-)Verantwortung und -bewusstsein zur Entscheidungsfindung und für mehr Gelassenheit.
„Was zur Hölle war das denn?!“ flüstert mir leise das Engelchen, auf meiner linken Schulter, ins Ohr.
„Oh, das sind nur die ersten Anzeichen eines religiös induzierten, infantilen Wahns“ grinst das Teufelchen auf meiner rechten: „Ist das nicht himmlisch?!“.
Und ich denke mir: „Ick fühl mir jut, ick steh uff Berlin!“
„religiös angehauchte küchenpsychologische Wutbewältigungsstrategie“
muss ich mir merken 😉 bitte um copyright
gerne 🙂 – wenns schon um so seichte Banalitäten geht, dann solls wenigstens ein bisschen unterhaltsam sein 😎😉…
Also das „Problem Berlin“ kennen wir in München bzw. Bayern schon immer: Kostet uns einen Haufen Geld, bringt nix und kann nix. Genau wie der Engel auf Herrn Höners Schulter …
Ich stelle mir gerade Herrn Höner in der S-Bahn vor, wie er mit dem Teufelchen und dem Engelein auf seinen Schultern streitet und die Mitfahrgäste in der Bahn schon die 112 wählen.
Was anderes fällt mir dazu nicht ein.
Hallo Herr Schneck,
kennen Sie den Film „Mein Freund Harvey“ mit James Stewart? 🤣
Ja, klar, kenn ich den.
Ein recht witziger und liebenswürdiger Film.
Dessen Botschaft ist aber im Grunde viel vernünftiger und erdverbundener als die, die uns Herr Höner unterjubeln will, und kommt deshalb ganz ohne transzendentes Kasperltheater aus.
Ausserdem hat James Stewart alias Elwood Dowd nur Einen neben sich herlaufen, Herr Höner aber gleich Zwei, obwohl Letzterer weder Schauspieler noch geistig instabil ist – oder doch? 😉
Und Elwood ist viel sanftmütiger als Herr Höner – ganz ohne Engel: Riesenkaninchen tut es auch! 🤣
Oh mei, Herrn Höner mag Berlin nicht und das Berliner Engelchen auf seiner Schulter flüstert, ach komm, ist doch nicht so schlimm, Selig sind die Einfältigen, äh ich meine natürlich die Sanftmütigen! ❤️
Das Teufelchen sagt, los Höner, reg dich auf und schimpfe .
🤔
Moment mal, das ist doch eine Sendung für Erwachsene, oder?
Herr Höner, in der richtigen Erwachsenen Welt nennen wir die beiden Sympathikus und Parasympathikus, nicht Engelchen und Teufelchen. Wir wissen sogar wie die beiden funktionieren und stellen sogar Medikamente her um sie zu beeinflussen. Es gibt auch Entspannungstechniken um sie mental selber zu verändern. Und das ganze nur mit dieser gottlosen Wissenschaft, sogar gänzlich ohne Religion.
Ja, ich weiß Herr Höner, Religiöse haben Angst vor der Realität und flüchten in eine Scheinwelt, suggeriert durch ein altes Märchenbuch aus der Bronzezeit.
Haben Sie keine Angst mehr Herr Höner, immer mehr Menschen weltweit schaffen es sich von dieser Scheinwelt und ihrem imaginären Fabelwesen zu befreien.
Sie schaffen das auch!
In diesem Sinne: “ Gese..äh schönen Sonntag noch“.