Olympia-Euphorie angesichts von Kriegen und Katastrophen? – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Pfarrer Prof. Dr. Wolfgang Beck, veröffentlicht am 10.08.2024 von ARD/daserste.de
Darum geht es
Olympia feiern trotz Kriegen und Katastrophen ist ok, weil ja auch in der Bibel während des Wiederaufbaus der Stadtmauer gefeiert wurde.Freud und Leid – die alte Leier
Die Antwort auf die im Titel des heutigen „Wort zum Sonntag“ gestellte Frage, sowie der banale Inhalt der gesamten Sendung lassen sich mit wenigen Worten zusammenfassen: Ja, auf der Erde existieren zeitgleich Freud und Leid.
Es ist eine beeindruckende Party! Die Olympischen Spiele in Paris begeistern mit großartigen Geschichten – vor allem auch aus den kleinen Randsportarten. Und mit dem dreckigen Wasser der Seine oder mit der Aufregung um die Eröffnungsfeier, bei der sich manche Frommen irritiert zeigten, gab es auch eine Menge zum Schmunzeln.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Olympia-Euphorie angesichts von Kriegen und Katastrophen? – Wort zum Sonntag, verkündigt von Pfarrer Prof. Dr. Wolfgang Beck, veröffentlicht am 10.08.2024 von ARD/daserste.de)
Also, ich konnte auch über die von Prof. Dr. Beck genannten „manche Frommen“ schmunzeln. Bzw. laut lachen. Unklar bleibt, ob der Grad der Irritation in einem Zusammenhang mit dem Grad der Frömmigkeit steht oder ob er mit diesem nur korreliert.
Den größten Teil der restlichen Verkündigung können wir uns diesmal schenken: Herr Beck plaudert erst über Geschichtchen, die sich im Rahmen bzw. am Rande der olympischen Spiele ereignet haben.
Dann kommt er erst auf einige der aktuellen Krisen zu sprechen, um dann auf die Publikumsebene zu wechseln:
…wer kennt es nicht
[…] Das Dilemma ähnelt vielleicht Situationen, die viele auch aus ihrem direkten Umfeld und der Familie kennen: Da wurde eine Hochzeit geplant und dann gibt es einen Trauerfall in der Familie. Eine Geburtstagsparty soll stattfinden und einen Tag vorher gibt es die Nachricht, dass ein befreundetes Paar sich getrennt hat oder jemand eine schlimme Diagnose bekommen hat. Wie sollen wir da feiern? Geht das überhaupt? Oder ist es irgendwie geschmacklos? Ja. Das Feiern ist eigentlich immer zumindest am Rand des Geschmacklosen. Weil es ja immer etwas gibt, was ganz massiv dagegenspricht.
Die Banalität ist offensichtlich: Menschen können und müssen selbst entscheiden, ob ihnen nach Feiern zumute ist oder nicht.
Eine solche Entscheidung kann sehr individuell und höchst unterschiedlich ausfallen:
Bei der Frage, ob zum Beispiel eine geplante Familienfeier kurz nach einem Todesfall trotzdem stattfinden soll, reicht die Bandbreite von „selbstverständlich nicht“ über „ja, aber nicht im ursprünglich geplanten Rahmen“ oder „ja, aber erst später“ bis hin zu: „Selbstverständlich, jetzt erst recht – das wäre ganz im Sinne des/der Verstorbenen gewesen!“
Umgekehrt sei es natürlich zum Beispiel Christen unbenommen, ihre religiös vorgeschriebenen Trauerzeiten in tiefer Trauer und gerne auch mit kollektiv inszenierter (Selbst-)bemitleidung zu zelebrieren. Solange sie damit nicht die Freiheit der restlichen Menschheit beeinträchtigen, die nicht an die drei Götterdrittel aus der biblisch-christlichen Mythologie glauben. Und die deswegen zu diesen Zeiten absolut keinen Grund für Trauer haben, sondern stattdessen vielleicht lieber sich oder das Leben feiern möchten. Natürlich, ohne dabei Trauernde in ihrer Trauer zu stören.
…wir feiern zusammen, rollt das Fass mal rein…
Auch bei Herrn Beck wirds jetzt nochmal religiös:
In den biblischen Texten. [sic!]
gibt es immer wieder Aufforderungen zum Feiern. Besonders anrührend ist für mich eine Situation, in der Israeliten in den Trümmern der Stadt Jerusalem stehen. Unter Anleitung von Nehemia und Esra wird die Stadtmauer wieder aufgebaut. Und dann gibt es gleich ein Fest! Sieben Tage lang! Das Fest ist aber nicht einfach die Party, weil jetzt alles gut wäre. Das Feiern gehört zum Reparieren, zum Schuften, zum Arbeiten an der Katastrophe mit dazu. Es ist ein Element, mit dem an dem Desaster gearbeitet wird.
Ja – das Konzept „Brot und Spiele“ war auch schon vor den Römern bekannt. Außerdem musste Nehemia seinen Leuten ja auch beweisen, dass seine Bittgebete um göttliche Unterstützung erhört worden waren.
Das in der erwähnten Bibellegende beschriebene Fest hatte noch einen anderen Grund als nur die Motivation der durch den Maueraufbau bei gleichzeitiger Verteidigung geschwächten (die Leute mussten während ihrer Arbeit an der Mauer eine Waffe tragen, um befürchtete Angriffe der benachbarten Stämme jederzeit abwehren zu können) und durch die Verspottung der Nachbarn frustrierten Stadtbewohner:
Neuordnung des Gottesdienstes und des Religionswesens
(Nehemia 8,17-18 MENG)
- So baute sich denn die ganze Gemeinde, alle, die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren, solche Laubhütten und wohnten in den Hütten. Seit den Tagen Josuas, des Sohnes Nuns, nämlich bis auf jenen Tag hatten die Israeliten (das Fest) nicht in dieser Weise gefeiert; und es herrschte sehr große Freude.
- Man las dann aber aus dem Gesetzbuche Gottes Tag für Tag vor, vom ersten bis zum letzten Tage; und sie feierten das Fest sieben Tage lang, und am achten Tage fand vorschriftgemäß eine Festversammlung statt.
Die Laubhütten symbolisieren die Zerbrechlichkeit des Lebens und die Abhängigkeit von Gottes Schutz. Nach den im Buch Esra beschriebenen Brandopfern wurde ab jetzt wieder so gefeiert, wie es vorgeschrieben war. Mit anderen Worten: „Ab jetzt gelten wieder für alle die Spielregeln unserer Glaubensgemeinschaft.“
Es ging also darum, bei der Stadtbevölkerung das Bewusstsein für die Abhängigkeit von Gott (in Wirklichkeit natürlich von dessen patriarchialischen Stellvertretern) wiederherzustellen.
…wird passend gemacht
Mir scheint das ganz gut zur Feier der Olympischen Spiele zu passen.
Mir nicht.
Vielmehr scheint es sich um einen weiteren gescheiterten Versuch zu handeln, ein (diesmal recht triviales) Thema mit Gegenwartsbezug für Bibelreklame zu verwursten.
Zumindest erschließt sich es mir nicht, was der in der Bibel beschriebene Feiermarathon, bei dem es sich inhaltlich um eine tagelange Götterverehrungs- und Unterwerfungsfeier handelt mit der Entscheidungsfindung zu tun haben soll, ob es angebracht ist, in Anbetracht von Kriegen und Krisen trotzdem olympische Spiele (oder etwas anderes) zu feiern oder nicht.
Was soll das ganze nebulöse rumgelalle?!
Die Kirchen „feiern“ ihre Gottesdienste in sturer Regelmässigkeit, egal ob grade Krieg herrscht, Frieden im Lande ist, ne Seuche alles verwüstet oder einfach nur so, wie sie das immer tun…
Ab und zu gibts dann mal ein paar Sonder-Gottesdienste, meist dann, wenn die Kacke grade richtig am Dampfen ist; denn dann haben die „normalen“ Lobpreisungen und Speichelleckereien nicht ausgereicht zu verhindern, dass der „liebe Gott“ mal wieder ne Katastrophe schickt.
Business as usual…
Aber bei ganz normalen, weltlichen Festen, wird gaaanz genau hingeschaut, obs denn nicht grade zu viel ist!
!!!Hey, ich kann ganz doll viel Wein in Wasser verwandeln!!!
Party on!
Bei der Frage, ob man angesichts des Leids auch mal feiern dürfe, erwarte ich vor allem eine Antwort darauf, wo das Leid eigentlich herkommt? Und warum Gott uns entgegen aller Versprechungen nicht das Leid vom Hals schafft?
Ein wichtiger Gedanke der antiken Spiele war, dass man für deren Dauer alle Kriegshandlungen einstellt. Warum stellt Gott nicht ebenso das Leid ein? Dann müsste man nicht darüber nachdenken, ob man während der Spiele feiern dürfe.
Mir fehlte in der Predigt auch ein Hinweis darauf, dass die Kirchen sehr gut vom Leid leben. Und dass sie selbst viel Leid verursachen.
Ja ist der Herr Professor Dr. Beck etwa ein kleiner Revoluzzer? Die olympischen Spiele wurden ursprünglich zu Ehren des Zeus gefeiert – kompakte göttliche Entität, keine Drittellösung, unchristliches Sexualleben – und später dann von dem allerchristlichsten Kaiser Theodosius I. verboten. Er hat übrigens im Römischen Reich das Christentum zur alleinigen Staatreligion erklärt und Gesetze gegen Heidentum und christliche Häresien erlassen.
Herr Beck braucht gar nicht so zu tun als sei das ein aktuelles Problem. Welche Olympischen Spiele hätten denn schon stattfinden können, wenn man sie wegen Kriegen irgendwo auf der Welt hätte ausfallen lassen ? Und man braucht auch nicht so zu tun als seien Kriege und katastrophale Ereignisse das einzige ungeheure Leid, das sein Lieber Gott nicht verhindert; und als seien die Olympischen Spiele die einzige Feier, die trotzdem stattfindet. Die permanente Katastrophe, dass jährlich 9 Millionen Menschen an Unterernährung sterben, hindern auch die Kirchen nicht am feiern. Man feiert trotzdem (!). Zynisch wird es dann, wenn man z.B. auf Weltjugendtagen diesen Lieben Gott und die Jungfrau Maria feiert, die dies alles verhindern könnten, eigentlich, so das „Heils“-Versprechen von Kreuzigung und Auferstehung, schon längst verhindert haben sollten.
Außerdem ist es ein wesentlicher Unterschied, ob es um ein öffentliches Großereignis geht, das man im globalen Zusammenhang sehen kann, oder um eine Familienfeier, die dann eher selten „am Rande des Geschmacklosen“ zu verorten ist, weil man mal nicht die großen globalen Katastrophen im Blick hat.
Was die Eröffnungsfeier angeht, waren ja manche Frömmler nicht nur irritiert sondern sogar entsetzt (!)
So wie Seine Eminenz der hochwürdigste Herr Kardinal Raymond Leo Kardinal Burke, der sich bekanntermaßen gerne mal mit der Cappa Magna harausputzt.
(Wikipedia: „Bekannt ist auch der als Cappa magna bezeichnete Umhang von katholischen Kardinälen und Bischöfen mit rückwärtiger großer Schleppe.“ und „Sie wurde unter Papst Pius XII. für Kardinäle von zwölf auf sechs Meter verkürzt, für Bischöfe von sieben auf 3,5 Meter.“ !!! sicherlich zum Entsetzen von H. Burke)
„Die permanente Katastrophe, dass jährlich 9 Millionen Menschen an Unterernährung sterben, hindern auch die Kirchen nicht am feiern.“
👼🏻Und er befahl dem Volk, sich auf die Erde zu lagern, nahm die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt; und sie sammelten die übrig gebliebenen Stücke auf, sieben Körbe voll. Es waren aber vier Tausend Männer, die gegessen hatten, ohne Frauen und Kinder.👼🏻
Christlich indoktrinierten Menschen fällt der Zynismus, diese Stelle aus der biblischen Mythologie im Zusammenhang mit einer Aussage über reales Leid zu stellen vermutlich gar nicht auf…
Nicht nur der Vergleich, den der bibeltreue Christ Danilo anstellt, ist zynisch, sondern die Bibelstelle selbst ist es auch.
Zu Jesu Zeiten lebten die einfachen Menschen sicher nicht in Saus und Braus, und Hungersnöte gabe es mit Sicherheit auch, von Unterernährung gar nicht zu reden. Die Lebenserwartung lag schätzungsweise zwischen 30 und 40 Jahren.
Und da kommt dann der liebe Gott in Gestalt seines Sohnes einfach so daher und lässt mal eben ein paar tausend Männer, Frauen und Kinder für einen Tag im Hunger-Lotto gewinnen.
Super, oder?
Bibeltreuer Christ😳? Wie bitte😳?
Und man fragt sich unweigerlich, warum von den Nachfolgern Christi heute niemand mehr Brot vermehrt? Zumal es heute tatsächlich ums Verhungern geht. Damals wollte man wohl eher die Leute bei der Stange zu halten, damit sie nicht in die umliegenden Orte abhauen um sich was zu futtern zu kaufen und um dann womöglich nicht mehr zurückzukehren. Es ist im Prinzip genau so, wie es heute immer noch gemacht wird: Um die Ideologie unters Volk zu bringen, biete den Leuten etwas, was sie mögen oder gern haben und nichts mit Religion zu tun hat -in diesem Fall einen Imbiss- lasse dann unterschwellig einfließen, wie gut doch Gott ist, was er alles will und wie sehr er dich doch liebt und so weiter. Ob sich das jemand angehört hätte, wenn es nichts zu essen, nichts als die Predigt gegeben hätte? Es heißt doch: „Ein voller Bauch studiert nicht gern.“ Mit anderen Worten: Wenn man vollgefressen ist, wird das Gehirn träge. Das machte man sich damals schon zu Nutze.
Immerhin liess man die neuzeitlichen Spiele dreimal wegen Kriegen ausfallen, 1916 wg. des I. WK und 1940 und 1944 wg. des II. WK.
Und wie schon der Forist Klaus Bernd richtig bemerkte, hätten streng genommen zu keiner Zeit Olympische Feiern stattfinden dürfen, denn irgendwo auf der Welt finden und fanden zu jeder Zeit irgendwelche kriegerischen Auseinandersetzungen mit Tod, Leid und Elend statt, ganz zu schweigen von anderen Katastrophen.
Im Übrigen ist mir immer schon der Begriff „feiern“ oder „Feier“ im Zusammenhang mit religiösen Ritualen übel aufgestossen – wie offensichtlich auch dem Foristen FLO.
Da werden nicht nur Messen und Feste zum Gedächtnis und aus Anlass der immer wiederkehrenden Inkarnation Jesu gefeiert, sondern auch für Tote, da werden Begräbnisse gefeiert, da werden/wurden Siege über Ungläubige gefeiert, da feiert man die Kreuzigung Jesu, da werden Märtyrer an ihrem Todestag gefeiert, eigentlich wird ständig gefeiert in der Kirche, und wenn der Anlass auch noch so makaber ist.
Daher ist der Begriff „feiern“, wie ihn die Kirchen verwenden, ein glatter Euphemismus.
Aber das Schönreden, Verherrlichen und Verharmlosen von Grausamkeiten und Aberglauben ist ja ein besonderes Merkmal religiöser Sprachregelung.
Wer den Unterschied zwischen religiösem Feiern und weltlichem Feiern entdecken möchte, sollte mal beispielsweise ein weltliches Musikfestival mit einem Wallfahrtsspektakel vergleichen.
Wie sagt der Kölner?
Feiern ist Spass an der Freud haben.
Der Religiöse feiert immer mit Hintergedanken. Und das macht das religiöse Feiern so beklemmend und unerfreulich.
Um es mal klarzustellen: Ich bin weder christlich indoktriniert, ein „bibeltreuer Christ“, noch stelle ich zynische Vergleiche oder Zusammenhänge her. Ich habe lediglich den Gegensatz von Mythologie und Realität aufzeigen wollen. Der Zynismus liegt dann doch eher in diesem Gegensatz selbst, als ihn aufzuzeigen.
Hallo Danilo,
es tut mir leid, wenn ich Sie missverstanden habe. Aber erstens sind Sie in diesem Forum nicht so häufig unterwegs, als dass man Ihren Standpunkt in religiösen Dingen hätte ohne Weiteres einschätzen können, und zweitens war die Ironie, der Sarkasmus oder Zynismus Ihres ersten Posts beim besten Willen nicht zu erkennen, jedenfalls nicht für mich und offenslichtlich auch nicht für Marc.
Hallo Udo,
keine Ursache😉, ich werde mich bemühen, mich künftig verständlicher bzw. nachvollziehbarer auszudrücken.