„Wir-Zeit“ – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Johanna Vering, veröffentlicht am 15.02.2025 von ARD/daserste.de
Darum geht es
Premiere beim Wort zum Sonntag: Frau Vering präsentiert heute die erste Verkündigungssendung, die komplett ohne irgendwelche religiösen oder kirchlichen Aspekte auskommt.Abweichend vom üblichen WzS-Schema hat die katholische Theologin Johanna Vering diesmal jeglichen Bezug auf Glaube, Religion oder Kirche einfach komplett weggelassen.
Ob das versehentlich oder absichtlich geschehen ist, wird sich wohl erst nach einigen weiteren Folgen sagen lassen.
Me-Time vs. Wir-Zeit?
Statt irgendein beliebiges gegenwärtiges Thema in altbekannter Wort-zum-Sonntag-Manier emotional aufzuladen, um es dann für kirchliche Werbezwecke zu instrumentalisieren, plaudert sie vier Minuten überwiegend Belangloses zum Thema „Me-Time.“
Frau Vering meint, dass man sich zwar schon auch Zeit für sich nehmen solle, aber dabei eben auch nicht egoistisch werden dürfe.
Und dass ja auch Zeit, die man mit anderen verbringt auch für einen selbst wertvoll sein kann. Etwa, wenn man dabei neue Sichtweisen kennen lernt.
Hanebüchenes Dammbruch-Argument
Immerhin das Stilmittel der Problematisierung hat Frau Vering beibehalten. Und liefert noch ein klassisches Dammbruch-Scheinargument:
[…] Aber, ich werde Ihnen auch sagen, was mich daran stört. Zunächst: Auch ich sehne mich danach, Zeit für mich zu haben. Das tut wirklich gut und ist wichtig für mich als Person. Andererseits empfinde ich dieses Gerede von „Ich-Zeit“ oft als aufgezwungen. Es wird suggeriert: Ich muss „Me-Time“ haben, sonst lebe ich nicht richtig. Sonst komme ich vielleicht zu kurz.
[…] Dass mir vermittelt wird, ich muss „Ich-Zeit“ haben, das stört mich und ich habe Sorge, dass das es schlimme Auswirkungen haben kann. Weil das beobachte ich auch: Aus der „Zeit-für-mich“ wird „nur-noch-Zeit-für-mich“. Und in der Folge isolieren sich die Menschen.
[…] Und bezogen auf unsere Gesellschaft wünsche ich mir, eine „Wir-Zeit“ auszurufen, um aus dem Einzelkampfmodus herauszukommen.
(Quelle: „Wir-Zeit“ – Wort zum Sonntag, verkündigt von Johanna Vering, veröffentlicht am 15.02.2025 von ARD/daserste.de)
Frau Vering, Sie werden doch wohl für sich selbst entscheiden können, wie Sie sich Ihre Lebenszeit einteilen!? Wer suggeriert Ihnen denn, dass Sie nicht richtig leben würden, wenn Sie sich zu wenig Zeit für sich selbst nehmen?
Selbstfürsorge führt zu Egoismus?
Selbstfürsorge (auch: Selbstsorge, englisch „Self Care“) ist der Prozess, sich auf physischer und psychischer Ebene um seine eigene Gesundheit zu kümmern. Hierzu zählen unter anderem Ernährung, Schlaf, Körperpflege, soziale Interaktionen, Sport sowie Erholung. Regelmäßige Selbstfürsorge ist sowohl für gesunde Menschen im Sinne der Gesundheitsförderung wichtig, wird aber erst wesentlich bei physischen und psychischen Beschwerden und Krankheiten im Sinne von Prävention und der Aufrechterhaltung der Lebensqualität. […]
Eine 2018 an psychosozialen Fachkräften durchgeführte Studie zeigte, dass ein Seminar zum Thema Selbstfürsorge das Ausmaß an Erschöpfung der Teilnehmer reduzieren kann. Die Veränderungen konnten sowohl 6 Wochen, als auch 3 Jahre nach der Seminarteilnahme nachgewiesen werden.
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstf%C3%BCrsorge)
Und Sie behaupten ernsthaft, dass Selbstfürsorge in Form von „Me-Time“ aufgezwungen werde und bekanntermaßen zu Isolation und Einzelkampfmodus führt? Umgekehrt wird ein Schuh draus.
Es gibt zweifellose viele Faktoren, die dazu führen können, dass sich Menschen isolieren und egoistisch werden. Sich bewusst Zeit für sich selbst zu nehmen zählt sicher nicht zu diesen Faktoren.
…und welchen Beitrag leistet nun eigentlich der katholische Glaube zu diesem Thema?
Das wars schon, mehr gibts diesmal nicht zu kommentieren.
Musste das mit der Me-Time und der Ich-Zeit erst mal googeln. Habe allerdings nicht den Eindruck, dass die publizierten Empfehlungen dazu über das hinausgehen, was Fr. Vering selbst als positiv an der Ich-Zeit empfindet („Das tut wirklich gut und ist wichtig für mich als Person.“) Warum sie da gleich wieder ein „muss“ erkennt ist mir schleierhaft. Ich könnte mir aber denken, das Kleriker besonders empfindlich sind, wenn andere Menschen Tipps geben, „wie Leben gelingen kann“. Das betrachten sie ja als ihr ureigenstes Monopol, ihren Lebens-Sinn und die Basis ihres Broterwerbs. Wie schon richtig bemerkt zeigt sich auch die Neigung von Priestern, überall Dammbrüche zu sehen, ibs. dann, wenn man ihre Lehren missachtet. („Weil das beobachte ich auch: Aus der „Zeit-für-mich“ wird „nur-noch-Zeit-für-mich“. Und in der Folge isolieren sich die Menschen.“) Wenn sie das bei sich beobachtet heißt das im übrigen auch noch lange nicht, dass das auch bei einem nennenswerten Teil anderer Menschen der Fall ist. Ein typischer Fehlschluss von sich auf andere !
Auch die bei Klerikalen und Theologen beliebte „schiefe Ebene“ kommt da zum Tragen: schon das kleinste Gefälle führt da bei ihnen unweigerlich in den Abgrund.
Der Todeskult versucht sich als Lebensratgeber und Lifestyle-Produkt neu zu definieren, welch tolle Ironie.
Das ist wie bei billigen „Zündapp“-Fahrrädern vom Discounter.
Die Leute denken sich: „Geil, ein deutsches Fahrrad von nem renomierten Hersteller. Und auch noch so günstig. Das kauf ich!“
Dabei existiert nur noch der Firmenname, gekauft von einer chinesischen Firma, die unter diesem Label absoluten Kernschrott verkaufen, schlechter gehts fast nicht.
Genau so bzw. noch schlimmer verhält es sich auch mit dem modernen Christentum und der Bibel.
Da wird nur das Label beworben, ohne jeden vernünftigen Inhalt und die Gebrauchsanleitung liest sowieso keiner…
Man muss nur den Namen Zündapp/Jesus billig genug verkaufen, dann kommen die geistig Armen von alleine…
Einen Unterschied gibts dennoch:
Die Apokalypse manifestiert sich beim Fahrrad meist durch Materialversagen und nen physischen Dachschaden.
Beim Gläubigen tritt meist ein psychischer Dachschaden auf! 😉
Die synodalen Christen – und dazu zähle ich Frau Vering – glauben allen Ernstes immer noch oder vielleicht sogar jetzt erst recht, dass ihr Aufspringen auf den Zug der gesellschaftlichen Entwicklung gelingen könnte.
Weit gefehlt, gute Frau Vering!
Das erinnert mich an die Gewerkschaft der Eisenbahner in England, die es seinerzeit durchgesetzt haben, dass auf den elektrischen Lokomotiven eine Zeitlang immer noch Kohle-Heizer mitfahren durften und dafür bezahlt wurden.
Ich weiss auch jetzt schon, wer die unweigerlich voranschreitende Säkularisierung der Gesellschaft – wenn überhaupt – überleben wird: Sicher nicht die „Zeitgeist“-Christen a la Vering, die meinen, auch jenseits ihrer theologischen Blase auf dem Feld der Wissenschaften als Quereinsteiger mitreden zu können.
Eher werden die antimodernistischen Fundis als exotische Sekte überleben.
Und im Übrigen, Frau Vering, gab es denn keine einzige Stelle in dem unerschöpflichen Meisterwerk der Dicht- und Märchenkunst namens Bibel, die gepasst hätte?
Das kann ich kaum glauben.
Soll ich für Sie mal auf die Suche gehen? Ich finde bestimmt was. Und wenn`s nicht passt, wird`s passend gemacht. Wissen Sie doch.
Ich bin verwirrt: Ich-Zeit für Gläubige? Wo doch Gott ständig bei ihnen ist, alles weiß, was sie tun, sagen, denken, fühlen, sie behütet, stärkt, … von den Heerscharen an Schutzengeln mal ganz zu schweigen.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass da mal Ich-Zeit ohne Very Big Brother wünschenswert ist: Wer steht schon gerne unter Dauerbeobachtung 24/7/52? Das, liebe Religiöse, geht aber nicht.