Trotzdem feiern! Das Wort zum Wort zum Sonntag, gesprochen von Stefanie Schardien (ev.), veröffentlicht am 5.10.2019 von ARD/daserste.de
Darum geht es
Ihre Realitätsflucht in religiöse Phantasiewelten rechtfertigt Frau Schardien damit, dass diese sie dazu animiere, sich um die Lösung irdischer, realer Probleme zu kümmern.
Heute berichtet Frau Pfarrerin Schardien von dem schlechten Gewissen, das sie hat, wenn sie bei einem Umzug durch ihre Heimatstadt ihrem Gott für die Ernte dankt. Irgendwie passe das nicht zu ihren Aktivitäten in Sachen Klimastreik.
Wer jetzt denkt, Frau Schardien sei jetzt vielleicht doch noch dahinter gekommen, dass es nicht nur un-, sondern sogar völlig widersinnig ist, einem „übernatürlichen“ Wesen, das allmächtig, allwissend und allgütig sein soll für irgendetwas zu danken, der irrt.
Denn wer schon mal zu dieser Erkenntnis gekommen ist, dem müsste es nicht nur unangenehm, sondern höchst peinlich sein, diese absurde Dankesbekundung an ein Phantom auch noch öffentlich zur Schau zur stellen.
How do we sleep while our beds are burning?
Wie kaum anders zu erwarten, ist es jedoch nicht die Absurdität des christlich-monotheistischen Glaubenskonstruktes, die Frau Schardien zu schaffen macht. Ihr schlechtes Gewissen rührt nicht daher, dass sie sich in religiös vernebelte Phantasiewelten flüchtet, während die Menschheit vor Problemen steht, die sich nicht wegbeten lassen.
Vielmehr fragt sie sich sinngemäß, ob man denn überhaupt noch feiern und fröhlich sein dürfe, wo doch der Weltuntergang ja quasi unmittelbar bevorstehe.
Konsequenterweise müssten sich alle Christen den Weltuntergang ja eigentlich sehnlichst herbeiwünschen. Diejenigen, die das tatsächlich auch heute noch tun, gelten auch in gemäßigten christlichen Kreisen als kritikwürdige Fundamentalisten.
Schließlich besteht die „Frohe Botschaft“ der christlichen Glaubenslehre darin, dass der von ihnen verehrte Gott sie wegen ihres Glaubens belohnt oder zumindest nicht bestraft. Wenn er dereinst als „gerechter Richter“ die in der Bibel detailliert beschriebene, grausame und sadistische Vernichtung des irdischen Lebens abgeschlossen und die irgendwie virtuellen Backups menschlicher Persönlichkeiten vor sein „Jüngstes Gericht“ zitiert haben wird.
Christen laufen regelmäßig zu rhetorischer Höchstform auf, wenn es gilt, diese unmenschliche und absurde Glaubensgrundlage irgendwie zu bewältigen. Was genau die „Frohe Botschaft“ sein soll, scheint für viele gar keine Rolle mehr zu spielen. Hauptsache, es gibt etwas zu feiern. Und einen Grund, sich als etwas Besonderes fühlen zu können.
Richtig oder falsch? Feiern in Krisen
Auch diesmal darf hier freilich nicht die Bibelstelle fehlen, in der festgestellt wird, dass „ein jegliches“ „seine Zeit“ habe. Diese Stelle haben wir bereits in diesem Artikel unter die Lupe genommen und ersparen uns und unseren Lesern an dieser Stelle eine Wiederholung.
[…] Da wird sich einiges verändern in unser aller Leben. Eine Bekannte sagt mir kürzlich: Da ist so viel Druck, wie man richtig oder falsch lebt. Ständig hab ich ein schlechtes Gewissen. Beim Feiern in Krisen gilt das wohl erst recht. (Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Trotzdem feiern! Wort zum Sonntag,
gesprochen von Stefanie Schardien (ev.), veröffentlicht am 5.10.2019 von ARD/daserste.de)
Wer sich unsicher ist, ob er richtig oder falsch lebt, ist sicher gut beraten, sich der bewährten Werkzeuge wie Vernunft, kritisches Denken und Hinterfragen zu bedienen. Allgemein empfehlenswert ist außerdem eine Weltsicht, die möglichst mit der irdischen natürlichen Wirklichkeit übereinstimmt.
Und zur Frage, wie man „richtig“ leben sollte, ist es sinnvoll, sich mit den modernen ethischen und humanistischen Standards auseinanderzusetzen. Denn diese können, anders als religiöse Moralismen, allgemeinverbindliche Orientierung geben. Unabhängig von irgendwelchen Göttervorstellungen.
Christlich gesagt
[…] Gerade wenn ich bei Festen dankbar und fröhlich genieße, mich beschenken und begeistern lasse, dann nehme ich daraus die Energie, christlich gesagt: den Geist, dafür mit, mich in der Welt zu engagieren.
Klar: Wer so konditioniert ist, alles Positive der Absicht und dem Wirken seiner jeweiligen Gottesvorstellung zuzuschreiben, der wird wie in diesem Beispiel daran glauben, dass hier der Geist des angenommenen Gottes seine Finger oder was auch immer im Spiel habe.
Dass Menschen Feste oder sonstige positive Erlebnisse auch mit ganz anderen und natürlich auch ganz ohne irgendwelche Gotteseinbildungen als inspirierend und motivierend empfinden können, spielt dann keine Rolle.
Genausowenig wie die Tatsache, dass Menschen auch schon die schlimmsten Verbrechen begangen, und sich dazu genauso vom Geist eben dieses Gottes, den auch Frau Schardien verehrt, beauftragt gefühlt hatten.
Auch diesmal wäre Gott entbehrlich gewesen
Sobald Geister, Götter oder andere Phantasiewesen ins Spiel kommen, ist der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Für ihre eigentliche Aussage („Genießt euer Leben und stellt euch den Herausforderungen“) hätte Frau Schardien auf religiöse Esoterik wie Dankbekundungen und Geister genausogut verzichten können. Wenn es sich beim „Wort zum Sonntag“ nicht um eine kirchliche Verkündigungssendung handeln würde.
Mit der im Grunde trivialen Erkenntnis, dass zum Leben eben sowohl Feiern als auch Krisen gehören, endet die heutige Fernsehpredigt.
[…] Dankbar feiern, genießen und genau aus diesen Erfahrungen heraus die notwendigen Veränderungen angehen zu können: diese Zeit ist wohl jetzt.
Ein erster Schritt der Veränderung wäre es, die Methode des Glaubens im religiösen Sinne, also das Für-wahr-halten von unbewiesenen (Phantasie-)behauptungen aufzugeben. Und sich stattdessen den oben schon angesprochenen realitätskompatiblen, vernunftorientierten, kritischen Standpunkt zuzulegen.
Ein solcher Standpunkt ist eine sinnvolle Basis, um sich Lösungen für die Probleme zu überlegen, die es zu lösen gilt.
Konkret: Im Zusammenhang mit Erntedank könnte man zum Beispiel damit beginnen, mal bis zum Ende durchzudenken, wem man denn da jedes Jahr eigentlich dankt und wofür genau. Und man könnte sich fragen, wie sinnvoll das bei Licht betrachtet ist.
Trotzdem labern!
Mein Verdacht: Der Aufnahmetermin für`s WzS rückte unaufhaltsam näher und Frau Schardien hatte keine Idee, worüber sie 5 Minuten lang reden sollte. Ergebnis: Siehe oben.
Den Eindruck hatte ich auch – das war diesmal schon hart an der Banalitätsgrenze.
Na ja – eher die Wort gewordene Banalität … 😎