Kommentar zu: Wort des Bischofs – Gott täglich Danke sagen?

Lesezeit: ~ 3 Min.

Kommentar zu Wort des Bischofs Gott täglich Danke sagen?, Originalartikel verfasst von Rainer Woelki – Erzbischof von Köln, veröffentlicht am 24.01.2016 von domradio.de

Film zum Originalartikel:*

[…] Bauen Sie in ihren täglichen Lebenslauf an irgendeiner Stelle einfach mal ein kleines Dankgebet ein. […] Ein kleines Dankeschön für diesen Tag an unseren Schöpfer.**

Wer Menschen ernsthaft dazu auffordert, ein Dankgebet an einen „Schöpfer“ in den täglichen Lebenslauf einzubauen, der geht von einer Wirklichkeit aus, die nicht unserer natürlichen, realen Wirklichkeit entspricht.

Herr Kardinal Woelki unterstellt in seinem Beitrag, dass es einen Schöpfer gäbe, also offenbar jemanden oder etwas, das alles erschaffen hat. Das kann man sich natürlich ausmalen, aber ausmalen kann man sich alles, was man möchte.

Nach allem heute verfügbaren Wissen gibt es genau keinen einzigen seriösen Anhaltspunkt für die Existenz eines Schöpfers, weder als Theorie und schon gar nicht als reales Phänomen. Sollte es, wider jede Vernunft und gegen jedes bessere Wissen, doch einen Schöpfer geben, so wäre dieser nicht relevant für uns, weil noch keiner der geschätzt 3000 Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, jemals auch nur ein Mal seriös belegbar in unser Geschehen eingegriffen hat.

Allein schon rein mathematisch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Monotheist ausgerechnet den richtigen, wahren Gott anbetet, lächerlich gering.

Für die Beantwortung der Frage, wie sinnvoll ein gebetetes „Dankeschön“ an einen (bis zum Beweis des Gegenteils) fiktiven Gott überhaupt sein kann, spielt es aber nicht mal eine Rolle, ob es den Schöpfer nun gibt oder nicht, da noch kein Gott jemals seriös belegbar in irgendeiner Form in Erscheinung getreten ist.

Nochmal: So etwas kann man sich natürlich ausdenken, aber dann sollte man nicht so tun, als handle es sich dabei um etwas, was leichtgläubige Menschen möglicherweise als tatsächlich real ansehen könnten.

[…] Gut, auch wenn ich Ihr Leben nicht genau kenne,…

Eure Eminenz kennen mein Leben?! Nicht genau zwar, aber immerhin? Was kennen Sie denn von zum Beispiel meinem Leben?

…so bin ich mir ganz sicher, dass es auch in Ihrem täglichen Leben einen vielleicht noch so klitzekleinen Grund gibt, wofür auch Sie dankbar sind.

Die naheliegende Tatsache, dass es Gründe für Dankbarkeit geben mag, rechtfertigt ebenfalls weder die Behauptung eines Gottes, noch macht sie einen solchen erforderlich.

Danken kann man natürlich trotzdem, zum Beispiel Charles Darwin für die Entdeckung der Evolution. Auch den Männern und Frauen, die ihr Leben der Aufklärung, der Säkularisierung und dem Humanismus gewidmet haben und widmen, gebührt Dank – sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass es heute Werte gibt, die die Kirche heute gerne als „christliche Werte“ verkaufen würde.

Nicht zu vergessen die Wissenschaftler, die durch ihre Arbeit – oft gegen den blutigen, erbitterten Widerstand der Kirche! – dazu beigetragen haben, dass zum Beispiel auch ein Erzbischof heute seine Gedanken und Ideen im Internet veröffentlichen kann.

[…] Und wenn Sie diesen Dank dann in schöner Regelmäßigkeit zum Himmel schicken, werden Sie schnell merken, wie gut Ihnen dieses kleine Dankeschön täglich tut.

Gebets-DilemmaUnd wenn Sie sich mal nur für einen ganz kleinen Moment von Ihrer religiösen Indoktrination befreien, werden Sie schnell merken, dass noch kein einziges Gebet jemals erhört wurde in dem Sinne, dass irgendein überirdisches Wesen daraufhin auch nur ein Mal seriös belegbar der Welten Lauf verändert hätte.

Einer Illusion, einem Hirngespinst für etwas Reales zu danken ist nicht nur zwecklos, sondern auch unhöflich den Menschen oder Faktoren gegenüber, denen wir es in Wirklichkeit zu verdanken haben, dass wir überhaupt etwas haben, wofür wir dankbar sein können.

Wer das trotzdem tun möchte, der hat zum Glück unbegrenzt viele Alternativen zu dem unangenehmen Rachegott der Bibel, in dessen Namen und angeblichen Auftrag schon so viele hunderttausend Menschen getötet wurden und der im Lauf der Zeit zum lieben Gott umbenannt wurde, obwohl allen, die nicht an ihn glauben, auch heute noch ewige Verdammnis droht.

Wie wärs zum Beispiel mit Schneewittchen, Frau Holle, oder, wenn man einen gewissen kirchlichen R’AMEN nicht aufgeben möchte, mit dem Fliegenden Spaghettimonster? Alle sind allemal symphatischer als der christliche Gott – und mindestens genauso real.

[…] Es gibt so wunderbare schöne Gewohnheiten, die unser Leben auch in den gewohnten Bahnen lebens- und liebenswert machen – GOTT SEI DANK!

Für einen Erzbischof ist es natürlich naheliegend, Gott zu danken – dafür, dass es immernoch genug Menschen gibt, die mit ihren Gewohnheiten in gewohnten Bahnen leben und die noch bereitwillig an die Fiktionen glauben, die er ihnen als bzw. für bare Münze verkauft.

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**Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.

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