Bistum Osnabrück verschickt Sklavenhaltungs-Tipps per WhatsApp

Lesezeit: ~ 3 Min.

Das Bistum Osnabrück hat ein neues Webprojekt gestartet. Per WhatsApp kann man sich im „Jahr des Aufatmens“ „Glaubensimpulse direkt aufs Handy“ schicken lassen.

Das Motto der Aktion lautet: „Damit sie zu Atem kommen“ und nimmt Bezug auf den Bibelvers Ex23,12. Wie immer, wenn irgendwo Bibelstellen verwendet werden, lohnt sich ein Blick auf den Text, aus dem die jeweilige Stelle herausgepickt wurde.

Natürlich stellt sich hier sofort die Frage: Wer ist denn da gemeint, wer soll „zu Atem kommen“?

Sklavin
Sklavin

Ohne genaueres Hinschauen könnte man meinen, die Ansprache richte sich generell an alle Menschen. Aber weit gefehlt (Hervorhebung von mir):

  • Sechs Tage kannst du deine Arbeit verrichten, am siebten Tag aber sollst du ruhen, damit dein Rind und dein Esel ausruhen und der Sohn deiner Sklavin und der Fremde zu Atem kommen. (Quelle: 2. Mose 23:12, Einheitsübersetzung)

Im Ernst: Wer braucht tatsächlich eine bronzezeitliche Anleitung zur Sklavenhaltung um zu wissen, dass eine Pause ab und zu (nicht nur für Sklavensöhne und Fremde) eine sinnvolle Sache ist? Und selbst wenn man berücksichtigt, dass Sklavenhaltung damals offenbar gang und gäbe war: Wieso ordnet Gott eine Pause explizit für den Sohn der Sklavin an, nicht aber für die Sklavin selbst?

Update: Wie mir ein Mitorganisator des Projektes auf Nachfrage erklärt hat, war dem Team, das diesen Bibelvers als Motto ausgewählt hatte, durchaus bewusst, dass dieser Vers etwas mit Sklaven zu tun hat. Das sei sogar beabsichtigt gewesen, weil es gelte, den Armen und Versklavten zu helfen und diese zu unterstützen. Dass im Text ausdrücklich vom „Sohn deiner Sklavin“ die Rede ist, hatte bei dieser Umdeutung offenbar nicht weiter gestört.

Und wer es nicht beim Aufatmen belassen will, findet wenige Zeilen weiter unten noch folgende, göttliche Opfervorschriften, die das bistümliche Social Media Team auf keinen Fall unbeachtet lassen sollte (sicher ist sicher):

  • Beim Schlachten sollst du das Blut meines Opfers nicht über gesäuertes Brot fließen lassen. Das Fett meines Festopfers darf nicht bis zum Morgen liegen bleiben. Von den Erstlingsfrüchten deines Ackers sollst du die besten in das Haus des Herrn, deines Gottes, bringen. Das Junge einer Ziege sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen. (Quelle: 2. Mose 23:18-19, Einheitsübersetzung)

Es ist ein geradezu grotesker Anachronismus, Auszüge aus solchen Texten als ernsthaft gemeinten Gedankenanstoß ausgerechnet per WhatsApp an vermutlich eigentlich aufgeklärte Menschen zu verschicken.

WTF!?
WTF!?

Wer meint, die Stellen seien jetzt aus dem Zusammenhang genommen und würden nicht einer ansonsten ethisch brauchbaren biblischen Gesamtaussage entsprechen, der sollte einfach noch etwas weiterlesen, zum Beispiel die folgenden „Mahnungen und Verheißungen für die Zukunft“ (Hervorhebungen von mir), um sich ein Bild über den Gott zu machen, dessen Anweisung hier zum Motto gemacht wurde:

  • [Gott sagt:] Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, um dich auf dem Wege zu bewahren und dich an den Ort zu bringen, den ich bereitet habe.  Hüte dich vor ihm und höre auf seine Stimme und reize ihn nicht; denn er wird eure Übertretung nicht vergeben, denn mein Name ist in ihm.  Doch wenn du fleißig auf seine Stimme hörst und alles tust, was ich sagen werde, so werde ich deine Feinde befeinden und deine Dränger bedrängen.
  • Denn mein Engel wird vor dir hergehen und wird dich bringen zu den Amoritern und den Hethitern und den Perisitern und den Kanaanitern, den Hewitern und den Jebusitern; und ich werde sie vertilgen.  Du sollst dich vor ihren Göttern nicht niederbeugen und ihnen nicht dienen, und du sollst nicht tun nach ihren Taten; sondern du sollst sie ganz und gar niederreißen und ihre Bildsäulen gänzlich zerbrechen.
  • Und ihr sollt Jahwe, eurem Gott, dienen: so wird er dein Brot und dein Wasser segnen, und ich werde Krankheit aus deiner Mitte entfernen.  Keine Fehlgebärende und Unfruchtbare wird in deinem Lande sein; die Zahl deiner Tage werde ich voll machen.  Meinen Schrecken werde ich vor dir hersenden und alle Völker verwirren, zu denen du kommst, und dir zukehren den Rücken aller deiner Feinde.  Und ich werde die Hornisse vor dir hersenden, daß sie vor dir vertreibe die Hewiter, die Kanaaniter und die Hethiter.
  • Nicht in einem Jahre werde ich sie vor dir vertreiben, damit nicht das Land eine Wüste werde und das Getier des Feldes sich wider dich mehre.  Nach und nach werde ich sie vor dir vertreiben, bis du fruchtbar bist und das Land besitzest.
  • Und ich werde deine Grenze setzen vom Schilfmeer bis an das Meer der Philister, und von der Wüste bis an den Strom; denn ich werde die Bewohner des Landes in deine Hand geben, daß du sie vor dir vertreibest. Du sollst mit ihnen und mit ihren Göttern keinen Bund machen.  Sie sollen nicht in deinem Lande wohnen, damit sie dich nicht wider mich sündigen machen; denn du würdest ihren Göttern dienen, denn es würde dir zum Fallstrick sein.   (Quelle: 2. Mose 23:20-33, combib)

Wohlgemerkt: Hier spricht derselbe Gott, der das Motto für eine WhatsApp-Aktion im Jahr 2016 geliefert hat. Unglaublich.

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