‚Paradies: Glaube‘ ist TV-Tipp der evangelischen Kirche

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Gestern zeigte Arte aus der Paradies-Trilogie von Ulrich Seidl die Folge Paradies: Glaube.* Darin spielt Maria Hofstätter erschreckend glaubhaft und überzeugend eine Frau, die ihre unerfüllten Sehnsüchte mit einem grotesk ausgelebten Glauben zu kompensieren versucht.

Ihre Freizeit widmet sie der Katholisierung Österreichs, indem sie Marienstatuen in die Wohnungen aller möglichen Menschen stellt und versucht, mit diesen zu beten. Dabei scheitert sie immer wieder an der Realität – niemand nimmt sie wirklich ernst und auch durch Selbstbestrafung mit Peitsche und anderer Folter wird es nicht besser.

Als ihr moslemischer Mann nach zwei Jahren aus Ägypten zurückkommt, verschärft sich die Situation: Der querschnittsgelähmte Ägypter kann das seltsame Verhalten seiner Frau nicht verstehen und versucht, ihre wahnhaft anmutenden religiösen Handlungen zu stören. Weil die Frau ihn auch nicht mehr als Partner akzeptiert und auch jegliche Annäherung rigoros ablehnt, kommt zu massiven Auseinandersetzungen. Statt mit ihrem Mann zu schlafen, masturbiert sie lieber mit dem Kreuz ihres geliebten Jesus.

Nach einer (versuchten?) Vergewaltigung durch ihren Mann endet der verstörende, aber stellenweise auch tragikkomische Film mit der Auspeitschung des gekreuzigten Jesus – als Strafe dafür, dass er die arme Frau trotz ihres unermüdlichen Einsatzes für die Katholisierung Österreichs so hart prüft.

Wenn man online nach Informationen zu diesem Film sucht, findet man unter anderem zwei Quellen:

  • Für die evangelische Kirche war der Film offenbar ein willkommener Anlass, in einem aktuellen Artikel über die Skurrilität des katholischen Glaubens, wie sie in diesem Film in einer extremen Form, aber trotzdem überzeugend real dargestellt wird, zu berichten. Die Message des Filmes ist für die evangelische Kirche wohl so bedeutsam, dass sie diesen Film sogar als TV-Tipp empfiehlt. Fehlt nur noch die Unterüberschrift: „Schaut mal, so durchgeknallt sind die Katholen…“
    Dabei hat gerade die evangelische Kirche keinen Grund zur Häme: Man könnte natürlich auch über die fundamentalistisch-durchgeknallten Auswüchse der evangelischen Kirche einen Film drehen, der der katholischen Variante nicht nur wegen der Nähe zu evangelikalen Gruppierungen an Skurrilität und Absurdität sicher in nichts nachstehen würde.
  • Kein Wunder, dass sich von katholischer Seite keine TV-Empfehlung für diesen Film finden lässt, im Gegenteil. Nur ein Artikel von 2012 berichtet über die Anzeige wegen Blasphemie, die dem Regisseur die angedeutete Kreuz-Masturbationsszene nach der Premiere eingebracht hatte.

Das Thema radikale Christen spielt auch im politischen Kontext heute (leider wieder) eine beängstigende Rolle.:

  • Die Radikalisierung im Bürgertum macht offenkundig vor den Christen nicht halt. Konservative Katholiken und Evangelikale erweisen sich sogar als besonders anfällig. In diesen Milieus ist es in den letzten Jahren zu einer Spaltung in einen moderaten und einen sich ideologisch verhärtenden Teil gekommen. (Quelle: faz.net)

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