Kommentar zu: Ministerpräsidentin denkt über neues Kreuz-Hängungs-Gesetz nach

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Kommentar zu: Ministerpräsidentin denkt über neues Kreuz-Hängungs-Gesetz nach, Originalartikel verfasst von Von Nora Ernst, veröffentlicht von der Saarbrücker Zeitung am 9. März 2016

Allein schon der Begriff „Kreuz-Hängungs-Gesetz“ dürfte auf alle nicht christlich indoktrinierten Menschen erschreckend und verstörend wirken. Was haben unsere Gesetze mit Menschenopfersymbolen zu tun? Wie Kirchenlobbyismus 2016 funktioniert, zeigt dieses aktuelle Beispiel aus dem Saarland:

Nach einem Treffen mit den Bischöfen der Bistümer Trier und Speyer gestern sagte sie [Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)], sie halte die Entscheidung [alle Kreuze aus [einem] Gericht entfernen zu lassen] für falsch.*

Vor diesem Treffen scheint die Entfernung der Kreuze noch kein größeres Problem für die Ministerpräsidentin gewesen zu sein. Diese Art der Einflussnahme bezeichnet man als Lobbyismus.** Auf diesem Weg sorgen die Kirchenvertreter (in diesem Fall die Bischöfe Karl-Heinz Wiesemann (Speyer) und Bischof Dr. Stephan Ackermann, der als „Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen im kirchlichen Bereich“ im Jahr 2013 (!) seine „Aufgaben nahezu als abgearbeitet“ (Quelle) ansah) dafür,  dass eine Politikerin Dinge nach den ihnen gewinnbringenden Maßstäben als „richtig“ oder „falsch“ bewertet.

Zum ersten Mal seien die Kreuze „flächendeckend und ohne konkreten Anlass“ entfernt worden.

Foto: pixabay.com, gemeinfrei
Foto: pixabay.com, gemeinfrei

Selbstverständlich gibt es einen konkreten Anlass, Darstellungen von vormittelalterlichen Todesfolterungsgeräten aus öffentlichen Räumen zu entfernen, sogar mehrere:

Auf Menschen ohne christlich-religiöse Indoktrination wirkt die Darstellung eines Kreuzes höchst verstörend. Wer sich gerne Ideologien hingeben möchte, in denen ein unvorstellbar grausames, göttlich angeordenetes Menschenopfer die zentrale Rolle spielt, der möge das bitte als Privatangelegenheit betrachten.

Es gibt keinen einzigen sachlichen Grund, warum in der Öffentlichtkeit, in der sich Menschen mit allen möglichen Weltanschauungen aufhalten, das grausame Symbol ausgerechnet der Religion zur Schau zur stellen, die auf eine fast 2000jährige, beispiellose Kriminalgeschichte zurückblickt, einer Religion, deren Moralismen nicht mal den niedrigsten Standards einer modernen Ethik entsprechen.

Generell ist eine Weltanschauung Privatsache, wie viele andere Bereiche auch Privatsache sind; in öffentlichen Räumen hängen ja auch keine Parteiabzeichen oder Fussballclub-Symbole.

Sollte das zum Trend werden, müsse die Landesregierung überlegen, die Rechtslage zu ändern.

Das stimmt – die Religionsfreiheit müsste ausdrücklich um die Freiheit von Religion erweitert werden und der Gottesbezug sollte umgehend aus dem Grundgesetz entfernt werden – weil es in der realen Wirklichkeit keine Götter gibt und weil erfundene Götter nicht in die reale Wirklichkeit eingreifen. Damit könnte dem Trend, dass bischöfliche Lobbyisten versuchen, ihre Interessen in der Politik durchzusetzen, ein deutliches Zeichen entgegengesetzt werden.

[…] Kramp-Karrenbauer sagte, es sei denkbar, diese gesetzlich zu verpflichten, Säle mit und ohne Kreuz vorzuhalten, um sowohl den Menschen, denen das Kreuz etwas bedeutet, als auch jenen, die ein Problem damit haben, gerecht zu werden.

Fliegendes Spaghettimonster
Das Fliegende Spaghettimonster

Nach dieser Logik müssen auch Säle mit Darstellungen des Fliegenden Spaghettimonsters vorgehalten werden, um auch den Menschen, denen Seine Nudelige Heiligkeit etwas bedeutet, gerecht zu werden. Gleiches gilt natürlich auch für Einhörner, Feen und für Rumpelstilzchen.

Ansonsten könnte man auch einfach einen Haken an der Wand anbringen, an den dann die jeweils gewünschten Symbole gehängt werden können. Für die Darstellung von Scheiterhaufen, Auspeitschungen und Steinigungen findet sich sicher auch eine einfache Lösung, die keinen eigenen Raum für jede Weltanschauung erforderlich macht.

Oder man entfernt einfach alle weltanschaulichen Symbole und wird somit allen Menschen gerecht.

Im Moment sehe sie die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung aber noch nicht.

Da wird wohl nochmal ein weiteres Treffen mit den Kirchenvertretern nötig sein, vielleicht in der Toscana?

Der zu Unrecht ans Kreuz geschlagene Jesus symbolisiere nicht nur den Glauben, sondern sei auch als Mahnung zu verstehen, Gerechtigkeit walten zu lassen, erklärte Wiesemann.

Woher wissen die Bischöfe denn, dass Jesus zu Unrecht ans Kreuz geschlagen wurde? Immerhin war er zum Kreuzestod verurteilt worden, also dürfte es auch einen (dem damaligen Recht entsprechenden) Grund gegeben haben.

Aus christlicher Sicht war die Kreuzigung ja angeblich sogar zwingend erforderlich: Der Christengott persönlich hatte das grausame Menschenopfer seines eigenen Sohnes nicht nur toleriert, sondern ausdrücklich angeordnet, um damit seine Menschenliebe zu beweisen. Was ein solches Verhalten mit unserer heutigen Ethik, Schulbildung oder Rechtssprechung zu tun haben soll, erklären die Bischöfe nicht.

Statt Gerechtigkeit mit angeblicher Ungerechtigkeit zu symbolisieren, ist es doch naheliegend, einfach das schon bestehende, weltanschaulich neutrale Symbol der Justitia zu verwenden.

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