Unter dem Motto: erlebe Gott tauschen sich Gläubige aller Coleur online aus. Einige davon scheinen eine geradezu sexuelle Wunschbeziehung zu Jesus zu pflegen, wenn man die Kommentare so verfolgt. Und dann gibt es dort auch Leute wie den Jens.
Während viele Gläubige zumindest versuchen, die inhumane, grausame Komponente ihres Glaubens irgendwie zu bewältigen oder zu verdrängen, gibt es auch noch die anderen. So wie Jens, dessen Post auf Facebook zeigt, dass Gott auch ohne Weiteres als hasserfüllter Unterstützer gedacht werden kann.
Wer ist Rumpelstilzchen? Wer ist Gott?
Phantasiewesen lassen sich beliebig definieren und mit beliebigen Eigenschaften ausstatten. Wesen, Charakter, Stärken und Schwächen von zum Beispiel Romanhelden oder von Märchenfiguren sind oft ziemlich genau definiert. Anders sieht das beim Christengott Jahwe aus.
Die bis heute noch gültige, einzige „Grundlage“, die Aussagen über das Wesen dieses Gottes macht, ist eine vor Widersprüchen strotzende Mythen- und Legendensammlung mit Narrativen aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter. Diese liefern erwartungsgemäß keine einheitliche Gesamtaussage, im Gegenteil. Wettergott, Wüstengott, Kriegsgott, „lieber“ Gott – alles ist möglich. Und nichts davon ist eindeutig.
Hält man sich, wie es im Christentum eigentlich vorgesehen ist, an die Aussagen der Bibel, so ergibt sich kein schlüssiges Bild darüber, wer oder was Gott sein soll. Auch nicht darüber, was er eigentlich beabsichtigt oder wie er tickt. Das ist besonders deshalb so ärgerlich, weil ja behauptet wird, dass dieser wesenlose, dreiteilige, unergründliche, allmächtige, allwissende Gott irgendwann mal über alle Menschen richten wird.
Indes scheint ihm aber auch wirklich alles egal zu sein, was Menschen in seinem Namen veranstalten, worum sie ihn bitten oder wofür sie ihm danken. Welche Eigenschaften sie ihm zuschreiben. Oder welche Fähigkeiten.
Auch Jens denkt, er erlebe Gott
Wie zum Beispiel Jens, der auf Facebook Gott für seine Unterstützung dankt. Weil Jens sich sicher ist, dass Gott diesen (wem eigentlich?) gegenüber ebenfalls voller Hass ist. Wenn er mit seinen nationalen Freunden zusammen steht.
Offenbar hält Jens andere Stellen der Bibel für gültig und bedeutsam als die Menschen, die sich lieber einen „lieben Gott“ vorstellen. Und die vielleicht schon ein bisschen öfter Kontakt mit Leuten hatten, die zumindest in ethisch-sozio-kultureller Hinsicht ein paarmal den Löffel ablecken durften.
Das ist doch nicht unser Gott!
„Das ist doch nicht unser Gott!“ – diese Aussage hört man immer dann, wenn irgendwer Gott für etwas beansprucht, was der eigenen Gottesvorstellung nicht entspricht. Und da wird auch schon das Dilemma offensichtlich. Ehrlich und zutreffend wäre die Aussage: „So stelle ich mir Gott nicht vor“ – aber das sagen sie nicht, sie sagen: „Das ist nicht unser Gott.“
Als ob sie wissen könnten, wer, wie oder was ihr Gott ist. Oder auch nur, dass er überhaupt ist. In anderen Situationen ist Gott dann natürlich auch schnell wieder der „Vater aller Menschen“ (Bischof Marx am 23.7.16 im Wort zum Sonntag). Und somit doch irgendwie auch wieder der Gott, dem Jens für seine Unterstützung im Kampf für oder gegen was auch immer dankt. Beide können sich für ihre Interpretation auf die Bibel berufen.
Götter: Nothing but trouble
Der riesige Sack an Problemen aller Art, der allein schon nur durch die Annahme der realen Existenz von Phantasiewesen entsteht, ist viel zu schwer, als dass er noch von Gläubigen geschultert werden könnte. Selbst die „Theologie“ ist daran gescheitert und es ist kein Ergebnis in Sicht (gut für die Theologen). Deshalb lassen sie diesen Sack einfach in der Ecke stehen und bedienen sich weiter ihrer Phantasie, um sich ihren Gott nach ihren Wunschvorstellungen auszudenken.
Völlig schmerz-, logik- und realitätsfrei tun sie einfach so, als sei Gott genau ihr gedachter Gott, der mit seinen ebenfalls beliebig denkbaren Eigenschaften das tut, was sie oder andere sich ebenfalls nur ausgedacht haben. Was sie sich wünschen oder wovor sie sich fürchten. Als könne man jemals zu irgendeiner vernünftigen, verbindlichen Erkenntnis über etwas kommen, das lediglich der menschlichen Phantasie entsprungen ist.
Derweil spürt Jens Gott jeden Tag in sich, wie er ihn in seinem Hass unterstützt. Andere Christen würden Jens vermutlich als durchgeknallten Spinner bezeichnen. Ihr Gott ist natürlich niemals voller Hass, er ist ja doch der liebe Gott! Dass aber das katastrophale Gottesbild eines Jens genauso „plausibel“ ist wie das einer Pfarrerin, die Gott für die „reinste Form der Liebe“ hält, würden sie niemals zugeben. Der Widerspruch, dass beide Vorstellungen gleich irreal sind, stört Gläubige nicht, egal, wie sie sich Gott vorstellen.
Gott: Schweigen im Weltall
Gott selbst hat sich jedenfalls noch nie dazu geäußert. Und es sieht auch nicht danach aus, als sei es ihm ein Anliegen, seine denkende Schöpfung wissen zu lassen, was es mit ihm auf sich hat. Selbst wenn es einen wie auch immer gearteten Gott geben sollte – etwas, das keinen erkennbaren Einfluss auf die von uns wahrnehmbare Wirklichkeit hat und auch in keinem erkennbaren Zusammenhang mit unserer Wirklichkeit steht, spielt einfach keine Rolle in dieser Wirklichkeit.
Man kann sich sowas ausdenken und darüber nachdenken. Man kann jede beliebige Hypothese aufstellen. Aber man sollte dann schon darauf achten, zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu unterscheiden. Jens muss schon alleine hassen beim Exekutieren. Und die Pfarrerin gottlos lieben.
So, wie ja auch kaum jemand ernsthaft darauf hoffen dürfte, dass zum Beispiel die Heinzelmännchen heute Nacht mal schnell das nächste Webseiten-Update durchführen mögen…
Aha - Frau Kiess redet sich ein, Ihr Gott meine es gut mit "uns". Schon mal was von der Theodizee-Problematik…