Offener Brief an Jugendpfarrer Renze

Lesezeit: ~ 3 Min.

Sehr geehrter Herr Jugendpfarrer Renze,

in diesem Artikel von Osthessennews habe ich einige Aussagen von Ihnen gelesen, zu denen ich einige Fragen an Sie habe.

In dem Artikel werden Sie wie folgt zitiert: „Gott liebt dich. Bedingungslos. So wie du bist. Ob wir seine Wünsche erfüllen oder nicht. Das ist etwas Tolles.“*

Dieser Aussage entnehme ich, dass Sie offenbar wissen, dass es den von Ihnen genannten Gott gibt. Desweiteren wissen Sie wohl auch, welche Eigenschaften dieser Gott hat.

Meine Frage dazu an Sie: Woher wissen Sie das so sicher, dass Sie es öffentlich vor 400 Jugendlichen wie eine Tatsache behaupten? Immerhin haben Sie ja offenbar nicht gesagt: „Ich wünsche mir,…“ oder „Wir hoffen,…“ oder „Ich stelle mir vor,…“, sondern „Gott liebt dich.“

Welcher Gott, Herr Renze?

Auf welchen Gott beziehen Sie sich bei dieser Behauptung? Um den biblischen Gott Jahwe kann es sich wohl kaum handeln. Denn dessen Liebe ist laut biblischer Gesamtaussage ja alles andere als bedingungslos, wie es diese Stelle auf den Punkt bringt:

  • Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Mk 16, 16 LUT)

Laut Bibel ist es doch keineswegs so, dass Gott die Menschen liebt, unabhängig davon , ob sie seine Wünsche erfüllen oder nicht? Gelten nicht alle biblischen Heilsversprechen nur unter der Bedingung, dass sich Menschen diesem Gott bedingungslos unterwerfen?

Und liegt es selbst dann noch nicht einzig bei Gott, ob er, nach seinen eigenen Maßstäben, Menschen erlöst oder bestraft? Oder sie so lange quält, bis sie sich von ihm erlösen lassen?

Menschenopfer als Liebesbeweis?

War nicht auch das Menschenopfer, für das sich Gott seinen eigenen Sohn (wahlweise auch ein Drittel seiner Selbst) zu Tode hatte foltern lassen, eine offenbar unumgängliche Bedingung dafür, Menschen von ihren Sünden zu erlösen? Wieso hatte Gott trotz seiner Allmacht keine andere Möglichkeit, Menschen seine Liebe zu beweisen? Was ist generell von einer Liebe zu halten, für deren Beweis ein Mensch zu Tode gefoltert werden muss?

Ihre Behauptung, Gott würde Menschen lieben, egal ob sie seine Wünsche erfüllen oder nicht, deckt sich nicht mit der biblisch-christlichen Lehre. Denn diese bezeichnet Gott als rach- und kriegs-, sowie er sich selbst als eifersüchtig (2. Mose 20,5). Auch Jesus lassen die Bibelschreiber unmissverständlich beschreiben, was Menschen erwartet, die Gottes Wünsche nicht erfüllen:

  • Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. (MT 10,28 LUT)
  • Er [Jesus] sprach: Nein! Damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune. (MT 13, 29-30 LUT)

Worauf stützen Sie Ihre öffentlich vertretene Vorstellung vom bedingungslos liebenden Gott?

Die Liebe eines fragwürdigen Gottes

Herr Renze, wenn Gott, wie Sie zitiert werden, alle Menschen liebt (egal, was sie tun), wie erklären Sie es sich (und auch mir oder ehrlicherweise auch mal Ihrem Publikum), warum es dann trotzdem so viel Leid und Elend auf der Welt gibt? Warum auch die gläubigsten Christen zum Beispiel ganz genauso wenig  von Naturkatastrophen verschont bleiben wie Ungläubige oder Satansjünger?

Ist Ihr Gott vielleicht untätig, oder aber unfähig? Ein Sadist? Oder vielleicht, dem heutigen Wissens-, Beobachtungs- und Erkenntnisstand entsprechend, einfach doch nicht existent?

Wieso verschweigen Sie den nicht unwichtigen Aspekt, dass nach christlicher Lehre Menschen schon allein für Un- oder Andersglauben zeitlich unbegrenzte physische und psychische Höllenqualen erwarten? Wie kann man eine solche Vorstellung als bedingungslose Liebe verstehen?

Gott spricht mit jedem von uns?

Weiter werden Sie wie folgt zitiert: Gott sage zu jedem von uns: „Du bist mein Sohn, meine Tochter.“

Wenn Sie das behaupten, dann können Sie ja sicher auch erklären, wann und wie konkret Gott das „zu jedem von uns“ sagt. Und auch hier frage ich mich und Sie, woher Sie das wissen?

Wenn Sie mit „Gott sagt…“ die angeblichen Aussagen des biblischen Jesus Christus gemeint haben sollten, dann waren Sie als Christ doch gar nicht gemeint, sondern Juden, oder?

  • Er [Jesus] antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. (Mt 15, 24 LUT)

In dem Artikel erfährt man schließlich noch, dass man Ihrer Aussage zufolge Internationalität besonders an Weltjugendtagen erleben könne. Halten Sie die Tatsache, dass bei einem Weltjugendtag Teilnehmer aus mehreren Ländern zusammenkommen, als Beleg dafür, dass Ihr Gott existiert und alle Menschen liebt?

Wenn ja, würden Sie dann zum Beispiel auch ein internationales Treffen von Ufologen als Beleg dafür anerkennen, dass Außerirdische mit Menschen überall auf der Erde in Kontakt stehen? Oder eine Zusammenkunft von Vertretern einer beliebigen Religion als Beleg für die Existenz und das Wirken der jeweils behaupteten und verehrten Gottheit(en)?

Herr Renze, über die Beantwortung meiner Fragen würde ich mich sehr freuen. Gerne veröffentliche ich Ihre Antworten auch auf meiner Webseite – natürlich nur, wenn Sie das wünschen und damit einverstanden sind.

*Die Zitate stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel, abgerufen am 13.09.2016.

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