Update: Gott ist eine Lüge: Fundstück der Woche

Lesezeit: ~ 4 Min.

God is a lie – Gott ist eine Lüge, hat jemand auf die Wand eines leer stehenden Hauses gesprüht. Die Konfirmanden sind empört.

Quelle: Facebook

The words of the Prophets…

Ob man Graffiti als Sachbeschädigung oder als kreative Form der Meinungsäußerung bewertet, lässt sich diskutieren. ¨And the words of the prophets are written on the subway walls…¨, sangen schon Simon & Garfunkel dereinst.

Jetzt erregten antireligiöse Graffiti die konfirmierten Gemüter in Salmünster. ¨God is a lie¨ – Gott ist eine Lüge, heißt es da. Einen Hinweis darauf, welcher Gott hier überhaupt gemeint ist, gibt das durchgestrichene Kreuz, ebenfalls an die Wand gesprayt.

Offenbar geht es also um den biblisch-christlichen Gott Jahwe, den sich die Menschen in der Bronzezeit zunächst als Wetter-, Wüsten-, Berge- und Kriegsgott ausgedacht hatten. Später wurde daraus ein dreiteiliger lieber Gott, der angeblich sogar mal in Menschengestalt auf der Erde wandelte.

Wann ist eine Lüge eine Lüge?

Einziger ¨Beleg¨ ist eine Legenden- und Mythensammlung aus dem Vormittelalter. Und natürlich das ¨Zeugnis¨ der Menschen, die diese Geschichten für wahr halten. Damit ist auch dieser Gott bestenfalls so ¨real¨ wie alle anderen Götter, Geister und Phantasiewesen auch. Solche kann man sich ausdenken, wie man möchte.

Aussagen darüber, inwieweit diese Wesen tatsächlich existieren, lassen sich redlicherweise nicht treffen. Und schon gar nicht darüber, welche Eigenschaften oder Absichten sie haben. Denn dazu müsste man redlicherweise zunächst mal nachweisen können, dass hinter einer Wirkung auch tatsächlich die behauptete Ursache steckt.

Und deswegen kann man es durchaus als Lüge bezeichnen, wenn jemand vorgibt, zu wissen, dass sein Gott tatsächlich existiert. Es ist bezeichnend, dass eine solche rationale Feststellung wie die, dass Gott eine Lüge ist, religiöse Gefühle verletzen soll. Denn bis jetzt war noch niemand in der Lage und/oder willens, das Gegenteil zu beweisen. Stattdessen tut man einfach so, als sei Gott eben keine Lüge, sondern eine reale Größe. Dabei sind nach aktueller Faktenlage die ebenfalls im Graffiti angekündigten Aliens mindestens genauso wahrscheinlich wie der als Lüge entlarvte Gott.

Einen Gott für wahr zu halten, könnte man durchaus als Verletzung rationaler Vernunft auffassen. Und auch für die Ablehnung des christlichen Glaubens finden sich zahlreiche Gründe. Zum Beispiel in der zehnbändigen Kriminalgeschichte des Christentums.

Gott ist eine Lüge

Gott ist eine LügeMan sollte meinen, dass ein allmächtiger Gott eine solche freie Meinungsäußerung problemlos wegsteckt. Immerhin hat er sich noch niemals dazu geäußert, was seine Schöpfung so alles auf seinem Planeten veranstaltet.

Auch ein 90jähriger Pfarrer sollte eigentlich so stark im Glauben sein, dass er mit der kognitiven Dissonanz zwischen seiner religiösen Wunschvorstellung und der irdischen Wirklichkeit umzugehen weiß.

Und die Konfirmanden wurden ja gerade erst wieder im Glauben bestärkt. Also darin, eine unbewiesene Behauptung für wahr zu halten. Und trotzdem scheint eine Konfrontation mit der Wirklichkeit so unerträglich zu sein, dass etwas dagegen unternommen werden muss. Wenn der Pfarrer das sagt,…

Interessant wäre es, diejenigen, die diese Feststellung als Provokation empfinden, zu fragen, wie sie ihren Gott von einer Lüge unterscheiden können.

Aus einiger Entfernung betrachtet erscheint es einigermaßen amüsant, dass diese Story einen Zeitungsbericht wert war 🙂

Update 14.12.16: Aus einer Wahrheit wurde eine Lüge

Wie die Kinzigtal-Nachrichten heute melden, haben die Konfirmanden in Salmünster das Graffiti überpinselt. Statt ¨God is a lie¨ steht da jetzt ¨Gott ist Liebe.¨

Dies demonstriert anschaulich, wie leicht es ist, eine Gruppe Jugendlicher so zu manipulieren, dass sie, statt sich mit kritischen Aussagen ebenso kritisch auseinanderzusetzen, diese weder respektiert, noch toleriert. Dieses Verhalten zum Schutz des eigenen Aberglaubens hat freilich im Christentum eine lange Tradition. Unzählige Menschen und deren Veröffentlichungen wurden von der Kirche ausgelöscht und vernichtet, wenn man die religiöse Scheinwirklichkeit durch sie gefährdet sah.

Ist Gott keine Lüge?

Leserbrief
Quelle: Kinzigtal-Nachrichten

Dabei hätte man den ursprünglichen Spruch zum Anlass nehmen können um darüber nachzudenken, inwiefern Gott denn keine Lüge sein könnte:Was spricht dafür, was dagegen? Das hätte natürlich dann dazu führen können, dass bei rationaler Herangehensweise die unangenehme Wahrheit herausgekommen wäre: Etwas, das nur behauptet wird und für das es keinerlei seriösen Beleg gibt, ist nun mal keine wahre Tatsache, sondern bestenfalls eine Hypothese.

Im Fall von Gott eine schlechte Hypothese, weil sie die äußerst unwahrscheinliche Existenz von Göttern voraussetzt. Und in diesem Fall sogar die Existenz eines bestimmten Gottes, mit den behaupteten Eigenschaften.

Wie kommen also die Jugendlichen auf das schmale Brett, Gott sei Liebe? Ganz einfach: Sie haben es so beigebracht bekommen. Und offenbar haben sie auch beigebracht bekommen, unbewiesene Behauptungen für wahr zu halten. Oder auch Wahrnehmungen so zu interpretieren, dass sie ein bestimmtes Wunschbild zu bestätigen scheinen. Alles Eigenschaften von ¨guten Gläubigen.¨

Wer Aussagen über die angeblichen Eigenschaften von Phantasiewesen macht und diese für real hält, gibt vor, Dinge zu wissen, die er nicht weiß. So etwas bezeichnet man als Lüge. Dass ein angeblich allmächtiger, allwissender und allgütiger Gott nicht die Liebe sein kann, zeigt ein Blick in die irdische Wirklichkeit. Dies hatte ich weiter oben schon ausgeführt.

Gott ist Gott und Liebe ist Liebe

Da fiktive Wesen wie Götter alle beliebigen Eigenschaften haben können, kann man natürlich auch einfach behaupten, Gott sei Liebe. Wenn man sich mit Gott auf den biblischen Wüstengott Jahwe bezieht, muss man dazu nur die zugrunde liegenden Texte so umdeuten, dass diese Vorstellung dabei herauskommt.Denn in der Bibel ist Gott nur zu denen lieb, die sich ihm vollständig unterwerfen. Auf alle anderen wartet ewige Bestrafung durch Höllenqual.

Dass Gott ein eifersüchtiger Gott ist, teilt er in den 10 Geboten selbst mit (natürlich nicht in Echt, sondern in der Phantasie der Menschen, die sich ihn zu ihren Zwecken und nach ihren Wünschen und Ängsten ausgedacht hatten.). Der Belohnung durch göttliche Liebe steht also ausnahmslos immer die Androhung furchtbarster Strafen gegenüber. Die Vorstellung eines liebenden Gottes ist eine naive Wunschvorstellung. Die man natürlich pflegen, an Jugendliche vermitteln und auch an Wände sprühen kann. Dadurch wird sie allerdings kein bisschen wahrer.

Wenn aus einer Wahrheit über eine Lüge eine Lüge über die Wahrheit wird

Ich finde es schon äußerst paradox, dass aus der bis zum Beweis des Gegenteils wahren Aussage ¨Gott ist eine Lüge¨ jetzt die Lüge ¨Gott ist Liebe¨ wurde. Bleibt zu hoffen, dass die jungen Leute noch genug Aufklärung erreicht, damit sie erkennen, dass es der Wahrheit egal ist, ob und womit sie überpinselt wird. Und dass es fatal sein kann, sich auf die angebliche Liebe eines ebenso angeblichen Gottes zu verlassen.

Wer weiß – vielleicht war ja sogar gerade diese Aktion der Ausschlag dafür, dass die Jugendlichen ihre indoktrinierten Glaubensinhalte und den verordneten Denkverzicht (Behauptungen ungefragt für wahr zu halten) jetzt doch mal kritisch hinterfragen. Und überlegen, welche Eigenschaft bei rationaler Betrachtung doch eher auf Gott zutrifft: Lüge oder Liebe?


Update zum Update

Hier ein Vorschlag, der für alle Passanten akzeptabel sein könnte:

 

Quelle: Eigenes Werk basierend auf einem Foto von Elisabeth Schmitt,veröffentlicht am 14.12.2016 von Kinzigtal Nachrichten
Quelle: Eigenes Werk basierend auf einem Foto von Elisabeth Schmitt, veröffentlicht am 14.12.2016 von Kinzigtal Nachrichten
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