In welcher Zeit leben wir?… Gedanken zu Nachgedacht … (220), Originalbeitrag zum Thema Medienmündigkeit verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 26.03.17 von Osthessennews
[…] Aber was ist es, was uns jetzt ausmacht? Naja, ich denke, dass das Smartphone wohl ganz weit vorne mitwirkt. Neben diesem ist in unserer Gegenwart vielleicht auch noch das Internet omnipräsent.*
Naja, das erste iPhone war schon 2007 auf den Markt gekommen und das kommerzielle, öffentliche Internet gibts seit 1989.
Was unsere Gegenwart in technischer Hinsicht ausmacht, wird auch mit Web 3.0 bezeichnet: Das Internet der Dinge. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass Maschinen in der Lage sind, „selbständig“ mitzudenken, (richtige) Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen.
Das Internet wird längst nicht mehr nur zum Posten von Katzenvideos, zum Versand von E-Mails oder zum Veröffentlichen von Blogbeiträgen und Kolumnen verwendet. Auto, Kühlschrank oder gleich das ganze Haus: Praktisch alles, was sich irgendwie einigermaßen sinnvoll vernetzen lässt, ist inzwischen auch mit Internetanschluss erhältlich.
War vor einigen Jahren noch das Internet an sich die Revolution schlechthin, sind wir inzwischen in einer Phase, in der neue Anwendungen dieser Technologie ungeahnte neue Möglichkeiten bietet.
Web 3.0 und Industrie 4.0
Dies ist gleichzeitig die Grundlage der 4. Stufe der Industrialisierung. Hier spricht man deshalb auch von Industrie 4.0. Dies ist ein nicht ganz exakt definierter Überbegriff für die fortschreitende Digitalisierung, etwa von Arbeitsschritten aller Art. Und auch das wieder in allen möglichen Bereichen.
So können zum Beispiel Waren, die mit einem Chip versehen sind, jederzeit und weltweit nachverfolgt werden. Industrie 4.0 macht die Produktion von Waren wesentlich flexibler: Firmen können damit individualisierte Produkte herstellen und durch intelligente Systeme Ressourcen schonen.
Dieser rasante Fortschritt bietet einerseits ungeahnte Möglichkeiten. Andererseits stellt er die Menschheit vor völlig neue Herausforderungen. Nicht nur in der Industrie, wo die Digitalisierung schon in wenigen Jahren vermutlich die Hälfte der heute noch benötigten Arbeitszeit einsparen dürfte. Sondern auch im privaten Bereich.
Ein wichtiges Stichwort hierzu ist die Medienmündigkeit. Also der verantwortungsbewusste, souveräne Umgang mit Netztechniken.
Bedeutet Perfektion zu lieben gleichzeitig auch perfekt sein zu wollen?
Ich habe das Gefühl, dass wir heutigen Menschen Perfektion lieben: perfekt sein in allen Lebensbereichen.
Zahlreiche Sendungen und Apps geben uns „Lebenshilfe“, die unser Leben angeblich vereinfachen sollen: Wie werden wir schlank in drei Tagen, wie können wir unseren Haushalt besser organisieren, was können wir am Wochenende kochen, wie sollten wir uns modisch kleiden, damit wir als modern gelten, wie …wie…wie…was…was … was…
Was spricht denn grundsätzlich dagegen, diese Möglichkeiten auch für private Zwecke zu nutzen? Um sich das Leben angenehmer zu gestalten? Oder auch, um seine Ziele einfacher zu erreichen? Ist es nicht sinnvoll, den Haushalt besser zu organisieren?
Oder praktisch, wenn man in einer riesigen Datenbank nach neuen Kochrepzepten suchen kann, die andere Nutzer getestet und zur Verfügung gestellt haben?
Sie können online sogar Ihre Gebetsanliegen an albanische Nonnen schicken und sparen sich so wertvolle Lebenszeit, in der Sie zum Beispiel eine Runde spazieren gehen können. Und dabei nachdenken, welche Maßnahmen vielleicht tatsächlich für Ihr Anliegen helfen, für das Sie derweil professionell beten lassen.
Es ist doch jedem selbst überlassen, ob und wenn ja welche Apps er nutzen möchte. Und wer darauf verzichten möchte, kann auch dies ganz einfach tun. Was genau daran jetzt so schlecht sein soll, erschließt sich mir nicht ganz.
Und schließlich: Nur, weil jemand clevere Techniken verwendet, um bestimmte Abläufe zu perfektionieren, heißt das doch noch lange nicht, dass er deswegen auch selbst perfekt sein muss.
Medienmündigkeit
Natürlich gibt es auch dabei einiges zu beachten. Zum Beispiel: Welche persönliche Daten erfasst eine App? Und wer kann darauf zugreifen? Oder auch die spannende Frage: Was mache ich mit der Zeit, die ich durch die Verwendung von schlauer Technologie einspare?
Und wenn wir dann noch in sozialen Netzwerken mit Fotografien unseres Lebens zeigen, wie perfekt wir sind, dann ist doch alles gut, oder!?
Wenns Spaß macht – wieso nicht? Auch dies fällt doch in den Bereich der persönlichen Freiheit. Wer soziale Netzwerke nutzt, sollte eine gewisse Medienmündigkeit mitbringen. Das haben inzwischen auch Schulen erkannt und bieten entsprechende Projekte zur Medienbildung an. Ein Thema, was vor einigen Jahren noch nicht in diesem Maße relevant war wie es heute ist.
[…] Wenn wir dann nämlich nicht perfekt sind, wird das von vielen Menschen sofort kommentiert: Der hat doch schon wieder einen Fehler gemacht, die hat doch sein Leben nicht im Griff…
Wessen Leben? Auch hier komme ich nicht ganz mit: Ich kann doch selbst entscheiden, was ich mit wem teilen möchte. Und wenn ich meine Meinung für die ganze Welt öffentlich kundtue, dann muss ich damit rechnen, dass jemand seine Meinung dazu ebenfalls äußert. Solange meine Persönlichkeitsrechte dadurch nicht verletzt werden, muss ich andere Meinungen tolerieren, also aushalten.
Kritikfähigkeit und Toleranz
Das Internet hilft uns auch hier wieder dabei, Menschen, mit denen wir nie persönlich gesprochen haben, sehr schnell für ihr womöglich defizitäres Leben zu verurteilen.
Wieso sollten wir das tun? Auch hier gilt das gerade Geschriebene: Solange keine Rechte verletzt werden, ist Toleranz angesagt. Also das Aushalten anderer Meinungen. Auch wenn man diese weder teilt, noch respektiert.
Wer Äußerungen andererer rational betrachtet, kann entscheiden, ob diese vielleicht sogar helfen können, die eigenen Ansichten kritisch zu hinterfragen. Oder ob einfach nur Neid und Missgunst dahinterstecken. Hilfreich ist es auch zu überlegen, ob sich eine Reaktion auf mich persönlich, oder auf die von mir öffentlich aufgestellten Behauptungen bezieht.
- » Wer das Atom spalten kann und über Satelliten kommuniziert, muss die hierfür erforderliche intellektuelle und emotionale Reife besitzen. Diese zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass man in der Lage ist, falsche Ideen sterben zu lassen, bevor Menschen für falsche Ideen sterben müssen.«
(Manifest des evolutionären Humanismus)
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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Aha - Frau Kiess redet sich ein, Ihr Gott meine es gut mit "uns". Schon mal was von der Theodizee-Problematik…