Beim Anblick des Grabes… – Gedanken zu Nachgedacht… (222) zum Thema Tod

Lesezeit: ~ 5 Min.

Beim Anblick des Grabes… – Gedanken zu Nachgedacht… (222), Originalbeitrag zum Thema Tod verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 9.4.2017 von osthessennews.de

[…] Gequält und verwundet liegt Jesu Körper noch einmal bei ihr, bis er vergraben wird.

Der biblischen Legende zufolge wurde Jesu Körper nicht vergraben, sondern in einer Grabeshöhle beigesetzt.

[…] Deswegen habe ich auf ihren Grabkranz folgende Worte schreiben lassen: Mit dem Glauben an die Auferstehung! Sich zu diesem Glauben zu bewegen, so denke ich, ist gar nicht so einfach wie gedacht.

Das denke ich auch. Denn geht man davon aus, dass es auf Erden „mit rechten Dingen“ zugeht, dann ist eine Auferstehung vom Tod ausgeschlossen. Diese Tatsache zu leugnen und stattdessen eine bestimmte Auferstehungslegende von vielen für wahr zu halten, erfordert einiges an Kraft.

Die kognitive Dissonanz, wiedermal…

Denn schließlich muss man hier ja etwas für wahr halten, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nun mal nicht wahr ist. Und wer das glauben möchte, muss seinen Verstand, seine Vernunft und seine intellektuelle Redlichkeit übergehen. Ein solcher Denkverzicht ist tatsächlich nicht immer so einfach wie gedacht. Bzw. geglaubt.

Hier kann sich einmal mehr das unangenehme Gefühl bemerkbar machen, das die so genannte kognitive Dissonanz mit sich bringt. Denn um zu brauchbaren Erkenntnissen zu gelangen, bewähren sich nun mal die Werkzeuge des rationalen Denkens am besten. Und rational betrachtet ist eine Auferstehung von den Toten wohl auch noch bis auf Weiteres nicht möglich.

Es kann tatsächlich Schmerzen verursachen, wenn einem bewusst wird, dass bestimmte Glaubensinhalte nicht mit der irdischen, natürlichen Wirklichkeit kompatibel sind. Um dieses Unwohlsein zu vermeiden, vermeiden es die meisten Gläubigen, darüber nachzudenken. Und glauben deshalb einfach wider besseres Wissen.

Durch Auferstehungsglauben wird nichts einfacher – im Gegenteil

Ist es nicht viel einfacher, in der Trauer unterzugehen, als sich selbst wieder zum Leben zu bewegen? Ist es nicht viel einfacher, alle Hoffnung zu verlieren anstatt an dieses wunderhaft scheinende, überirdische Auferstehung zu glauben?

Frau Lander, sind Sie wirklich der Meinung, eine bizarre Auferstehungslegende aus dem Vormittelalter sei der einzige Ausweg aus einer ansonsten nicht zu bewältigenden Trauer? Können Sie sich vorstellen, dass ein völlig natürlicher Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen der beste Weg ist, um mit der Trauer umzugehen?

Wer über den Tod eines geliebten Angehörigen nach angemessener Zeit nicht hinwegkommt, sollte in Erwägung ziehen, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Um Verstorbene zu trauern, ist ein natürlicher, (nicht nur) menschlicher Vorgang. Und auch, sie in Erinnerung zu behalten. Zur Trauerarbeit gehört auch, die Trauer früher oder später so zu bewältigen, dass man selbst nicht daran verzweifelt.

Trauer ist völlig natürlich

Das kann meiner Erfahrung nach leichter gelingen, wenn man bereit ist, den Tod als das zu akzeptieren, was er ist: Das (wohl auch noch bis auf Weiteres) unausweichliche und unumkehrbare Ende des Lebens.

Der Körper zerfällt in seine Einzelteile und die Atome gehen in den großen Materialpool zurück, um möglicherweise eines Tages wieder Teil eines anderen Lebewesens zu werden. Die Energie bleibt nach dem Energieerhaltungssatz erhalten. Was den Angehörigen und Bekannten bleibt, sind Erinnerungen.

Bis zum Beweis des Gegenteils ist aber nicht davon auszugehen, dass von menschlichen Persönlichkeiten (was ist eigentlich mit anderen Tieren oder Pflanzen?) empfindsame virtuelle Backups bestehen, die auch nach dem Tod weiterexistieren. Dies wäre aber die Voraussetzung dafür, dass die jenseitigen Heilsversprechen und Höllenqualen zumindest theoretisch vorstellbar wären.

Die Vorstellung eines Jenseits stammt aus einer Zeit, in der sich die Leute fragten, wohin denn die Sonne jeden Abend verschwindet. Und ihre Götter anflehten, dass sie am nächsten Morgen wieder zurückkehren möge. Es war eine Zeit, in der Krankheiten dem Wirken von Dämonen zugeschrieben wurden. Die Erde wurde meist flach und als Mittelpunkt des Universums angesehen. Und auch sonst hatten die Menschen damals nur einen Bruchteil des Wissens darüber, wie die Dinge funktionieren und zusammenhängen.

Hilfreich: Ein natürlicher Umgang mit dem Tod

TodSo frage ich: Ist es nicht viel einfacher, sich der Faktenlage zu stellen und anzuerkennen, dass nach dem Tod eben kein wie auch immer geartetes überirdisches Wesen auf virtuelle menschliche Persönlichkeiten wartet, um sie nach umbekannten Maßstäben zu belohnen, zu quälen oder gar zeitlich unbegrenzt mit Höllenqualen zu bestrafen?

Wer schon sein Leben lang unter Götterphantasien gelitten hat, wird wenigstens nach seinem Tod Ruhe davor haben. Und falls nicht, hätten die Hinterbliebenen auch keinen Einfluss mehr darauf.

Oder gehören Sie zu den Menschen, die es auch im 21. Jahrhundert noch für sinnvoll halten, für die armen Seelen im Fegefeuer zu beten? Ich fände es interessant zu erfahren, wie so etwas Abstruses aus liberal-theologischer Sicht heute gesehen wird.

Kurzum: Sie müssen weder alle Hoffnung verlieren, noch müssen Sie an Auferstehungsmärchen glauben. Machen Sie sich bewusst, dass das Leben mit dem Tod endet. Und ziehen Sie daraus die Schlüsse, was Ihr eigenes Leben angeht. Und Ihren Umgang mit dem Tod.

Herausforderung für etwas Größeres?

Aber Hoffnung wird aus Mut gemacht und diesen nach dem Schmerz des Todes aufzubringen, bedeutet Kraftanstrengung. Hoffnung und Glauben verlangen viel von uns ab, weil wir dann die Welt nicht einfach nur als Lebenszeit, sondern als Herausforderung für etwas Größeres betrachten.

Hoffnung können Sie doch erst recht haben, wenn Sie das Leben realistisch betrachten. Und auf Jenseits-Illusionen, die ja offenbar mehr belasten als dass sie Mut machen, einfach verzichten. Was soll denn das Größere sein, von dessen Existenz Sie offenbar ausgehen? Besteht nicht die Herausforderung darin, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen? Und zwar im Diesseits?

Wenn Sie keinen tieferen Sinn in Ihrem diesseitigen Dasein sehen, welchen Sinn stiftet dann ein von Menschen imaginiertes Jenseits? Warum wertvolle Lebenszeit damit verschwenden, sich Sorgen über eine absurde Jenseitsvorstellung zu machen, die bis zum Beweis des Gegenteils nur in der Phantasie von Menschen existiert? Wem ist damit gedient, wenn man sich auf die religiöse Tabuisierung des Todes einlässt? Außer natürlich der Kirche, die genau diese Tabuisierung betreibt, um ihre vermeintliche Erlösung davon verkaufen zu können?

So ist der Tod… für uns ein Nichts

Einmal mehr muss der alte Epikur herhalten:

  • So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel, für uns ein Nichts: Solange wir da sind, ist er nicht da, und wenn er da ist, sind wir nicht mehr. Folglich betrifft er weder die Lebenden noch die Gestorbenen, denn wo jene sind, ist er nicht, und diese sind ja überhaupt nicht mehr da. (Epikur, 341 – 270 v. u. Z.)

Manchmal sind die Dinge in Wirklichkeit viel einfacher, wenn man sie realistisch betrachtet. Jedes Lebewesen ist auch so schon einzigartig und außergewöhnlich. Auch ohne ein wie auch immer imaginiertes „Größeres“, das sich verschiedene Glaubensgemeinschaften sehr unterschiedlich ausgemalt haben.

Meiner Erfahrung nach lebt es sich mit einem „ich weiß es nicht“ in Bezug auf ein Jenseits wesentlich entspannter als mit dem, was das Christentum über dieses vermeintliche Jenseits behauptet: Ein inhumanes, undurchsichtiges Belohnungs-Bestrafungs-Szenario, veranstaltet von einem allmächtigen überirdischen Wesen. Das dank seiner angeblichen Allmacht und Allgüte sicher in der Lage gewesen wäre, eine bessere als diese Welt zu erschaffen.

Ich halte eine rationale, natur- und realitätskompatible Sichtweise für eine wichtige Grundlage, (selbst-)verantwortlich zu denken und zu handeln. Und zwar im Diesseits.

„In dankbarer Erinnerung“

Und so sollten wir auch die Gräber unserer Verstorbenen betrachten: Sie sind kein Zeichen für das Ende, sondern sie sind ein Zeichen für mehr – nämlich ein Glaubenszeichen dafür, dass da nach dem Leben nicht nichts ist, sondern viel mehr als das, was wir offensichtlich sehen können.

Was nach dem Leben ist, können wir nicht nur nicht sehen. Das können wir uns nur ausdenken. Und ausdenken kann man sich alles Beliebige – und das genaue Gegenteil davon.

Je unwahrscheinlicher eine Behauptung ist, desto kräftiger müssten die Argumente sein, um diese Behauptung zumindest als Hypothese plausibel zu machen. Orientalische Mythen und Legenden aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter enthalten keine stichhaltigen Argumente. Und auch persönliche Empfindungen machen eine absurde Behauptung nicht plausibler.

Und so denke ich immer wieder beim Anblick des Grabes an die Schleife an dem Kranz: Mit dem Glauben an die Auferstehung!

Wie wärs stattdessen mit: „In dankbarer Erinnerung!“ ?

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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