Wort des Bischofs: Aufruf zur Realitätsverweigerung

Lesezeit: ~ 4 Min.

Herr Woelki ruft in seinem aktuellen „Wort des Bischofs“ zur Realitätsverweigerung auf. Man solle ein bestimmtes imaginäres allmächtiges und allgütiges Wesen um etwas bitten und ihm danken. Und zwar nicht nur im eigenen, sondern auch im Interesse Anderer:


Quelle: Domradio.de

Natürlich ist es jedem selbst überlassen, ob er sich zur Bewältigung seines Lebens religiöser Phantasien bedient oder nicht. Wer seine Lebenszeit damit zubringen möchte, einen bestimmten Wüstengott, den sich die Menschen in der Bronzezeit ausgedacht hatten zu verehren – wieso nicht.

Rationales Denken: Praktisch, aber nicht verpflichtend

Dass es nicht nur un- sondern völlig widersinnig ist, ein angeblich allmächtiges, allwissendes und allgütiges Wesen um irgendetwas zu bitten, kann man ja ausblenden. Rationales Denken und Logik sind zwar feine Sachen, die brauchbare Ergebnisse liefern. Aber sie sind nicht verpflichtend.

Wer auf Gebete vertraut, den stört es meist nicht, dass es von Arroganz und Ignoranz zeugt, wenn man der Meinung ist, Gott lasse zwar einerseits tagtäglich weltweit unsägliches Leid zu, kümmere sich aber um die Anliegen von bestimmten Menschen, wenn sie ihn nur darum bitten.

Und auch, dass ein allmächtiger Gott, der Wert darauf legt, von Vertretern einer bestimmten Trockennasenaffenart verehrt zu werden eine höchst bemitleidenswerte Kreatur wäre, kann man so hinnehmen.

Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass es hilft, wenn wir füreinander beten.*

Mit „es“ dürfte Herr Woelki kaum seinen Gott gemeint haben.

Bis hierher könnte man ihm ja noch zugute halten, dass er mit dieser „Hilfe“ den Aspekt der Empathie gemeint haben könnte, die ein Gläubiger durch sein Gebet vielleicht zum Ausdruck bringt. Dass es ihm primär aber nicht darum, sondern um eine aktive Realitätsverweigerung geht, kann man der nun folgenden Aussage entnehmen:

Ohne Gott – fängt das Leben nicht richtig an

Ganz egal, ob es ein Bittgebet oder ein Dankgebet ist. Wer ein Gebet verschenkt, der verschenkt nicht nur seine Aufmerksamkeit und Liebe – nein, der bringt auch Gott ins Spiel. Wo immer aber Gott hinzukommt, da fängt das Leben erst richtig an.

Herr Woelki spricht Menschen, die seinen Glauben an den dreigeteilten Wetter-Wüsten-Berge-Kriegs- und heute lieben Gott Jahwe nicht teilen damit ab, dass sie ein erfülltes (so interpretiere ich „richtig angefangen“) Leben führen können.

Denn deren Leben habe Woelki zufolge ja noch gar nicht richtig angefangen. Diese Behauptung erscheint mir reichlich hochnäsig und abwertend. Mag ja sein, dass dieser Glaube seinem Leben einen Sinn gibt (welchen auch immer). Das rechtfertigt aber noch lange nicht, abwertende Aussagen über das Leben von anderen Menschen zu treffen.

Im Gebet füreinander erfahren wir all das, was unser Leben liebens- und lebenswert macht.

Gebets-DilemmaVon wem erfahren wir das im Gebet? Wenn nicht von uns selbst? Und im Austausch mit unseren Mitmenschen? Göttern ist es herzlich egal, was menschliches Leben liebens- und lebenswert macht. Und wenn das anders sein sollte, dann behalten sie ihr Wissen konsequent für sich. Und auch Menschen, die nicht mit Phantasiewesen reden, können wissen, was unser Leben liebens- und lebenswert macht.

Wie soll man sich das überhaupt konkret vorstellen? Dass ein Gott seinen allgütigen Allmachtsplan ändert, wenn er darum gebeten wird? Oder dass er sich freut, wenn ihm jemand dafür dankt, dass irgendetwas für den Dankenden so gelaufen ist, wie er es sich erhofft hatte? Eine bizarre Vorstellung.

Aufforderung zur Realitätsverweigerung

Sie haben bis dato noch überhaupt nicht gebetet? Dann sollten Sie heute damit anfangen. Es ist ganz einfach, vertrauen Sie darauf, dass Gott bei Ihnen ist.

Wer solches behauptet gibt vor, Dinge zu wissen, die er nicht wissen kann. Außerdem stiftet er Menschen dazu an, auf ein imaginäres Wesen zu vertrauen. Damit führt Woelki Menschen absichtlich (und sicher auch wissentlich) in die Irre. Er verbreitet hier eine Hoffnung, die bestenfalls eine hoffnungsvolle Illusion ist. Eine Hoffnung, die übrigens der christlichen Vorstellung entgegensteht, dass alles nach Gottes Plan laufe. Wer Realitätsverweigerung betreibt, verstrickt sich mitunter schnell in Widersprüche…

Doch damit nicht genug. Woelki erweitert seine Aufforderung zum Gebet noch um den katholischen Totenkult:

Wenn Sie dann noch Lebende und Verstorbene mit in Ihr Gebet nehmen, erfüllen Sie ganz automatisch auch ein Werk der geistlichen Barmherzigkeit.

Der Hintergrund dieser Aussage ist so absurd, dass Herr Woelki ihn wohlweislich weglässt. Nach katholischer Auffassung ist es nämlich sinnvoll und wichtig, für Verstorbene zu beten.

Denn die Dauer ihres Aufenthaltes im „Fegefeuer“ hängt davon ab, wie viel für sie gebetet wird. Diese bizarre Vorstellung wollte Woelki den Empfängern seiner Verkündigung dann wohl doch nicht zumuten. Und belässt es stattdessen bei einem unverfänglichen „Werk der geistlichen Barmherzigkeit.“ Wird schon keiner nachfragen, was damit gemeint sein soll…

Das offene Ohr des imaginären Freundes

Wer regelmäßig seine Augen zum Himmel erhebt und betet, der findet bei Gott ein offenes Ohr.

Gebet
…und dann die Hände zum Himmel,…

Demzufolge hängt es also von der Regelmäßigkeit der Gebete und von der Blickrichtung ab, ob Götter Gebete erhören oder nicht? Was ist das „offene Ohr“ eines Wesens wert, wenn dieses Wesen daraufhin genausowenig antwortet oder gar ins Geschehen eingreift wie ein beliebiger anderer Gott, eine Zauberfee, ein Teddybär oder ein Backstein?

Freilich hängt der Arbeitsplatz von Herrn Woelki davon ab, dass noch ausreichend viele Menschen seine Heilsversprechen für irgendwie bedeutsam halten. Ob das aber rechtfertigt, Menschen eine Hoffnung vorzugaukeln, die es bis zum Beweis des Gegenteils einfach nicht gibt, halte ich für äußerst fragwürdig.

Und gefährlich wird es dann, wenn Menschen in Notsituationen auf göttliche Unterstützung vertrauen, statt Maßnahmen zu ergreifen, die tatsächlich etwas bewirken.

Kein Gebet wurde je erhört in dem Sinne, dass ein allmächtiger, allgütiger Gott daraufhin nachweislich seinen allgütigen Allmachtsplan geändert hätte.

An andere Menschen zu denken und mit ihnen mitzufühlen sind höchst (wenn auch nicht ausschließlich) menschliche Fähigkeiten, die sich evolutionär bewährt hatten. Götter spielen dabei keine Rolle. Und wer sich trotzdem auf Götter verlässt, ist einer Illusion aufgesessen. Für den Aufruf zur Realitätsverweigerung bekommt Herr Woelki ein fürstliches Gehalt vom Staat bezahlt.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte und der Videoclip stammen aus der eingangs genannten und verlinkten Quelle.
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