In Wahrheit ist es würdig und recht?

Lesezeit: ~ 2 Min.

In einem Facebook-Beitrag befasste sich Volker Dittmar mit dem nicht unproblematischen Begriff der Wahrheit:

Wahrheit ist die Übereinstimmung einer AUSSAGE mit der REALITÄT:

Die Aussage „Der Schnee ist weiß“ ist genau dann wahr, wenn der Schnee weiß ist. Diese Aussage wird nicht mehr oder weniger wahr, ob Gott nun existiert oder nicht.

Wahrheit ist unabhängig vom subjektiven Glauben, da die Realität genau das ist, was übrig bleibt, wenn man AUFHÖRT, daran zu glauben.

Was „absolute Wahrheit“ sein soll, weiß ich nicht: Es gibt eine Übereinstimmung, oder es gibt keine. Man kann sich der Wahrheit aber annähern:

„PI = 3,14159265358979323846“ ist näher an der Übereinstimmung als „PI = 3,1415926535“. Wie nahe man dran ist, kann man nicht wissen – man kann höchstens sagen, welche von zwei Aussagen näher dran ist, sofern die Umstände günstig sind.

„Absolute Wahrheit“ taugt nur als eine Art fiktives Ideal.

Wahrheit ist der Lieblingsbegriff der Theologen, Schwurbler, Esoteriker, Verschwörungstheoretiker, Betrüger, Schwindler, Quacksalber, Demaogen, Ideologen, Idioten, falscher Propheten und geistlich Behinderter. Die verwenden ihn inflationär, im Gegensatz zu den Wissenschaftlern, die sich wirklich damit beschäftigen, den Ausdruck aber nur sehr ungern und daher sparsam gebrauchen.

Ist das wahr? Nein, es handelt sich um eine Definition. Die ist bestenfalls zweckmäßig, aber nicht wahr. Unpraktisch ist, diesen Begriff auf jeden Schwindel auszudehnen, oder auf Dinge, über die man nichts weiß. Letzteres unterscheidet sich vom Betrug nur dadurch, dass derjenige sich nicht bewusst ist, was er sich und anderen damit antut. Die Grenze ist aber fließend.

Man muss sich Folgendes fragen:

Wenn ich das nehme, woran ich ganz fest glaube, will ich dann wirklich wissen, ob es wahr ist, und würde ich es dann zur Kenntnis nehmen, wenn es falsch ist? Bin ich stark genug, zu ertragen, dass meine Lieblingsidee falsch ist, oder bin ich ein Weichei, zu schwach, Wahrheit zu ertragen, wenn sie von dem abweicht, was ich denke?

Nur wenn man diese Frage ganz und gar ehrlichen, reinen Herzens mit „Ja“ beantworten kann, sollte man sich selbst als Wahrheitssucher betrachten – sonst gehört man zu denen, die sich lieber selbst beschwindeln (und andere). Deswegen ist es immer und unter allen Umständen falsch, felsenfest an eine „Wahrheit“ zu glauben, man betrügt sich bloß selbst.

Wer also an Gott glaubt, ohne die Gründe dafür und dagegen genau betrachtet zu haben, ohne offen zu sein für das Ergebnis, mit emotionaler Verstrickung, dem Willen zu glauben, der betrügt sich, unabhängig davon, ob es Gott gibt, selbst. Das gilt für beide Richtungen.

Will ich die Wahrheit wirklich (v)ertragen?

Will ich wissen, auch wenn Wahrheit absolut unverträglich mit dem ist, was ich denke, und wenn sie wirklich deprimierend ist und dem widerspricht, was ich will, oder nicht? Das ist die erste Frage. Wer sich nicht dazu entschließen kann, sollte den Begriff „Wahrheit“ nicht mehr in den Mund nehmen.

Wahrheit muss man sich erarbeiten, nicht bequem daran glauben, und wer nicht bereit ist, der Wahrheit alles zu opfern, was er denkt, ist es nicht wert, sie zu erlangen, und er wird sie auch nie bekommen, und wenn, dann nur durch Zufall.

Die einzige Emotion, die im Zusammenhang mit der Wahrheit sinnvoll ist, ist die Leidenschaft, es wissen zu wollen, ganz gleich, was es einen an eigenen Überzeugungen kosten wird. Jede andere Emotion wird nur dazu führen, sich selbst zu belügen.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors Volker Dittmar, dittmar-online.net.

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