Tippfehler oder „Macht der Gewohnheit“? – „Erstes homophobes Paar heiratet in Fulda“

Lesezeit: ~ 3 Min.

Schlagzeile „Erstes homophobes Paar heiratet in Fulda“ – Absicht, Tippfehler oder „Macht der Gewohnheit“? Seinen Artikel über die erste Trauung eines homosexuellen Paares in Fulda hatte der lokale Nachrichtendienst Osthessennews wie folgt betitelt:

„Ehe für alle“ – Olaf und Olaf heiraten als erstes homophobes Paar in Fulda.*

Mittlerweile wurde der Fehler korrigiert. Und aus homophobes Paar wurde homosexuelles Paar.

Wie lange die Schlagzeile mit diesem Fehler auf der Seite von Osthessennews tatsächlich online war, lässt sich nicht mehr ermitteln. Heute, einen Tag später, ist sie jedenfalls noch in Google zu finden:

homophobes paar

Und auch die Webadresse, in der vom homophoben Paar die Rede ist funktioniert derzeit (3.10.17) noch:

https://osthessen-news.de/n11571415/ehe-fuer-alle-olaf-und-olaf-heiraten-als-erstes-homophobes-paar-in-fulda.html

Ebenfalls unter den ersten Suchergebnissen zu den Suchbegriffen „ehe für alle erstes homophobes paar fulda“ liefert Google einen Beitrag von kath.net mit der Überschrift: „Algermissen: ‚Ehe für alle‘ spaltet das Ehe-Verständnis.“

Algermissen 2009: Homo-Ehe ist abartig. 2017: Bin nicht homophob

In diesem hatte sich der erzkonservative Fuldaer Bischof Algermissen jedoch gegen den Vorwurf, seine Ansichten seien homophob gewehrt:

  • Ich lege Wert darauf zu betonen, dass diese Position keinesfalls homophob motiviert ist und dass eine Differenzierung zwischen Ehe und einem Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Paare, das sich von der Ehe aber unterscheidet, keine Diskriminierung bedeutet. (Quelle: kath.net)**

Homosexualität ist natürlich. Zölibat nicht.Wenn jedoch eine Aussage, Homosexualität sei abartig nicht homophob ist, dann weiß ich’s auch nicht. Diesen Standpunkt hatte Algermissen 2009 jedenfalls noch öffentlich vertreten:

  • Der katholische Bischof Heinz Josef Algermissen hat bei einer Fragestunde vor rund 40 Jugendlichen in Künzell-Dietershausen bei Fulda erklärt, dass Homosexualität keine „normale Haltung des Menschen“ sei. Wie eine Vor-Ort-Reportage des Online-Portals „Osthessen News“ berichtet, bezeichnete der Bischof Hochzeiten unter Schwulen und Lesben und die Homo-Adoption sogar als „abartig“. (Quelle: queer.de)

Ob Algermissen seit dieser Aussage seinen Standpunkt zu diesem Thema tatsächlich geändert hat, wage ich stark zu bezweifeln. Damals schien sich der weder anders- noch gleichgeschlechtlich verheiratete Mann seiner Sache offenbar noch sicherer gewesen zu sein.

Heute hingegen spricht er nur noch von einer „Verwirrung“, die die Homo-Ehe mit sich bringen würde:

  • „Da die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft aus sich heraus keine Kinder hervorbringen kann, wird durch die Öffnung der Ehe für alle eine Spaltung des Verständnisses von Ehe herbeigeführt, die zu einer allgemeinen und nicht zuletzt rechtlichen Verwirrung beiträgt. (Quelle: kath.net)

Nach dieser Logik müsste Algermissen ja auch heterosexuellen Ehen, in denen sich die Partner gegen Kinder entscheiden oder die – aus welchen Gründen auch immer – keine Kinder bekommen können, den Ehestatus absprechen wollen. Hier befürchtet er aber offenbar keine „Verwirrung“, was seine Argumentation höchst unglaubwürdig erscheinen lässt.

Denn wie sollten sich homo- auf heterosexuelle Ehen auch schon negativ auswirken? Und was zur Hölle geht das alles einen katholischen Bischof an?

Homophobes Paar: Absicht, Tippfehler oder „Macht der Gewohnheit“ ?

Wie konnte es jetzt aber zu dieser Überschrift „Homophobes Paar“ kommen? War es Absicht? Oder hatte vielleicht eine selbstlernende Auto-Vervollständigungsfunktion des Redaktionssystems von Osthessennews zugeschlagen? Und das eingetippte homo- direkt mit –phob ergänzt?

Selbst wenn es im tief katholischen Fulda und Umgebung sicher noch einen überproportionalen Anteil an Menschen, die sich vermutlich auch selbst als homophob bezeichnen würden geben dürfte – das Ehepaar Olaf und Olaf ist sicher kein homophobes Paar. Denn sonst hätten die beiden kaum geheiratet.

Auch wir wünschen dem frischgebackenen Ehepaar alles Liebe.

Diesem Wunsch der Osthessennews-Redaktion schließe ich mich an!

Ergänzung zum Begriff „Homophob“

In einem Kommentar in der AWQ-Facebook-Gruppe ergänzte Rico einen wichtigen Aspekt, der mir bisher entgangen war:

  • Eine Phobie ist ein anerkanntes Krankheitsbild. Ist jemand, welcher als „homophob“ bezeichnet wird, dann ein kranker Mensch und wird auf Grund seiner Krankheit von Kritikern diskriminiert?
  • Der Skandal ist nämlich, daß Hass auf Homosexuelle als „Phobie“ bezeichnet wird. Dem Hassenden wird die Verantwortung für seine Haltung angenommen. (Quelle: Rico via Facebook)

*Der als Zitat gekennzeichnete Abschnitt und der Screenshot stammen aus den Suchergebnissen von google.de, abgerufen am 3.10.2017 um 11:00 Uhr.
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