Unbewegter Erstbeweger

Lesezeit: ~ 3 Min.

Unbewegter ErstbewegerUnbewegter Erstbeweger vs. Logik: In seiner Abt. Diskurswerfen widmet Volker Dittmar einen Beitrag den rhetorischen Tricks, mit denen Gläubige ihren Schöpfergott mitunter zu verteidigen versuchen.*

Kaum geht es um die Kritik an den Religionen, schon steht da wieder einer auf der Matte mit:

  • „[Es] … weisen so ziemlich alle Naturphänomene auf einen Schöpfer ( n. Aristoteles – der unbewegte Erstbeweger) hin.“
    (Zitat von Jones Pisa, könnte aber in ähnlicher Form von jedem Gläubigen stammen).

Nun wird von Gläubigen, sobald es gegen ihren Schöpfergott geht, bestritten, dass man von Naturphänomen aus gegen ihn argumentieren kann. Aber andererseits, wenn es ihnen in den Kram passt, kann man von der Natur doch auf Gott schließen!

Logik: 0 – Irrationalität: 1

Kann man nun von Naturphänomen auf Gott schließen oder nicht? Die übliche Antwort: „Ja UND Nein“ mag mich nicht befriedigen.
Dann wird die Logik bemüht, mit der man auf Gott schließt. Dieselbe Logik wird dann bestritten, wenn es gegen Gott geht.

Logik: 0 – Irrationalität: 2

Der Schluss  à la „Unbewegter Erstbeweger“ u. ä. ist logisch nicht haltbar – es handelt sich um einen klassischen Fehlschluss. Das hat sich unter Gläubigen soweit herumgesprochen, dass sie zwar behaupten, man könne nicht logisch auf Gott schließen, um dann doch die Logik zu bemühen, um auf Gott zu schließen.

Logik: 0 – Irrationalität: 3

Man nennt dies auch den „Fehlschluss des gestohlenen Konzepts“. Das Konzept der Logik wird benutzt, um auf Gott schließen zu können, und es wird dann „gestohlen“ oder „hinterrücks verraten und gemeuchelt“, sobald man darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen Fehlschluss handelt, der, wenn man ihn korrigiert, gegen Gott spricht.

Logik: 0 – Irrationalität: 4

Man müsste, um von natürlichen Gegebenheiten auf einen übernatürlichen Gott zu schließen, zuerst einmal definieren, was man unter „Übernatürlich“ oder unter „Supernaturalismus“ versteht.

Ohne eine solche Definition ist „übernatürlich“ identisch mit „Quatsch“. Man schließt also vom Natürlichen auf Quatsch. Ich kenne nur EINE sinnvolle Definition von übernatürlich: Übernatürlich nennen wir das, was wir nicht kennen.

Dann handelt es sich um einen Fehlschluss aus Unwissenheit: Man schließt von dem, was wir nicht kennen, auf das, was wir kennen – klassischer Trugschluss. Oder, man definiert es nicht, dann schließt man auf Unsinn.

Logik: 0 – Irrationalität: 5

Dann, selbst wenn man diese Anhäufung an Fehlern und Trugschlüssen mal ignoriert, ist es ein Riesensprung von „das Universum hat irgendwie eine unbekannte, übernatürliche Ursache“ bis hin zu irgendeinem Gott irgendeiner Religion.

Selbst wenn man das irgendwie ohne zahlreiche Denkfehler hinbekäme, bei „Gott“ wäre man noch lange nicht. Rational ist der Schluss auf Gott also nicht, so oder so, alle Fehler beiseite.

Logik: 0 – Irrationalität: 6

Kausalität ergibt nur als rein natürliches Phänomen einen Sinn. Denn wir können dann und nur dann von Kausalität reden, wenn ein Objekt A Energie auf ein Objekt B überträgt (und dieses immer auch in umgekehrter Richtung zurück). Dabei wird der Zustand von B geändert. Das setzt Energie, also die Existenz von Materie, voraus.

Man kann also nicht kausal auf Gott schließen, den Schöpfer der Materie, ohne dass Materie bereits existiert! Es gibt keine „Existenzursache“, weil bei Kausalität immer zwei materielle Objekte involviert sind, deren Zustand sich durch Energieübertragung verändert – und zwar beider Objekte. Beide Objekte müssen existieren, Energie muss vorhanden sein (also auch Materie).

Logik: 0 – Irrationalität: 7

Ich könnte noch mehr anführen, etwa, dass die Existenz von Allem keinen kausalen Grund haben KANN, das ist logisch unmöglich. Damit wird, wenn man Gott als die Ursache von ALLEM betrachtet, auch deutlich, dass ein solcher Gott nicht existieren KANN.

Das erfordert Mengenlehre und Logik, dürfte die Mehrheit aber überfordern (meiner Erfahrung nach, nach mehreren Versuchen).

Logik: 0 – Irrationalität: 8

Gläubige mögen es nicht, wenn man sie damit konfrontiert, wie unlogisch und damit irrational ihre ganze Weltsicht ist. Mich kümmert das nicht, mir ist es gleichgültig, wenn sich Jemand dadurch beleidigt fühlt.

Natürlich wird die Weltsicht nicht weniger irrational, wenn man jetzt noch allerhand an unsinnigen Dingen hinzufügt, wie z. B. Offenbarung, Propheten, Gurus, „heilige“ Schriften, antik-archaische Ideen und Moralvorstellungen – es wird immer schlimmer. Logischer wird es dann nicht, aber der Zähler für Irrationalität schießt in schwindelerregende Höhen.

Solange an der Basis schon diese philosophische Konfusion besteht, werdet ihr gegen einen halbwegs sinnvoll argumentierenden Atheisten keinen Stich sehen.

Die Religionen kompensieren das gerne durch allerhand Drohungen – reale (Todesstrafe für Atheisten) bis hin zu imaginären (Hölle). Dieser Konformitätsdruck ist das Einzige, was dieses Kartenhaus am Einstürzen hindert. Zum Glauben kommt man nicht durch Denken, sondern durch Erpressung.

*Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors

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