Welchen Sinn hat ein Hammer?

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In seiner „Abt. Diskurswerfen“ setzt sich Volker Dittmar mit dem mehrdeutigen Begriff „Sinn“ auseinander:

Um zu verstehen, was »Sinn« bedeutet, muss man es in seine drei Bestandteile zerlegen. In diesem Sinne ist »Sinn« mehrdeutig, aber die Bedeutungen hängen zusammen.
Vom Sinn einer Sache, einer Aussage, eines Objekts, des Lebens, reden wir, wenn wir meinen:

  1. Die Ziele, die anzustreben sind.
  2. Der Nutzen einer Sache.
  3. Der Zweck einer Sache.

Zum Beispiel: Der Hammer…

Welchen Sinn hat ein Hammer?Der »Sinn« eines Hammers ist es, als Werkzeug zu dienen, um einen Nagel einzuschlagen. Nützlich ist der Hammer, weil es damit besser geht als mit einem Stein oder einem Schuh, obwohl beides möglich ist. Das Ziel ist es, einen Nagel in die Wand zu schlagen.

Wenn jemand nicht weiß, was der »Sinn des Lebens« ist, weiß er nicht, welche Ziele er anstreben soll. Er sieht keinen Nutzen in seinem Leben, er dient keinem Zweck.

Wörter sind Werkzeuge – sie sollen einen Sachverhalt ausdrücken, oder einfach schön klingen, eine Geschichte erzählen. Das Ziel ist es, sich verständlich zu machen. Der Nutzen von Wörtern besteht darin, der Kommunikation zu dienen.

Ihr Zweck ist es, eine Übereinstimmung festzustellen zwischen einer Aussage und einem Sachverhalt, konkreter oder abstrakter Natur.

Jedes Werkzeug hat einen begrenzten Nutzen. Der Hammer hat einen Sinn, um einen Nagel einzuschlagen, mit bestimmten Hämmern kann man auch sehr gut einen Nagel ziehen. Aber um eine Schraube einzudrehen ist die Verwendung eines Hammers sinnlos (nutzlos, dient dem Zweck nicht, man erreicht sein Ziel schlecht oder überhaupt nicht).

Wörter haben einen begrenzten Sinn.

Ihre Grenzen werden über ihre Definition bestimmt. Kann man die Definition nicht angeben, dienen die Wörter keinem (erkennbaren) Ziel, sie haben keinen Nutzen und dienen keinem Zweck. Sie können assoziativ noch bestimmte Vorstellungen hervorrufen und darüber Gefühle – dann dienen sie einem Zweck, nämlich der Manipulation. Die Sprache der Manipulateure erkennt man daran, dass sie sich weigern, ihre Begriffe zu definieren, obwohl man es könnte – wenn man wollte. Aber dann verlieren sie meist ihren »Sinn«, nämlich dem, der Manipulation zu dienen.

Sachen – Dinge, Objekte – haben keinen eigenen Sinn, sondern immer den, den wir ihnen verleihen. Sklaven haben keinen eigenen Sinn, sondern dienen den Zielen, Nutzen und Zwecken, die von Fremden bestimmt werden. Wer den Sinn eines anderen Menschen bestimmt, macht ihn zum Sklaven, zu einem Objekt seiner eigenen Ziele, die der egoistischen Befriedigung dienen.

Objekte der Fremdbestimmung

Um Menschen zu unterwerfen, sich seinem Willen dienstbar zu machen, muss man sie von ihrem eigenen Sinn entfremden und ihnen einen fremden Sinn aufzwingen. Sinn – für einen Menschen – setzt das autonome Subjekt voraus: Wenn ich mir nicht meinen Sinn selbst gebe, meine Ziele selbst setze, meinen Wert und meinen Nutzen für mich und andere selbst bestimme, mache ich mich zu einem Objekt, einem Werkzeug, einem Sklaven.

Deswegen gibt es nicht »den Sinn des Lebens«. Wir sollten uns nicht einmal wünschen, dass es den gäbe, den dann würden wir zu einem Objekt degradiert, zu einer Schachfigur. Gäbe es einen Gott, der uns SEINEN Sinn vorschreibt oder aufdrängt, wären wir als autonomes Subjekt vernichtet, wir wären Schachfiguren, bloße Gegenstände, Objekte der Fremdbestimmung.

Erst selbstbestimmt – ohne Gott – kann der Mensch einen Sinn in seinem Leben finden, und der kann sich ändern. Keiner strebt erreichte Ziele an, sondern setzt sich dann neue Ziele. macht das ein anderer, führt er sein Leben fremdbestimmt. Das Gefühl der Fremdbestimmung lässt uns daran zweifeln, dass unser Leben einen Sinn hat. Der Zweifel ist berechtigt.

Nur selbstbestimmt macht der Sinn einen Sinn.

Manche wünschen sich vielleicht, Sklaven zu sein, sich zum Gegenstand zu degradieren, und diese Bürde nimmt einem der Glauben ab: man wird zum Sklaven fremder Zwecke, Ziele. Oder der Glauben hat seinen Sinn darin, den Menschen ihren eigenen Sinn zu nehmen, sie zu berauben, um sie nutzbar zu machen für fremde Zwecke, fremde Egoismen. Religion ist eine Sozialtechnologie zur Manipulation der Menschen.

Würde nun ein Gläubiger offenbaren, was er unter Sinn versteht, würde offensichtlich, dass es ihm um Manipulation geht, daher die Weigerung. Daher das Herumeiern, das in der Behauptung gipfelt, man könne Sinn nicht definieren.
Was für ein Quatsch! Es ist nicht einfach nur dummes Zeug, man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Übrigens: Es ist völlig unmöglich, ein sinnloses Leben zu führen, obwohl es einem manchmal so erscheinen mag. Aber erscheint einem das eigene Leben sinnlos, so kann man sich sofort einen Sinn geben: die Suche nach dem Sinn des eigenen Lebens. dabei sollte man sich hüten, in die Falle der religiösen Fremdbestimmung zu gehen, die Feinde des selbstbestimmten Lebens lauern überall. Man muss sich nur fragen:

  • Was sind meine Ziele?
  • Und was sind meine Zwecke?
  • Was für einen Nutzen will ich haben, für mich, für andere?

Eine subjektive Angelegenheit

Die Natur um uns herum hat keinen eigenen Sinn, weil sie kein autonomes Subjekt ist. Sinn verleiht man sich selbst, was voraussetzt, dass man die Fähigkeit hat, das für einen selbst zu tun. Es gibt keinen »objektiven Sinn«, Sinn ist subjektiv, sofern es das eigene Leben betrifft.

Über den Sinn einer Sache können wir uns verständigen – sofern wir bereit sind, den »Sinn der Wörter« zu definieren, sonst dient die Sprache nicht der Verständigung, sondern der Manipulation. Es steht einem natürlich frei, sich dem Sinn einer Gruppe zu verschreiben – sofern das aus freien Stücken passiert.

So einfach ist das. Man kann es nur nicht mit ganz wenigen Worten erklären.

Und was ist mit sinnlos?

»Sinnlos« meint etwas, was keinem Ziel dient, keinen Nutzen hat, keinen Zweck.

Wenn es der Sinn einer Aussage ist, einen Sachverhalt über die Welt mitzuteilen, dann ist eine kritikimmune Aussage, da sie keinen Sachverhalt aussagen kann, folglich sinnfrei.

Geht es um Schönheit, dann geht es um Poesie, damit nicht um einen Sachverhalt (obwohl man beides kombinieren kann – muss man aber nicht). »Es klapperten die Klapperschlangen bis ihre Klapper schlapper klangen« ist nur schön, teilt aber keinen Sachverhalt mit. Schönheit hat aber seinen eigenen Reiz.

Wörter können über Assoziationen Vorstellungen auslösen und unsere Gefühle beeinflussen. Dann dient die Sprache aber mehr der Manipulation, das ist ihr Sinn – in diesem Fall.

»DER Sinn des Seins« existiert so wenig wie »DER Sinn des Lebens«, weil wir den Sinn konstruieren, herstellen müssen.

Wörter lassen sich beliebig definieren und erhalten dann – oder durch Gebrauch – ihren Sinn.

Hier gilt: Solange nicht anders definiert hat ein Wort den Sinn, der im Wörterbuch steht. Sonst würde man das Ziel – dem der Kommunikation – nicht dienen.

Ohne Definition keine sinnvolle Kommunikation

Missverständnisse in der Kommunikation entstehen u. a. bei der Verwendung verschiedener Definitionen. Wenn sich jemand weigert, etwas zu definieren, verweigert er sich der Kommunikation. In der Poesie ist das erlaubt, in der sonstigen Kommunikation moralisch unerwünscht.

Der Zweck – der Sinn – der Moral ist es, Probleme des menschlichen Zusammenlebens zu lösen. Verweigert man sich der Kommunikation, verweigert man die Zusammenarbeit zur Verständigung, der Voraussetzung, die Probleme zu lösen – das erfüllt den Tatbestand der Unmoral.

Man sollte keinen Wert auf Worte legen, sondern auf den Tatbestand, den sie ausdrücken. Streng genommen kann es daher keinen Streit über Definitionen geben, aber man muss sich einigen. Ohne Einigung gibt es einen sinnlosen Streit um Worte, und jetzt kann man erkennen, warum das sinnlos genannt wird.

Die Probleme mit einem Gott als Sinngeber

Das Problem ist, dass ein Sinn-Geber MEINEM Leben keinen Sinn geben kann, ohne meine Autonomie zu verletzen und ohne mich zu einer Sache zu degradieren oder zu einem Sklaven SEINER Zwecke und Ziele.

Wenn ich meinem Leben selbst einen Sinn gebe, dies aber auf einen äußeren Sinn-Geber projiziere, dann ist der Sinn entfremdet. Von Entfremdung redet man, wenn man Eigenes als von fremder Seite gegeben betrachtet. Sinn und Moral der Gläubigen sind in diesem Sinne entfremdet.

Wenn es einen Gott gibt, ist mein Leben ohne Moral und ohne einen Sinn. Denn die Moral geht auf eine fremde Tyrannei zurück, und der mir gegebene Sinn macht mich zu einem Sklaven – wie auch die Moral.

Übrigens: Wenn man einen Sinn-Geber bräuchte, um einen Sinn im Leben zu haben (wie die Gläubigen behaupten), so ist das Leben Gottes komplett sinnfrei, den er hat keinen Sinn-Geber. Wie kann etwas Sinnloses wie die Existenz Gottes dann mir einen Sinn geben?

Das sind die beiden Punkte, die Gläubige nicht begreifen.

*Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors

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