Welche Gründe sprechen denn eigentlich für Naturalismus?

Lesezeit: ~ 3 Min.

NaturalismusIn einer Facebook-Diskussionsgruppe wollte jemand wissen, welche Gründe denn eigentlich für Naturalismus sprechen würden.

Jori Wehner* beantwortete diese Frage wie folgt:

Aus induktiver Erfahrung heraus sind natürliche Ursachen viel, viel wahrscheinlicher.

Menschen haben seit jeher übernatürliche Akteure vermutet, um unverstandene Phänomene zu erklären: Blitze, Missernten, Seuchen, Entstehung der Erde und der Sonne usw.

Diese Erklärungen haben sich nie bestätigt. Alle aufgeklärten Phänomene haben sich auf natürliche Ursachen zurückführen lassen. Aus induktiver Erfahrung ist es demnach geboten, auch bei den aktuell (noch) ungeklärten Phänomenen natürliche Ursachen zu unterstellen.

Ein Gegenbeispiel ist der Paläontologe Bechly. „Wir wissen aktuell nicht, wie in nur 30 Mio Jahren der Übergang von landlebenden Säugetier zum Wal stattgefunden haben kann. Also war es ein Wunder.“ Oder: „Wir wissen aktuell nicht, wie das erste replikationsfähige Makromolekül entstanden ist. Also war es ein Wunder.“ Aus induktiver Erfahrung heraus sind natürliche Ursachen viel, viel wahrscheinlicher.

Die Welt ist kausal geschlossen.

Alle Ereignisse sind Folge von kausalen Ursachen, jede Molekülbewegung erfolgt exakt entlang physikalischen Naturkräften. Niemals ist eine Durchbrechung der beobachteten Naturgesetze beobachtet worden. Niemals ist eine Aktion beobachtet worden, die den naturgesetzlichen, kausal geschlossenen Rahmen verletzen würde. Genau so, wie es der Naturalismus vorhersagt.

Bewusstsein, Ideen, Intelligenz sind eine Folge materieller Ereignisse (neuronaler Datenverarbeitung).

Der Idealismus (der Theismus) behauptet unsinnigerweise das Gegenteil: Bewusstsein sei OHNE neuronale Datenveraarbeitung möglich – ja Bewusstsein könne ganz ohne Materie existieren. Das ist unsinnig und kontrafaktisch. Die Realität zeigt das exakte Gegenteil.

Und die Realität bestätigt exakt die Vorhersagen des Naturalismus:

Die Realität sieht genauso aus, wie es unter der materialistischen Annahme zu erwarten wäre.

Gäubige verteten implizit eine idealistische Haltung (Geist und Idee gehe der Materie voraus. Materie sei durch Geist erschaffen und durch Geist beeinflussbar). Das aber ist eine Zauber-Behauptung, die noch nie bestätigt werden konnte. Klar – es wäre denkbar, dass Idealismus wahr ist – dass Bewusstsein auf Materie wirken könnte.

Telekinese. Telepathie. Ich wünsch mir was, Du errätst es und zauberst es aus der Luft herbei. Wir werden von körperlosen Bewusstseinen umschwebt, die mit uns kommunizieren und Materie beeinflussen. Gebete wirken. Ein Wunsch verbiegt eine Brücke. Ein Gedanke verwandelt Blei in Gold. Bewusstsein wirkt auf Materie ein – wie der metaphysische Idealismus das behauptet. Nichts davon geschieht. Die Realität sieht genauso aus, wie es unter der materialistischen Annahme zu erwarten wäre.

Naturalismus funktioniert

Mit jeder neuen wissenschaftlichen Erkenntnis – mit jedem neuen Partikel, das vorhergesagt und dann empirisch bestätigt wurde – wird auch der Naturalismus und die Gültigkeit einer naturalistische Erkenntnistheorie bestätigt. Sie funktioniert nachweislich – im Gegensatz zu den Fieberträumen und Offenbarungen religiöser Mystiker.

Selbst die Religionen werden durch naturalistische Erklärungen hervorragend erklärt.

Religionen sind lokale, identitätsstiftende Kulte ohne faktischen Wahrheitswert. Sie werden durch Indoktrination „weitervererbt“. Dabei lässt sich nahezu jeder beliebige Mensch mit jeder beliebigen Theologie indoktrinieren.

Durch evolutionär erworbene, kognitive Verzerrungen entsteht dabei aber in jedem Gläubigen die absolute Gewissheit, nur er habe die Wahrheit gepachtet.

Obwohl er aus biografischen Zufällen heraus mit komplett gegenteiliger Theologie hätte indoktriniert werden können – und dann gegenteilige Theologien mit absolutem Wahrheitsanspruch verteidigen würde.

Was bestätigt den Naturalismus? Alles bisher Beobachtete.

Frage: „Was bestätigt denn den Naturalismus?“
Antwort: Alle Beobachtungen der Realität, seitdem Menschen dazu in der Lage sind.

Alle Beobachtungen der Realität bestätigen eine Welt, in der es „mit rechten Dingen zugeht“ (Michael Schmidt-Salomon). Eine Welt, in der wunderhafte, „übernatürliche“ Faktoren fehlen.

Und wenn Gläubige mal kurz anfangen würden, sauber nachzudenken, wäre ihnen das auch völlig klar!

Das ist ja das ganze Geschäft der Apologetik! Zu erklären, warum eine offenbar völlig gott-freie Realität dennoch einen Gott enthalten soll! Warum eine augenscheinlich völlig naturalistische Realität dennoch übernatürlich gelenkt sein soll usw.

Gläubige erkennen ja selbst (und haben längst eingestanden), dass „man Gott nicht beweisen kann“ – dass die Realität also gott-frei – also naturalistisch aussieht.

Nur haben Gläubige Angst davor, die Beobachtungsdaten ernst zu nehmen.

*Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verfassers

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15 Gedanken zu „Welche Gründe sprechen denn eigentlich für Naturalismus?“

  1. 1. Alle aufgeklärten Phänomene haben sich auf natürliche Ursachen zurückführen lassen. Es ist demnach geboten, auch bei den aktuell (noch) ungeklärten Phänomenen natürliche Ursachen zu unterstellen.

    Die Annahme basiert auf dem Prinzip der Induktion, bei dem von beobachteten Fällen auf alle Fälle derselben Art geschlossen wird. Es gibt jedoch einige kritische Punkte zu beachten:

    Induktionsproblem: Das Induktionsproblem besagt, dass das Ziehen von Schlussfolgerungen aus beobachteten Fällen auf alle Fälle derselben Art fehleranfällig ist. Nur weil bisher alle aufgeklärten Phänomene natürliche Ursachen hatten, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass dies für alle Phänomene gilt, einschließlich der noch ungeklärten.

    Grenzen des Wissens: Unser Wissen und Verständnis der Welt sind begrenzt. Es gibt Phänomene, die bisher noch nicht vollständig aufgeklärt sind, und es ist möglich, dass diese Phänomene Ursachen haben, die über das hinausgehen, was wir derzeit als natürlich betrachten.

    Mögliche neue Erkenntnisse: Neue wissenschaftliche Entdeckungen und Erkenntnisse können zu einer Überarbeitung unserer Vorstellungen von Naturgesetzen und Ursachen führen. Es ist wichtig, offen für neue Möglichkeiten zu sein und nicht von vornherein natürliche Ursachen als die einzige Erklärungsmöglichkeit anzunehmen.

    Annahme einer geschlossenen Natur: Die Annahme, dass alle Phänomene in der Natur auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind, basiert auf der Annahme einer geschlossenen Natur, in der es keine übernatürlichen oder transzendenten Einflüsse gibt. Es gibt jedoch verschiedene metaphysische Ansätze, die alternative Perspektiven zur Natur der Realität bieten und nicht notwendigerweise eine geschlossene Natur voraussetzen.

    2. Niemals ist eine Durchbrechung der beobachteten Naturgesetze beobachtet worden. Niemals ist eine Aktion beobachtet worden, die den naturgesetzlichen, kausal geschlossenen Rahmen verletzen würde.

    Die Annahme bezieht sich auf die Beobachtung, dass bisher keine Durchbrechung der beobachteten Naturgesetze oder eine Aktion, die den naturgesetzlichen, kausal geschlossenen Rahmen verletzt, beobachtet wurde. Es gibt jedoch einige kritische Punkte zu beachten:

    Argument aus Ignoranz: Nur weil bisher keine Durchbrechung beobachtet wurde, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sie niemals auftreten kann. Es ist möglich, dass wir bisher einfach nicht in der Lage waren, solche Phänomene zu beobachten oder zu verstehen.

    Begrenztes Beobachtungsfenster: Unsere Beobachtungen und Messungen erstrecken sich nur über einen begrenzten Zeitraum und einen begrenzten Bereich. Es ist möglich, dass außerhalb unseres Beobachtungsbereichs oder zu anderen Zeiten Phänomene auftreten können, die unseren derzeitigen Naturgesetzen widersprechen.

    Wandel des Wissens: Unser wissenschaftliches Verständnis entwickelt sich ständig weiter. Was heute als Naturgesetz angesehen wird, kann morgen durch neue Erkenntnisse und Entdeckungen revidiert werden. Es ist möglich, dass unsere derzeitigen Naturgesetze nicht das vollständige Bild der Realität erfassen und dass zukünftige Entdeckungen zu einer Überarbeitung führen könnten.

    Annahme einer kausalen Geschlossenheit: Die Annahme, dass der naturgesetzliche, kausal geschlossene Rahmen niemals verletzt wird, beruht auf der Vorstellung einer absoluten Kausalität. Es gibt jedoch Bereiche wie die Quantenphysik, in denen probabilistische und nicht-deterministische Phänomene auftreten, die eine starre Kausalität infrage stellen können.

    3. Die Welt sieht so aus, wie es der Materialismus bzw. Naturalismus vorhersagt.

    Die Annahme, dass die Welt so aussieht, wie es der Materialismus bzw. Naturalismus vorhersagt, ist nicht unumstritten und es gibt einige kritische Punkte zu beachten:

    Ontologische Fragen: Der Materialismus bzw. Naturalismus basiert auf der Annahme, dass alles, was existiert, auf materiellen oder natürlichen Phänomenen beruht. Es gibt jedoch metaphysische Fragen darüber, ob es möglicherweise Aspekte der Realität gibt, die jenseits des rein Materiellen oder Natürlichen liegen, wie zum Beispiel Bewusstsein, abstrakte Konzepte oder moralische Werte.

    Grenzen der Erklärung: Es gibt Phänomene in der Welt, die sich möglicherweise nicht vollständig durch den Materialismus oder Naturalismus erklären lassen. Zum Beispiel könnten Fragen des Bewusstseins oder der intentionalen Mentalität Herausforderungen darstellen, die eine rein materialistische oder naturalistische Erklärungsmöglichkeit in Frage stellen.

    Unvollständiges Wissen: Unsere derzeitige wissenschaftliche Erkenntnis und unser Verständnis der Welt sind begrenzt. Es ist möglich, dass es noch unentdeckte Phänomene oder neue Erkenntnisse geben könnte, die zu einer Überarbeitung der materialistischen oder naturalistischen Vorhersagen führen könnten.

    Pluralität der Weltanschauungen: Es gibt verschiedene philosophische und metaphysische Ansätze zur Erklärung der Welt, die alternative Perspektiven zum Materialismus oder Naturalismus bieten. Diese Ansätze können verschiedene Aspekte der Realität betonen und alternative Vorhersagen machen.

    4. Mit jeder neuen wissenschaftlichen Erkenntnis wird auch der Naturalismus und die Gültigkeit einer naturalistischen Erkenntnistheorie bestätigt.

    Die Annahme, dass mit jeder neuen wissenschaftlichen Erkenntnis der Naturalismus und die Gültigkeit einer naturalistischen Erkenntnistheorie bestätigt werden, ist nicht zwangsläufig der Fall und es gibt einige kritische Punkte zu beachten:

    Wissenschaftlicher Fortschritt: Wissenschaftliche Erkenntnisse entwickeln sich ständig weiter, und neue Erkenntnisse können zu einer Neubewertung bestehender Theorien und Paradigmen führen. Es ist möglich, dass zukünftige wissenschaftliche Entdeckungen und Theorien alternative Perspektiven oder theoretische Rahmen bieten, die den Naturalismus herausfordern oder erweitern könnten.

    Methodologische Annahmen: Der Naturalismus basiert auf bestimmten methodologischen Annahmen, wie beispielsweise der Reduktion komplexer Phänomene auf materielle oder natürliche Ursachen. Diese Annahmen können in Frage gestellt werden, wenn neue Erkenntnisse oder Paradigmen alternative Ansätze zur Erklärung der Welt aufzeigen.

    Grenzen der Wissenschaft: Es gibt Bereiche der Erfahrung oder der Realität, die möglicherweise außerhalb des Bereichs wissenschaftlicher Untersuchungen liegen. Phänomene wie Bewusstsein, subjektive Erfahrungen oder metaphysische Fragen könnten jenseits der Methoden und des Untersuchungsbereichs der Naturwissenschaften liegen, was die Aussagekraft des Naturalismus in Bezug auf diese Bereiche einschränken könnte.

    Pluralität der Erkenntnistheorien: Es gibt verschiedene Ansätze zur Erkenntnistheorie, die alternative Perspektiven zur naturalistischen Erkenntnistheorie bieten. Diese Ansätze können Aspekte wie intersubjektive Erfahrungen, soziale Konstruktion von Wissen oder transzendente Quellen der Erkenntnis betonen. Der Naturalismus ist nicht die einzige mögliche Erkenntnistheorie, die mit wissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang stehen kann.

    5. Alle Beobachtungen der Realität bestätigen eine Welt, in der alles natürlich abläuft.
    Die obige Annahme, dass alle Beobachtungen der Realität eine Welt bestätigen, in der alles natürlich abläuft, ist nicht unumstritten und es gibt einige kritische Punkte zu beachten:

    Begrenzter Beobachtungsumfang: Unsere Beobachtungen der Realität sind begrenzt auf das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können und was wir durch unsere derzeitigen technologischen Möglichkeiten messen können. Es gibt möglicherweise Phänomene oder Aspekte der Realität, die außerhalb unseres Beobachtungsumfangs liegen und die nicht notwendigerweise als natürlich erscheinen.

    Metaphysische Fragen: Die Annahme, dass alles natürlich abläuft, basiert auf der metaphysischen Annahme des Naturalismus. Es gibt jedoch alternative metaphysische Ansätze, die andere Perspektiven zur Natur der Realität bieten, einschließlich der Möglichkeit, dass es übernatürliche oder transzendente Aspekte geben könnte, die nicht natürlichen Gesetzen unterliegen.

    Interpretation von Beobachtungen: Die Interpretation von Beobachtungen ist subjektiv und kann von individuellen Annahmen, Vorurteilen oder theoretischen Überzeugungen beeinflusst werden. Zwei Personen könnten dieselben Beobachtungen machen, aber unterschiedliche Schlussfolgerungen ziehen, ob diese Beobachtungen eine rein natürliche Welt bestätigen oder nicht.

    Offene Fragen und Unbekanntes: Es gibt weiterhin offene Fragen und Rätsel in der Wissenschaft, die noch nicht vollständig verstanden sind. Diese Unbekannten könnten auch Phänomene beinhalten, die bisher als natürlich betrachtet wurden, aber möglicherweise neue Erkenntnisse erfordern, um sie vollständig zu erklären.

    6. Das ist ja das ganze Geschäft der Apologetik! Zu erklären, warum eine offenbar völlig gott-freie Realität dennoch einen Gott enthalten soll!

    Subjektive Perspektive: Die Aussage, dass es naiv ist, in einer gottfreien Realität dennoch an einen Gott zu glauben, spiegelt eine subjektive Meinung wider. Es gibt Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Glaubenssystemen, die verschiedene Überzeugungen über die Existenz oder Nichtexistenz Gottes haben.

    Antworten
    • „Es gibt jedoch verschiedene metaphysische Ansätze, die alternative Perspektiven zur Natur der Realität bieten und nicht notwendigerweise eine geschlossene Natur voraussetzen.“ sehe ich als den Kern Ihrer Aussage.
      Das läuft auf die altbekannte Tatsache hinaus, dass es unmöglich ist, die Nichtexistenz von IRGENDWAS zu beweisen. (Mit dem Begriff „geschlossene Natur“ kann ich übrigens rein gar nichts anfangen.)
      Eigentlich lohnt es sich also nicht, darüber zu debattieren, da wir aber in letzter Zeit vom Wort zum Sonntag gleich zwei mal zum debattieren und diskutieren aufgefordert wurden (:-), will ich doch dazu Stellung nehmen.

      1. Induktionsproblem: Um eine Induktion, die sich in unzähligen Fällen bewährt hat, zu widerlegen, braucht es aber eine belastbare Beobachtung, die sie falsifiziert.
      2. Ignoranz: Dass unsere jeweils formulierten Naturgesetze nicht das vollständige Bild der Realität erfassten, ist schon viele Male passiert, und immer wieder konnten neu formulierte Gesetz die Phänomene erklären, ohne auf transzendente Ursachen zurückzugreifen. Will heißen, die naturalistische Weltanschaung wurde schon viele Male verifiziert.
      3. Materialismus, Naturalismus: Natürlich(:-) fragen sich auch Materialisten und Naturalisten, ob es diese Aspekte der Realität gibt. Warum diese Fragen metaphysisch sein sollen, erschliesst sich mir nicht; die Antworten könnten es sein. Die Vorhersagen der alternativen Perspektiven zum Materialismus oder Naturalismus waren allerdings meistens falsch, sodass man die richtigen mit Fug und Recht als Zufallstreffer abtun kann.
      4. bis 6. wiederholen nur das bereits gesagte.

      Diese Diskussion, ob es irgendwelche transzendete Realitäten gibt, erinnert mich an die Spekulationen über das Multiversum. Fruchtlos. Auch unschädlich wie der „Glaube AN Gott“ – meinetwegen auch „AN einen Schöpfer“. Solange nicht Leute daherkommen und behaupten, sie hätten da ganz und gar absolute und allerheiligste Informationen aus EINEM transzendenten Universum, die man im realen Leben unbedingt beherzigen müsse. Die sich daraus das Recht ableiten, andere Leute – wenn nötig auch mit Gewalt – zu missionieren. Schon im Kindesalter Menschen geistlich missbrauchen, indem sie ihnen die absurdesten Geschichten als absolute Wahrheiten eintrichtern.

      Antworten
  2. Nur kurz zwei Gedanken dazu:

    1) Natürlich ist Nicht-Existenz beweisbar, sehr einfach sogar: Ich kann zB beweisen, dass ein rundes Quadrat nicht existiert. Formaler: Die Nicht-Existenz von X ist logisch bewiesen, wenn die (angebliche) Existenz von X zu einem logischen Widerspruch führt.

    2) Schade, dass Sie in die alte Denkfalle laufen, wenn sie nur theistischen Eltern unterstellen, dass sie ihre Kinder mit absurden Geschichten behelligen, die als absolute Wahrheit verkauft werden. Richtiger wäre zu sagen: So etwas tun nicht nur theistisch gesinnte Eltern, sondern auch zB naturalistisch gesinnte. Sie erzählen ihren Kindern Geschichten, in denen die absurde (weil empirisch unbelegte) Behauptung transportiert wird, dass die Natur alles ist, was es gibt – und verkaufen *das* auch noch als die absolute Wahrheit.

    Natürlich kritisieren Sie jede Form von naturalistischer Indoktrination nicht, nur Theisten seien so fies. Das stimmt nur nicht ganz.

    Antworten
    • Nur kurz 2 Antworten:
      Zu 1. Die Nichtexistenz eines runden Quadrats bedarf keines Beweises, da ein Quadrat eben einfach so definiert ist, dass es nicht rund sein kann. Poppers 3-Welten-Theorie ist da hilfreich. Wenn es um Naturalismus geht, reden wir über Objekte in Welt 1, und da ist die Nichtexistenz von z.B. Russels Teekanne, des Fliegenden Spaghettimonsters, von intelligentem Leben auf irgendeinem fernen Planeten, einem parallelen Universum oder eines beliebigen Gottes eben nicht beweisbar. Wenn wir von Quadraten reden, reden wir von Objekten der Welt 3, in der Existenz- oder Nichtexistenzbeweise dieser Art sinnlos sind.
      Zu 2. Ich behaupte ja gar nichts über theistische Eltern, alle Theisten oder alle Naturalisten, sondern verurteile nur jede Art von Indoktrination durch angebliche Authoritäten. Und diese findet vor allem im Religionsunterricht statt. Da werden ibs. Kindern Behauptungen als absolute Wahrheiten präsentiert, die ihrem altersgemäßen Urteilsvermögen ganz und gar unangemessen sind. Dieses u.a. nennt man geistlichen Missbrauch.

      Antworten
    • Ich habe meine Kinder auch naturalistisch indoktriniert, und zwar so:

      Ich habe ihnen Grimms Märchen vorgelesen und ihnen erklärt, dass es Märchen und von Menschen erfunden sind.
      Ich habe Ihnen vom lieben Gott erzählt und ihnen erklärt, dass der von Menschen erfunden wurde und die Bibel genauso ein Märchenbuch ist wie die Sammlung der Gebrüder Grimm.
      Ich habe meinen Kindern versucht zu vermitteln, dass man Menschen mit ausgeprägtem Missionierungseifer skeptisch und kritisch gegenüber stehen sollte, besonders dann, wenn deren Behauptungen auf Unbeweisbarem beruhen.
      Ich habe ihnen erklärt, dass Liebe und Respekt, Empathie und Dankbarkeit den Mitmenschen gegenüber erbracht werden sollte und nicht einem Götzen, der einem dafür
      als Lohn das Blaue vom Himmel herunter verspricht.

      Ich habe meine Kinder aufgefordert, immer neu und wissbegierig zu sein und keinen endgültigen „Wahrheiten“ auf den Leim zu gehen.Ich habe ihnen erklärt, niemals jemandem nur deshalb zu vertrauen oder zu achten, weil er von anderen als Autorität anerkannt wird. Vor allem seien Ehrfurcht vor oder Anbetung einer anderen Person oder Institution, vor allem wenn sie Phantome sind, mit der Menschenwürde nicht vereinbar.
      Ich habe ihnen was vom Ideal der Demokratie, der Aufklärung, der Charta der Menschenrechte, der Gewaltlosigkeit, aber auch der Notwehr, und von der Schönheit und Grausamkeit der Natur, von der Kunst und der Wissenschaft erzählt.

      Alles das und noch mehr habe ich ihnen versucht implizit oder explizit zu vermitteln.

      Und über den Tod und was danach kommt habe ich ihnen den Philosophen Ernst Bloch zitiert, den man im hohen Alter fragte, was er denn vom Sein oder Nichtsein nach dem Tod erwarte. Er sagte nur drei Worte: Ich bin neugierig.

      Esoterisch zu schwurbeln und über das Transzendente zu spekulieren überlasse ich den Theisten.

      Antworten
        • Sie verwechseln Wahrheit mit Erkenntnis.
          Dem Begriff „Wahrheit“ ist etwas ewig Gültiges, etwas Unumstössliches immanent und damit typischerweise etwas Religiöses. Daher ist das Fundament von Religion bzw. Götterglaube das Dogma; und d. h., das Dogma, die in Stein gemeisselte Wahrheit, ist das Ende der Suche nach Erkenntnis. Es ist der Tod jeder menschlichen Entwicklung.

          In der Logik und in der Wissenschaftstheorie gibt es keine plumpen Wahrheiten, es gibt nur Theorien, die immer wieder an der Realität gemessen werden müssen. Und je länger sie dieser Messung standhalten, desto eher kann man dann von Erkenntnis reden, nicht von Wahrheiten und erst recht nicht von „Glaubensgewissheiten“ (welch ein Widerspruch!).
          Und Sie werden es nicht glauben: Die Religion selbst ist Gegenstand wissenschaftlicher Forschung als Phänomen menschlicher Geisteszustände und Aberrationen.

          Sie können gern Ihrer Transzendenz-Phantasie freien Lauf lassen, es hindert Sie niemand daran, aber Sie werden sich damit abfinden müssen, dass man Ihre Gedankenspiele immer kritischer wiegen und dann zu leicht befinden wird.

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          • Kennen Sie die Geschichte von Marie, der Fischerin? Sie erinnern mich an sie:

            In einem kleinen Dorf lebte eine Fischerin namens Marie. Sie besaß ein kleines Fischerboot und ein Netz, dessen akribisch gefertigte Maschen genau 5 cm groß waren. Marie war eine wahrhaft liebenswerte und hilfsbereite Seele mit einer festen Überzeugung, die sie mit vollem Einsatz vertrat: Sie war davon überzeugt, dass es in ihrem geliebten See keine Fische gab, die kleiner als 5 cm waren.

            Marie hatte Gründe, um ihre Sichtweise zu rechtfertigen und konnte sie mit Freundlichkeit und Überzeugungskraft vortragen. Erstens betonte sie, dass jeder Fisch, den sie je gefangen hatte, größer oder gleich 5 cm war. Sie zeigte stolz auf ihre Erfolge und sagte: „Schau her, meine lieben Freunde! Schau auf meine Fänge! Jeder Fisch, der jemals in meinen Händen gelandet ist, ist 5 cm groß oder sogar größer. Ist das nicht ein klarer Beweis dafür, dass meine Sichtweise stimmt?

            Zweitens sagte Marie, dass sie noch niemals eine Abweichung von dieser Regelhaftigkeit festgestellt hatte. Mit einem liebevollen Lächeln erklärte sie: „Ihr Lieben, in all den Jahren meiner fischigen Abenteuer habe ich noch nie einen Fisch entdeckt, der nicht den Mindestmaßen entspricht. Die Beweise sprechen für sich, nicht wahr?“ Und schließlich, als dritte Begründung, lächelte Marie und fügte hinzu, dass ihre Sichtweise mit jedem neuen Fang bestätigt wurde. „Meine lieben Dorfbewohner, schaut euch meine Erfolge an! Jeder neue Fang bestätigt meine Überzeugung. Ich kann euch also versichern, dass meine Sichtweise richtig ist!“

            Die Tage vergingen und Marie blieb ihrer Überzeugung treu. Jeden Morgen zog sie mit ihren Netzen hinaus auf den See, voller Freude und Zuversicht, dass sie nur Fische über 5 cm fangen würde. Sie genoss ihr Leben, umgeben von ihrer festen Überzeugung, dass sie den Schlüssel zum Verständnis der Fische besaß.

            Erkennen Sie den grundlegenden Denkfehler Maries?

        • „so wird Wahrheitssuche in der Regel verhindert“

          Welche „Wahrheitssuche“?
          Welche „Wahrheit“?
          Danke für das eindrückliche Beispiel für „esoterisch zu schwurbeln“.

          Antworten
  3. Zu 1) Wie gesagt, gerne erneut: Die Existenz von X ist dann – und das sogar logisch – bewiesen, wenn X widersprüchlich ist. Deb Mythos der unbeweisbaren Nicht-Existenz dürfte jeder Studierende der Philosophie spätestens im zweiten Semester abgelegt haben.

    Zu 2) Ich stimme zu, es ist eine moralische Tatsache, dass (geistlicher) Missbrauch falsch ist. Es als Atheist aber vor allem „den anderen“ zuzuschieben, ist zu einfach. Wenn der kleine Klaus vom Religions- in den Physikunterricht geht, dort auf einen naturalistischen Lehrer trifft, der den Kids zB beibringt, dass die Natur alles ist, was es gibt, findet genauso weltanschaulicher Missbrauch statt. Die Kinder können sich gegen die Autorität des naturalistisch gesinnten Physiklehrers auch nicht erwehren. (Aber hier sagt der Atheist in der Regel ja: „Alles, was meiner Denkweise entspricht, ist keine Indoktrination, sondern Aufklärung. Tja, da wird eben mit zweierlei Maß gemessen. Theisten sind da aber leider nicht besser!)

    Antworten
    • „auf einen naturalistischen Lehrer trifft, der den Kids zB beibringt, dass die Natur alles ist, was es gibt“

      Sie lügen!
      Dieser Lehrer bringt den Kids bei, dass die Natur alles ist, was es gibt solange nichts gefunden wird, beobachtet wird, was dem widerspricht!
      Falls das der Fall wäre (ist seit >300 Jahren systematischer Wissenschaft nie passiert), DANN erst denken wir darüber nach, wie es zu bewerten ist.

      Sie hängen sich an „theoretisch möglich“, „nicht auszuschließen“, also an puren Konjunktiven auf. Das ist brutal zu wenig!
      (es könnte real auch negative Diagonalen geben, lt Diagonale c=sqrt(a²+b²) – gibt es aber real nicht).

      Und die Feinheit und Genauigkeit, mit der die Struktur der Welt Jahr für Jahr immer genauer erforscht wird (LHC usw), und KEINERLEI Anlass gibt, dass Naturalismus nicht (mehr) zutreffend wäre. Die Welt verhält sich (bislang) genau so. Bis in schwindelerregende, kaum vorstellbare Größenordnungen im Kleinen wie im Großen, die ständig erweitert werden.

      Die, die nur „maulen“ statt ihre Behauptungen zu belegen, das sind Esoteriker, Religionisten, Verschwörungsmystiker & Co.

      Antworten
  4. @Stephan Lange

    Die Geschichte von der Marie ist mir nicht bekannt, ich kenne nur das Märchen vom Fischer und seiner Frau. 😉

    Mir ist allerdings nicht ganz klar, was Sie mit der (von Ihnen erfundenen?) Geschichte sagen wollen. Und nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.

    Meinen Sie vielleicht, dass die Fischerin davon überzeugt ist, dass es nur Fische mit einer Länge von mehr als 5 cm geben würde? Dass sie sich dadurch einbildet, eine Ichthyologin zu sein, dass sie alles jenseits ihres Teichhorizonts ausblendet bzw. negiert? Dass ihre Erkenntnis nur ein selbstgebauter Zirkelschluss ist?
    Und dass letztendlich nur so das naturalistische Weltbild funktioniert?

    Ist alle menschliche Erkenntnis für Sie nur Schein und eitel, während das Leben ausserhalb unserer Erkenntnisfähigkeit das eigentlich „wahre“ ist?
    Metaphysik als des Rätsels Lösung, welches aber in unserem Leben niemals gelöst werden wird? Wie praktisch!
    Denn so muss es ja wohl sein, sonst würden sie ja gar nicht auf die Idee kommen, eine solche Diskussion vom Zaun zu brechen und falsche Vergleiche anzustellen.
    Denn die Marie ist, wenn ich sie richtig verstanden habe, genau das Gegenteil von dem, was ich Ihnen in meinem vorhergehenden Posts bzgl. wissenschaftlicher Methodik und Logik erläutert hatte.

    Antworten
  5. @Stephan Lange 17. Juli 2023 um 08:25 Uhr

    Im Gegensatz zu ihrer „Marie mit 5cm Netzen“ werden in allen NaWi-Disziplinen die Netze permanent verfeinert! Die sind inzwischen von fast unvorstellbarer Feinheit und Genauigkeit (LHC uvm) – und werden immer weiter verfeinert.
    Ihre „Marie mit 5cm Netzen“ ist das genaue Gegenteil von NaWi, sie ist religiös-esoterisch, weil sie über ihre 5cm dogmatisch nicht hinausdenken WILL.

    Antworten

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