Beim Osterhase hört der Spaß auf. In der Rubrik Klartext auf katholisch.de fordert Pastor Olding in diesem Beitrag:* „Osterhase gehört abgeschafft und vernichtet“**
Radikale Ansichten gehören zum Erfolgsgeheimnis des Katholizismus. Während sich die meisten der öffentlich in Erscheinung tretenden Religionsverkünder mit weichgespülten Versionen ihrer absurden Glaubenslehre an das verbliebene Mainstreampublikum wenden, gibt es auch immer wieder mal Kirchendiener, die keinen Hehl daraus machen, wozu ihre Ideologie eigentlich dient: Zur Abgrenzung gegenüber Anderen durch Selbstüberhöhung und Erniedrigung aller anderen.
Klar: Wer eine monotheistische Religion wie das Christentum vertritt, der hat gar keine andere Wahl – wenn er den Absolutheitsanspruch der zugrundeliegenden Gotteseinbildung ernst nehmen möchte.
Die einzig wahre Wahrheit
Vielen Religionsverkündern scheint der Allmachtsanspruch ihres eifersüchtigen Gottes heute eher peinlich zu sein. Seine besten Jahre hat Jahwe ja nun wirklich schon hinter sich. Man bemüht sich stattdessen händeringend, auf die verbindenden, einenden Elemente des Glaubens hinzuweisen.
Auch die findet man in der biblisch-christlichen Lehre. Allerdings beziehen die sich ausschließlich auf die Mitglieder innerhalb der Glaubensgemeinschaft. Darum heißt es ja auch Nächsten- und nicht Menschenliebe. Aus der Not heraus sind die meisten Kirchendiener inzwischen dazu übergegangen, Vertreter anderer Religionen nicht mehr zu vernichten, sondern sich stattdessen mit ihnen zu verbünden. Diese Leistung feiert man dann als „interreligiösen Dialog.“
Daneben gibt es aber auch solche Prediger, die sich geradezu damit brüsten, für die Radikalität ihrer Religion einzutreten. Ein Beispiel ist Pastor Christian Olding. Der „Pop-Kaplan“ meint zu wissen, wie man den Teil des Publikums erreicht, der auf markige Sprüche, extreme Ansichten und radikale Phrasen abfährt.
Zunächst erklärt Olding in einem Beitrag aus der bezeichnenden Rubrik „Klartext“, dass die Herkunft von Osterhase und Osterei nicht genau bekannt sei. Es gebe viele mögliche Varianten, wobei Olding hauptsächlich auf die christlichen Umdeutungen dieser Symbolik eingeht, die viel älter ist als das Christentum.
Bis hierher erfahren wir noch nicht viel Neues; dass Osterhase und Ei „irgendwas Heidnisches“ war, hat vermutlich jeder schon mal gehört.
Aber dann wirds spannend:
Wenn ich als Elternteil die Wahl habe meinem Kind von einem plüschigen, süßen Häschen zu erzählen oder auf der anderen Seite von einer halb nackten Leiche, die ans Kreuz geschlagen worden ist, dann weiß ich glaube ich sehr wohl, was ich meinem Kind lieber erzählen möchte. Quelle: katholisch.de
Das weiß ich auch – ohne es glauben zu müssen. Wäre der „Klartext“ hier zu Ende, hätte Herr Olding meine volle Zustimmung. Aber, wie zu erwarten, wars das freilich noch nicht.
Denn das kindliche Interesse, vor einer Konfrontation mit einer unvorstellbar grausamen und verstörenden Gewaltgeschichte und -darstellung, die noch dazu spätestens bei Licht betrachtet geradezu psychedelisch absurd ist verschont zu bleiben, wiegt für Herrn Olding weniger als sein Interesse, Kindern seine bizarre Temporär-Todesfolterungs-Menschenopfer-Auferstehungs-Erlösungslegende einzutrichtern:
Und somit verdunkelt der Osterhase das, worum es eigentlich geht: nämlich um die dramatische Geschichte vom Leiden, vom Sterben, von Tod und von der Auferstehung Jesu Christi. Der Grund allen christlichen Glaubens!
Yoo Olding, gib’s ihm! Weg mit dem Dunkelhasen! Nur deine Geschichte stimmt, nur deine Geschichte ist bedeutsam! Alle anderen angeblich schon auferstandenen Gottessöhne sind natürlich nur frei erfunden! Genauso wie die Frühlingsgöttin Ostara!
Keine Frage: Die Welt besteht nicht nur aus plüschigen, süßen Häschen. Sondern auch aus Leid und Elend. Um Kinder darauf vorzubereiten, halte ich die Legende einer vorübergehenden, unvorstellbar brutalen Todesfolterung, die zudem noch einen tieferen Sinn und einen tatsächlichen Zusammenhang mit allen Menschen (also auch mit den Kindern) haben soll für denkbar ungeeignet. Schlimm genug, wenn sich Erwachsene sowas einbilden und für wahr, bzw. zumindest für bedeutsam halten.
Vernichtet den Osterhasen!
Damit er dem Anspruch einer Rubrik mit dem Titel „Klartext“ auch gerecht wird, muss Olding freilich noch deutlicher werden:
Und so brutal und unsäglich diese Geschichte [von Jesus, Anm. von mir] auch erscheinen mag, sie ist der einzige und wahre Grund für das Osterfest. Und wenn der Hase sich davor drängt und davor hoppelt, dann gehört er abgeschafft und vernichtet.
Die Vernichtung von Symbolen anderer Religionen kennt man heute eigentlich nur noch aus dem Irak oder aus Syrien, wo Schergen des sog. IS Denkmäler anderer Religionen zerstörten.
Nun ruft Olding hier nicht zum Vandalismus mit Vorschlaghammer (bzw. Schrotflinte) auf. Allerdings lässt er mit einer Formulierung wie „…gehört er abgeschafft und vernichtet“ keinen Zweifel daran, dass er die einzige Chance, sich des Osterhasens zu erwehren, in dessen Vernichtung sieht.
Klartext: Was für ein armseliges, schwaches Würstchen muss man sein, wenn man es nötig hat, öffentlich zur Vernichtung des Osterhasens aufzurufen? Weil man wegen des Osterhasens den Verlust der eigenen Deutungshoheit über das Osterfest befürchtet?
Pro-Tipp: Herr Olding, lassen Sie sicherheitshalber gleich auch noch alle Erdmännchen vernichten! Bevor noch jemand auf dumme Gedanken kommt und sich eine Geschichte ausdenkt, warum man die vielleicht auch zum Frühjahrsvollmond verehren müsste:
Der einzige und bleibende wahre Grund von Ostern…
Damit diese Botschaft klar und deutlich rüber kommt: Jesus Christus, sein Leben, sein Tod, seine Auferstehung, der einzige und bleibende wahre Grund von Ostern.
…sonst gibts eine Ladung Schrot zwischen die Löffel und wir ziehen ihm das Fell über die Ohren! Damit diese Botschaft klar und deutlich rüber kommt!
Oder sollte man Herrn Olding dankbar sein, dass er lediglich zur Vernichtung des Osterhasens aufruft? Und nicht (mehr) zur Vernichtung derer, für die der Osterhase wichtiger ist als die biblisch-christliche Folterstory? Oder auch derer, die sich erfrechen, an Weihnachten etwas anderes als die Geburtslegende eines Wüstengottessohnes zu feiern? So lange ist das ja nun auch noch nicht her…
Wie schon in einem früheren Beitrag zur Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes gilt auch hier: Die Kirche sollte sozusagen heilfroh sein, wenn ihre Feste auch kommerziell flankiert werden. Denn nur so haben sie eine Chance, auch einem breiteren Publikum noch eine Weile im Bewusstsein zu bleiben. Selbst dann noch, wenn niemand mehr sagen kann, was genau da eigentlich ursprünglich mal gefeiert wurde.
Und abschließend sei noch daran erinnert: Der einzige und bleibende wahre Grund von Ostern…
…ist natürlich das Pastahfest.
Herr Olding, jetzt mal Klartext: Der „einzige und bleibende wahre Grund von Ostern“ ist natürlich das Pastahfest:
- Das Passtahfest ist nach WeinAchten / den Holidays das bedeutendste Fest der Pastafari.
Brauchtum: Es werden große Mengen Pasta gegessen, natürlich gekocht in Piratenkluft. Man gedenkt der Zeit, in der ES begann, die Menschen mit seinen nudligen Anhängseln zu berühren. Obwohl darüber inzwischen die wildesten Geschichten existieren, setzen sich doch alle an einen Tisch und essen gemeinsam. Ganz wichtig ist dabei das rituelle „Reichen der Augenklappe“ reihum. Der Träger erzählt dann, warum er überaus glücklich ist, berührt worden zu sein. Das Pastahfest geht über mehrere Tage und beginnt mit dem - Blaudonnerstag – Gründonnerstag
An diesem Tage gedenken wir Pastafari von alters her all unseren Brüdern und Schwestern, die im Kampf für unsere Sache auf hoher See ihr Leben lassen mussten.
Brauchtum: Der streng gläubige Pastafari nimmt am Blaudonnerstag nur Nahrung zu sich, die ihm das blaue Meer schenkt und/oder nimmt entsprechende Getränke zu sich, also solche, die blau sind oder blau machen. Nach dem Verzehr wirft der gläubige Pastafari dann eine Fischgräte ins Feuer und trinkt Gerstensaft. - Garfreitag – Karfreitag
Der Tag, an dem erstmals eine Nudel richtig gegart wurde.
Brauchtum: An diesem Tag der Gaumenfreunden brutzelt das Fleisch im Ofen oder auf dem Herd. Küchendüfte ziehen durchs ganze Haus. Abends erreicht das Fest seinen Höhepunkt. Es wird getafelt, gesungen, getanzt, musiziert. Freunde werden eingeladen, Pastafari kommen von fern und nah, um gemeinsam so richtig ausgelassen zu feiern, wie es nur Piraten vermögen. - Pastahsonntag – Ostersonntag
ist der wichtigste Tag des Pastahfestes. Wir gedenken der Zeit, in der das Fliegende Spaghettimonster anfing, uns mit seinen nudligen Anhängseln zu berühren.
Brauchtum: Im Piratenornat werden reichlich Nudeln gegessen. Alle sitzen im Kreis und reichen die Augenklappe weiter. Der jeweilige Inhaber berichtet, warum er so glücklich ist, berührt worden zu sein. (Quelle: pastafari.eu: Das Pastafarijahr mit seinen Feiertagen)
Osterhase. Verrrrnichten…
Herr Pop-Kaplan Olding, da Sie das Glück haben, in einer halbwegs säkularen, offenen und freien Gesellschaft zu leben, können Sie das freilich auch gerne anders sehen, ohne dass jemand dazu aufruft, die Symbolik Ihrer Ideologie zu vernichten. Feiern Sie an Ostern einfach was Sie wollen. Glauben Sie, was Ihnen glaub-würdig erscheint. Es ist Ihre persönliche Privatangelegenheit, solange Sie damit nicht gleichberechtigte Interessen Anderer verletzen.
Und vielleicht schaffen Sie es ja trotzdem, auf Vernichtungsaufrufe zu verzichten.
Nicht, weil man den Osterhasen vor Ihnen und Ihresgleichen schützen müsste. Sondern im Interesse Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit.
Oder sind Sie ernsthaft der Meinung, die Allmacht Ihrer Gotteseinbildung sei durch den Osterhasen so gefährdet, dass Ihr Gott Sie schicken muss, um zur Vernichtung des Osterhasens aufzurufen?
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Beitrag auf katholisch.de.
**Im Wortlaut: „Und wenn der Hase sich davor drängt [vor die Bedeutung von Ostern aus katholischer Sicht, Anm. von mir] und davor hoppelt, dann gehört er abgeschafft und vernichtet.“
Der Aufruf zur Vernichtung der Konkurrenz wohnt allen Religionen inne. Auch wenn der Kerl nur vom Osterhasen spricht, ich würde für ihn nicht die Hand in’s Feuer legen. Der Grundgedanke dahinter ist zutiefst unanständig und verkommen – Religion eben.
Gab’s da nicht mal so eine Konferenz zur Endlösung der Osterhasenfrage?
Oder verwechsele ich da etwas?
Aufpassen: Was machen wir, wenn die Osterhasen sich angesichts der Vernichtungsdrohung Pastor Oldings radikalisieren und in den terroristischen Untergrund abtauchen?