Medizinische Forschung mit Mischwesen? – Das Wort zum Wort zum Sonntag, Thema Gentechnik

Lesezeit: ~ 9 Min.

Medizinische Forschung mit Mischwesen? – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Gentechnik und Ethik, gesprochen von Dr. Wolfgang Beck (kath.), veröffentlicht am 10.08.2019

Seine heutige Fernsehpredigt hat Herr Dr. Wolfgang Beck einem Thema gewidmet, das derzeit ziemlich kontrovers diskutiert wird: Ist es ethisch vertretbar, tierische Embryonen mit menschlichen Genen zu versehen? Mit dem Ziel, Organe zu erzeugen, die zur Rettung von Menschenleben geeignet sind?

Herrn Dr. Becks einleitenden Appell kann ich schon mal voll und ganz unterstützen:

Wenn die Aufregung so groß ist, meine ich, es sollte genauer und sachlicher hingeschaut werden. (Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Medizinische Forschung mit Mischwesen? – Wort zum Sonntag, gesprochen von Dr. Wolfgang Beck (kath.), veröffentlicht am 10.08.2019)

Denn auch ich befürworte genau dieses Vorgehen: Genau und sachlich hinschauen halte ich für eine generell sinnvolle und und vernünftige Methode. Egal, ob es um Misch-, Phantasie- oder sonstige Wesen geht. Ob es um wissenschaftliche, politische oder religiöse Aussagen geht: Je genauer man Zusammenhänge und Hintergründe kennt, desto besser kann man sich dazu eine eigene Meinung bilden.

Medizinische Forschung: Es geht nicht um Mischwesen

Vorab klärt Dr. Beck sein Publikum auf:

Zunächst: Es geht um die Verbindung von menschlichen und tierischen Genen mit der langfristigen Perspektive, Organe für menschliche Transplantationen zu gewinnen. Es geht nicht um Mischwesen und auch nicht darum, dass hier Forscher „Gott spielen“ wollen.

Auch hier hat Herr Dr. Beck meine Zustimmung. Aus verschiedenen, zumeist christlichen Ecken wird man mitunter tatsächlich mit der Behauptung konfrontiert, (Gen-)wissenschaftler würden „Gott“ spielen wollen.

Diese Vorstellung ist besonders deshalb so absurd, weil mir kein Wissenschaftler bekannt ist, der es sich zur Aufgabe gemacht hätte, zum Beispiel Babies oder Kleinkinder an Knochenkrebs sterben zu lassen. Was bei dem Gott, von dem die Christen meinen, er sei der liebe Gott und habe sämtliches Alles erschaffen, leider immer wieder vorkommt. Von den vielfältigsten Formen sonstigen Leides mal ganz abgesehen.

Welche Rolle spielt der Glaube?

Jetzt stellt sich freilich die Frage: Welche Rolle spielen seine Glaubensgewissheiten für Herrn Dr. Becks Standpunkt bezüglich Gentechnik?

Eine wichtige Grenze ist aus christlicher Perspektive dort zu sehen, wo es zu einer verbrauchenden Embryonenforschung kommt. Es ist immer wieder zu unterstreichen: Menschliches Leben ist auch in seinen Frühstadien unbedingt zu schützen. Es darf auch im Rahmen der Forschung nicht als Verbrauchsmaterial angesehen werden. Die Hoffnung auf Verhinderung von Krankheiten ist nachvollziehbar. Und, ja, es ist sogar eine ehrenvolle Motivation für die medizinische Forschung.

Leider verrät Herr Dr. Beck nicht, was genau er hier mit „christlicher Perspektive“ meint. Man kann nur erahnen, dass es irgendwas mit der Vorstellung des biblisch-christlichen Schöpfergottes zu tun haben dürfte. Der die Menschen gemäß biblisch-christlicher Mythologie nach seinem Ebenbilde, nur geringfügig weniger perfekt als sich selbst erschaffen haben soll.

Am Rande soll nicht unerwähnt bleiben, dass es sich in Wirklichkeit und bis zum Beweis des Gegenteils genau andersherum verhält: Menschen haben sich schon immer Götter nach ihren Wünschen, Hoffnungen und Ängsten und zu bestimmten Zwecken „erschaffen“.

…nach seinem Bilde?

Für gewöhnlich wird diese Gottesebenbildlichkeit christlicherseits als Argument dafür gebracht, warum man zum Beispiel Abtreibung oder Präimplantationsdiagnostik (PID) ablehnt. Primär geht es dabei somit einmal mehr um göttliche Befindlichkeiten, statt um die Interessen des Individuums: Würde, Freiheit, Recht auf Unversehrtheit.

Es ist nachvollziehbar, dass sich ein Mainstream-Fernsehprediger zu diesem brisanten Thema nicht angreifbar machen möchte. Indem er klar sagt, was er konkret meint. Denn gerade die Frage, was genau mit „Frühstadien“ des menschlichen Lebens gemeint sein soll, ist eine der größten Streitfragen in diesem Zusammenhang.

Während zum Beispiel bestimmte christliche Fraktionen bereits den Zellklumpen in den ersten Tagen nach der Befruchtung als göttlich-ebenbildliches Menschengeschöpf betrachten, ziehen zum Beispiel Abtreibungsbefürworter diese Grenze zumeist an dem Zeitpunkt, ab dem sich das neue Lebewesen in einem empfindungsfähigen Stadium befindet.

Bis dahin stufen sie das Selbstbestimmungsrecht der Mutter höher ein als das des gerade erst entstehenden Lebens.

In weiter Ferne mögen manche auch auf tierische Organe hoffen, die für Transplantationen bei Menschen genutzt werden können. Wer das verwerflich findet, dürfte ja auch kein Fleisch essen oder Tiere auf andere Weise für den Menschen nutzen. Tiere zu nutzen, um menschliches Leben zu retten, ist nicht verwerflich.

Ein Veganer hätte hierzu sicher einiges zu sagen, was allerdings den Rahmen dieses Kommentares sprengen würde.

Abwägung von Interessen

Auch hier geht es wieder, wie praktisch immer bei ethischen Fragestellungen, um eine Abwägung von Interessen. Und zwar von Interessen irdischer Lebewesen. Eine angebliche Gottesebenbildlichkeit, Bedenken bezüglich der Auferstehbarkeit von Menschen mit genetisch veränderten Tierimplantaten oder allgemein die angebliche Überlegenheit des Menschen aufgrund religiös-mythologischer Phantasievorstellungen spielt in diesem Diskurs keine Rolle:

  • Bei der Xenotransplantation erhebt sich die Frage, ob die Gottebenbildlichkeit des Menschen nicht verletzt wird, wenn durch das Implantieren genetisch veränderter Tierorgane die Grenze zwischen Mensch und Tier aufgeweicht wird. Gerät so auch nicht die Hoffnung auf unsere Auferstehung, auch des Leibes (!), immer mehr aus unserem Blickfeld zugunsten eines Verständnisses des Leibes im Sinn der Behältertheorie? (Quelle: bibelbund.de: Dürfen Tierorgane auf Menschen übertragen werden?)

Wer aus Gründen wie diesen auf eine, sein eigenes Leben rettende Transplantation oder auf Gentechnik allgemein verzichten möchte, möge dies tun.

Wobei es auch hier zu Interessenskonflikten kommen kann: Wie zum Beispiel in diesem Fall eines Anhängers von „Jehovas Zeugen.“ Der hatte einen Chirurgen wegen Nötigung verklagt, weil dieser ihn ohne seine schriftliche Einwilligung in die Verabreichung einer Bluttransfusion im Notfall nicht operieren wollte. Jehovas Zeugen lehnen, biblisch begründet, Bluttransfusionen ab. Weil sie befürchten, dass Gott ihren Körper dereinst vielleicht nicht ihrer Persönlichkeit zuordnen könnte, wenn sie mit Fremdblut im toten Körper vor der Himmelstür stehen.

Ob Verlustängste bezüglich der Gottesebenbildlichkeit oder Zweifel an der Allwissenheit des allwissenden allmächtigen Gottes: Als Grundlage für einen allgemein verbindlichen ethischen Standard sind solche Gründe irrelevant.

Weder lässt sich damit irgendetwas richtiger erklären als mit wissenschaftlicher Erkenntnis. Noch kommt Religion als Moralquelle für moderne ethische Standards in Betracht.

Es ist kompliziert

Ein klares Stopp-Schild aber muss aufgestellt werden, wo menschliches Leben benutzt wird, um diese Forschung zu betreiben. Natürlich, all das ist kompliziert.

Keine Frage: Es ist kompliziert. Und das ist ja nur eines von vielen Themen, zu denen die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert erst noch einen allgemeinverbindlichen, vernünftig begründbaren ethischen Standpunkt finden muss.

Wobei es damit freilich auch noch nicht getan ist: In einer offenen und freien Gesellschaft unterliegen auch ethische Grundsätze sowie die Gesetzgebung einer stetigen evolutionären Weiterentwicklung.

Das wird besonders immer dann deutlich, wenn sich eine Gesellschaft schneller weiterentwickelt als ihre ethischen Standards und Gesetzgebung mithalten können. Und das führt dann zum Beispiel dazu, dass sich bestimmte Kirchen ihre religiösen Gefühle durch einen mit nichts zu rechtfertigenden „Blasphemie-Paragraphen“ gesetzlich, also vom Staat schützen lassen. Auch dies wieder nur als ein Beispiel von vielen.

Religiöse Dogmen und „Heilige Schriften“ können zur heutigen Ethik-Debatte keinen Beitrag leisten

Im Gegenteil: Wer aus einem Weltbild heraus argumentiert, das ausdrücklich nicht mit der irdischen natürlichen Wirklichkeit übereinstimmt, sondern auf magisch-esoterischen Annahmen basiert, der kann kaum erwarten, mit solchen Argumenten heute noch jemanden von seiner Meinung überzeugen zu können.

Was besonders dann schade ist, wenn der vertretene Standpunkt im Grunde vernünftig und unterstützenswert ist. Aber ein „…weil das so dem Willen meiner Gottesvorstellung entspricht“ oder ein „…weil das so dem Willen meiner Gottesvorstellung widerspricht…“ genügt als Argument heute eben nicht mehr.

Und trotzdem haben in einer offenen und freien Gesellschaft freilich auch Leute mit einem magisch-mythologischen Background das Recht, ihre Meinung einzubringen.

Basis: Ein rationales Weltbild

Wichtig ist jedoch, dass „alle bedeutenden, demokratiefreundlichen Weltanschauungen verhältnismäßig“ mit am Tisch sitzen. Darauf weist auch die Giordano Bruno Stiftung in ihren „Forderungen an Staat und Gesellschaft“ hin:

  • Die gbs sieht in der Gentechnik und der Stammzellentherapie ein großes Potential, Krankheiten und Behinderungen zu überwinden und dadurch die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Dennoch sind mit diesen neuen Technologien auch Gefahren des Missbrauchs verbunden. Daher ist eine ethische Kontrolle notwendig. Eine solche Kontrolle soll sich am Wohl der Betroffenen orientieren und auf der Basis eines rationalen Weltbildes stattfinden. Religiös und mystisch begründete Einschränkungen sowie die Berufung auf die Menschenwürde von befruchteten Eizellen werden abgelehnt. Die den deutschen Bundestag in Gesetzgebungsfragen beratende Ethikkommission ist dementsprechend so zu besetzen, dass alle bedeutenden, demokratiefreundlichen Weltanschauungen verhältnismäßig vertreten sind. (Quelle: Forderungen der gbs an Staat und Gesellschaft, Zit. n. http://gbs-fulda.de/gbs-forderungen-staat-gesellschaft/)

Auch dies betrifft wieder nicht nur das Thema Gentechnik. Sondern auch alle anderen Herausforderungen, denen sich die Weltbevölkerung eigentlich schon längst wesentlich intensiver hätte annehmen können und müssen: Klimawandel, Migration, Gerechtigkeit, Energie, Ressourcen, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz – um nur einige Schlagworte zu nennen.

Versuche, zum Beispiel zum Thema „Transhumanismus“ irgendwelche Bibelverslein zurechtzubiegen, können nur scheitern.

Wenn Forschung für Aufregung sorgt

Und die Aufregung in manchen Medien und Kommentaren zeigt auch, dass nur ein kleiner Kreis auf das notwendige Spezialwissen zurückgreifen kann, um hier angemessen und bis ins Detail die Forschung verfolgen zu können.

Für Aufregung hatten vor der Gentechnik freilich auch schon andere Meilensteine des menschlichen Forscher- und Erfindergeistes gesorgt. Gerade das Christentum war stets vorne mit dabei, wenn es durch eine neue wissenschaftliche Erkenntnis oder eine neue Erfindung seine Deutungshoheit gefährdet sah oder einen Machtverlust befürchtete.

Die Tatsache, dass ungezählte Menschen wegen vermeintlich „gotteslästerlicher“ Erkenntnisse von der Kirche ermordet wurden, ist Teil der Kriminalgeschichte des Christentums.

Der erste dokumentierte Fall dieser Art ist die Ermordnung des Mönches und Forschers Giordano Bruno durch die heilige katholische Inquisition. Neben zweifelnder Ablehnung etlicher katholischer Dogmen war es diese Bekenntnis, die Bruno mit seinem Leben bezahlen musste:

  • „Lachhaft zu sagen, außerhalb des Himmels sei nichts. Es gibt nicht eine einzige Welt, eine einzige Erde, eine einzige Sonne, sondern so viele Welten, wie wir leuchtende Funken über uns sehen.“ (Giordano Bruno, Zit. n. Hamburger Morgenpost vom 18.02.2019: Erinnerung an grausame Hinrichtung „Ketzer” bei lebendigem Leib verbrannt)

Delirium furiosum

Aufregung, genauer Angst in Anbetracht neuer Errungenschaften ist indes kein Phänomen, das auf die katholische Kirche beschränkt ist. So manche Befürchtungen und Warnungen von Wissenschaftlern erscheinen aus heutiger Sicht geradezu drollig. Wie zum Beispiel die vermeintlichen Gefahren, vor der Ärzte warnten, als die erste Dampfeisenbahn von Fürth nach Nürnberg in Betrieb ging:

  • Viele Bürger waren skeptisch oder gar ängstlich angesichts des rauchenden und schnaufenden Ungetüms, das sich in für damalige Verhältnisse hoher Geschwindigkeit von durchschnittlich 30 Kilometern pro Stunde fortbewegte. Ärzte warnten gar vor Gehirnkrankheiten wie der so genannten „geistigen Unruhe“, dem „Delirium furiosum“. (Quelle: Schwäbisches Tagblatt vom 25.03.2010: Ärzte warnten, Bahnfahren führe zu „geistiger Unruhe“ – Vor 175 Jahren fuhr der erste Zug zwischen Fürth und Nürnberg)

Aber wenigstens warnten die nur. Und verbrannten keine Lokführer, Erfinder oder Ingenieure auf dem Scheiterhaufen.

Allgemein halte ich eine evidenz- und faktenbasierte, möglichst unaufgeregte Debatte für den sinnvollsten Weg, um ethische Fragen zu klären. Besonders wegen der atemberaubend schnell angestiegenen Komplexität vieler Themen sollte eine solche Debatte interdisziplinär geführt werden.

Transparenz!

Gerade deshalb meine ich, dass sich eine zentrale Forderung an die Forscherinnen und Forscher selbst zu richten hat: Erklärt uns Außenstehenden immer wieder, was ihr macht!

Transparenz kommt immer dann ins Spiel, wenn das Vertrauen schwindet. Das Vertrauen in die Integrität  derer, von denen man aus guten Gründen Transparenz einfordert.

Das gilt für den Metzger, der eine Liste mit Zusatzstoffen aushängt (oder aushängen muss) genauso wie für die katholische Kirche.

Die sich mit Händen, Füßen und vermutlich auch unter Anrufung ihres Gottes dagegen wehrt, dass auf einmal nach und nach Licht in ihr so gemütliches und höchst erträgliches, aber über weite Strecken auch abgrundtiefes Dunkel kommt. Wie zum Beispiel die systematisch institutionalisierte und verschwiegene klerikale sexuelle Gewalt an Kindern. Oder diverse Finanzskandale.

Deshalb schließe ich mich der Aufforderung von Herrn Dr. Beck an und rufe ihm zu: Erklärt uns Außenstehenden immer wieder, was ihr macht!

Und noch wichtiger: Erklärt uns Außenstehenden immer wieder, wozu ihr dafür Sonderprivilegien wie euer eigenes Arbeitsrecht oder auch die Milliardenschwere staatliche Alimentierung benötigt!

Wissenschaftsethik, Ängste und abstruse Fantasien

Natürlich gibt es hier Arbeiten in hochkomplexen Feldern. Und es dürfte für viele Forscher*innen lästig sein, die eigenen Arbeiten immer wieder zu erläutern. […] Die Verantwortlichen in Universitäten und Forschungsinstituten dürfen aber das Erklären und auch das Diskutieren moralischer Grenzen nicht anderen überlassen.

Sie dürfen das Erklären und Diskutieren nicht anderen überlassen und glauben, sie hätten Wichtigeres zu tun. Und sie dürfen sich nicht bloß auf die Forderung nach liberalen Rahmenbedingungen beschränken. Das schürt lediglich Ängste und abstruse Fantasien.

Ängste und abstruse Fantasien entstehen in erster Linie aus Unwissenheit, oft in Verbindung mit diversen klassischen Denkfehlern. Deshalb ist auch eine faktenbasierte Debatte so wichtig.

Und dazu können und sollen freilich auch Wissenschaftler beitragen. Was sie auch tun: Noch nie gab es bessere Möglichkeiten, sich zu praktisch allen Forschungsbereichen eingehend zu informieren.

Ethik im wissenschaftlichen Diskurs

Zum Thema „Wissenschaftsethik“ finden sich viele Artikel und Dokumente. Einige Aspekte dazu hat beispielsweise Bernhard Kampen in diesem Beitrag beleuchtet. Er sieht in der steigenden Zahl der Fälle von Fehlverhalten und an der Bildung immer neuer Ethik-Kommissionen Hinweise darauf, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Letztlich geht es immer um eine Abwägung zwischen der im Grundgesetz in Artikel 5 Abs. 3 festgeschriebenen „Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie die Freiheit der Kunst“ und der Frage, was ethisch erlaubt sein soll.

Was das heutige Überthema Gentechnik angeht, findet sich zum Beispiel auf der Webseite der Partei „Die Humanisten“ im „Positionspapier: Gentechnik“ ein humanistischer Standpunkt. Aus diesem ergeben sich folgende Forderungen:

Forderungen
In Anerkennung renommierter Risikobewertungen [1-3] und gesellschaftlicher Entwicklungen [a] fordern wir:

  • die Abschaffung ideologisch motivierter Einschränkungen von Gentechnik.
  • wissenschaftlich begründete Beschlüsse hinsichtlich gentechnischer Anwendungen und Produkte auf deutscher und europäischer Ebene.
  • dass jeder Gentechnisch Veränderte Organismus (GVO) hinsichtlich seiner Risiken bewertet wird, nicht die eingesetzte Methode dahinter.
  • eine öffentliche Debatte über Gentechnik zum Abbau von Missverständnissen und irrationalen Ängsten.
  • eine angemessene Balance zwischen Vorsorge- und Innovationsprinzip.
  • und die staatliche Förderung der Gentechnik-Forschung als Schlüsseltechnologie mit Fokus auf Landwirtschaft und Medizin.
    (Quelle: Partei der Humanisten – diehumanisten.de: Positionspapier: Gentechnik)

Verantwortung für menschliche Not

Zu einer verantwortlichen Genforschung in der Medizin gehört neben dem Schutz jedes menschlichen Lebens auch die Bereitschaft, die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite auf diesem Weg mitzunehmen und sich den Gesprächen außerhalb der Wissenschaft zu stellen. Als Christen ist uns an solchen breiten Diskussionen gelegen, um auch der Not vieler Menschen mit ihren Krankheiten gerecht zu werden.

Gentechnik vs. WissenschaftsethikWenn die Absicht christlicherseits, auch der Not vieler Menschen mit ihren Krankheiten gerecht zu werden nicht nur ein Lippenbekenntnis sein soll, dann hätten gerade die christlichen Großkirchen mit ihrem Milliardenvermögen umfangreichste Möglichkeiten, genau dies zu tun. Zumal sie ja durch ihre eigene biblische Grundlage eigentlich sowieso dazu angehalten sind, keine irdischen Güter zu sammeln.

Ein weiterer, in diesem Zusammenhang sicher sehr wertvoller Beitrag wäre eine Ersetzung des Religionsunterrichtes durch Ethikunterricht. Die sozio-kulturellen und geschichtlichen Aspekte von Religion könnten im Ethik- oder auch Geschichtsunterricht integriert werden.

Und auch viele Theologinnen und Theologen könnten sicher wertvolle Beiträge zu Ethikfragen liefern, wenn sie von ihrer religös erweiterten Wirklichkeit in die irdische Wirklichkeit wechseln würden.

Denn für eine Beteiligung am Diskurs um gegenwärtige ethische Fragen mangelt es dem Christentum an einer brauchbaren Moralquelle, was Andreas Edmüller in seinem Buch „Die Legende von der christlichen Moral – Warum das Christentum moralisch orientierungslos ist“ ausführlich belegt.

Beim heutigen „Wort zum Sonntag“ fällt auf, dass Herr Dr. Beck diesmal offenbar nicht gelungen war, ein Bibelsprüchlein so zurechtbiegen, dass es den Anschein erweckt, etwas mit dem heutigen Thema zu tun zu haben.

Die von ihm vertretene Glaubenslehre scheint für seine Verkündigung sowieso kaum noch eine (bzw. keine) Rolle zu spielen. Weder zur Begründung seiner Forderung, menschliche Embryonen dürften nicht als „Verbrauchsmaterial“ verwendet werden, noch für seinen Appell, dass menschliches Leben auch „in seinen Frühstadien“ unbedingt zu schützen sei.

 

 

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1 Gedanke zu „Medizinische Forschung mit Mischwesen? – Das Wort zum Wort zum Sonntag, Thema Gentechnik“

  1. Ein komplexes Thema, und ein ebenso komplexer Artikel! Vielen Dank dafür!

    Mischwesen, also Menschen mit tierischen Organen, gibt es bereits in hoher Zahl unter uns. Meine eigene Mutter wurde einst mit kaum noch vorhandenem Lebensmut in eine Klinik eingeliefert, mehr tot als lebendig. Ein paar Tage später war sie wieder munter und voller Energie. Ein Wunder! Das Geheimnis: Eine ermüdete Herzklappe war nicht mehr in der Lage, den Blutfluss durch den Körper aufrecht zu erhalten, dies machte meine Mutter so schlapp. Ein simpler „mechanischer“ Defekt. Die Herzklappe wurde durch eine neue Klappe ersetzt, dessen Gewebe vom Schwein stammte (mit einem Metallgerüst). Meine Mutter ist seitdem eine Mischung aus Mensch, Schwein und Altmetall.

    Dem Herrn Pfarrer geht es ja vor allem darum, dass keine Forschung an „Embryonen“ betrieben wird, bei der diese „verbraucht“ werden. Es gehört zu den Tricks des „Wort zum Sonntag“, den Begriff des „Embryos“ nicht weiter zu erläutern und stattdessen darauf zu hoffen, der Zuschauer dächte dabei an süße kleine Mini-Babies, die man zerschneidet und in eine teuflische Chemikalie tunkt. Stattdessen geht es aber um winzige Zellhaufen, so winzig, dass man sie nur unter dem Mikroskop überhaupt sehen kann. Es sind Zellen mit DNA. Aber Zellen mit DNA verliert der Körper andauernd (oder stößt sie ab, wie im Falle unbefruchteter Eizellen).

    Eben dies zeigt doch, dass verantwortungsvoll die Wissenschaft mit menschlichem Leben umgeht (im Unterschied zu manchmal gedankenlosen Experimenten an Tieren). Es entsteht bei einem menschlichen Zellhaufen kein Leid, weil eine Zelle kein Leid empfinden kann. Es ist nicht zutreffend, dass wir darüber unsicher wären. Wir wissen es absolut sicher, weil wir wissen, woraus eine Zelle besteht.

    Meine Frage an den Herrn Pfarrer wäre folgende: Was genau könnte die Bibel oder die Uralt-Kirche zu diesen Fragen beitragen? Oder der Klerus, der meist keine naturwissenschaftliche Bildung hat (sonst wäre er nicht der Klerus)? Es müsste doch auch dem TV-Pfarrer klar sein, dass die Bibel UNMÖGLICH irgendwas zu diesen Dingen beitragen kann, weil diese Dinge völlig außerhalb der Vorstellung der Bibel-Autoren liegen.

    Meine Vermutung ist, dass die Wissenschaft hier an der Kante des Lebens und des „Seins“ arbeitet, und dass dies mal die Domäne der Religion war. Der Pfarrer möchte gefragt werden. Die Kirche möchte den Lauf der Forschung mitbestimmen. Oder zumindest informiert werden, damit man nicht völlig abseits steht. Aber die Kirchen verstehen die Sprache der Wissenschaft nicht, und deswegen spielen sie in der ganzen Angelegenheit keine Rolle.

    Der Herr Pfarrer regt eine „breite Diskussion“ an, die auch „außerhalb der Wissenschaft“ geführt werden solle. Übersetzung: Alle sollen mitreden dürfen, und wissenschaftlich fundierte Fakten sollen dabei nur ein Aspekt unter mehreren sein. Tatsächlich kann man niemanden verbieten, mitzureden. Aber am Ende spricht er davon, „der Not vieler Menschen mit ihren Krankheiten gerecht zu werden“ — und das kann nur die Wissenschaft. Entweder eine bestimmte Auffassung bewährt sich dadurch, dass Menschen geheilt werden, oder eben nicht. An dieser Hürde wird jede Religion scheitern, und das weiß der Herr Pfarrer ganz genau.

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