Am Ende ein Hoffnungsbild – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Christkönigsfest

Lesezeit: ~ 4 Min.

Am Ende ein Hoffnungsbild – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Christkönigsfest von Benedikt Welter (kath.), veröffentlicht am 23.11.2019 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Wie verpackt man das aus heutiger Sicht reichlich absurde „Christkönigsfest“ so, dass man sich nicht der Lächerlichkeit preis gibt und/oder auch nicht als weltfremder christlicher Fundamentalist da steht?
Ganz einfach: Man lässt den eigentlichen Inhalt weg und thematisiert einfach etwas, das sich leichter mit der Lebenswirklichkeit in Verbindung bringen lässt als die Hoffnung auf das Entstehen einer weltweiten göttlichen Monarchie.

Der November kann nix dazu…

Herr Welter bedient sich zunächst des altbekannten und bei christlichen Heilsverkündern offenbar überaus beliebten Motives des kalten und grauen Novembers. Ein Monat, der das passende Setting für Totengedenken à la Christentum liefert. Wenn es kalt, nass, trüb und nebelig ist, trauert es sich besser als an einem lauen Sommerabend.

[…] Am Volkstrauertag letzten Sonntag haben Gesellschaft und Staat der Toten der beiden Kriege gedacht, um die unser Volk trauert. Die beiden christlichen Totengedenktage – am katholischen Allerseelentag zu Beginn und am evangelischen Ewigkeitssonntag morgen bilden einen Rahmen der Erinnerung! (Quelle: Am Ende ein Hoffnungsbild – Wort zum Sonntag von Benedikt Welter (kath.), veröffentlicht am 23.11.2019 von ARD/daserste.de)

Allerseelen? Ewigkeit? Das, was das christliche Glaubenskonstrukt zum Thema Tod beizutragen hat, ist heute für den größten Teil der Bevölkerung irrelevant. Notgedrungen gibt man sich deshalb inzwischen offenbar schon damit zufrieden, noch ein folkloristisches Rahmenprogramm liefern zu dürfen.

Und selbst unter denen, die sich auf Friedhöfen zum kollektiven Totengedenken treffen und die sich ihren November-Blues durch Kerzenschein erhellen lassen dürfte die Zahl derer stetig zunehmen, denen die Vorstellung eines „Christ-Königsreiches“ eher peinlich als erstrebenswert ist.

Totengedenken wegen Götterglaube?

[…] Und kein Lebenslicht ist nach meinem christlichen Verständnis einfach so ausgelöscht und auf ewig ausgepustet. Im Gegenteil. Ich gedenke der Toten, weil ich an den Gott glaube, der allen Menschen Heimat sein will. Ewige Heimat. Und Ewiges Leben.

Weil ich an einen bestimmten Gott glaube, gedenke ich der Toten? Was ist das denn für eine Logik?

Ich gedenke der Toten, weil ich mich daran erinnere, was sie zu Lebzeiten gesagt oder getan haben. Und bei denen, die ich persönlich gekannt habe, natürlich auch daran, wie ich sie zu ihren Lebzeiten erlebt habe.

Dazu brauche ich keine Götter. Und demzufolge muss ich auch nicht so tun, als wüsste ich, was diese Götter sein wollen. Auch muss ich mir dazu keine wie auch immer geartete Ewigkeit einbilden.

Die Faktenlage stellt sich wesentlich plausibler und einfacher dar als jede Jenseitsphantasie:

Welche Hoffnung steckt im „Vaterunser“?

Vermutlich um die verbleibende Sendezeit zu füllen, erzählt Herr Welter noch eine Anekdote, der zufolge ein SED-Funktionär einer Krankenschwester anlässlich seines bevorstehenden Todes verraten hatte, dass er jeden Tag seines Lebens ein „Vaterunser“ gebetet habe:

[…] Nur eine kleine und irgendwie intime Szene; aber was steckt da an Hoffnung drin!

Gute (rhetorische) Frage. Was genau soll bei halbwegs vernünftiger Betrachtung daran hoffnungsvoll sein, ein allmächtiges, allwissendes und allgütiges magisches Himmelswesen darum zu bitten, dass sein Wille geschehe und dass sein Reich komme?

Andererseits: Ein SED-Funktionär dürfte ja Erfahrung mit hoffnungsvoll erscheinenden Illusionen gehabt haben…

Sterben wie’s beliebt

Viele von denen, an die wir im November denken, sind allein gestorben, ohne jemand an ihrem Sterbebett. Viele ohne ein andächtig gebetetes Vaterunser.

Ich wünsche jedem Menschen, dass er, wenn er beim Sterben begleitet werden möchte, die Sterbebegleitung erhalten möge, die er sich für sich wünscht. Und dass er vor der Sterbebegleitung verschont bleibt, die er sich für sich nicht wünscht.

Das Lebensende ist wohl einer der persönlichsten Lebensabschnitte. Die direkte und indirekte Einmischung, die sich die Kirche auch in diesem Bereich bis heute erlaubt, ist ein für einen Säkularstaat unerträglicher Zustand.

Dein Reich ohn‘ alle Grenzen ist, ohn‘ Ende muss es währen

Jetzt müsste natürlich doch noch irgendwie das an diesem Sonntag anstehende „Christkönigsfest“ verabeitet werden.

Zum Glück für Herrn Welter findet sich in der letzten, ergänzenden Strophe des in diesem Zusammenhang angesagten Kirchenliedes „Gelobt seist du, Herr Jesu Christ“ ein Anknüpfungspunkt an sein heutiges Thema:

[…] Viele katholische Gemeinden werden morgen singen: „… jeder Menschenseele Los fällt, Herr, von deinen Händen, und was da birgt der Zeiten Schoß, du lenkst es aller Enden. … O sei uns nah mit deinem Licht, mit deiner reichen Gnade; und wenn du kommst zu dem Gericht, Christ, in dein Reich uns lade.“

Das eigentliche Thema dieses Liedes von Guido Maria Dreves (1886) ist die Phantasievorstellung, der eigentlich schon längst zurückerwartete, aber durch permanente Abwesenheit glänzende Gottessohn sei der „König des Weltalls.“ Oder auch der „König der Welt.“ Dabei weiß doch heute jedes Kind, dass in Wirklichkeit Jack Dawson der König der Welt ist…

Die religiös-monarchistisch-absolutistische Wunschvorstellung, um die es bei diesem Fest eigentlich geht, scheint für Herrn Welters Verkündigung nicht von Belang zu sein.

Vielleicht ahnt Herr Welter ja auch, dass die Zeit, in der man lautstark und unverhohlen ein christliches Königreich ausrufen oder zumindest postulieren kann, ohne daraufhin bezüglich seines Geisteszustandes befragt zu werden längst vorbei ist.

Christkönigsfest: Kampf dem Laizismus!

ChristkönigsfestDer eigentliche Anlass, ein Christkönigsfest zu erfinden, war für Papst Pius XI im Jahr 1925 der Kampf gegen den Laizismus.

Aufrufe dieser Art sind heutzutage zumindest in den Mainstreamabteilungen des Christentums praktisch nicht mehr zu vernehmen.

Solche Anwandlungen gibt’s vielleicht noch bei den Hardcore-Fundamentalisten von gloria.tv oder kath.net. Also jene Sparten des Christentums, die sogar bei den meisten Mitchristen für Argwohn und so manche hochgezogene Augenbraue sorgen.

Für ein „Wort zum Sonntag“ wäre ein solcher Aufruf oder auch die unverblümte Ankündigung eines Weltallumfassenden „Christkönigreiches“ kaum vorstellbar.

Da ist man einfach nur froh, dass die Legende von der christlichen Moral bis heute noch geglaubt wird.

Und noch viel mehr, dass die damit verbundene stattliche staatliche Alimentierung und die umfangreichen Sonderprivilegierungen noch so ergiebig und reibungslos funktionieren.

Hierzu verlässt man sich lieber auf das beispiellose kirchliche Lobbynetzwerk als auf die Unterstützung durch die Herde. Und verschont die Schäfchen soweit möglich vor allem, was irgendwie zum Nachdenken oder gar Hinterfragen anregen könnte.

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2 Gedanken zu „Am Ende ein Hoffnungsbild – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Christkönigsfest“

  1. Tja – das war wieder einmal ein WzS aus der Kategorie: Hilfe-lieber-Gott-ich-bin-bald-wieder-dran-und-habe-keine-Idee-worüber-ich-predigen-soll. Am Ergebnis lässt sich sehr klar ablesen, dass Herrn Welters Hilfeersuchen nicht erhört wurde.

    Könnte man für so einen Fall das WzS nicht absagen und das eingesparte Geld für einen guten Zweck stiften?

    Antworten
  2. „Viel reden und wenig sagen“ lautet die Devise der liberalen Prediger.
    Sie verstehen wohl, wie wenig ihr Glaube den Menschen anbieten kann und konzentrieren sich deshalb darauf, ihre Verluste zu begrenzen indem sie niemanden verschrecken.

    Antworten

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