Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Erscheinung des Herrn – Die Sterntaler, veröffentlicht am 6.1.21 von osthessennews.de
Darum geht es
Märchenonkel und Stadtpfarrer Stefan Buß versucht sich heute als Gesellschaftskritiker, Spendeneintreiber und Astrologe.
Zum Einstieg erzählt Herr Buß das Märchen „Die Sterntaler.“
Einmal mehr stellt sich mir die Frage, an wen er seine inzwischen täglich erscheinenden Impulse eigentlich adressiert? Wohl kaum an Kinder. Denn schließlich nutzt er die Grimmschen Märchen nur als Aufhänger, um anschließend seine biblische Mythologie darunterpappen zu können.
Nun sind Anekdoten und Märchen-Narrative als Argument für oder gegen etwas untauglich. Egal ob sie säkularen oder biblischen Märchen und Legenden entnommen werden.
Und verbunden mit absurden Ad hoc-Behauptungen wird es kein bisschen plausibler oder überzeugender, wie wir gleich sehen werden.
Sterntaler: Mach‘ dich nackich – für Gott!
Zurück zum Märchen Sterntaler, das Herr Stadtpfarrer Stefan Buß wie folgt zusammenfasst:
[…] Weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Feld. Es machte sich auf den Weg. Es vertraute Gott. Es verschenkte das Brot, ihre Mütze, ihr Leibchen, ihr Röckchen und schließlich das Hemdchen und hatte gar nichts mehr. Und es wird dafür belohnt. Und zwar mit Sternen. Die Sterne beim Märchen fielen damals vom Himmel und wurden lauter Silbertaler. Sie belohnten das Mädchen für ihre Liebestaten.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Erscheinung des Herrn – Die Sterntaler, veröffentlicht am 6.1.21 von osthessennews.de)
Eine Deutung scheint Herrn Buß nicht für erforderlich zu halten. Aus seiner Sicht dürfte die Message sonnenklar sein: Gott belohnt sogar Menschen (sogar weibliche!), wenn sie auf ihn vertrauen und aus diesem Vertrauen heraus ihr Eigentum an Bedürftige verschenken. Und zwar am besten alles. Einschließlich Leibchen, Röckchen und Hemdchen…
Bedingungslos zur Verfügung stehen
Theologe Eugen Drewermann kommt in Sachen Sterntaler interessanterweise zu einer ganz anderen Einschätzung. Auf die Frage, was für ein Mädchen das Sterntaler-Mädchen sei, erklärt Drewermann:
- „Ein sehr gefährdetes. – Manche Leute kenne ich, die als Lieblingsmärchen aus Kindertagen „Die Sterntaler“ gewählt haben, und immer waren es Persönlichkeiten, die wunderbar darin sein konnten, freigiebig zu sein, großzügig zu sein, eigentlich niemals ‚Nein!‘ zu sagen, sondern sich bis zur Aufopferung in die Bedürfnisse anderer hineinzuversetzen. Auf der anderen Seite liegt darin fast immer ein Hauptproblem: Man darf sich nicht verweigern! Man muss bedingungslos zur Verfügung stehen; man hätte die größten Schuldgefühle, sich abzugrenzen. Mit anderen Worten: Das Sterntaler-Märchen als ein Ideal der Sittlichkeit, des Verhaltens, schon in Kindertagen eingetragen, macht Gefahr, eine neurotische Persönlichkeit zu formen.“
(Quelle: Eugen Drewermann, Zit. n. deutschlandfunkkultur.de: Susanne Mack: Und wenn sie nicht gestorben sind… Grimms Märchen und der liebe Gott)
Höchste Zeit für Herrn Stadtpfarrer Buß, jetzt von der halbwegs säkularen zur biblischen Mythologie umzuswitchen. Sein Geld verdient er schließlich mit dem Vertrieb christlicher und nicht Grimmscher Märchen.
Einen Stern…
Am Festtag Erscheinung des Herrn spielt auch ein Stern eine bedeutsame Rolle (vgl. Mt.2,1-12). So belohnte auch damals der Stern die Weisen aus dem Morgenland für ihre Mühe und Strapazen. Sie hatten sich auf den Weg gemacht. Sie nahmen es auf sich und sie fanden das Kind mit Hilfe dieses Sternes. Sie fanden den Heiland der Welt. Der Stern führte sie hin zum Kind. Er zeigte den Weg.
Herrn Buß genügt es offenbar, dass in beiden Narrativen ein göttlich und somit aus seiner Sicht positiv konnotierter Begriff „Stern“ vorkommt.
Die Weisen aus dem Morgenland mussten sich der biblischen Legende zufolge jedenfalls nicht ihrer Leibchen, Röckchen und Hemdchen entledigen.
Und dass der legendenhafte Wegweiser-Stern als Belohnung für die Mühe und Strapazen der Reise gedacht war (von wem eigentlich?), hatte sich der Stadtpfarrer offenbar selbst als Anknüpfungspunkt zum Sterntaler-Märchen zusammenfabuliert. Schon praktisch, wenn man sich in einem Bereich bewegt, in dem Wirklichkeit und Wahrheit keine Rolle spielen… Nur sollte man dann ab einem gewissen Alter in der Lage sein, Phantasie und Wirklichkeit auseinanderzuhalten.
Sternstunden christlicher Astrologie
So steht über jedem Menschenleben ein Stern, der uns den Weg zeigt.
Als Widder (und damit dem Element Feuer zugehörig) kennt sich Herr Buß natürlich auch mit hellen Sternen aus, die Menschen den Weg weisen.
Aber bei der Sterndeutung ist Vorsicht geboten: Falls nicht das in Deutschland etablierte, sondern zum Beispiel das chinesische Horoskop das richtige sein sollte, dann wäre Herr Buß als Tiger der Gefahr ausgesetzt, sich leichtsinnig, überstürzt, unüberlegt und beratungsresistent zu verhalten.
Glauben Sie an Horoskope, Herr Buß? Nein? Ich auch nicht. Ich behaupte allerdings auch nicht, dass über jedem Menschenleben ein Stern stehe, der „uns den Weg zeigt.“
Herr Buß, ich wüsste gerne mal, wie Sie sich die Menschen vorstellen, die Sie meinen, mit Ihren Verkündigungen zu erreichen.
Damals haben die Weisen dem Jesuskind viele Geschenke gemacht.
Naja, laut biblischem Narrativ: Jeder genau eins. Also in Summe drei. Sind jetzt nicht soooo wahnsinnig viele…
Herr Buß weiß, was das Jesuskind heute will
…in Wirklichkeit weiß er es natürlich nicht. Aber er gibt trotzdem vor, es zu wissen:
Heute will das Jesuskind, dass wir auch unsere Geschenke verteilen.
Nö. In Wirklichkeit ist es Herr Buß, der mit dieser Quatsch-Behauptung Menschen dazu animieren will, den Multimilliardenkonzern, für den er tätig ist, mit Spenden zu unterstützen.
Wir sind mit Gaben und Talenten ausgestattet. Damit sollen wir nicht warten bis zum Ende unseres Lebens, sondern wir sollen die Not unserer Mitmenschen sehen und versuchen zu lindern.
Schätzungen zufolge beläuft sich das Vermögen der katholischen Kirche in Deutschland auf mehr als 200 Milliarden Euro, wobei andere Schätzungen auch von mehr als dem Doppelten ausgehen. Genauer scheint das niemand zu wissen.
Fest steht: Bevor die katholische Kirche Deutschland zu Spenden aufruft, hätte sie mehr als genug Möglichkeiten, sehr sehr viel Leid und Not quasi schlagartig und nachhaltig zu lindern oder ganz aus der Welt zu schaffen, wenn sie nur wollte.
Was ihren Gott betrifft, der ja ebenfalls jegliches Leid tatenlos geschehen lässt und wo niemand sagen kann, ob es an mangelnder Allmacht, mangelnder Allgüte oder an mangelnder Existenz liegt, lässt sich in Sachen katholische Kirche feststellen: An mangelnden Mitteln liegts sicher nicht.
Ohne die Bereitschaft, eine wirklich nennenswerte Summe aus dem eigenen Vermögen zur Linderung der Not von Mitmenschen herauszurücken, erscheinen alle Spendenaufrufe der katholischen Kirche wie blanker, heuchlerischer Hohn.
Wenn die Kirche Kinder zum Betteln schickt
Und was Menschen angeht, die andere Menschen wirksam unterstützen möchten: Die sollten sehr genau hinschauen, welche Ziele die Organisationen (vielleicht auch zusätzlich zu denen, die tatsächlich sinnvoll erscheinen) verfolgen, an die sie spenden:
Das tun wir z.B. mit den Geldspenden, die die Sternsinger in diesen Tagen sammeln.
Das Sternsinger-Hilfswerk zum Beispiel ist ein Kindermissionswerk. Mehr zum Thema Sternsinger und Infos, warum man diese Organisation besser nicht unterstützen sollte gibts bei den Kolleg*innen vom MGEN-Podcast in diesem Segment. Und natürlich auch in etlichen Beiträgen hier auf AWQ.DE.
Man sollte sich hier wirklich die Größenverhältnisse vor Augen führen:
Die Spendensumme, die bei der Sternsingeraktion durch Kinder, die im Auftrag der Kirche Betteln geschickt werden zusammenkommt, erscheint mit etwa 50 Millionen Euro jährlich erstmal ganz ordentlich.
Den meisten Menschen dürfte dabei nicht bewusst sein, dass dies in etwa den Zinsgewinnen entsprechen dürfte, die sich die katholische Kirche an nicht mal einem Tag durch ihr Kapital erwirtschaften lässt. Jeden Tag. Jahrein, Jahraus.
…und wenn er nicht gestorben ist, dann schenkt er sich noch heute
Und wenn wir am Ende unseres Lebens nur leere Hände haben, dann macht das dem Heiland gar nichts. Je weniger wir haben, desto mehr wird er uns dann schenken. Er hat sich selbst uns ganz geschenkt.
Es erscheint schwer nachvollziehbar, wie ein erwachsener, geistig gesunder Mensch solche „Weisheiten“, die intellektuell sicher nochmal deutlich unterhalb von Kasperletheater- oder Glückskeks-Niveau zu verorten sind als ernst gemeinte Botschaft ohne mit der Wimper zu zucken in eine Kamera sprechen kann.
Lass wir uns auch heute leiten von seinem Stern.
Wie wärs mal zur Abwechslung mit Ethik, Verstand, Vernunft und Mitmenschlichkeit um der Mitmenschen willen? Statt infantilem christlich-astrologisch-esoterischem Geschwurbel?
*Quelle: Atheisten Österreich
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