Die wichtigen Fragen – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 11 Min.

Die wichtigen Fragen – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Julia Enxing, veröffentlicht am 2.9.23 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Heute erfahren wir, was für Frau Prof. Dr. Julia Enxing für das Besondere am Christentum ist. Spoiler: Die biblische Kernaussage ist es nicht.

Beim Tischtennisspiel wird Frau Enxing mit der Glaubensfrage konfrontiert: Was eigentlich das Besondere am Christentum sei, möchte ihre augenscheinlich kritische Freundin von ihr wissen.

Eine links, eine rechts…

Der kleine weiße Ball fliegt hin und her über die Tischtennisplatte. Da fragt mich meine Mitspielerin: „Was ist eigentlich das Besondere am Christentum, außer, dass man die andere Wange hinhält, wenn man geschlagen wird?“ Ich war baff. Der Ball längst im Aus. Äh? „Also das wäre mir jetzt nicht gerade eingefallen als der Kern des Christlichen“, sage ich.

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Die wichtigen Fragen – Wort zum Sonntag, verkündigt von Julia Enxing, veröffentlicht am 2.9.23 von ARD/daserste.de)

Wie wir erfahren, hält Frau Enxing das mit der anderen Wange nicht für das Besondere am Christentum. Vielmehr findet sie diese Aufforderung sogar „total fragwürdig.“

Leider verrät Frau Enxing nicht, anhand welcher Kriterien sie für sich entscheidet, was an der ja angeblich vollumfänglich göttlich geoffenbarten oder zumindest inspirierten ewigen Wahrheit sie total fragwürdig findet und was nicht. Und woher diese Kriterien stammen.

Dabei gibt es an diesem biblischen Beispiel doch gar nichts nicht zu verstehen: Es handelt sich um eine klare, deutliche Anweisung. Um eine Veranschaulichung einer Haltung, die aber offenbar nicht der Haltung von Frau Enxing entspricht.

Irritiert und irgendwie provoziert

Stattdessen gesteht Frau Enxing eine Reaktion, die sich leicht erklären lässt:

Ich bin noch etwas irritiert und fühle mich irgendwie provoziert. Aber ich freue mich auch über die Frage. Ich höre echte Neugierde und echtes Interesse heraus. Wir nehmen das Spiel wieder auf und ich überlege kurz und denke laut nach: „Nein, das mit der anderen Wange ist es nun wirklich nicht. Im Gegenteil, das finde ich total fragwürdig.“

Dass sich Christen provoziert fühlen (und zwar oft nicht nur irgendwie, sondern mitunter ganz massiv und sehr persönlich), wenn man sie schon allein nur mit den Inhalten ihrer eigenen „Heiligen Schrift“ konfrontiert, ist nichts Neues.

Solche Gefühle können in dem Moment entstehen, wenn Gläubigen bewusst wird, dass manche biblischen Inhalte (nämlich die, für die sie sonst zumeist #bibelblind sind) nicht mit ihrer eigentlichen Weltanschauung, ihrem Wissensstand, ihren persönlichen Wertevorstellungen und/oder ihren eigenen ethischen Standards übereinstimmen. Dieses Phänomen bezeichnet man als „kognitive Dissonanz.“

Statt jetzt darauf einzugehen, warum sie offenbar nicht die Einstellung vertritt, es sei eine sinnvolle Sache, sich nach einem Schlag ins Gesicht auch gleich noch auf die andere Wange schlagen zu lassen, geht sie nicht weiter darauf ein und sucht stattdessen nach Antworten, die ihr besser in den Kram passen.

Ad ignorantiam & non sequitur

Als Theologiefachfrau ist Frau Enxing natürlich mit allen theologisch-rhetorischen Tricks vertraut. Los gehts mit einem Argumentum ad ignorantiam in einer non-sequitur-Variante:

Also erstmal glaube ich nicht, dass dieses Leben alles sein kann. Es muss mehr geben.

Daraus, dass wir nicht wissen, ob dieses Leben „alles“ (oder, im Fall von Frau Enxing, glauben – was auch immer mit „alles“ gemeint sein soll) ist (argumentum ad ignorantiam), folgt nicht (non sequitur), dass es deswegen auch mehr geben muss.

Besonders folgt aus Unwissenheit nicht, dass man deshalb konkrete Aussagen darüber machen kann, was man nicht weiß. Deshalb kann sie es ja auch nur glauben. Und glauben kann man alles Beliebige – und das genaue Gegenteil.

Wer keinen Wert auf intellektuelle Redlichkeit legt und wem es egal ist, inwieweit die eigene Weltanschauung mit der Wirklichkeit übereinstimmt, der kann alles Beliebige für wahr halten, ohne dass sich dadurch etwas an den Fakten ändert. Belege dafür finden sich nicht nur, aber zuverlässig immer im Zusammenhang mit religiösem Glauben.

Das kann und soll, nein darf es nicht gewesen sein

Auf die Nachfage ihrer Tischtennis-Partnerin, wovon es denn „mehr“ geben müsse, erklärt Frau Enxing:

Meme Gottesbeweis

Mehr als das Auf und Ab von Gesundheit und Krankheit, von Freud und Leid, von Krieg und Frieden.

Dieses Leben, das kann doch nicht alles sein. Das kann und soll, nein, das darf es nicht gewesen sein.

Das kann und soll, nein, das darf es nicht gewesen sein? Weil Frau Enxing sonst traurig ist? Weil ihr ihr Leben sonst sinnlos erscheint?

Oder, weil sie – privat oder berufsbedingt – auf Gedeih und Verderb auf irgendeine Lücke angewiesen ist, in der sie ihren „Gott der Lücke“, auch bekannt als „God of the gaps“ unterbringen kann? Frau Enxings Lücke ist die Frage nach dem Sinn des Lebens.

Karma Karma

Und in der Tat stellt sie auch gleich die Sinnfrage:

Ich denke ja, dass sich der Sinn meines Lebens erst von einem Höheren her erschließt. Das gibt mir Kraft.

Waren wir gerade noch im Sandkasten des Glaubens, wo ja alles Beliebige „möglich“ sein kann, so sind wir jetzt beim Denken. Bedeutet das nun, dass Frau Enxing Kraft daraus schöpft, dass sie offenbar nicht in der Lage ist, selbst ihrem Leben einen Sinn zu geben?

Oder rührt die Kraft von der altbekannten Überheblichkeit und Selbstüberschätzung, die Menschen, die sich für „Gotteskinder“ halten oft an den Tag legen?

Ich schöpfe Kraft aus der Überzeugung, dass auch die Ungerechtigkeit dieser Welt irgendwann eine Antwort erhält oder ihr Aushalten leichter wird.

Diese Zeilen erinnern mehr an einen Karma-Glauben als an den „gerechten Richter“ aus der biblisch-christlichen Mythologie. Denn dem ist, sollte er existieren, weltliche Ungerechtigkeit ja augenscheinlich herzlich (?) egal. Laut Bibel richtet der darüber, ob sich jemand zu Lebzeiten ihm ordentlich unterworfen hatte oder nicht.

Bezeichnend auch hier wieder die strümpfigen Formulierungen, die Königsdisziplin von Frau Prof. Dr. Enxing: So vage wie möglich bleiben, nur nichts behaupten, was offenkundig nicht stimmt (auch wenn es sich um Prämissen handelt, deren Gültigkeit man trotzdem stillschweigend voraussetzt) – lieber alles bis zur völligen Bedeutungslosigkeit verunklaren und mit möglichst unverfänglichen Phrasen verharmlosen.

Wer kann die Welt besser machen?

Dass auch die Ungeliebten, die Ungewollten, die Misshandelten und Entrechteten, sich irgendwann als Geliebte, als Gewollte erfahren, gut behandelt und gleichberechtigt; dass die Stimmen der Verstummten Gehör finden.

Quelle: facebook.com/datheisten

Hier wird natürlich niemand wiedersprechen: Wer wünscht sich nicht eine Welt, in der sich die Menschen mitmenschlich und fair verhalten? Und natürlich bin ich ganz bei Frau Enxing, wenn es darum geht, dazu beizutragen, diese Ziele anzustreben. Kurz: Zu versuchen, die Welt gerechter, fairer, freundlicher zu machen.

Doch offenbar sieht sich Frau Enxing hier gar nicht in der Pflicht:

Ich glaube, dass es ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit geben wird.

Wenn Christen von einem „Reich“ fabulieren, dann ist klar, dass sie damit natürlich das „Reich“ ihres Gottes meinen.

Praktischer Nutzen für Gläubige: Verantwortung abgeben

An diesem kleinen Satz zeigt sich der praktische Nutzen religiösen Glaubens für die Gläubigen.

Statt zum Beispiel etwas zu sagen wie: „Auch wenn wir anhand der irdischen Lebenswirklichkeit davon ausgehen müssen, dass wir dieses Ziel wohl nie erreichen werden, ist es trotzdem sinnvoll und richtig, sich Tag für Tag dafür zu bemühen, diesem Ziel näher zu kommen.“ bedienen sie sich der unredlichen Methode des Glaubens. Und geben die Verantwortung an eine höhere Instanz ab. Von der sie sich so sehr wünschen, dass es sie geben möge, dass sie einfach so tun, als gäbe es sie wirklich.

Natürlich ist das nicht irgendeine Instanz. Sondern, bei Christen, der Gott aus der biblisch-christlichen Mythologie. Ein Gott, der sich, sollte er existieren, genau so verhält, als gäbe es ihn nicht. Wie alle anderen Götter auch.

Sankt Nimmerlein, bitte für uns

Die Freundin lässt nicht locker:

Und wann so?“, fragt meine Freundin. Das weiß ich auch nicht. Aber ich weiß, dass genau dieses Reich der Gerechtigkeit nichts ist, auf das ich mich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten lassen möchte.

Frau Enxing, Sie sind es doch selbst, die sich auf dieses fiktive illusorische Reich vertröstet! Durch Ihren – pardon das offene Wort – dummen Götterglauben! Sie entledigen sich damit der Verantwortung, sich selbst um diese Werte bemühen zu müssen.

Idealvorstellungen wie die von einem „Reich des Friedens und der Gerechtigkeit“ sind in religiösen Glaubenskonstrukten oft anzutreffen. Stichwort: Paradies.

Auch die Wissenschaft war lange nicht gefeit vor solchen irrigen Annahmen, es gäbe zum Beispiel so etwas wie das ideale Huhn, auf das sich alle Hühner hin entwickeln würden. Im Unterschied zur Religion hat man den Irrtum aber spätestens seit Entdeckung der evolutionären Zusammenhänge erkannt – und durch die neuen, inzwischen umfänglich belegten Erkenntnisse ersetzt.

Eine lesenswerte Einführung u.a. in Themen wie Evolution und Schwächen der dualistischen Denkweise bietet zum Beispiel Martin Meters Buch „Die Befreiung des Denkens – Auswege aus Unwissenheit und Aberglaube.“

Botschaft der Umkehr – aber wohin?

Und irgendwie scheint es Frau Enxing doch zu dämmern, dass sie es sich mit ihrer bisherigen nebulösen Phrasendrescherei ziemlich leicht gemacht hat. Zumindest wird es jetzt, zumindest scheinbar, eine Spur handfester:

Als Christin fühle ich mich als Teil einer Gemeinschaft, die Zeugnis ablegen möchte – von den Prophet:innen, von Jesus, von der Botschaft der Umkehr, der Botschaft, dass wir nicht so weitermachen dürfen, dass ein Neuanfang jederzeit möglich, Versöhnung denkbar ist. Und zwar genau im Hier und Jetzt.

Das Zeugnis der Prophetinnen (nur 6 Frauen in der ganzen Bibel) und von Jesus ist die Botschaft der Umkehr, richtig.

Gemeint ist allerdings ausnahmslos die Umkehr zu Gott.

Alles andere hat Frau Enxing zweckdienlich dazugedichtet. Und vom „Zeugnis ablegen“ wird natürlich auch noch nichts besser. Im Gegenteil: Wenn es dabei bleibt und vor allem, wenn das Zeugnis auch noch aus einem Aufruf zu Irrationalität in Form von Götterglaube besteht, dann schadet das mehr als es nutzt. Q.e.d.

Frau Enxing, wenn es Ihnen das Verhältnis von Menschen untereinander und nicht um religiöse Mythologie geht, dann sollten Sie das mit der Religion nochmal genau überdenken:

An über 1.000 Kindern aus verschiedenen Kulturkreisen haben Forscher nun nachgewiesen, dass religiös erzogene Kinder unsozialer sind als atheistisch erzogene Kinder. So teilen christlich und muslimisch erzogene Kinder seltener mit Altersgenossen, wollen im Gegenzug aber unsoziales Verhalten härter bestrafen. Je religiöser die Familien waren, desto ausgeprägter war dieses Verhalten zu beobachten.

(Quelle: forschung-und-wissen.de: Religion macht Kinder unsozial und intolerant)

Selbst ist die Frau!

Denn es heißt ja, dass das Reich Gottes bereits angebrochen ist. Dann will ich es bitteschön auch spüren, dann will ich diesen Anbruch erleben und meinen Teil dazu beitragen. Christin sein heißt nicht nur reden, heißt auch handeln!

Mit anderen Worten: Menschliches Leid allein scheint als Grund nicht auszureichen, um zu versuchen, dieses Leid wirksam zu mindern. Für Christen braucht es augenscheinlich noch zusätzlich die Einbildung, damit den allmächtigen Gott bei der Errichtung seines Reiches zu unterstützen, um ins Handeln zu kommen.

Das Problem dabei: Christen hatten und haben konträr unterschiedliche Vorstellungen davon, wie sich ihr Gott das mit seinem Reich konkret vorstellt.

Auch sämtliche christlichen Verbrecher, die zur „Kriminalgeschichte des Christentums“ beigetragen haben, waren und sind absolut sicher davon überzeugt, mit ihren Verbrechen den angeblichen Willen ihres Gottes zu erfüllen. In Wirklichkeit natürlich immer zu ihrem eigenen Vorteil im Hier und Jetzt, aber auch, um ihr vermeintliches Schicksal im vermeintlichen Jenseits positiv zu beeinflussen.

Zu welchen Schandtaten und Verbrechen Menschen in der Lage sind, wenn sie statt einer vernünftigen und stabilen Moralquelle Heilige Schriften heranziehen, zeigt die schon erwähnte Kriminalgeschichte des Christentums.

Mann kann und sollte sich also keinesfalls darauf verlassen, dass „Christin sein heißt nicht nur reden, heißt auch handeln“ automatisch ein ethisch richtiges Verhalten zur Folge hat.

Das kann doch kein Zufall sein!

Nach ihrem Ausflug in die Welt des Karmas und in das utopische „Reich“ ihres Gottes fällt Frau Enxing sogar noch ein weiterer Punkt ein, den sie für das Besondere am christlichen Glauben hält:

Und dann komme ich noch auf einen weiteren Punkt, beim Nachdenken: Ich bin davon überzeugt, dass das, was ist, nicht dem Zufall oder allein uns Menschen zu verdanken ist.

Zu den beiden ersten Scheinargumenten kommt jetzt noch ein weiteres hinzu: Ein guter alter Strohmann.

Der besteht hier in der kolportierten irrigen Annahme, dass das, was ist, Zufall oder allein uns Menschen zu verdanken sei. Eine solche Vorstellung präsentieren Gläubige gerne, um damit zu suggerieren, dass dies ein typischer Standpunkt glaubensfreier Menschen sei.

Natürlich mag es Menschen geben, die solche Ansichten vertreten. Nicht an Götter zu glauben bedeutet ja nicht automatisch, dass man deshalb auch die Evolution halbwegs verstanden hat. Ein Buch, das helfen kann, Wissens- oder Verständnisdefizite auszugleichen, hatte ich gerade ja schon empfohlen.

Der Strohmann-Trick ist leicht zu durchschauen: Ein absurder, offensichtlich faktisch falscher Standpunkt lässt sich viel leichter angreifen als einer, der mit zahllosen Belegen schlüssig belegt werden kann.

Und deshalb wählt Frau Prof. Dr. Enxing als „gegnerischen“ Standpunkt einen, der mindestens genauso absurd und unsinnig ist wie die Annahme eines mit der irdischen Wirklichkeit interagierenden Schöpfergottes, wie Christen sie hegen (oder eigentlich zu hegen haben, wenn sie ihre Glaubenslehre ernst nehmen).

Bei einer Frau Prof. Dr. halte ich ein solches scheinargumentatives Manöver für einen intellektuellen Offenbarungseid.

Göttliche Begleitkraft, die Kraft zum Leben geben möge

Als nächstes gibts eine Prise christlicher Esoterik:

Ich glaube an die Kraft Gottes, die diese Welt begleitet, die allem Lebendigen Kraft zum Leben geben möchte. Dieses Auch-einem-anderen-verdankt-Sein lässt mich demütig werden. Genau wie Sie bin ich Teil eines Lebensnetzes, verbunden, aber auch verwundbar.

Sie glauben an eine Kraft, die allem Lebendigen Kraft zum Leben geben möchte? Lesen Sie eigentlich nochmal drüber, bevor Sie Ihren Text in die Kamera sprechen? Oder sonst jemand? Vielleicht auch mal jemand von außerhalb der Kirchenredaktion?

Kann es sein, dass Sie sich gerade ein bisschen zu sehr verschwurbelt haben bei dem Versuch, den Umstand zu umschiffen, dass Ihr Glaube an eine göttliche Kraft nicht von einer rein menschlichen Einbildung und Wunschphantasie zu unterscheiden ist? Schon allein deshalb, weil der Platzhalter „Gott“ an dieser Stelle mit allem Beliebigen gefüllt werden kann, ohne dass sich faktisch irgendetwas ändert?

…wirklich alles Lebendige?

Aber zurück zu „allem Lebendigen“, dem Ihre göttliche begleitende Kraft also Ihrem Glauben zufolge Kraft zum Leben geben möchte:

Zu „allem Lebendigen“ gehört zum Beispiel auch der Loa-Loa-Wurm. Auch bekannt als „Augenwurm“, weil sich der Parasit bei seiner Wanderung durch das Unterhautfettgewebe seines meist menschlichen Wirtes auch gerne in dessen Augen aufhält.

Glauben Sie, dass Ihre geglaubte göttliche Kraft auch dem Loa Loa-Wurm Kraft zum Leben geben möchte? Wie siehts mit Bakterien aus? Bakterielle Infektion ist die zweithäufigste Todesursache der von Ihrem Gott bevorzugten Trockennasenaffenart.

Was ist mit Massenmördern, Diktatoren, Kriegsverbrechern – oder Priestern, die tausendfach unter dem Schutz der Kirche mindestens über Jahrzehnte Kinder vergewaltigen und misshandeln? Kriegen die alle ihre Kraft auch von Ihrem himmlischen Begleiter? Denen allen möchte Ihre göttliche Kraft Kraft geben?

Und überhaupt: Wieso eigentlich nur möchte? Wer oder was hindert die Kraft Ihres allmächtigen Gottes denn daran, es einfach zu tun? Oder sind Sie sich vielleicht doch gar nicht so sicher, was die Plausibilität und Glaubwürdigkeit Ihrer Glaubensgewissheiten angeht?

Nach unerschütterlichem Gottvertrauen sieht das jedenfalls nicht aus. Eher nach einem bis zur völligen Sinnlosigkeit verschwurbelten Eingeständnis, dass das alles nichts weiter als rein fiktive, irreale Wunschvorstellungen sind. Genauso wie das mit dem „Auch-einem-anderen-verdankt-Sein.“

Wie korrumpiert müssen eine Weltanschauung, wie falsch die Vorstellung von der Beschaffenheit der irdischen Natur sein, um sich einbilden zu könen, „auch einem anderen verdankt zu sein“ (gemeint ist natürlich wieder der Gott aus der biblisch-christlichen Mythologie, g’schamig durch einen Maskulin verschleiert)?

Abschlussfeuerwerk aus hohlen Phrasen

Zum Abschluss ihrer heutigen Ausgabe vom „Wort zum Sonntag“ läuft Frau Enxing nochmal zur Höchstform auf:

Wir brauchen einander – von Anfang an.

Ja – genauso wie bei allen Lebewesen, denen das Zusammenleben in Gruppen einen evolutionären Vorteil verschafft hatte.

Wir gehören uns nicht selbst.

Menschen gehören jemandem? Wem denn? Oder sind mit „wir“ nur „wir Christen“ gemeint? Die fühlen sich ja als Knechte im Weinberg des Herrn. Tja, Augen auf bei der Wahl der Weltanschauung…

Spaß beiseite: Aussagen, die implizieren, Menschen würden irgendwem – egal wem – gehören, halte ich für verachtenswert. Und frage mich einmal mehr, was solche Aussagen in einer unmoderierten Sendung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verloren haben.

Wir sind Gast auf diesem Planeten. Wir sollten uns deshalb auch wie Gäste verhalten.

Achso, jetzt kein macht-euch-die-Erde-untertan mehr? Da hätte ja auch schon mal früher jemand draufkommen können…

Wir sollten dankbar sein für all das, was wir nehmen, ohne je angemessen geben zu können.

Auch ohne die nochmalige Erwähnung des Gottes aus der biblisch-christlichen Mythologie können wir auch hier wieder davon ausgehen, dass – wie üblich ganz selbstverständlich – eben jener hier gemeint ist. Oder um wessen und wessen und welches Maß des Gebens und Nehmens geht es hier sonst?

Wie das Tischtennis-Match ausging, fragen Sie sich?

Nö.

Ich habe haushoch verloren. Sei’s drum.

„Sei’s drum“ ist ein gutes Stichwort fürs Schlusswort. Nicht bezogen auf das Tischtennisspiel. Sondern auf Frau Prof. Dr. Enxings Anspruch darauf, dass das, was sie im Fernsehen erzählt, halbwegs sinnvoll, klar, wahr oder zumindest plausibel ist.

Was ist nun das Besondere am Christentum?

Quelle: facebook.com/datheisten

Bleibt noch die Frage, was denn nun tatsächlich das Besondere am Christentum sein soll.

Was das biblisch-christliche Glaubenskonstrukt angeht, muss man Besonderheiten mit der Lupe suchen. Praktisch alles war von antiken Philosophien, früheren Kulten und anderen Religionen abgekupfert und über die Jahrhunderte immer weiter an die (sehr weltlichen) Bedürfnisse der Kirche und ihrer Nutznießer angepasst worden. Die Bibel halte (nicht nur) ich für das am meisten überschätzte Buch der Welt.

Die Kernaussage besteht aus einem simplen Belohnungs-Bestrafungskonzept, ursprünglich erdacht zur einfacheren Führung eines kleinen Wüstenvolkes:

Unterwirf dich Gott (in Wirklichkeit: Denen, die vorgeben, ihn auf Erden zu repräsentieren), dann verschont euch dieser Gott vielleicht vor dem, was er euch androht, wenn ihr es nicht tut.

Was das Christentum tatsächlich besonders macht ist der Umstand, dass es – direkt und indirekt – wahrscheinlich für mehr Leid gesorgt hat als irgendetwas sonst, was sich Menschen schon ausgedacht haben.

Fazit

Mit der Story von ihrer neugierigen, offenbar selbst nicht christlich gläubigen Tischtennis-Freundin (egal, ob real oder fiktiv) erweckt Frau Enxing den Eindruck, sich auch mal mit – sogar mild kritischen – Nachfragen zu ihrem Glauben auseinandergesetzt zu haben.

Wenn allerdings das, was Frau Prof. Dr. Enxing heute zum Besten gegeben hat tatsächlich das Besondere am Christentum sein soll, dann offenbart sich meines Erachtens darin eine inhaltliche Armseligkeit des Christentums, die so armselig ist (analog zur Kraft spendenden Kraft), dass es nicht mal eine Theologie-Professorin zu kaschieren vermag.

Ich bezweifle jedoch, dass etwas Überzeugenderes herausgekommen wäre, wenn sie nicht nur kurz, sondern vielleicht mal ein bisschen länger darüber nachgedacht hätte. Mehr ist einfach nicht da.

Und jetzt ist die geschätzte Leserschaft gefragt: Was ist das Besondere am Christentum?

Deine Gedanken dazu?

Fragen, Lob, Kritik, Ergänzungen, Korrekturen: Trage mit deinen Gedanken zu diesem Artikel mit einem Kommentar bei!

Wenn dir der Artikel gefallen hat, freuen wir uns über eine kleine Spende in die Kaffeekasse.

Bitte beachte beim Kommentieren:

  • Vermeide bitte vulgäre Ausdrücke und persönliche Beleidigungen (auch wenns manchmal schwer fällt...).
  • Kennzeichne Zitate bitte als solche und gib die Quelle/n an.
  • Wir behalten uns vor, rechtlich bedenkliche oder anstößige Kommentare nicht zu veröffentlichen.

5 Gedanken zu „Die wichtigen Fragen – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. Zunächst einmal:
    Wer denkt sich eine solche Rahmenhandlung aus?
    Ausgerechnet beim Tischtennisspielen werden die tiefsinnigsten Fragen des Lebens abgehandelt?
    Da kann ja nix bei rumkommen. Und prompt verliert die gute Frau Enxing auch noch gegen den Advocatus Diaboli das Spiel. Kein Wunder.

    Aber Spass beiseite.

    Frau Enxings Spielpartnerin stellt eine immerhin recht spannende Frage: Was ist das Alleinstellungsmerkmal der christlichen Religion gegenüber allen anderen Ideologien, Weltanschauungen, philosophischen Erklärungsmodellen etc.

    Die Antwort gibt nicht Frau Enxing, sondern ihre Freundin selbst: Es ist die scheinheilige Demutsmoral.
    Allerdings – wie immer – gibt es in dem Gemischtwarenladen Bibel und der christlichen Tradition und Praxis auch entsprechende Stellen und Beweise für die gegenteilige Moral.
    So wie man`s halt braucht.

    Frau Enxing hingegen verliert sich wieder mal in Transzendenz-Geschwurbel (Gotteskraft/Schöpfergott/ewige Seligkeit/Gnadengott) oder reklamiert nicht-religiöse, rein humanistische Gedanken für das Christentum (Gemeinsinn/Solidarität/Streben nach sozialer Gerechtigkeit/Friedenspolitik/Bewahrung der Natur).
    Das Tranzsendenz-Geschwurbel ist darüber hinaus nicht einmal ein Alleinstellungsmerkmal des Christentums, wie der Autor des Artikels – mit Recht genervt – konstatiert.

    Fazit:
    Wieder einmal ein Exempel anspruchsfreier Scharlatanerie.
    Und wieder mal ein Beispiel für das Wort Einsteins: Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun, und andere Ergebnisse zu erwarten.

    Antworten
  2. 😱 Das ist die Antwort auf die Frage nach dem Kern des Christentums? Echt jetzt Frau „Prof.“ Enxing? Nur sinnentleertes Gelaber und ein kindlicher Aberglaube, gepaart mit einem guten Schuss Esoterik? Das ist der Kern des Christentums?
    Sehr richtig, natürlich ist das der Kern, wir Atheisten weisen ja ständig drauf hin, das es genau das ist.
    Vielen Dank Frau „Prof.“ Enxing für Ihre ausführliche Bestätigung in diesem WzS.

    Antworten
  3. Man möge froh sein, dass diese Frage nur beim harmlosen Ping-pong Spiel aufkam, und nicht etwa beim Baseball…
    Selig ist, der da zerschmettert die Kleinen am Steine…

    Antworten
  4. „(Quelle: forschung-und-wissen.de: Religion macht Kinder unsozial und intolerant)“

    Ergänzend dazu und passend zum Motto AWQ ist mir folgender Artikel untergekommen:
    Hirnforscher Hüther – Eltern stehlen Kindern die wichtigste Erfahrung ihrer Kindheit
    Artikel von FOCUS-online-Redakteurin Gina Louisa Metzler•12 Std.

    DAS Zitat daraus:

    „Damit meint der Forscher, dass Eltern nicht die Antworten auf Fragen vorwegnehmen sollten, die ihre Kinder noch gar nicht gestellt haben.“

    DAS erhellende Experiment:

    „Ein Experiment, das alle Eltern kennen sollten
    Wissenschaftler mehrerer renommierter Universitäten haben sich im Jahr 2011 zusammengetan, um zu untersuchen, wie es sich auf das Spielverhalten von Kindern auswirkt, wenn Erwachsene eingreifen.
    Zwei Gruppen von Kindern im Vorschulalter sollten sich mit einem Spielzeug beschäftigen. Es bestand aus mehreren Teilen und hatte verschiedene Funktionen. Ein Element konnte hupen, eins konnte aufleuchten, eins machte Musik und eins hatte einen versteckten Spiegel.
    In der einen Gruppe griff ein Erwachsener in das Spiel ein und zeigte den Kindern jeweils, wie die Hupe funktionierte. Die andere Gruppe der Kinder wurde mit dem Spielzeug allein gelassen.
    Anschließend wurden beide Gruppen verglichen:
    In der ersten Gruppe spielten die Kinder ausschließlich mit der Hupe und wiederholten immer wieder, was der Erwachsene ihnen gezeigt hatte.
    In der zweiten Gruppe entdeckten die Kinder alle Funktionen des Spielzeugs von allein und nutzten jede einzelne.“

    DAS Fazit:
    „Es liegt also eigentlich auf der Hand, was Eltern tun sollten: Anstatt ihren Kindern zu zeigen, wie die Welt funktioniert, sollten sie ihnen die Möglichkeit geben, dies selbst herauszufinden – und sie dabei auf liebevolle Weise begleiten.“

    Antworten
  5. Was Sie beschreiben, ist genau das Konzept der Montessori-Pädagogik.
    Diese hat bekanntlich das Motto: „Hilf mir, es selbst zu tun.“
    Unsere Kinder waren in Montessori-Kindergärten und auf Montessori-Schulen.
    Es hat ihnen nicht geschadet. 🙂

    Und selbstredend stand dabei nicht der „liebe Gott“ oder ein sonstiges Fabelwesen Pate, sondern die Reformpädagogin Maria Montessori.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Ressourcen

Gastbeiträge geben die Meinung der Gastautoren wieder.

Wikipedia-Zitate werden unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike veröffentlicht.

AWQ unterstützen

Jetzt einfach, schnell und sicher online bezahlen – mit PayPal.

Wir haben, wenn nicht anders angegeben, keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

Neuester Kommentar