Good evening Malmö – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Stefanie Schardien, veröffentlicht am 11.05.2024 von ARD/daserste.de
Darum geht es
Wie jedes Jahr wird diesmal der ESC für religiöse Zwecke vereinnahmt. Außerdem betrügt Frau Schardien ihr Publikum mit einer Falschdarstellung des biblischen Massenmörders und Extremisten David.
Party! …oder doch nicht?
Einen schönen guten Abend. Wir sind für dieses Wort zum Sonntag ins „You Loft“ nach München gegangen, zu einer ESC-Party. Ja, das „Wort zum Sonntag“ feiert den Eurovision Song Contest schon auf diesem schmalen Grat zwischen „So etwas Schönes brauchen wir für unser Leben“ und „Mach die Augen nicht zu vor den gigantischen Krisen dieser Welt“. Party hin, Party her. Es gibt eben viele – und es sind viel zu viele – denen nicht zum Feiern zumute ist.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Good evening Malmö – Wort zum Sonntag, verkündigt von Stefanie Schardien, veröffentlicht am 11.05.2024 von ARD/daserste.de)
Wer einen Grund zum feiern hat, möge feiern. Und wer nicht feiern möchte, braucht nicht zu feiern. So einfach ist das.
Der mit der Steinschleuder – und der mit den 200 Vorhäuten
Aber ich stehe hier und ich sage euch auch, warum: Weil ich nämlich glaube, dass wir gerade in all diesen Krisen die Musik so sehr brauchen. Als es mal einem König in der Bibel schlecht ging – so eine Art Depression – da haben sie nach David gesucht.
Ja, der war derjenige mit der Steinschleuder gegen Goliath.
David war nicht nur der Kinderbibel-Held, der mit der Steinschleuder gegen Goliath. Sondern zum Beispiel auch der, der statt der von Saul als Heiratsgabe geforderten 100 Philister-Vorhäute gleich mal auf 200 Vorhäute verdoppelt hatte.
Der in der biblischen Mythologie beschriebene David war ein religiös-fanatischer Kriegsherr, fundamentalistisch, gnaden- und rücksichtslos, exakt so, wie es der biblischen Idealvorstellung entspricht. Wobei er während seiner unzähligen Kriege so viel „Blut vergossen“ hatte, dass es zwischenzeitlich sogar Jehova mal zu viel wurde (1.Chronik 22,8).
Nachdem er die Frau eines Mannes, der gerade im Krieg war vergewaltigt hatte und diese schwanger wurde, ließ er ihren Mann sofort nach Jerusalem bringen. David forderte ihn auf, sich zu betrinken und die Nacht mit seiner Frau zu verbringen.
Nachdem das nicht geklappt hatte, schickte er den Mann zurück in den Krieg und sorgte dafür, dass er getötet wurde. So konnte er die Witwe heiraten und damit vertuschen, dass ihr Kind das Ergebnis seiner Vergewaltigung gewesen war.
Weil der liebe Gott alles sieht, bewahrte er David zwar vor einer Verurteilung durch ein weltliches Gericht (man brauchte ihn ja noch für die Erfindung späterer Stammbäume), sorgte aber dafür, dass das Kind bald starb (7 Tage Fasten und Trauer des Vergewaltigers waren dann doch etwas zu wenig).
Christen, lest’s eure Bibel!
Auch die Fortsetzung der Geschichte ist ähnlich abstoßend und widerlich: Davids Erstgeborener vergewaltigt seine Halbschwester und wird daraufhin von deren Bruder getötet, während der dritte Sohn Davids diesen öffentlich bloß stellte, indem er seine sexuellen Affairen mit dessen Nebenfrauen öffentlich machte.
Ob die Drohung „Isch f*cke deine Mudda“ auf einen Dialog zwischen Davids Söhnen zurückgeht, ist bibelhistorisch jedoch nicht zweifelsfrei belegt. Gewisse Parallelen sind jedoch nicht zu leugnen.
Einmal mehr gilt das Zitat von Andreas Edmüller: Christen, lests eure Bibel!
Anders als in der Zeit, als das Christentum noch das Sagen hatte, braucht Frau Schardien den biblischen David heute nicht mehr in der Rolle des blutrünstigen, massenmordenden Vergewaltigers, dem Gott wegen seines unerschütterlichen Glaubens an ihm aber doch die Stange hält.
Da genügt die Legende von der Steinschleuder, verbunden mit der Gewissheit, dass schon niemand in der Bibel nach- oder gar weiterlesen würde. Die seitenlangen detaillierten Beschreibungen von religiös motivierter Gewalt und extremistischem Fanatismus sind für normal sozialisierte Menschen sowieso kaum erträglich.
David: Biblischer Singer und Songwriter mit dem guten Geist dahinter
Nein, Frau Schardien knüpft aus einem anderen Grund bei David an:
Aber darum wird er gar nicht gerufen, sondern vielmehr, weil er so eine Art Singer und Songwriter war. Der hat getextet und komponiert, die Psalmen, und die hat er dann gesungen und sich selbst auf der Harfe begleitet. Für Gott hat er das gemacht und für die Menschen um sich herum und für jede Lebenslage. Darum haben sie ihn gerufen. Er hat angesungen, er hat angespielt mit seiner Musik, mit dem guten Geist dahinter, gegen die bösen Geister, die dem König auf der Seele lagen.
In Anbetracht einer solch verzerrten Darstellung der biblischen Psalme, die David zugeschrieben werden fällt es mir schwer, die Contenance zu bewahren, statt Frau Schardien zu fragen, ob sie ihr Publikum für dumm verkaufen will – oder ob sie eigentlich noch alle Latten am Zaun hat.
Jedenfalls scheint sie sich sehr sicher zu sein, dass sich niemand aus ihrem Publikum jemals mit diesen Texten befasst hat. Und auch in Zukunft nur die par wenigen, ohne Kontext halbwegs unverfänglich klingenden Textfragmente konsumiert, die von Mainstream-Berufschristen wie Frau Schardien aus der biblischen Mythologie herausgepickt und präsentiert werden.
Weil Frau Schardien davon profitiert und weil sie berufsbedingt wissen muss, dass sie ihr Publikum mit ihrer Darstellung belügt, müsste sie sich dem Vorwurf des vorsätzlichen Betruges stellen.
…den Gottlosen die Zähne zerschmettert. SELA!
Der erste der so genannten Davidspsalmen, Psalm 3, lautet:
(Psalm 3 MENG)
- Ein Psalm Davids, als er vor seinem Sohne Absalom floh.
- Ach HERR, wie sind doch meine Bedränger so zahlreich, wie viele erheben sich gegen mich!
- Gar viele sagen von mir: »Es gibt keine Rettung für ihn bei Gott!« SELA.
- Doch du, o HERR, bist ein Schild um mich her, meine Ehre und der mir das Haupt erhebt.
- Laut ruf’ ich zum HERRN, und er erhört mich von seinem heiligen Berge. SELA.
- Ich legte mich nieder, schlief ruhig ein: erwacht bin ich wieder, denn der HERR stützt mich.
- Ich fürchte mich nicht vor vielen Tausenden Kriegsvolks, die rings um mich her sich gelagert haben.
- Steh auf, o HERR! Hilf mir, mein Gott! Du hast ja all meinen Feinden Backenstreiche versetzt, den Gottlosen die Zähne zerschmettert.
- Beim HERRN steht die Hilfe: über deinem Volke walte dein Segen! SELA.
Die geschätzte Leserschaft und besonders all jene, die meine Kritik an Frau Schardiens Darstellung für nicht gerechtfertigt halten, mögen sich gerne zum Beispiel auf bibleserver.com mal die Davidspsalmen zu Gemüte führen:
- Psalm 3–41 (Davidpsalter I)
- Psalm 51–72 (Davidpsalter II)
- Psalm 86
- Psalm 101–103 (Davidpsalter III)
- Psalm 108–110 (Davidpsalter IV)
- Psalm 138–145 (Davidpsalter V)
Spoiler: Den Leser erwartet eine nicht enden wollende Mixtur aus religiösen Wahn- und Gewaltphantasien. SELA.
ESC: Die bösen Geister vertreiben
Was auch immer man von der beim ESC präsentierten Musik halten mag: Der Gedanke dahinter ist das genaue Gegenteil von dem religiösen Fanatismus, den die Bibel zu bieten hat:
Musik hat eben Kraft, hat himmlische Kraft für jeden, für jede einzelne Seele, aber eben auch für die Seele Europas. Das war ja überhaupt die Idee hinter dem ESC 1956. Das war nicht lange nach dem Krieg. Die alten, bösen Geister schwebten immer noch über den Menschen. 55 Millionen Tote, Zerstörung, Elend. Die Musik sollte die Geister verjagen. Ihr guter Geist sollte das verwundete, zerrissene Europa heilen helfen.
Heilen, aber eben auch eine politische Idee: Bis heute wird der ESC darum ja auch immer wieder Schauplatz von politischen Diskussionen und Protesten einzelner Länder. Zeigt eigentlich nur, wieviel Kraft man diesem Musikabend zutraut.
Diese Kraft ist nicht himmlisch, sondern menschlich. Für jeden Menschen – einzeln, oder als europäische und natürlich auch Weltgemeinschaft.
Durch eine Vereinnahmung mit religiös konnotierten Schwurbel-Begriffen wie himmlische Kraft, Seele oder guter Geist zeckt sich Frau Schardien in gewohnt mainstream-christlicher Manier an etwas heran, was eben nichts mit Göttern, sondern mit Menschen zu tun hat.
Gute Worte?! Lügenmärchen!
Damals, da ist noch eine andere Sache entstanden mit viel Kraft. Zwei Jahre eher sogar noch, aber mit ähnlichem Drive. Der gute Geist sollte wehen. Es sollte Trost und Hoffnung geschenkt werden. Das war das hier: Tataaaa… unser „Wort zum Sonntag“ wird in dieser Woche 70 Jahre alt. Seit 1954 sind wir jede Woche auf Sendung. Evangelisch, katholisch, über 3600 Mal bis heute.
Und bis heute bleibt das Wort zum Sonntag aktuell. Durch alle Höhen und Tiefen unseres Lebens hat es uns begleitet, wie der ESC. Irgendwie altert es nicht. Im Gegenteil. Ich glaube sogar vielleicht sind diese guten Worte wichtiger denn je. Wie die Musik beim ESC.
Der Trost und die Hoffnung, die das „Wort zum Sonntag“ schenkt, beruht auf magisch-mythologischen Phantasievorstellungen eines kleinen Nomadenvolkes aus der ausgehenden Bronze- und Eisenzeit. Diese Vorstellungen haben nichts mit der irdischen Wirklichkeit zu tun und die daraus abgeleitete Moral verdient diese Bezeichnung nicht.
Es handelt sich nicht um „gute Worte“, sondern um dreiste und systematische Irreführung mit klerikalem Kalkül – auf Kosten der Allgemeinheit. Oder wohlwollend formuliert: Ein Betrug für Leute, die sich gerne betrügen lassen wollen.
Unser schönes, friedliches, buntes Leben
Hätten seine Erfinder damals in den 50er-Jahren gedacht, dass ihre Idee noch mal so aktuell würde. Hättet ihr das gedacht, dass wir noch mal ansingen müssen gegen all diese bösen Geister, die wieder hervorkriechen, die uns auf der Seele liegen, die unser schönes, friedliches, buntes Leben kaputtmachen wollen.
Worauf beruht denn unser schönes, friedliches, buntes Leben, Frau Schardien? Etwa auf dem, was Ihr David in seinen Psalmen zusammenphantasiert hat?
(Psalm 10, 15-16 MENG)
- Zerschmettre den Arm des Frevlers und suche des Bösewichts gottloses Wesen heim, bis nichts mehr von ihm zu finden!
- Der HERR ist König auf immer und ewig: verschwinden müssen die Heiden aus seinem Lande!
…um nur eines von zahllosen weiteren Beispielen zu nennen, das in den Lyrics ihres biblischen Singer-Songwriters David zu finden ist.
Morgens Massenmörder, abends Musiker…
Darum: Wer Musik macht, der hat keine Hand frei zum Töten. Und wer für andere Menschen Lieder sinkt, der brüllt keine hasserfüllten Parolen.
Wie schon geschrieben: Da Sie berufsbedingt wissen müssen, was in den Psalmen steht, können Sie sich nicht damit herausreden, das nicht gewusst zu haben.
Natürlich wissen Sie, dass gerade die Psalmen umfassend und detailliert belegen, dass diese Ihre Aussagen schlicht falsch sind.
Der biblische David hatte nämlich überhaupt kein Problem damit, seinen Musiker-Job mit dem eines fundamentalistisch religiös motivierten Massenmörders unter einen Hut zu bekommen.
Den Link zu den hasserfüllten Parolen, die in erschreckender Vielfalt und Anzahl die Gewaltphantasien eines religiösen Extremisten zum Ausdruck bringen hatte ich ja bereits genannt.
Zynischer gehts nicht
Der ESC mit seiner Musik, der lässt was von diesem großen Traum unseres Glaubens aufblitzen. So schön soll es sein in dieser Welt: Zusammenleben, anderen Freude bereiten, den Nächsten Gutes tun. Statt sie anzugreifen, weil sie anders denken, glauben, lieben. Oder weil sie Wahlplakate aufhängen.
Frau Schardien, diese Aussage ist an Zynismus kaum zu überbieten.
Die Psalmen, aber auch die weiteren biblischen Legenden (nicht nur) über David beschreiben ja gerade in aller Ausführlichkeit, wie Menschen, die anders denken, glauben, lieben anzugreifen, genauer: in göttlichem Auftrag und mit göttlicher Unterstützung rest- und gnadenlos zu vernichten sind.
Eine Kritik an Ihrer Darstellung geht weit über einen Verweis auf die textliche Unredlichkeit hinaus, die Sie damit den biblischen Texten gegenüber begehen. Sie verkehren die Botschaft Ihrer „Heiligen Schrift“ einfach ins genaue Gegenteil, wie es Ihnen gerade in den Kram passt. Schämen Sie sich in Grund und Boden.
Spinner
Ja, noch ist das ein Traum. Man hat uns Christen ja schon immer mal Spinner genannt. Aber wer weiß…?
Wovon träumen Sie? Dass die Welt friedlich wird, wenn sich die Weltbevölkerung den Vertretern Ihres Gottesreiches unterworfen hat? Dann trifft die von Ihnen erwähnte Benennung meines Erachtens exakt zu.
Das Christentum hatte viele Jahrhunderte lang alle Zeit und Macht der Welt, um letztere zu einem besseren Ort zu machen. Das Gegenteil war der Fall.
Und ich gehe nicht davon aus, dass sich daran nochmal etwas zum Positiven ändern wird. Dort, wo die Kirche heute noch etwas zu sagen hat, ist ihr Einfluss überwiegend negativ und ihre Lehre im Grundsatz weder mit unserem heutigen Wissensstand und genauso wenig mit modernen humanistischen ethischen Werten vereinbar.
Daran ändert sich auch nichts, wenn man es wie Sie macht und die Kundschaft mit verharmlosender Falschdarstellung der biblisch-christlichen Glaubenslehre belügt.
Intellektueller Offenbarungseid
Miteinander und füreinander Musik zu machen, das ist harte, wichtige, wunderbare Arbeit an diesem Traum. Also feiert heute Abend ordentlich, feuert Isaak an oder eure Lieblinge, tanzt mit, singt mit und feiert, was die Musik für himmlische Kraft hat. Ich wünsche euch allen in Malmö oder wo auch immer ihr zuschaut, eine gesegnete ESC-Nacht.
Musik hat keine himmlische Kraft. Und die Vorstellung einer, im religiösen Sinne gesegneten ESC-Nacht ist Nonsens.
Und damit endet ein weiterer intellektueller Offenbarungseid, den uns eine Berufsgläubige, die sich den Vorwurf des vorsätzlichen Betrugs zum eigenen Vorteil gefallen lassen muss auf Kosten der Allgemeinheit präsentiert hat.
Was kommt als nächstes? Die spanische Inquisition als Fackelträger von Humanismus und Aufklärung?
Heute mal ausnahmsweise ein kleines Lob dem Christentum:
Wenn es diese grässlich absurden Kirchenlieder, und die bluttriefenden Geschichten der totalen Vernichtung nicht gäbe, dann hätten wir heute keine derart grossartige
DEATH- und BLACK-METAL Szene!
Vielen Dank für die mannigfaltige Inspiration!
HEIL SATAN (der beste Werbeträger, den sich die Kirche je ausgedacht hat)
Anspieltip: GRAVE -Christi(ns)anity-
Da ich mich mal wieder über das öde Geschwurbel der Theologin geärgert habe und die Analyse wie immer sehr treffend finde, habe ich Frau Schardien geschrieben. Hier die Korrespondenz. Die Antwort erinnert mich an Spinal Tap:“ these go to eleven“…
Sehr geehrte Frau Schardien,
Ich habe eine Analyse ihrer o.g. Predigt auf AWQ.de gelesen (siehe Link).
Wenn die Verse von David wirklich so grausam sind, warum sind sie dann ihrer Meinung nach in diesem Kontext ein Beispiel für die heilende Kraft der Musik? Habe natürlich nicht alle Psalmen gelesen, aber wenn das stimmt, sind Ihre Schlussfolgerungen aus diesen Texten ja interpretatorisch zumindest fragwürdig. Sehen sie den Vorwurf des Autors der Analyse (vorsätzliche Täuschung des unwissenden Publikums) als gerechtfertigt oder finden sie die Interpretation theologisch korrekt?
Wäre dankbar für Ihre Meinung.
Sehr geehrter Herr Opitz,
Awq schreibt keine Analysen, sondern vermeintlich humanistisch gegründete Verrisse in verächtlichem Ton (Erasmus würde sich im Grab umdrehen) ohne jegliche theologische Kompetenz. Davids Rolle als Musiker dürfte in der Theologie kaum umstritten sein.
Mit freundlichen Grüßen
Stefanie Schardien
Kann mal einer „theologische Kompetenz“ definieren – und mir den epistemischen Unterschied zu „astrologische Kompetenz“ erklären?
Guten Tag Frau Dr. Schardien,
mit Interesse habe ich Ihre Antwort auf eine Anfrage unseres AWQ.DE-Lesers Armin Opitz gelesen. Darin schreiben Sie:
„Awq schreibt keine Analysen, sondern vermeintlich humanistisch gegründete Verrisse in verächtlichem Ton (Erasmus würde sich im Grab umdrehen) ohne jegliche theologische Kompetenz.“
Wenn Sie mit „theologische Kompetenz“ das meinen, was ich darunter verstehe, nämlich das zweckdienliche Uminterpretieren und Selektieren religiöser Schriften zum eigenen Vorteil, dem gerade vorherrschenden Zeitgeist entsprechend und mit allen rhetorischen Tricksereien, die hierbei regelmäßig zum Einsatz kommen, dann stimme ich Ihnen zu: Diese Kompetenz kann und will ich nicht für mich in Anspruch nehmen.
Sollten Sie mit „theologischer Kompetenz“ jedoch die Fähigkeit meinen, fragmentarische Auszüge aus religiösen Schriften in ihrem Kontext zu betrachten und die daraus entstehende Gesamtaussage darzustellen, dann bitte ich Sie um Beispiele, an denen Sie Ihre Einschätzung festmachen.
Im vorliegenden Fall besteht Ihre theologische Kompetenz darin, einen religiös-fundamentalistischen und extremistischen Kriegsherrn, Massenmörder, Vergewaltiger und Betrüger aus der biblischen Mythologie so darzustellen, als handle es sich um einen friedliebenden Musiker, der, sinngemäß, wie dereinst Nicole beim ESC 1982 mit seinen Liedern für „ein bisschen Frieden, ein bisschen Freiheit“ plädiert hätte.
Weiter schreiben Sie:
„Davids Rolle als Musiker dürfte in der Theologie kaum umstritten sein.“
Mit keinem Wort habe ich die Rolle Davids als Musiker bestritten – im Gegenteil, ich nenne ja sogar die entsprechenden Stellen, wo dessen Werke in der Bibel zu finden sind, in der Hoffnung, dass sich das jemand mal durchliest, um sich selbst ein Bild zu machen.
Ich habe, offenbar anders als Sie, nachgeschaut, was er denn so alles gesungen hatte. Und da Sie offenbar nicht mal ein einziges Beispiel für irgendwas halbwegs unverfänglich Klingendes gefunden hatten, bringen Sie auch kein einziges Beispiel, sondern belassen es bei dem, was Ihnen an der Rezeption nützlich erscheint, sinngemäß: „Schaut her, wir haben hier in der Bibel auch einen Sänger…“
Die Psalmen beinhalten jedoch nichts anderes als religiös-fundamentalistischen Fanatismus und die verzweifelte Bitte um göttliche Unterstützung bei der restlosen Beseitigung der vermeintlich gemeinsamen Feinde.
Was den biblischen Charakter „David“ angeht: Gerade darum war es ja gegangen: Dem Publikum einen Gottesmann zu präsentieren, der genauso gnadenlos und extremistisch ist wie der zugehörige Gott – bzw. sogar noch extremistischer (1. Chronik 22,8). Indem der Gott aus der biblischen Mythologie David wegen seines unerschütterlichen Glaubens doch verzeiht, wird dessen verbrecherisches Verhalten noch nachträglich göttlich legitimiert.
Wie anders als mit Verachtung sollte man Ihrer Meinung nach auf eine solch verzerrte Falschdarstellung wie die Ihre reagieren, wenn man sie erst mal als solche entlarvt hat?
Wie würden Sie als Theologin die Gesamtaussage der Davidspsalmen inhaltlich zusammenfassen?
Update: Frau Schardien hat meine Mail beantwortet, wie zu erwarten ohne auf irgendwelche Inhalte einzugehen.
Hier meine Antwort auf ihre Mail:
Guten Tag Frau Schardien,
wen meinen Sie mit „sie“?
Ich jedenfalls stecke nicht hinter der Anfrage von Herrn Opitz und ich verbitte mir diese Unterstellung. Ich kenne Herrn Opitz nicht, ich beziehe mich lediglich auf den Kommentar, den er zu meinem Beitrag verfasst hat.
Inwiefern waren „wir zwei“ kommunikativ „durch“? Sie veröffentlichen Ihre Kirchenreklame im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Kosten der Allgemeinheit und damit auch auf meine Kosten – da werden kritische Kommentare und begründete Nachfragen ja wohl gestattet sein. Und außerdem fordern Berufschristen doch bei jeder Gelegenheit zum Dialog – auch und gerade zum kontroversen Dialog, gar zum Streit! – auf. Oder gilt das, analog zur christlichen Nächstenliebe, auch nur innerhalb Ihrer eigenen Glaubensgemeinschaft?
Ihre Reaktion legt die Vermutung nahe, dass Sie einfach wirklich kein einziges brauchbares Argument gefunden haben, mit dem Sie dem Vorwurf des Betruges an den Zuschauern Ihrer Sendung entgegnen können.
Bitte erklären Sie mir am Beispiel meines Beitrages zu Ihrem letzten „Wort zum Sonntag“, was genau an meinem, verglichen zu Ihrem Zugang zur Theologie verquer sein soll.
A propos verquer: Wie kommen Sie auf die verquere Idee anzunehmen, mir würde es an „Musik im Herzen“ mangeln?
Sie wünschen mir den Segen Ihres Gottes. Bitte erklären Sie mir in eigenen Worten, wie Sie sich den Ablauf einer solchen göttlichen Segnung konkret vorstellen bzw. was konkret Sie damit meinen. Wie kann ich feststellen, ob Ihr Segenswunsch erhört wurde?
Und nochmal die Frage, auch wenn es Ihnen lästig ist: Wie würden Sie die Gesamtaussage/n der Davidspsalme inhaltlich zusammenfassen?
Liebe Frau Schardien, wenn man grottenschlechte Texte analysiert, kann halt durchaus mal ein Verriss herauskommen.
Ist aber schon lustig, was alles zum Suchbegriff David in der Lutherbibel von 2017 gefunden wird.
„Davids Rolle als Musiker dürfte in der Theologie kaum umstritten sein.“
Nun ja, das will ja keiner ignorieren:
1Sam 18,10… David aber spielte auf den Saiten mit seiner Hand, wie er täglich zu tun pflegte. …
aber der Vers lautet vollständig:
1Sam 18,10 Des andern Tags kam der böse Geist von Gott (!?) über Saul, und er geriet in Raserei im Hause; David aber spielte auf den Saiten mit seiner Hand, wie er täglich zu tun pflegte. Und Saul hatte einen Spieß in der Hand
1Sam 18,11 und schleuderte den Spieß und dachte: Ich will David an die Wand spießen. David aber wich ihm zweimal aus.
War das jetzt nur wegen der Eifersucht Sauls auf Davids militärische Erfolge ?
Oder spielte und sang er so grottenschlecht ? Dass der „böse Geist von Gott (!!!???)“ über Saul kam. Oder doch vielleicht auch nicht ?
1Sam 16,23 Wenn nun der Geist Gottes (!) über Saul kam, nahm David die Harfe und spielte darauf mit seiner Hand. So erquickte sich Saul, und es ward besser mit ihm, und der böse Geist (der von Gott !) wich von ihm.
Seine Rolle als Musiker scheint also, jedenfalls in seiner Wirkung auf Saul, durchaus ambivalent gewesen zu sein.
Immerhin hatte der „Singer-Songwriter“ (Entschuldigung, ich zitiere hier nur, lieber Hannes Wader, Bob Dylan .., liebe Joan Baez, Jennifer Joplin …, dreht euch bitte nicht um im Grab !) noch Zeit dafür:
1Sam 21,12…. Aber die Knechte des Achisch sprachen zu ihm: Ist das nicht David, der König des Landes, von dem sie im Reigen sangen: Saul schlug tausend, David aber zehntausend?
2Sam 8,5 Es kamen aber die Aramäer von Damaskus, um Hadad-Eser, dem König von Zoba, zu helfen. Und David schlug von den Aramäern zweiundzwanzigtausend Mann.
Auch seine sexuelle Orientierung erscheint durchaus zwielichtig.
1Sam 18,20 Aber Michal, Sauls Tochter, hatte David lieb. Als das Saul angesagt wurde, war es ihm recht.
2Sam 2,2 So zog David dort hinauf mit seinen beiden Frauen, Ahinoam, der Jesreeliterin, und Abigajil, der Frau Nabals, des Karmeliters.
Wessen Frau war Abigajil jetzt eigentlich ? Oder war das eine Menage a Trois ?
Seine zehn Nebenfrauen behandelt er ausgesprochen schofelig.
2Sam 20,3 Als aber der König David heimkam nach Jerusalem, nahm er die zehn Nebenfrauen, die er zurückgelassen hatte, das Haus zu bewahren, und tat sie in ein bewachtes Haus und versorgte sie; aber er ging nicht ein zu ihnen. Und so waren sie eingeschlossen bis an ihren Tod und lebten wie Witwen.
Waren sie ihm nicht sexy genug oder gehörte sein Herz eineM Anderen ?
1Sam 18,1 Als David aufgehört hatte, mit Saul zu reden, verband sich das Herz Jonatans mit dem Herzen Davids, und Jonatan gewann ihn lieb wie sein eigenes Leben.
1Sam 20,17 Und Jonatan ließ nun auch David schwören bei seiner Liebe zu ihm; denn er hatte ihn so lieb wie sein eigenes Leben.
1Sam 20,41 Und als der Knabe gegangen war, stand David auf hinter dem Steinhaufen und fiel auf sein Antlitz zur Erde und beugte sich dreimal nieder, und sie küssten einander und weinten miteinander, David aber am allermeisten.
Was meint denn so „die Theologie“ zur Rolle Davids als Warlord ?
Und was zu seiner Rolle als Bisexueller ? Oder als Homosexueller ?
Frau Schardien verbreitet nicht nur wissentlich und fortgesetzt Falsches über ihr „Heiliges“ Buch – kritische Leser würden es allerdings als „obszön“ charakterisieren -, sondern behauptet auch noch – ohne rot zu werden -, dass das WzS eine Erfolgsgeschichte wäre.
Wie erklärt sich die Dame denn eigentlich den rapiden Mitgliederschwund ihrer und den der anderen Großsekte in den letzten 70 Jahren?
Und den (aus christlicher Sicht) katastrophalen Priester- und Pfarrermangel?
Und die moralische Verkommenheit eines grossen Teils des Klerikerstandes?
Und die fortschreitende Säkularisierung im allgemeinen?
Ach so, das wäre ohne das WzS noch viel schlimmer geworden? Wollen Sie uns das entgegen halten?
Ja, dann will ich nichts gesagt haben. 😉
Habe mir gerade die Biographie von Frau Schardien angesehen (Wikipedia).
Jetz verstehe ich auch ihre patzige Antwort und den ihr innewohnenden Hochmut…
Lieber Marc,
Wie kannst Du es wagen, die allgültige, unfehlbare Meinung der „evangelischen Propagandaministerin“ auch nur in Zweifel zu ziehen, schliesslich hat sie den Thron erst 2024 bestiegen:
„Theologische Geschäftsführerin des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik und in Personalunion auch Medienbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)“
Jedes kritische Wort könnte eventuell vom gemeinen Pöbel geglaubt werden und somit diesen höchst lukrativen Posten gefährden!
Du gottverdammter Usurpator!!! 😉
Man stelle sich vor:
Es ist Märchenstunde, und keiner geht hin…
Frau Schardien hat immerhin geantwortet, was man von ihren Kollegen und Kolleginnen vom WzS nicht sagen kann, wenn ich richtig unterrichtet bin.
Allerdings ist ihre Reaktion leider im Ton schnippisch und abweisend, in der Substanz nicht zielführend und ausweichend, wie nach meiner Erfahrung nicht anders zu erwarten war.
In gewisser Weise verständlich, da von der Gegenseite schweres Geschütz aufgefahren wurde, das weder mit logischen und noch nicht einmal mit theologischen Argumenten neutralisiert werden kann.
Wenn man mit den eigenen Waffen geschlagen wird, ist es eben besonders peinlich.
Und ärgerlich.
Frau Schardien wird in ihrem Leben sicher nicht mehr zu einer Abtrünnigen werden, aber es wird einsam um sie werden.
Naja, einerseits bitte ich nicht mehr regelmäßig alle Sprecher um eine Stellungnahme und andererseits habe einige wenige Sprecher tatsächlich schon mal auf Anfragen reagiert (von einer Beantwortung der Fragen oder einer Stellungnahme konnte aber noch nie die Rede sein).
Wie im Beitrag geschrieben, fällt es mitunter tatsächlich schwer, höflich zu bleiben – besonders dann, wenn der Betrug so offensichtlich ist wie im vorliegenden Beispiel.
Ich wünsche ihr jedenfalls nicht, dass es einsam um sie werden wird – wenn sie in ihrer Bubble ein paar Gleichgesinnte hat, die ebenfalls ein Faible für religiöse Realitätsverweigerung haben, dann hätte ihr Verbleiben in der Glaubensgemeinschaft wenigstens für sie einen positiven Effekt.
«Der hat getextet und komponiert, die Psalmen, und die hat er dann gesungen und sich selbst auf der Harfe begleitet.»
Lemmy Kilmister hat das auch gemacht. 🤣