Fluch und Segen – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 12 Min.

Fluch und Segen – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Stefanie Schardien, veröffentlicht am 20.07.2024 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Diesmal scheitert Frau Schardien an dem Versuch, biblische Aussagen zum Thema „Fluch und Segen“ irgendwie unverfänglich erscheinen zu lassen.

Mit Bezug auf das Trump-Attentat (und später dann noch auf den 80. Jahrestag des Hitler-Attentats) sinniert Frau Schardien heute über die Frage, ob man Menschen den Tod wünschen darf.

[…] Was mich seitdem umtreibt: Darf das sein? Dürfen Zorn, Verzweiflung, vielleicht auch Hilflosigkeit so groß werden, dass man anderen den Tod wünscht? Dass manche sagen, schreiben, denken: Knapp verpasst. Nein, darf man natürlich nicht! Und es gab ja auch gleich einhellige öffentliche Empörung: Wer so denkt und redet – ein paar Comedians etwa – wer so denkt und redet, hat Blut an den Gedanken und Worten! Darf man wollen, dass andere tot sind?

(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Fluch und Segen – Wort zum Sonntag, verkündigt von Stefanie Schardien, veröffentlicht am 20.07.2024 von ARD/daserste.de)

Denken kann man erstmal alles, was man sich nur ausdenken kann. Gedanken unterliegen, anders als vom biblischen Gottessohn behauptet (dazu später mehr) keiner moralischen, ethischen oder sonstigen Beschränkung. Und natürlich schon gar nicht dem Urteil einer Fernsehpfarrerin.

Redefreiheit – und deren Einschränkungen

Die Meinungs- und Redefreiheit ist als sehr hohes freiheitliches Gut in den Gesetzgebungen vieler Länder ausdrücklich (wenngleich auch nicht überall im tatsächlichen freiheitlichen Sinne) geschützt.

Und nur insofern eingeschränkt, wie gleichberechtigte Interessen Anderer verletzt würden.

Hier einige Beispiele, zusammengestellt von ChatGPT:

ChatGPT: Wie sieht es aus mit der Redefreiheit in verschiedenen Ländern?

Die Redefreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht, das in verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt ist. Hier sind einige Beispiele, wie Redefreiheit in verschiedenen Ländern gehandhabt wird:

Vereinigte Staaten

  • Verfassung: Die Redefreiheit ist durch den Ersten Verfassungszusatz der US-Verfassung geschützt.
  • Einschränkungen: Es gibt einige Einschränkungen, wie zum Beispiel Reden, die zu unmittelbarer Gewalt aufrufen, diffamierende Aussagen, und bestimmte Formen der Obszönität.

Deutschland

  • Grundgesetz: Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit der Presse und der Freiheit, Informationen zu empfangen und weiterzugeben.
  • Einschränkungen: Die Redefreiheit kann eingeschränkt werden durch Gesetze zum Schutz der Jugend, Persönlichkeitsrechte, und zur Bekämpfung von Hassrede, Holocaustleugnung und Volksverhetzung.

Vereinigtes Königreich

  • Gesetze: Die Redefreiheit ist durch das Common Law und verschiedene Gesetze geschützt, einschließlich des Human Rights Act 1998, das die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) umsetzt.
  • Einschränkungen: Einschränkungen bestehen in Bereichen wie Verleumdung, Hassrede, und Terrorismusgesetzen, die bestimmte Arten von Äußerungen verbieten.

Frankreich

  • Verfassung: Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 garantiert die Meinungsfreiheit.
  • Einschränkungen: Die Redefreiheit kann eingeschränkt werden durch Gesetze gegen Verleumdung, Rassismus, Antisemitismus und die Leugnung von Völkermord.

Russland

  • Verfassung: Die Verfassung garantiert die Meinungsfreiheit.
  • Einschränkungen: In der Praxis wird die Redefreiheit stark eingeschränkt durch Gesetze gegen „extremistische“ Äußerungen, Diffamierung, und die Kontrolle der Medien durch die Regierung.

China

  • Verfassung: Die Verfassung garantiert theoretisch die Meinungsfreiheit.
  • Einschränkungen: In der Praxis gibt es strenge Zensurmaßnahmen und staatliche Kontrolle der Medien und des Internets. Kritische Äußerungen gegenüber der Regierung werden oft unterdrückt.

Kanada

  • Charta der Rechte und Freiheiten: Die Meinungsfreiheit ist durch die Kanadische Charta der Rechte und Freiheiten geschützt.
  • Einschränkungen: Einschränkungen gibt es durch Gesetze gegen Hassrede, Verleumdung und Obszönität.

Schweden

  • Grundgesetze: Die Meinungsfreiheit ist durch die Grundgesetze, insbesondere das Gesetz über die Pressefreiheit und das Gesetz über die Meinungsfreiheit, geschützt.
  • Einschränkungen: Einschränkungen gibt es in Bereichen wie Verleumdung, Hassrede und der Sicherheit des Staates.

Australien

  • Gesetze: Es gibt keinen expliziten Verfassungszusatz für die Redefreiheit, aber sie wird durch das Common Law und die implizite Freiheit politischer Kommunikation geschützt.
  • Einschränkungen: Einschränkungen existieren durch Gesetze gegen Verleumdung, Obszönität, und bestimmte Formen von Hassrede.

Brasilien

  • Verfassung: Die Verfassung garantiert die Meinungsfreiheit.
  • Einschränkungen: Einschränkungen bestehen in Bereichen wie Verleumdung, Diffamierung und der nationalen Sicherheit.

Die Art und Weise, wie Redefreiheit geschützt und eingeschränkt wird, variiert stark zwischen den Ländern und spiegelt oft die politischen, kulturellen und historischen Besonderheiten der jeweiligen Nation wider.

Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben können dann Gerichte bei Bedarf beispielsweise auch entscheiden, wie weit Satire gehen darf.

A propos Satire: Bei der heuchlerischen Selbstverständlichkeit, mit der Frau Schardien hier feststellt, dass man Menschen natürlich nicht den Tod wünschen darf, könnte man glatt übersehen, dass der Gottessohn aus der biblisch-christlichen Mythologie genau das tat. Zum Beispiel hier:

  1. »Und wer einen von diesen Kleinen, die (an mich) glauben, ärgert, für den wäre es das beste, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er ins Meer geworfen wäre.
(Markus 9,42 MENG)

Tjaja. Wenn es um die eigenen Befindlichkeiten geht, dann versteht er keinen Spaß, der liebe Gott (bzw. hier sein zweites Drittel).

Gottverdammich!

Kommt leider öfter vor, als man denkt. Andere verfluchen, so heißt das in der Bibel. Also: Dem anderen Leben entziehen wollen.

Was Frau Schardien wohlweislich verschweigt: In zahlreichen Bibelstellen ist es ihr lieber Gott himself, der Menschen, Tiere (oder auch mal einen Feigenbaum) verflucht. Auch dessen Anhänger verfluchen, was das Zeug hält.

Auch hierzu einige Beispiele, wieder zusammengestellt von ChatGPT:

ChatGPT: Bibelstellen, in denen Gott Menschen verflucht

In der Bibel gibt es mehrere Stellen, an denen Gott Menschen verflucht. Hier sind einige Beispiele aus dem Alten und Neuen Testament:

1. Adam und Eva

Genesis 3:14-19: Nach dem Sündenfall verflucht Gott die Schlange, Eva und Adam:

  • Schlange: „Weil du dies getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und unter allen Tieren des Feldes; auf deinem Bauch sollst du kriechen und Staub sollst du fressen dein Leben lang.“
  • Eva: „Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll über dich herrschen.“
  • Adam: „Verflucht sei der Acker um deinetwillen; mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zur Erde wirst.“

2. Kain

Genesis 4:11-12: Nachdem Kain seinen Bruder Abel tötet, verflucht Gott ihn:
„So sollst du verflucht sein auf dem Acker, der seinen Mund aufgetan hat und das Blut deines Bruders von deiner Hand empfangen hat. Wenn du den Acker bauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben; unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.“

3. Kanaan

Genesis 9:24-25: Nach dem Vorfall mit Ham und Noah verflucht Noah Hams Sohn Kanaan:
„Verflucht sei Kanaan und sei ein Knecht aller Knechte unter seinen Brüdern!“

4. Das Volk Israel bei der Gesetzgebung

Deuteronomium 28:15-68: In diesen Versen wird eine lange Liste von Flüchen aufgeführt, die über das Volk Israel kommen, wenn es den Geboten Gottes nicht gehorcht:
„Wenn du aber nicht gehorchen wirst der Stimme des Herrn, deines Gottes, dass du hältst und tust alle seine Gebote und Rechte, die ich dir heute gebiete, so werden all diese Flüche über dich kommen und dich treffen.“

5. Der Feigenbaum

Markus 11:12-14, 20-21: Jesus verflucht einen Feigenbaum, der keine Früchte trägt:
„Und als sie am nächsten Morgen an dem Feigenbaum vorübergingen, sahen sie, dass er bis zur Wurzel verdorrt war. Und Petrus erinnerte sich und sprach zu ihm: Rabbi, siehe, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt.“

6. Die Pharisäer und Schriftgelehrten

Matthäus 23:13-36: Jesus spricht sieben Weherufe über die Pharisäer und Schriftgelehrten aus, die als eine Art Fluch angesehen werden können:
„Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr verschließt das Himmelreich vor den Menschen; ihr geht nicht hinein, und die hinein wollen, die lasst ihr nicht hineingehen.“

Diese Beispiele zeigen, dass Flüche in der Bibel sowohl im Alten als auch im Neuen Testament vorkommen und oft als Konsequenz für Ungehorsam oder Sünde ausgesprochen werden.

Da sind wir doch mal gespannt, ob Frau Schardien vielleicht später noch darauf zu sprechen kommt…

Deathwish

Ich brauche nur auf manche Seelsorgegespräche schauen. Da wird Verwandten durchaus mal der Tod an den Hals gewünscht. „Die kann gern früher als später gehen. Der wein´ ich keine Träne nach.“ Oder die vielen Opfer von Gewalt – dass die denken: Verfluchter Täter, wäre er endlich tot und könnte kein Unheil mehr anrichten… Würde es mir anders gehen?

Das kommt wohl darauf an, welche Erfahrungen Sie mit den Menschen, die Sie verfluchen gemacht haben.

Wie schon geschrieben: Letztlich sind es die Handlungen, auf die es ankommt, nicht die Gedanken.

Solange Sie nicht zum Mord aufrufen, Selbstjustiz praktizieren oder gegen andere Gesetze verstoßen, können Sie denken was Sie wollen. Ob das auf Dauer sinnvoll oder gesund ist, ist eine andere Frage.

Verflucht – von ganz oben

In Erzählungen der Bibel werden andere Völker verflucht, Machthaber. Feinde. Immer in der Überzeugung: Die haben es halt verdient. Nur… was dort auch immer wieder steht: Gott will unser Fluchen nicht. Im Gegenteil: „Wer verflucht, der wird verflucht“ – von ganz oben.

Aha! Verfluchen ist also das Privileg des magischen Himmelswesens, das über uns thront? Aka lieber Gott? Gott will unser Fluchen nicht, verflucht aber selbst jene, die verfluchen? Merkste selber, oder? – Offenbar nicht.

Mit welchem Recht sollte denn ausgerechnet der Menschen verfluchen dürfen? Die er höchstselbst so fehlerhaft geschöpft hatte? Da kann er sich mal schön selbst verfluchen…

Solche Fragen scheint sich Frau Schardien nicht zu stellen:

Und das geht auch nicht erst beim Mordversuch los, sagt Jesus: „Schon wer auf seinen Bruder oder seine Schwester zornig ist, gehört vor Gericht. …Und wer zu seinem Bruder oder seiner Schwester sagt: ›Geh zum Teufel‹, gehört ins Feuer der Hölle.“ Extrem. Vermutlich nie ganz zu schaffen.

Wie religiotisch verblendet muss man sein, um nicht zu erkennen, dass das biblische Höllen-Konzept mit seiner zeitlich unbegrenzten (!) physischen und psychischen Dauerfolter bei vollem Bewusstsein und ohne Aussicht auf Begnadigung sogar noch viel furchtbarer ist als eine Hinrichtung? Und dass diese völlig unverhältnismäßige Forderung in keiner Weise ethisch vertretbar ist?

In Summe schneidet der biblische Jesus in ethischer Hinsicht katastrophal ab.

Eine ausführliche Analyse der Bibellegenden über den Gottessohn liefert Heinz-Werner Kubitza in seinem lesenswerten Buch: „Jesus ohne Kitsch – Irrtümer und Widersprüche eines Gottessohnes“, das wir bereits als „Buchtipp des Jahres“ vorgestellt hatten.

…am besten gar nicht erst geboren

Wer anderen trotzdem den Tod wünscht, kann nur auf Vergebung hoffen. Höchstens. Mehr nicht.

Vergebung durch wen? Durch den Gott, der alle verflucht, die sich ihm zu Lebzeiten nicht unterwerfen wollten?

A propos „den Tod wünschen“: Die Bibelschreiber gehen sogar noch weiter:

  1. Der Menschensohn geht zwar dahin, wie über ihn in der Schrift steht; doch wehe dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Für diesen Menschen wäre es besser[1]das Beste, er wäre nicht geboren!« 
(Matthäus 26,24 MENG)

Mit Stellen wie dieser wird man heutzutage im christlichen Mainstream nicht mehr konfrontiert. Und trotzdem sind sie in überaus großer Zahl nach wie vor enthalten. Sehr zur Freude der radikal-fundamentalistischen Religioten, die vom staatlich subventionierten und privilegierten Engagement von Wischiwaschi-Weichspülchristen wie Frau Schardien profitieren.

Verfluchen ist Chefsache

Seinen Segen gibt Gott nicht zu unserem Fluchen. Warum?

Diese Frage hatten wir schon beantwortet. Konkret: Weil Verfluchen Chefsache ist:

  1. Rächet euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem (göttlichen) Zorn; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr.«
(Römer 12,19 MENG)

Die Anweisung, nicht selbst untereinander Rache zu üben, basiert auf dem festen Glauben daran und Vertrauen darauf, dass Gott persönlich dereinst mit den schon beschriebenen und von Jesus in zahlreichen Gleichnissen auch bzw. gerade für schlichte Gemüter anschaulich umschriebenen Höllenqualen die ersehnte „ausgleichende Gerechtigkeit“ herstellen wird. Natürlich ausschließlich zugunsten der „Rechtgläubigen.“ Denn das ist das einzige Kriterium, das für ihn zählt.

Vorsätzlicher Betrug

Weil dieses Verfluchen, anderen den Tod zu wünschen, das krasse Gegenteil von dem ist, was Gott will: Und das ist Segen. Vom ersten Moment der Schöpfung an: Segen. Leben schaffen und stärken. Auf allem, was Tod will, kann kein Segen liegen.

Diese Darstellung ist so krass widersprüchlich zur biblischen Gesamtaussage, dass sich Frau Dr. Schardien als studierte Theologin einmal mehr nicht nur den Vorwurf einer verzerrten Falschdarstellung, sondern des vorsätzlichen Betruges (da wissentlich und zu ihren Gunsten) gefallen lassen muss.

Das erste, was der Gott der biblischen Mythologie zufolge macht, also genau im ersten Moment der Schöpfung ist, seine ersten geschöpften Menschen und eine Schlange – zu verfluchen.

Dieser göttliche Fluch ist bis heute Grundlage und unverzichtbare Voraussetzung des biblisch-christlichen Heilsversprechens. Ohne göttlichen Fluch kein göttlicher Segen, keine Notwendigkeit für Erlösung.

Denn durch das widerwärtige Konzept der Erbsünde sind laut Bibel (mit Ausnahme Jesus und bei den Katholen auch Maria) alle Menschen mit diesem göttlichen Fluch belegt.

Die nächste göttliche Interaktion, die Frau Schardiens Darstellung diametral entgegen steht und die sie aber geflissentlich verschweigt, ist die göttlich verursachte Sintflut, also das Töten aller Landlebewesen (mit Ausnahme einer Bootsbesatzung). Von wegen Leben schaffen und stärken.

Diese ständige Verflucherei ist keineswegs eine göttliche Verhaltensweise, die nur im Alten Testament anzutreffen ist. Wie der Vater, verflucht auch der Sohn (siehe oben).

Zusammengefasst finden wir dann die biblische Gesamtaussage bei Markus 16,16:

Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt[2]In anderen Bibelausgaben wird nicht verdammt, sondern verurteilt. werden.

(Markus 16,16 LUT2017)

Weiß jemand eine bessere Lösung?

Aber sollen wir die Bösen einfach laufen lassen? Nein, eben nicht. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Das war mein Konfirmationsspruch. Moralisch? Ja, vielleicht, aber weiß jemand eine bessere Lösung?

Moralisch vielleicht – aber gleichzeitig höchst unethisch.

Und zwar deshalb, weil „Gut“ und „Böse“ keine eindeutig und einheitlich definierten ethischen Kategorien sind. Eine Moral, die auf „Gut“ und „Böse“ basiert, ist als Moralquelle für ethische Standards oder Gesetze von freiheitlichen Gesellschaften unbrauchbar.

Deshalb spielen sie zwar in Religionen und Blockbustern, nicht aber in der Gesetzgebung oder in ethischen Überlegungen eine Rolle.

Wie unbrauchbar diese Kategorien sind, wird schnell deutlich, wenn wir zum Beispiel überlegen, wie gut es Diktatoren und Kriegstreibern immer wieder gelingt, ihre Völker und Armeen davon zu überzeugen, wer denn nun „die Guten“ sind und wer „die Bösen.“

Putin und sein Nutznießer, willfähriger ideologischer Unterstützer, Aufwiegler, Scharfmacher, Frau Schardiens christlicher Glaubensbruder, Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche und geschätzt 4 Milliarden US-Dollar schwerer (Quelle) Kirchenfunktionär Kyrill der Erste geben sich zum Beispiel auch als „Glaubenskrieger gegen das Böse“ aus – so jedenfalls der Titel einer Monitor-Sendung.

Bessere Lösung? Na klar!

Zum Glück weiß natürlich jemand eine bessere Lösung als der anonyme Bibelschreiber: Für justiziable Fälle ist die Lösung ein funktionierendes System aus Legislative, Judikative und Exekutive.

Dass Frau Schardien tatsächlich diese Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, die wohl jeder Schüler irgendwann mal vermittelt bekommen hat entweder nicht kennt oder sich ihrer Bedeutung in diesem Zusammenhang nicht bewusst ist, kann man kaum für möglich halten.

Bei nicht rechtlich relevanten Fällen im menschlichen Miteinander kommt es auf den Einzelfall an. Wenn möglich, kann man natürlich versuchen, Konflikte selbst (friedlich) zu klären und – je nach Situation – auch zu vergeben.

Wobei es auch Fälle von, um im religiösen Duktus zu bleiben, „Bösem“ gibt, das Menschen ein Leben lang nicht verzeihen oder aus der Welt schaffen können.

Dann ist zu hoffen, dass sie trotzdem wenigstens ihren eigenen Frieden finden.

Sonderfall „Tyrannenmord“

Abgesehen davon gibt es auch noch Sonderfälle, in denen sich „Böses“ leider nicht mit „Gutem“ überwinden lässt. Als Beispiel sei hier der so genannte Tyrannenmord[3]Der streng genommen kein Mord ist, weil er nicht die Merkmale erfüllt, die einen Mord ausmachen. angeführt.

Hier zeigt sich einmal mehr, wie problematisch und deshalb unbrauchbar diese Begriffe für eine Debatte zum ethischen oder rechtlichen Themen sind.

Wer sich näher mit der Thematik „Gut und Böse“ befassen möchte, dem sei das Buch „Jenseits von Gut und Böse – warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind“ von Michael Schmidt-Salomon zur Lektüre empfohlen.

Leben weitergeben!?

Unser erster Job als Menschen ist es, den Segen, das Leben weiterzugeben.

Luther Zitat (2)

Bei religiösem Geschwafel besteht immer die Gefahr, dass missverständlicher Unsinn dabei herauskommt.

„Leben weitergeben“ bedeutet landläufig „Kinder zeugen.“

Tatsächlich gab und gibt es durchaus Berufschristen, die tatsächlich genau darin den „ersten Job als Menschen“ sahen und sehen.

Zum Beispiel, weil der Kriegsherr, mit dem das Kirchenoberhaupt das Bett teilt dringend Nachschub für seine Armee benötigt.

Oder auch, wie Luther, die einzige Legitimation für das Vorhandensein von Frauen.

Doch das meint Frau Schardien vermutlich nicht. Was sie stattdessen damit meint, bleibt ihr verschwurbeltes Geheimnis.

Menschenfreundliche Werte

Segen liegt darauf, auf gerechte Weise für Gerechtigkeit eintreten, für menschenfreundliche Werte, für ein gutes gemeinsames Leben.

Auch der Begriff „Segen“ ist mehrdeutig und deshalb schnell irreführend.

Im religiösen Kontext beinhaltet Segen die Zuwendung des jeweils geglaubten Gottes. Abgesehen davon wird das Wort auch außerhalb religiöser Zusammenhänge verwendet, Stichwort: „Geldsegen.“

Wem es ein Anliegen ist, dass die eigenen Aussagen richtig verstanden werden, der sollte sich um eine möglichst klare und eindeutige Sprache bemühen. Statt ständig mehrdeutige Begriffe zu verwenden, die dann durch ihre religiöse Konnotation für die eigenen (theologischen) Zwecke vereinnahmt werden können.

Frau Dr. Schardien ist zweifellos Meisterin im Fach der vernebelnden theologischen Rhetorik. Oberste Äquivokationsliga.

Statt des Kriteriums, ob auf etwas ein „Segen liegt“ oder nicht, eignen sich andere Maßstäbe wesentlich besser zur Beurteilung menschlichen Verhaltens.

Maßstäbe, die für alle Menschen gelten und die von allen Menschen eingefordert werden können. Unabhängig davon, ob und wenn ja an welche Götter und deren Segnungen sie glauben oder nicht glauben.

Hierzu sei nochmals auf das gerade schon erwähnte Buch verwiesen, wobei es freilich noch unzählige weitere Literatur gibt, die sich mit Moral und Ethik auseinandersetzt.

Talking without speaking

Das unvorstellbare Leid, das allein schon einzelne Stellen wie diese über die Menschheit gebracht hat, scheint Frau Schardien entweder nicht bewusst zu sein – oder völlig einerlei. Sie lebt mit ihrem „lieben Gott“ als Übermieter auf ihrer rosa Wolke und versucht, nicht zu fluchen, damit sie nicht „von ganz oben“ verflucht wird. Beati pauperes spiritu.

Und wenn wir heute, am 20.Juli an das Attentat auf Hitler vor 80 Jahren denken, dann dürfen wir wissen: es ist heute anders. Anders als 1944 können wir in Demokratien heute wählen gehen.

Wieviel Leid, wieviel Tod wäre der Menschheit erspart geblieben, wenn das Hitlerattentat erfolgreich gewesen wäre? Kein Wort davon bei Frau Schardien. Stattdessen lediglich die triviale, in diesem Zusammenhang inhaltsleere Aussage, dass es heute anders ist.

Oder wenigstens eine theologische Bewertung des „Tyrannenmordes“? Fehlanzeige.

Obrigkeit von Gottes Gnaden

Klar: Die Bibel versagt in ethischen Fragen genauso grundlegend wie ihre Protagonisten. Direkt im Anschluss an Frau Schardiens Konfirmationsspruch heißt es zum Beispiel:

  1. Jedermann sei den obrigkeitlichen Gewalten untertan; denn es gibt keine Obrigkeit, ohne von Gott (bestellt zu sein), und wo immer eine besteht, ist sie von Gott verordnet. 
  2. Wer sich also der Obrigkeit widersetzt, der lehnt sich damit gegen Gottes Ordnung auf; und die sich auflehnen, werden sich selbst ein Strafurteil zuziehen.
(Römer 13, 1-2 MENG)

Viel zu tun – und nix getan

Kümmern wir uns um den Segen, und tun alles, alles, dass wir nicht in Verzweiflung geraten.
Damit haben wir viel zu tun und vermutlich viel in der Hand.

Nicht in Verzweiflung geraten. Genau darum scheint es Frau Schardien primär zu gehen: Um sich selbst.

Dafür ist sie bereit, ihre eigene intellektuelle Redlichkeit über Bord zu werfen.

Statt sich der irdischen Realität zu stellen und sich ihrer eigenen Möglichkeiten und Beschränkungen bewusst zu werden, flüchtet sie sich lieber in ihr religiös vernebeltes Wolkenkuckucksheim, das sie sich nach ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen aus der biblisch-christlichen Grundlage extrahiert und zweckdienlich sowie möglichst unverfänglich zurechtgebastelt hat.

Das sei ihr freilich unbenommen – wie eingangs schon erwähnt, sind die Gedanken frei und darunter fällt natürlich auch Glaubensfreiheit.

Allerdings sehe ich keinen vernünftigen Grund, warum sie das Publikum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Kosten der Allgemeinheit an ihrer Realititätsflucht teilhaben lassen muss und es darüberhinaus auch noch mit ihrer bis ins Gegenteil verzerrten und zweckdienlich selektierten Darstellung der biblischen Texte belügt und betrügt.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete (!) Nacht.

So mit „Leben weitergeben“ und so? Oder doch eher die Version mit göttlicher Zuwendung? Oder beides…?

Fluch und Segen: Fun Fact zum Schluss

Microsofts KI weigert sich vehement, Bilder zu Prompts wie „Male ein Bild, wie Gott Menschen verflucht“ zu erstellen. Deshalb gibts als Titelbild diesmal auch keine Darstellung, wie Gott fluchende Menschen (wie von Frau Schardien behauptet) „von ganz oben“ verflucht.

Sondern nur eine Darstellung des „Jüngsten Gerichts“, bei dem Gott der biblischen Mythologie zufolge ja abhängig vom Grad der Unterwerfung über ewigen Fluch und Segen entscheidet.

Interessanterweise scheint DALL-E davon auszugehen, dass diesen Job dereinst nicht wie in der Bibel beschrieben Gott Vater, sondern sein Stiefsohn und Halb- bzw. Drittelgott Jesus übernehmen wird. Zumindest malt sie Gott so, wie (westliche) Menschen Jesus für gewöhnlich darstellen.

Fußnoten

Fußnoten
1 das Beste
2 In anderen Bibelausgaben wird nicht verdammt, sondern verurteilt.
3 Der streng genommen kein Mord ist, weil er nicht die Merkmale erfüllt, die einen Mord ausmachen.

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6 Gedanken zu „Fluch und Segen – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. „Selig die geistig Armen, denn ihrer ist das Himmelreich!“

    Der einzige Satz der Bibel, dem ich volkommen zustimme.

    „Richte nicht, auf dass du nicht gerichtet wirst.“

    Und es sind gerade die Christen, die permanent andere in Schubladen stecken und als „böse“ deklarieren, nur weil diese ihr verkorkstes Glaubensbild nicht teilen.

    Kompliment Marc,
    mal wieder sehr gut auf den Punkt gebracht, nur leider werden viel zu wenig Christen diese Worte lesen bzw. auch reflektieren.
    Deine Reichweite sollte um einiges grösser sein.
    Warum eigentlich kein YouTube?
    So einen Text schriftlich zu verfassen benötigt doch fast mehr Zeit, als ein kurzes 5-10 minütiges Video zu drehen, mit dem Du weitaus mehr Menschen erreichst.

    Antworten
  2. Zum einen ist es sehr lustig, wie sich diese Christentumsverkäufer/-innen aufgrund ihrer hohen Schäfchenflucht mittlerweile ihr heiliges Buch bis zur Unkenntlichkeit auf dem Amboss der Unredlichkeit zurechthämmern. Zum anderen ist es schlimm, live im Fernsehen mit anzusehen, was Religion aus Menschen macht.
    Religion ist schädlich, sie ruiniert offensichtlich den Verstand.
    Die gute Nachricht ist: Religion ist heilbar!

    Antworten
  3. Da hat FLO recht.
    Und man könnte ja auch da eine Kommentar- und Diskussionsfunktion einrichten, die sicher lebhafter genutzt würde als diese hier.
    Marc hätte es verdient.

    Aber auch das WzS würde dadurch eine weitere Verbreitung finden. Das sage ich deshalb, weil wir uns das zumindest im deutschsprachigen Raum durchaus leisten können, denn der Skeptisismus gegenüber den christlichen Konfessionen ist mittlerweile so weit verbreitet, dass das WzS mehrheitlich genau die gegenteilige Wirkung erzielen würde, als sie von den religiösen Dampfplauderern beabsichtigt ist, um so mehr, als der Kommentar zum WzS von Marc massgeblich das Seine dazu beitragen würde.
    Vielleicht fühlt sich dann ja auch der eine oder andere Fernsehprediger bemüssigt, doch des öfteren mal Stellung zu beziehen. Zu AWQ verläuft sich ja leider nur hin und wieder einmal ein Glaubensritter.

    Zum Thema selbst noch eine kurze Bemerkung zum Verfluchen.
    Hier trifft eine schon bei den alten Römern geläufige Sentenz zu:
    Quod licet Iovi, non licet bovi.
    Das ist ein Motto, das sich bisher alle Sklavenhalter, Feudalherren, Diktatoren und natürlich auch der hohe Klerus auf die Fahnen geschrieben haben.
    Und da die immer von Gottes Gnaden berufen waren, war das auch in Ordnung so. 😉

    Antworten
    • „Quod licet Iovi, non licet bovi“

      Dieses gottverdammte Latein-Zitat hat massgeblich zu meiner kindlichen Traumatisierung beigetragen!
      Mein Stief….r, angeblich gläubiger Katholik, hat dies stets als allgemeingültige Rechtfertigung seiner physischen und psychischen Grausamkeiten bemüht!

      Glaubt mir Leute, kein Horrorfilm geht derartig unter die Haut, wie ein Posttraumatisches-Stressyndrom…
      Allerdings könnte ich nicht behaupten, dass meine Alpträume langweilig wären! 😉

      Antworten
  4. „Und wenn wir heute, am 20.Juli an das Attentat auf Hitler vor 80 Jahren denken, dann dürfen wir wissen: es ist heute anders. Anders als 1944 können wir in Demokratien heute wählen gehen.“

    Mehr durfte sie dazu nicht sagen. Sie musste sich zurückhalten und darauf hoffen, dass ihre Zuhörerschaft nicht mitdenkt, den offensichtlichen Widerspruch nicht bemerkt.
    Denn konsequenterweise muss sie das Attentat missbilligen:

    „ Wer anderen trotzdem den Tod wünscht, kann nur auf Vergebung hoffen. Höchstens. Mehr nicht.“

    Ist das der Umgang, den Sie sich für den 20. Juli als Gedenktag für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus wünschen, Frau Dr. Schardien?

    Antworten
  5. Frau Schardien lallt, als hätte sie ein ganz besonders krasses Kraut geraucht. Marc hat die Verfluchungen gut dargestellt, die sich sowohl im Alten als auch im Neuen Testament zahlreich finden — so zahlreich, dass man sie gar nicht alle zitieren kann. Es ist unübersehbar. Auch Jesus verfluchte jeden, der nicht sofort seiner Meinung war.

    Es geht aber nicht nur um Jahwe oder Jesus. Frau Schardien tut so, als gebe es überhaupt keine Kirche. Die gesamte Geschichte zwischen Jahwe und heute bringt sie zum Verschwinden. Hat nicht die Kirche über Jahrtausende dafür gesorgt, dass die Flüche auch in die Tat umgesetzt wurden? Hat nicht ihr toller Kirchenherr, Martin Luther, alle verflucht, die ihm bei seinen Hasspredigten gerade in den Sinn kamen?

    Heute fluchen die Menschen, weil sie wissen, dass ihre Flüche wirkungslos sind. Aber die Christen fühlten sich zu allen Zeiten aufgerufen, den Ungläubigen oder Abweichlern schon im Diesseits zu schaden. Es wurde ausgegrenzt, verleumdet, verachtet, nicht selten gefoltert, von Pferden zerrissen, am Kirchturm aufgehängt oder auf gesegnetem Holze verbrannt. Verstorbene hat man wieder ausgegraben und die Skelette verflucht, nur um ganz sicherzugehen, dass sie in der Hölle landen. Vergebung war nicht möglich.

    Nie in ihrer Geschichte hat die Kirche einer einst verschmähten Gruppe geholfen. Und nie in ihrer Karriere hat Frau Schardien dies getan. Sie hat den Frauen nicht geholfen, sich zu emanzipieren. Sie hat den Homosexuellen nicht geholfen, ihre normalen Bürgerrechte zu erlangen. Sondern erst, als dies bereits zum Mainstream wurde, hat sie sich hastig drangehängt. Und nun steht sie vor der Kamera und täuscht die Zuschauer über diese Fakten. Plötzlich hat sie vergessen, dass die Bibel VOR ALLEM aus Flüchen und Verwünschungen besteht, aus Mord und Totschlag, aus Bedrohung und Bestrafung. Sie hat wohl auch den Johannesbrief vergessen, in dem Jesus sagt, wer nicht getauft wäre, bekäme noch nicht einmal einen fairen Prozess beim Endgericht, sondern das Urteil stünde bereits fest. Ist das etwa kein Fluch?

    Frau Schardien kann sich ihren verlogenen Segen an den Hut stecken. Wenn der Segen etwas nützen würde, dann wäre ja alles bereits erledigt. Dann müsste sie keine Reden schwingen. Aber offenbar nützt ihr Segen nichts. Und das weiß sie ganz genau.

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