Lesen. Gegen die Angst – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Papstbrief über Literatur, verkündigt von Benedikt Welter, veröffentlicht am 17.08.2024 von ARD/daserste.de
Darum geht es
In seinem Beitrag bezüglich des Papstbriefes zum Thema Lesen und Literatur lässt Herr Welter alle theologischen Aspekte, um die es dort eigentlich geht kompletweg.Für seine heutige Glaubens-Reklamesendung hatte sich Pfarrer Welter bei Jorge Mario Bergoglio aka Papst Franziskus bedient. Genauer: Bei dessem jüngsten „Hirtenbrief“ zum Thema Literatur und Lesen.
Kraft der Literatur und „Schwindelerregende Theologie“
Eine lesenswerte Zusammenfassung und Einordnung dieses Schreibens, der ich im Grunde nichts mehr hinzuzufügen habe, hatte kürzlich schon die Neue Züricher Zeitung veröffentlicht:
Der Papst outet sich als leidenschaftlicher Leser: Ein Buch lesen sei manchmal wichtiger als beten, schreibt er
Der neue Hirtenbrief von Franziskus ist eine Hymne an die Kraft der Literatur: ein Mix aus persönlichen Bekenntnissen, Literaturtheorie und schwindelerregender Theologie.
(Quelle: Thomas Ribi via NZZ am 15.08.2024, https://www.nzz.ch/feuilleton/papst-franziskus-warum-lesen-manchmal-wichtiger-als-beten-ist-ld.1843667)
Beim Durchlesen des päpstlichen Briefes war ich – wie offenbar auch Ribi – zunächst erstaunt, dass der Papst mit keinem Wort die Bibel erwähnt. Was man ja eigentlich erwarten würde, wenn ein Papst über die Bedeutung von Literatur und Lesen sinniert.
Dass Franziskus in diesem Zusammenhang auch mal auf das Verzeichnis der Bücher zu sprechen kommen würde, deren Lektüre seine Kirche über viele Jahrhunderte hinweg bei Strafe (bis hin zur Todesstrafe, solange sie noch die Macht dazu hatte) verboten hatte, hätte zwar thematisch gepasst, war aber sowieso nicht zu erwarten.
Andererseits ist das amtierende Kirchenoberhaupt ja bekannt dafür, Meister darin zu sein, durch geschickte Rhetorik den Anschein zu erwecken, fortschrittlich und modern zu sein.
Thema Literatur als Türöffner für Religiöses
Nach seinen Allgemeinplätzen zum Thema Literatur und Lesen kommt Papst Franziskus zügig zu dem, worum es ihm eigentlich geht, worum es ihm berufsbedingt gehen muss. Dazu nochmal aus dem bereits zitierten NZZ-Artikel:
Das Fleisch Christi, mahnt der Papst, dürfe nie aus den Augen verloren werden: Gegenwärtig sei es im Leib Jesu, der aus Liebe, Leidenschaften und Geschichten bestehe. Was die Literatur damit zu tun hat? Sie helfe, uns empfänglich zu machen für die Fülle des Lebendigen, sagt Franziskus. Für die Nöte der Menschen. Und irgendwie eben auch für «die volle Menschheit Jesu». Eine schwindelerregende Volte. Theologischer kann’s nicht mehr werden. Viel komplexer auch nicht. Aber dass der Papst gern Borges liest, nimmt man mit Freude zur Kenntnis.
(Quelle: ebenda)
…und was bei Herrn Welter davon übrig bleibt
Vergleicht man nun den Inhalt des Papstbriefes mit Pfarrer Welters heutigem „Wort zum Sonntag“, dann fällt auf, dass bei Herrn Welter alle religiösen Aspekte des Textes fehlen.
Der Fernsehpfarrer plaudert nur über den weltlichen Teil, also über die überwiegend trivialen Allgemeinplätze, die der Papst als Feigenblatt für die Verbreitung seiner theologischen Ideen verwendet hatte.
Wer sich jetzt nur das „Wort zum Sonntag“, nicht aber den referenzierten Text zu Gemüte führt, kann schnell den falschen, aber wohl nicht zufällig genau so suggerierten Eindruck bekommen, Papst Franziskus sei tatsächlich so fortschrittlich und modern, wie er gerne von seiner Gefolgschaft dargestellt und wie er wohl auch von vielen seiner Schäfchen wahrgenommen wird:
Aha, der Papst macht sich also Gedanken über Literatur und darüber, wie wertvoll das Lesen von Büchern – und zwar nicht mal explizit der Bibel! – ist. Sehr fortschrittlich!
Lesen kann vor Fake News schützen – auch vor religiösen
So gesehen muss ich dem Papst immerhin insofern zustimmen, wenn er schreibt, dass Lesen auch davor schützen kann, auf Fake News hereinzufallen.
Sogar dann, wenn diese vom eigenen Personal verbreitet werden. Diesmal in Form einer gewohnt hoch selektiven und damit die eigentlichen – nämlich die theologischen – Aussagen unterschlagenden Darstellung des päpstlichen Schreibens.
Eines Schreibens, in dem es nur vordergründig, quasi zum Schein um Literatur, in Wirklichkeit aber um Glaubensgedöns (das die geschätzte Leserschaft bei Interesse gerne im Originaltext nachlesen und auf das ich deshalb an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte) geht.
Es ist nichts weiter als der Versuch, etwas von der unzweifelhaft vorhandenen Relevanz der Literatur abzuknapsen – um auf diesem Weg dem biblisch-christlichen Glaubenskonstrukt ebenfalls eine besondere Bedeutung anzudichten.
Die Legende vom modernen Papst
Für Herrn Welter scheinen die enthaltenen theologischen Aussagen des Papstes so irrelevant zu sein, dass er sie einfach mal komplett weggelassen hat.
Klar: Diese Inhalte sind auch für die überwiegende Mehrheit seiner Kundschaft sowieso längst bedeutungslos geworden. Mit dem theologischen Kram mögen sich die angehenden Priester befassen, für die das Schreiben ursprünglich gedacht war.
Für die Mainstreamverkündigung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk genügt es, mal wieder die Legende vom fortschrittlichen und modernen Papst befeuert zu haben. Fleisch gewordene Worte und fiktive göttliche Offenbarungen möchte man diesem Publikum nicht mehr zumuten, wenns nicht unbedingt sein muss.
Sicher, Lesen kann davor schützen, auf Fake News hereinzufallen. Problem: Es gibt viele Menschen, die sehr viel lesen und trotzdem auf Unsinn hereinfallen – vielleicht sogar weil sie so viel lesen. Damit meine ich nicht nur Theologen … leider.
Eigentlich kommt es auf etwas anderes an: Es geht um die kritischen Fähigkeiten, das Gelesene analysieren und rational bewerten zu können. Und diese erwirbt man nur durch Bildung und entsprechende Ausbildung. In die Wiege gelegt werden sie uns leider nicht. Im Gegenteil: Viele bekannte Denkfehler und Denkfallen funktionieren, weil wir sie für „intuitiv einleuchtend“ halten.
Genau deshalb plädiere ich seit langer Zeit gerade aus Perspektive der Aufklärung für ein Schulfach „Rational Denken, Entscheiden und Handeln“ (RDEH). Ethikunterricht wäre davon ein kleiner aber wichtiger Teil.
Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Der Hinweis im Beitrag, dass Lesen vor Fake News schützen kann bezog sich konkret darauf, dass das Lesen des Papstbriefes davor schützen kann, auf die völlig verzerrte, weil von allen religiösen Aspekten (um die es eigentlich geht) bereinigte Darstellung von Pfarrer Welter hereinzufallen.
„geschickte Rhetorik“ ? Na ich weiß nicht so recht ! Als regelmäßiger, zugegebenermaßen nicht sehr ehrfürchtiger Leser von vaticannews, komme ich eher zu folgender Charakterisierung: aufgeblasene, romantizistische Metaphorik, pubertäre Liebesrhetorik, erfinderische Lobhudeleien, grobschlächtige Beleidigungen.
Lobhudeleien wie z.B. zur Jungfrau und Gottesmutter Maria, von der ja ausgesprochen wenig die Rede ist in den Heiligen Schriften;
noch weniger ist vom Heiligen Josef die Rede, umsomehr wurde im letzten „Josefsjahr“ über ihn erfunden.
aktuelles Beispiel auf vaticannews:
»Als Christen sind wir „Gesalbte in der Nachfolge Christi“, haben also „die erhabene Berufung, durch Früchte des Geistes wie Liebe, Frieden und Freundlichkeit den Wohlgeruch (!) Christi in der Welt zu verbreiten.“«
etwas länger her:
»Kindersoldaten sind Schreie, die zu Gott aufsteigen.«
oder: ich werde nicht müde, an die grobschlächtige Beleidigung zu erinnern, wenn er Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, als Auftragsmörder bezeichnet.
Oder auch das zitierte: „Das Fleisch Christi, mahnt der Papst, dürfe nie aus den Augen verloren werden: Gegenwärtig sei es im Leib Jesu, der aus Liebe, Leidenschaften und Geschichten bestehe.
(FLEISCH, LEIB, das/der aus Liebe, Leidenschaften (!) und Geschichten besteht !
Ein Leib besteht nach meinem Verständnis eher aus Haut und Haar, Fleisch UND Knochen, Magen und Darm und Blase … und weniger aus Liebe, Leidenschaften und Geschichten )
»Nein, wir müssen unsere Lektüre mit Offenheit, Überraschung, Flexibilität aussuchen, uns beraten lassen, aber auch mit Aufrichtigkeit (?) und versuchen, das zu finden, was wir in jedem Moment unseres Lebens brauchen.«
«Jeder wird die Bücher finden, die sein eigenes Leben ansprechen und zu wahren (!) Wegbegleitern werden.«
Nun ich berate Papst und Priester(kandidaten) mal gerne:
„Candide oder der Optimismus“ unter dem Pseudonym Docteur Ralph erschienen, um der Verfolgung durch die Kirche zu entgehen; verfasst von François-Marie Arouet, der ansonsten das Psudonym Voltaire benutzte, um der Verfolgung durch die Kirche zu entgehen.
Zufällig entdeckt und echt lesenswert: der Artikel „Die Liste“ Von Lucas Wiegelmann, veröffentlicht am 05.06.2016 in der „Welt am Sonntag“ über den „Index librorum prohibitorum“, … ein „Verzeichnis der römischen Inquisition, das für jeden Katholiken die Bücher auflistete, deren Lektüre als schwere (!) Sünde galt.“ (Wikipedia)
Darin wird auch erklärt, warum Bergoglio die Bibel selbstverständlich nicht empfehlen kann:
»Kein Werk aber wurde so oft indiziert wie die Bibel: Anders als die Protestanten, die möglichst allen Menschen die Heilige Schrift zugänglich machen wollten, erkannten die Vatikangelehrten, dass sich das Kirchenvolk viel geräuschärmer handhaben ließ, wenn es nicht zu viel nachlas. Im Laufe der Jahrhunderte verbot der Papst eine Bibelausgabe nach der anderen. In erster Linie Übersetzungen in die Volkssprachen, aber auch nicht vom Vatikan autorisierte lateinische Fassungen. „Denn es steht aus Erfahrung fest“, so stand es in jeder neuen Indexausgabe bis 1898 (!), „dass, wenn man das Lesen der Heiligen Schrift in den Volkssprachen jedermann erlaubt, daraus wegen der Verwegenheit (!) der Menschen mehr Schaden als Nutzen entsteht.«
„geräuschärmer handhaben“ : geniale Formulierung !
Und auch das kann ich mir nicht verkneifen zu zitieren:
»Der „moralische Wert“ des Index, so hieß es dort mit letztem apostolischem Trotz (;-), bleibe allerdings auch in Zukunft gültig (KB: also auch das Verbot, die Bibel zu lesen !). Der katholische Christ sei weiterhin vor seinem Gewissen verpflichtet, Bücher nicht zu lesen, die eine Gefahr für den Glauben und für die Sitten darstellten. Noch in der Nachricht von seiner Auflösung spürt man, dass die Kurie ihn lieb gehabt hat, ihren Index.«
Und wie erfährt man jetzt, welche Bücher eine Gefahr für den Glauben und für die Sitten darstellen ?
Und zum guten Ende:
»Um für diese Liebe Verständnis zu haben, reicht es schon, eine kleine Meldung aus der Spätphase des Index zu lesen, die 1931 in der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ erschienen ist. Die Kirche, hieß es dort, habe das Aufklärungsbuch „Die vollkommene Ehe“ des Gynäkologen Theodoor Hendrik van de Velde verboten. „Aber erst nach gründlicher Lektüre der Kardinäle!“(;-) «
(!) in den Zitaten von mir.
„geschickt“ insofern, als dass es ihm offenbar gelingt, damit den Anschein zu erwecken, er sei fortschrittlich und modern, ganz nah an der irdischen Realität. Im vorliegenden Beispiel etwa genügte das nicht-theologische „Füllmaterial“, um daraus ein ganzes „Wort zum Sonntag“ zu basteln.
Allein, die Formulierung “ schwindelerregende Theologie “ ist so genial,
da krieg ich gleich nen Drehwurm von, noch ehe mir bewusst wird, wer mich eigentlich auf dieses “ Karussell des Irrsinns “ gesetzt hat…
Leider wird von gläubigen Leuten nie verlangt, lesen UND auch verstehen zu können.
Es reicht vollkommen aus, das zu glauben, was der Typ in den tuntigen Gewändern grade erzählt…
„Selig die Bachforelle, denn sie war nie im Gartenteich!“ 😉
Der Beitrag von Herrn Welter ist belanglos. Hätte er nicht auf Franziskus Bezug genommen, so hätte er das auch in einer schlichten Urlaubs-Wellnesstipp-Sendung sagen können.
Der Titel des Films „Angst essen Seele auf“ ist ein Satz aus dem Film, den der Hauptdarsteller als marokkanischer Gastarbeiter zu seiner deutschen, viel älteren, verwitweten Freundin sagt, wenn er die verheerende Wirkung der ablehnenden Haltung ihrer Umwelt in Bezug auf ihre unkonventionelle Beziehung beschreibt.
Diesen Filmtitel als „absichtlich holprig“ zu charakterisieren, ist wohl etwas daneben.
Das nur am Rande.
Daher direkt zu Bergoglio:
Es gibt also auch beim Wirken des Papstes Sommerlöcher.
Dieses stopft er mit tiefsinnigen Betrachtungen über den Nutzen und das Frommen von Beschäftigung mit „guter“, weltlicher Literatur.
Aber all das undifferenzierte, unverbindliche und unkritische Streicheln von Literatur und Poesie als solcher und deren Konsum über 44 Absätze hinweg kann doch zumindest einen halbwegs aufgeklärten Zeitgenossen nicht darüber hinweg täuschen, zu welchem Ende das Ganze geschrieben wurde: als Beitrag zur Neuevangelisation natürlich.
Nur die Auswahl der eingestreuten und zitierten Dichter/Schriftsteller weist immerhin dezent auf eine bestimmte Richtung hin, an der sich der geneigte Leser vermutlich orientieren sollte (Elliot, Borges, Celan, Proust).
Heine, Voltaire, Marquis de Sade, Nietzsche, Shaw etc. gehören sicher nicht dazu.
Von einer originellen, modernen neuen Sichtweise auf die Kultur jenseits der Heiligen Schriften kann also bei Bergoglio keine Rede sein.
Wieder mal eine Mogelpackung.
Man merkt die Absicht und ist verstimmt. (Goethe)
Ich finde es sehr schön, dass Papst Franziskus sich die Zeit genommen hat für den feinsinnigen Genuss von Literatur — angesichts eines Kriegs in Europa, und einer weltweiten Klimakrise, und Hungersnöten, und radikalen Parteien überall. Eigentlich ist er ja beschäftigt mit der Aufklärung des sexuellen Missbrauchs in seiner Kirche; und in Deutschland wollen ein paar Querulanten sogar Frauen (igitt!) für ein paar niedere Handlanger-Dienste beim Gottesdienst zulassen, kann man sich das vorstellen?
Und man denkt sich, der Mann hat keine Zeit. Doch, schwupps!, erfreut uns der Papst mit ein paar vagen Lesetipps.
Offenbar hat es schon Auswirkungen: Donald Trump schrieb auf Twitter: „Thanks POPE! FINALLY managed to read a whole damn book. NEVER did this before.“ — Natürlich wurde er von Journalisten gefragt, um welches Buch es sich handele, und er sagte, die Frage ließe sich in dieser allgemeinen Form nicht beantworten.
Vladimir Putin ließ mitteilen, er habe im Sommer das 4. Buch Mose gelesen mit der wunderbaren Landnahme: „Nja swodra, buschnudja subro ischni sibrodschje!“, was laut Google-Übersetzung so viel heißt wie: „Verdammt, was faselt der alte Sack da!“
Die chinesische Regierung ließ mitteilen, es handele sich vermutlich um einen ihrer Bots, die nonstop irgendeinen zusammenhangslosen Käse ins Web kippen würden, um die Menschen im Westen zu verwirren. Vielleicht handele es sich aber tatsächlich um die Worte von Franziskus, das sei schwer zu unterscheiden.
Ein gutes Buch lesen ist immer wichtiger als beten, Bespiel: den Anhalter (1. Teil) nochmal lesen
„Und dann wird‘s Segen geben: für Tier und Mensch, für ihr Zusammenleben und ihr Wohlergehen.“
Also nur für Haustiere natürlich, um genau zu sein, oder findet der Gottesdienst im Mastbetrieb statt?
Und bitte Frau Prumdings, passen Sie auf, dass sich da nicht auch Schwule oder Lesben dazwischen mogeln, um sich den Segen zu erschleichen.
Vielen lieben Dank auch, dass Sie endlich mal diesen Atheisten (zum Teufel und in die Hölle mit ihnen) bewiesen haben, dass die Arche Noah tatsächlich existiert hat, denn eine intelligente und streng religiöse Frau (laut Bibel Hausrat) wie Sie würde doch keinesfalls im ORF lügen. Auch würde sofort der Rundfunkrat einschreiten, wenn im öffentlich-rechtlichen Bildungsfernsehen gelogen würde.
🤔??? Rundfunkrat? Wer sitzt da gleich nochmal mit drin?
NEIN – DOCH – OOOHH
Geht mit den Viechern lieber im Park oder Wald spazieren!
Ich schaue lieber Filme, z.B. Das Leben des Brian.