Kommentar zu NACHGEDACHT (68) Warum musste Jesus sterben?

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Kommentar zu NACHGEDACHT (68) Warum musste Jesus sterben?, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 20.04.14 von Osthessennews

Warum musste Jesus sterben? Warum musste ein Mann sterben, der sich den Menschen in solch einmaliger Weise zuwendete?

Der historische Jesus hatte sich auch nicht mehr den Menschen zugewendet als unzählig viele andere selbsternannte „Heiler“, Exorzisten, Prediger und Sektenführer auch, die versuchten, Menschen auf ihre Seite zu bekommen. Die Märchen des christlichen Jesus spielen heute keine Rolle mehr, weil sie ja nicht die historisch belegbare Wirklichkeit, sondern die Wünsche und Hoffnungen derer widergeben, die sich den „Gottessohn“ ausgedacht haben.

Er kam für die Menschen auf die Erde und wurde von ihnen ermordet.

Er kam nicht für die Menschen, sondern als Verkünder seines Gottes auf die Erde (jedenfalls hat er das so gesehen).

Ein tragisches Ende. Aber es hatte seinen Sinn.

Nämlich den „Sinn,“ den jeder Tod hat: Einmal mehr zu belegen, dass jedes Lebewesen irgendwann stirbt. Da Jesus in der allegorischen Bedeutung der Bibel für das aus Sonnenlicht (Heiliger Geist) von der Sonne (Gott) und aus Materie (Maria) entstandene Leben steht, sind der Kreuzestod und die Auferstehung nichts weiter als Allegorien für das Vergehen allen Lebens (Tod) und für die Tatsache, dass Energie und Atome erhalten bleiben (Auferstehung).  Das ist auch schon der ganze „Sinn“, der in der biblischen Auferstehungsgeschichte steckt.

Warum er sterben musste, kann man in zweifacher Weise begründen: historisch sowie theologisch.

Warum er sterben musste, kann man ganz einfach und vor allem plausibel mit der Wirklicheit begründen: Jesus musste sterben, weil er als Angehöriger einer bestimmten Trockennasenaffenart ein Lebewesen war und demzufolge früher oder später ganz sicher sterben musste – wie alle anderen Lebewesen auch.

Spekulieren kann man darüber, warum er (angeblich) am Kreuz zu Tode gefoltert wurde.

[…] Die römische Besatzungsmacht im damaligen Israel tötete ihn lieber, bevor er noch das fragile politische System stürzen konnte. Dass er das nie wollte, interessierte nicht.

Es ist kaum davon auszugehen, dass sich die Römer wegen Jesus ernsthaft Sorgen um ihr politisches System machten. Wenn man bedenkt, dass zu dieser Zeit Errungenschaften wie Menschenrechte oder demokratische Grundgesetze noch in scheinbar unerreichbarer Ferne lagen, dann wundert es nicht, dass mit Querulanten und Wanderpredigern, die das Volk mit apokalyptischer Panikmache unnötig verunsicherten, schon mal kurzer Prozess gemacht wurde – quasi vorsorglich, aber nicht, weil man einen Staatsstreich befürchtete.

Diese Macht hatte Jesus als einer von vielen mehr oder wenig sonderbaren Endzeitpredigern und Exorzisten zu dieser Zeit ziemlich sicher nicht, sonst hätten bestimmt noch weitere Quellen und vor allem auch Zeitzeugen von ihm berichtet. Jesus war aus Sicht der Römer nicht mehr als ein Querulant, ein apokalyptischer Sektenführer, der in einem unbedeutenden Außenposten am äußersten Rand des römischen Reiches für Unruhe sorgte.

Er pries zwar das „Reich Gottes“ an und wünschte es sich herbei, Jesus meinte dies aber nie im politischen Sinn.

„Anpreisen“ ist wohl nicht die richtige Beschreibung für die Ankündigung des Jüngsten Gerichtes… Das Erscheinen eines Gottes zum Zwecke des Gerichtes über alle Lebenden und die Toten könnte man schon als politisch relevant bewerten – wenn es sich dabei nicht um eine Fiktion handeln würde.

Die Römer verstanden es falsch und kreuzigten ihn – es war damals tragischerweise eine ganz normale Strafe für Aufrührer.

Wenn man der Bibel Glauben schenkt (wozu man als Christ ja uneingeschränkt verpflichtet ist), dann hätte das jüdische Volk ja durchaus noch eine Möglichkeit gehabt, die Todesfolter von Jesus zu verhindern. Aber nein, das Volk begnadigte Barnabas und wollte Jesus am Kreuz hängen sehen. Diese biblische Darstellung wurde, neben etlichen anderen, als Legitimation für furchtbaren und grausamsten Antisemitismus bis hin zum Völkermord verwendet. Was einmal mehr große Zweifel an der Daseinsberechtigung von Religionen allgemein weckt.

Theologisch gesehen musste Jesus sterben: Mit seinem Tod opferte er sich für alle Menschen und erlöste sie damit von ihren Sünden – allein aus Liebe und einmalig.

(Vorab: Es muss am „blinden Religions-Fleck“ liegen, dass eigentlich halbwegs aufgeklärte und vernünftige Menschen im 21. Jahrhundert einen Satz wie diesen offenbar als ganz normal, plausibel und vielleicht sogar bedeutungsvoll für ihr Leben empfinden.)

Mit einer solchen Aussage stellt sich einmal mehr die Frage, wofür genau Theologie überhaupt sinnvoll oder nützlich sein soll (abgesehen von den Theologen, die ihr Geld damit verdienen, sich Gedanken über Fiktionen zu machen und Märchen zu interpretieren, statt sich mit der natürlichen Wirklichkeit zu beschäftigen). Diese gesamte angebliche theologische Begründung besteht aus nichts weiter als aus von Menschen erdachter Fiktion. Die Vorstellung, dass sich jemand vor ungefähr 2000 Jahren freiwillig als Menschenopfer absichtlich hat brutal foltern und töten lassen, um damit die Menschen von ihren Sünden zu erlösen (was ist das für ein Gott, der aufgrund eines Menschenopfers allen Menschen ihre Sünden vergibt?), ist so unbeschreiblich irreal, dass man die letzten zwei Buchstaben von irreal auch weglassen könnte, um diese Vorstellung zu beschreiben.

(Noch irrsinniger wäre es, diesem psychedelischen Schauermärchen irgendeine Bedeutung für unsere heutige Zeit entnehmen zu wollen. Wieso sind denn die Menschen angeblich immernoch voller Sünde, wenn Jesus doch schon für unsere Sünden gestorben ist? Für wie viele Menschen oder Sünden reicht ein Menschenopfer? Ist zu erwarten, dass Gott nochmal oder überhaupt mal auf die Erde kommt? Wenn Jesus tatsächlich ein Teil Gottes ist und wenn Gott allwissend ist, hätte Jesus dann nicht auch wissen müssen, dass er am Kreuz sterben würde, damit der Plan Gottes in Erfüllung geht? – Sobald man nur anfängt, religiöse Aussagen ein ganz klein wenig zu hinterfragen, stößt man sofort auf so viele Widersprüche und Ungereimtheiten, dass es einem schwindelig werden kann.)

Die historisch wahrscheinliche Wirklichkeit war viel trivialer und erwartungsgemäß wesentlich plausibler: Jesus hatte die kurz bevorstehende Apokalypse, das jüngste Gericht, das Erscheinen Gottes auf der Erde angekündigt. Als jüdischer Rabbi sah er sich natürlich nur als Verkünder, nicht etwa als Sohn Gottes. Vermutlich wegen seiner Randale im Tempel zu Jerusalem wurden auch die Römer auf den Aufrührer aufmerksam und entschlossen sich, den Störenfried vorsorglich mundtot zu machen. Die damals übliche Methode für solche Fälle war die Kreuzigung. Also wurde Jesus gekreuzigt – und nichts passierte. Jesus dürfte von seiner Kreuzigung überrascht gewesen sein, deshalb fragte er verständlicherweise seinen „Vater“ am Kreuz, warum er ihn verlassen habe – eine Reaktion auf eine Kreuzigung, die allzu menschlich erscheint.

Seine übriggebliebenen Anhänger erwarteten jeden Tag, dass sich die Ankündigung ihres Meisters erfüllen würde. Aber nichts passierte, Woche um Woche, Monat um Monat, Jahr um Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt. Kein Gott, kein Zeichen, nichts. Die kleine Sekte geriet mehr und mehr in Vergessenheit und wäre beinahe schon wie viele andere Sekten auch wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

Besonders die Judenchristen konnten die Erschaffung eines neuen Glaubens nicht so ohne Weiteres mit ihrem bisherigen Glauben in Einklang bringen, deshalb wurde ihr Einfluss immer schwächer. Jetzt übernahmen die Heidenchristen die Regie – also Christen, die für ihre neue Religion keine alte Religion hätten aufgeben müssen. Sie waren es, die maßgeblich zur bunten Gestaltung des christlichen Glaubens beigetragen haben. Für die Erschaffung ihrer Religion hatten sie weitestgehend freie Hand, sie konnten die wenigen realen Fakten quasi beliebig gestalten, deuten, interpretieren, verändern, weglassen oder ergänzen, um die gewünschte Wunschreligion zu erhalten.

So wurde aus dem Verkünder Jesus der Verkündete, der angeblich schon im Alten Testament angekündigt worden war. Dazu war es erforderlich, dass Jesus nicht nur ein gewöhnlicher Mensch, sondern ein göttliches Wesen war, ein Teil Gottes. Deshalb erfand man zunächst seine angeblich göttliche Abstammung und auch der profane Kreuzigungstod musste mit einer angeblichen Auferstehung und Himmelfahrt aufgewertet werden. Schließlich wurde der streng monotheistische Gott Jahwe zu einem dreifaltigen Gott aus Vater, Sohn und Geist – für Juden eine unvorstellbare Blasphemie.

Mit diesem Wissen ist es leicht verständlich, wie aus dem Juden Jesus ein Messias und schließlich der Sohn Gottes werden konnte. Diese Definitionen haben nichts mit der historischen Wirklichkeit des Jesus von Nazareth zu tun, sie sind von Menschen erfundene und zusammenfabulierte Wunsch-Eigenschaften einer fiktiven Person, die es so nie gegeben hat. Die Geschichte wurde so angepasst, dass sie möglichst zu den prophetischen Vorhersagen des Alten Testaments passte – ein billiger Trick, der auch bei anderen angeblichen Vorhersagen wie Horoskopen ganz gut funktioniert.

Also: keine Kreuzigung, kein Opfertod, keine Auferstehung, kein Christentum. Jesus musste also sterben.

Wer will denn an etwas glauben und zu etwas gehören, für dessen Entstehung der brutale Foltertod eines Menschen zwingend erforderlich war!? Können Sie mir das bitte mal beantworten?

Also nochmal:

  • Jesus musste sterben, weil er ein Lebewesen war und weil alle Lebewesen sterben müssen.
  • Die Kreuzigung war die Folge der Entscheidung eines römischen Richters in Verbindung mit der Entscheidung eines Volkes.
  • Der Opfertod und die Auferstehung sind Erfindungen von Menschen und haben nichts mit der Wirklichkeit zu tun.

Das Christentum basiert auf einem Fundament aus Mythen, Märchen und Legenden voll mit Lügen, Erfindungen, projizierten Wünschen und Hoffnungen von vormittelalterlichen Menschen, die sich für einen Bezug zur Realität die Gestalt Jesus ausgewählt hatten. So, wie vielleicht irgendein echter Schneider Vorbild für das „Tapfere Schneiderlein“ war.

Das mag für gläubige Christen möglicherweise ziemlich enttäuschend klingen, aber eine Ent-täuschung bedeutet ja den unschätzbaren Gewinn, dass man nicht länger getäuscht ist.

Nachbemerkung: Wer sich an der Bewertung der Menschenopfer-Auferstehungs-Sühnetod-Geschichte als „irre“ stören sollte, möge sich diese Aussage bitte mal kurz nicht in Verbindung mit dem eigenen Gott, sondern irgendeinem anderen fiktiven Wesen vorstellen.

*Jede Woche fordert osthessennews.de unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen Gedanken“ zum Nachdenken auf. Die als Zitate gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

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