Kommentar zu NACHGEDACHT 101: Neue Weihnachtsbräuche ?

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Kommentar zu NACHGEDACHT 101: Neue Weihnachtsbräuche ?, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 14.12.2014 von osthessen-news.de

Beim jüdischen Pessachfest gibt es den Brauch, einen Platz für eine zusätzliche Person mehr zu decken, die aber wahrscheinlich nicht als Gast beim Essen dabei sein wird. Die Juden decken zu ihrem Hochfest, bei dem feierlich an den Auszug der Israeliten aus Ägypten erinnert wird, einen Platz mehr für den alttestamentlichen Propheten Elia – dieser gilt im jüdischen Glauben als Vorbote des Messias. Elias Kommen wird im Judentum erwartet – dies wird mit dem freien Platz deutlich gemacht. Ein Platz mehr am Tisch – das ist doch sehr gastfreundlich.*

Was es mit dem Pessachfest auf sich hat, weiß Wikipedia: Das hebräische Wort pessach (‏פסח‎) ist abgeleitet von einem Verbalstamm mit der Bedeutung „auf-/gegen-/zurückstoßen“ oder „abprallen“. Es bezeichnet in Ex 12,13 EU das „Vorübergehen“, „Auslassen“ oder „Überspringen“ jüdischer Häuser während JHWHs Strafgericht an den ägyptischen männlichen Erstgeborenen in der Nacht des Auszugs. Die Hebräer seien dabei verschont geblieben, weil sie ihre Türen mit einem Schutzzeichen markiert hätten (Ex 12,27 EU):

  • In dieser Nacht gehe ich durch Ägypten und erschlage in Ägypten jeden Erstgeborenen bei Mensch und Vieh. Über alle Götter Ägyptens halte ich Gericht, ich, der Herr. Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt, soll ein Zeichen zu eurem Schutz sein. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen, wenn ich in Ägypten dreinschlage. Diesen Tag sollt ihr als Gedenktag begehen. Feiert ihn als Fest zur Ehre des Herrn! Für die kommenden Generationen macht euch diese Feier zur festen Regel! (Ex 12,12Ex 12,14, Einheitsübersetzung, Hervorhebung von mir)

Vor diesem Hintergrund erscheint die auf den ersten Blick freundliche Geste des freien Platzes auf einmal in einem ganz anderen Licht und einmal mehr zeigt sich, wie einfach es ist, aus archaischen Mythen das herauszulesen, was einem in den Kram passt und das wegzulassen, was nicht oder nicht mehr geeignet scheint, das gerade präferierte Gottes- und Weltbild zu stützen.

Ich habe mir schon oft überlegt, wie es wäre, wenn unser Weihnachtsfest am Heiligabend auch mit dieser Tradition erneuert werden würde. Genug Essen ist ja meistens da und ein zusätzlicher Platz ist auch noch frei zu bekommen. Allerdings sollte der Platz für eine Person sein, die Weihnachten vielleicht allein wäre oder für eine Person, die gar nicht die Möglichkeit hat, so ausgiebig und festlich zu feiern, wie wir es doch meistens tun.*

Und? Haben Sie’s schon mal gemacht? Oder nur „oft überlegt“ ? Würde es „reduziertes Essen“ oder ein Festessen geben?

Weihnachten „verkommt“ bei leider vielen Familien zu einem Geschenkefest.*

Wobei den wenigsten bewusst sein dürfte, dass die Tradition, Ende Dezember Geschenke zu verschenken, mit dem christlichen Weihnachtsfest rein gar nichts zu tun hat – diese Tradition wurde, ebenso wie das Datum und viele weitere Details, von heidnischen Bräuchen „übernommen.“

Das größte Geschenk – Jesu Kommen in die Welt – wird aber beiseite gekehrt.*

Die Wahrscheinlichkeit, dass Jesus in die Welt kommt, ist genauso gering wie in den letzten gut 2000 Jahren auch. Deshalb ist es an der Zeit, diese Illusion tatsächlich beiseite zu kehren (oder, höflicher ausgedrückt, sie ins Reich der Märchen und Mythen zu verlegen).

Deswegen sollten wir einmal überlegen, wie wir von diesem Geschenkewahn wegkommen und mit einer anderen Geste würdigen, was an Weihnachten tatsächlich wichtig ist.*

Oder wir sollten überlegen, wie wir von diesem Gotteswahn wegkommen und mit einer anderen Geste würdigen, was auf der Welt und für die Menschen tatsächlich wichtig ist.

Eine Möglichkeit – wie oben erwähnt – wäre es doch, jemanden einzuladen, dem wir eine wahrliche Freude damit machen würden.*

Ich lade Sie herzlich ein, wenn ich Ihnen damit eine wahrliche Freude machen würde! Alternativ wäre es mir auch eine wahrliche Freude, von Ihnen eingeladen zu werden und es wäre wirklich eine große Überraschung für mich.

Oder wir könnten jemanden beschenken, der nicht das zehnte Paar Socken nötig hat. Ich habe mir vorgenommen, jemandem einen Brief zu schreiben, der niemals mit Worten von mir rechnen wird. Ich hoffe diese Person freut sich von Herzen.*

Das würde ich tun, versprochen.

Versuchen wir also, ein paar neue Weihnachtsbräuche einzuführen, die über Lebkuchen- und Gänseessen hinausgehen. Arbeiten wir doch einmal an der Basis der Weihnachtsbotschaft und schenken Liebe und Zuneigung.*

Oder wir arbeiten an der tatsächlichen, realen Basis der Menschheit und schenken aus diesem Grund Liebe und Zuneigung, ohne Weihnachtsbräuche, einfach so, weil wir es können und weil wir auch etwas davon haben, wenn wir Liebe und Zuneigung schenken!

*Das Online-Portal Osthessennews fordert jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen“ Gedanken zum Nachdenken auf. Alle Zitate stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

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