Fragen an Diakon Markus Fuhrmann

Lesezeit: ~ 4 Min.

Diakon Markus Fuhrmann (Norderney) schließt in seiner Online-Verkündigung #eiligeworte von den biblischen Jesus-Eigenschaften auf Eigenschaften, die Gott angeblich haben soll.

Sehr geehrter Herr Diakon Markus Fuhrmann,

in Ihrem Beitrag sagen Sie, dass Gott in Jesus „wahrer Gott und wahrer Mensch“ sei. Christen würden dies „bekennen.“ Ist mit „bekennen“ „glauben“, also „ohne Beweis und Prüfung der Plausibilität für wahr halten“ gemeint?

Ihre Verkündigung ist für mich in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Denn weder innerhalb der religiösen „Wirklichkeit“, noch in der natürlichen, irdischen Wirklichkeit kann ich Ihre Behauptungen nachvollziehen.

The personal Jesus of Diakon Markus Fuhrmann

Angenommen, man würde tatsächlich davon ausgehen, die Eigenschaften von Jesus würden Rückschlüsse auf ein überirdisches, unsichtbares und nicht selbst in Erscheinung tretendes Wesen, das wahlweise sein Vater oder auch zwei Drittel seiner Selbst ist, zulassen.

Dann würde man ja von den Eigenschaften ausgehen müssen, mit denen Jesus in der Bibel beschrieben wird. Und um von diesen auf das gewünschte Gottesbild des heutzutage von Christen präferierten „lieben Gottes“ zu kommen, ist eine höchst selektive Lesart der Bibel erforderlich.

Denn die Autoren mit dem Pseudonym „Markus“ lassen ihren gerade auferstandenen Gottessohn unmissverständlich klar stellen (Hervorhebung von mir):

  • Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. (Mk 16,16 EU)

Viele religiöse Verkünder gehen immer mehr dazu über, den zweiten Teil geflissentlich unter den Teppich zu kehren. Verdammung passt so gar nicht zu einem Gott, den man sich doch viel lieber als „lieben Gott“ imaginiert.

Die biblische Gesamtaussage

Jetzt handelt es sich bei dieser Bibelstelle nicht etwa um eine gezielt herausgesuchte Behauptung, die von einer sonst ganz anderen biblischen Gesamtaussage abweicht. Denn vielmehr steht jedem christlichen Heilsversprechen die unmissverständliche Androhung ewiger physischer und psychischer Bestrafung durch Höllenqualen gegenüber, falls sich jemand nicht diesem Gott oder einem anderen Gott unterwerfen möchte.

Nicht vergessen darf man in der Gesamtbetrachtung auch, dass der allmächtige, allgütige Gott offenbar keine andere Möglichkeit hatte, denen, die sich ihm unterwerfen, seine Liebe zu beweisen, als sich seinen eigenen Sohn zu seiner eigenen Befriedigung als Menschenopfer zu Tode foltern zu lassen.

Damit ist das biblische Gottesbild, das man von Jesus vielleicht ableiten könnte, keineswegs so positiv, wie es sich gläubige Menschen gerne wünschen würden.

Religiöse Scheinwirklichkeit vs. irdische Wirklichkeit

Herr Diakon Markus Fuhrmann, betrachtet man Ihre Verkündigung von einem rationalen Standpunkt aus, so stellt sich die Frage, wie plausibel Aussagen überhaupt sein können, die lediglich in einer vormittelalterlichen Legende behauptet werden.

Selbst wenn man unterstellt, dass es einen Jesus von Nazaret möglicherweise tatsächlich gegeben hat und dass dieser möglicherweise tatsächlich ein außergewöhnlicher Mensch war, so war er sicher doch eben nur das – ein außergewöhnlicher Mensch.

Durch die Behauptung, dass ein Gott in Jesus Mensch geworden sei, wird die Existenz dieses Gottes kein bisschen plausibler oder wahrscheinlicher.

Je unwahrscheinlicher eine Behauptung ist, desto aussagekräftiger müssten die Beweise ausfallen, dass diese Behauptung wahr ist. Ansonsten könnte man genauso behaupten, Schneewittchen sei ein Beweis für die Existenz der sieben Zwerge.

Religiös Glauben bedeutet, unbewiesene Behauptungen für wahr zu halten

EinheitsübersetzungEine Legende, die von unbekannten Autoren im Vormittelalter verfasst worden war und die in weiten Teilen nichts weiter als eine Kopie ähnlicher früherer Gottessohn-Biographien darstellt, ist kein belastbarer Beweis.

Zwischen der irdischen, natürlichen Wirklichkeit und der religiösen Scheinwirklichkeit lässt sich bis zum Beweis des Gegenteils kein Kausalzusammenhang erkennen oder redlicherweise herstellen. Deshalb muss dieser Zusammenhang auch geglaubt, also ohne Beweise für wahr gehalten werden.

Herr Diakon Markus Fuhrmann, Sie sagen: „Jesus ist ganz Gott, aber er ist gleichzeitig auch ganz Mensch.“ Diese Behauptung widerspricht dem grundlegenden Satz der Identität (lat. principium identitatis).

Während jemand oder etwas natürlich mehrere Eigenschaften in sich vereinen kann, so ist die Behauptung, etwas oder jemand sei ganz A und gleichzeitig auch ganz B nach logischen Gesichtspunkten ausgeschlossen. Und aus diesem Widerspruch folgt Beliebiges –  ex contradictione sequitur quodlibet.

Ihre Annahmen über die Eigenschaften von Gott scheitern also schon an der Unlogik Ihrer behaupteten Prämissen. Ausgehend von der Annahme, Jesus sei ganz Mensch und ganz Gott, können Sie alles Beliebige behaupten, zum Beispiel auch: „Gott hat an seinem eigenen Leib erfahren, was es heißt, als Mensch zu leben.“ Oder was Sie sich eben sonst noch alles gerne wünschen oder vorstellen möchten. Der menschlichen Phantasie sind praktisch keine Grenzen gesetzt.

Das kann man ja alles machen, aber:

Warum sollte man an Gott glauben?

Volker DittmarDann stellt sich mir jedoch die Frage: Warum sollte man an diesen Gott glauben? Warum sollte man ein überirdisches, angeblich doch sowieso allmächtiges, allwissendes und allgnädiges Wesen für wahr halten? Und wofür und warum sollte man es sogar noch verehren?

Obwohl dieses Wesen nicht fähig oder willens ist, eine bessere als diese Welt zu erschaffen? Oder das diese Welt gar absichtlich so erschaffen hat, was dann auf eine sadistische Ader und damit wohl kaum auf einen „lieben Gott“ schließen lassen würde?

Herr Diakon Markus Fuhrmann, warum sollte man Ihrer Meinung nach an den von Ihnen behaupteten Gott glauben?

Sie, Herr Diakon Markus Fuhrmann, haben freilich einen guten Grund, an Gott zu glauben. Denn schließlich verdienen Sie Ihr Geld damit, dass Ihr behaupteter Gott vorläufig noch nicht den unzähligen Göttern in die Bedeutungslosigkeit folgt. Und da kann man mit einem lieben Gott heutzutage sicher noch eher punkten als mit dem biblischen Gott, der dereinst kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten.

Aber wieso sollten Menschen, die nicht finanziell vom Wahrhalten der absurden christlichen Lehre abhängig sind, an diesen Gott glauben? Der nach eigenen, letztlich unbekannten Maßstäben über Menschen richtet? Und der alle bestraft, die sich ihm nicht unterwerfen möchten? An einen Gott, der sich bei rationaler Betrachtung lediglich als eine von Menschen zu bestimmten Zwecken erdachte und mit beliebigen Eigenschaften ausstattbare Fiktion entpuppt?

Gott mit abwechslungsreichem „Lebenslauf“

An Ihrer Verkündigung lässt sich gut erkennen, dass Götter völlig beliebig definierbare Größen sind. Wenn Ihnen bestimmte Eigenschaften des in der Bibel behaupteten Gottes nicht gefallen, lassen Sie diese einfach weg.

Und malen sich einen Gott aus, der Ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht. Kein einziger Gott hat sich jedazu geäußert, wie Menschen ihn sich schon vorgestellt haben. Trotz seiner angeblichen Allmacht.

Und so hat auch der biblische Jahwe einen abwechslungsreichen „Lebenslauf“ hinter sich. Der einstige Gatte der Göttin Aschera war schon Berge-, Wetter-, Wüsten- und Kriegsgott. Bevor ihn sich die Christen zum lieben Gott mit nicht unerheblicher Persönlichkeitsstörung und praktischerweise auch zu einem Drittel als Mensch umphantasierten.

Herr Diakon Markus Fuhrmann, welche Bedeutung kann etwas haben, das beliebig, zum Beispiel von Ihnen, definiert werden kann?

Was unterscheidet den von Ihnen behaupteten Gott von Ihrer Wunschvorstellung dieses Gottes?

*Quelle: Facebook. Wir haben keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

 

 

 

 

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