Kommentar zu NACHGEDACHT 147 – Darf man Menschen abschreiben?

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Kommentar zu NACHGEDACHT 147: Darf man Menschen abschreiben? …. Gedanken von Christina LEINWEBER
Original-Artikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 2.11.2015 von osthessen-news.de

Und was ist, wenn wir von unseren  „Irrwegen“ nicht in die angebliche „Liebe Gottes“ zurückkommen (wollen)? Ich zum Beispiel werde sicher nicht in die Liebe Gottes zurückkommen. Weil ich bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehe, dass es keine Götter gibt. Und damit auch nicht den lieben Gott der Christenheit.

Aus Sicht der Autorin mag das ein Irrweg sein. Aus meiner Sicht ist der Weg der Autorin ein Irrweg. Im Unterschied zur Autorin kann ich für meine Überzeugungen und Aussagen plausible Belege liefern. Deshalb halte ich meine Aussagen für glaub-würdiger als Aussagen die eine tatsächliche Existenz eines von Menschen erdachten Gottes voraussetzt.

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Bei der Beantwortung der Frage, wie man mit Menschen, die sich gegen den „Sinn Gottes“ gestellt haben, umgehen solle, bin ich Ihnen gerne behilflich. Sie gehen davon aus, dass der Mensch die Freiheit habe, sich gegen den „Sinn Gottes“ zu stellen.

Diese Annahme ist in zweierlei Hinsicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch. Weil es erstens keinen Gott gibt (das mit der „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ lasse ich künftig weg, wenn ich die Existenz Gottes ablehne), demzufolge auch keinen „Sinn Gottes“ (es handelt sich dabei stets um den Sinn, den Menschen ihrem Gott geben). Und weil der Mensch zweitens eben keinen freien Willen hat in dem Sinne, dass es ihm dieser Wille ermöglichen würde, sich gegen die Prägung seines Hirns für oder gegen etwas zu entscheiden.

Nach heutigem Erkenntnisstand besteht keine Notwendigkeit für die Annahme, dass es auf Erden nicht „mit rechten Dingen“ zugehen würde. Somit ist nicht die Unergründlichkeit eines göttlichen Willens und auch nicht eine erdachte Willensfreiheit der Grund für eine solche Tat verantwortlich. Sondern vermutlich in erster Linie die Prägung des Hirns dessen, der die Tat begangen hat. Was diese natürlich keineswegs rechtfertigt oder weniger unethisch macht.

Mit anderen Worten: Auch bei grausamsten Taten spielt die spezifische Prägung, die ein Gehirn hat, eine grundlegend wichtige Rolle. Wobei hier natürlich durchaus auch zum Beispiel religiöse oder andere Indoktrinationen sowie (psychische) Krankheiten als mögliche Ursachen in Frage kommen können. Was diese Taten keineswegs rechtfertigen, aber erklären kann.

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Ob Jesus den Mann besuchen und ihn irgendwann für etwas büßen lasssen würde, käme darauf an, welchen Wertemaßstab er anlegen würde und es würde voraussetzen, dass er überhaupt in der Lage wäre, jemanden „büßen“ zu lassen.

Schon in den 10 Geboten, die Sie in Ihrer Bibel finden, droht Ihr Gott an, dass er die Kinder von Ungläubigen bis zur 3. und 4. Generation auslöscht. Es könnte also sogar sein, dass ein Mord ganz im Sinne Gottes war (der sich ja vielleicht noch auf „sein“ Wertesystem bezieht, das ihm die Menschen aufgrund ihrer vormittelalterlichen Prägung damals, lange vor Erfindung der Menschenrechte, in den Mund gelegt hatten.). Gott droht nicht nur selbst vielfachen Kindermord an, er fordert auch sein Volk mehrfach dazu auf:

  •  Es sollen auch ihre Kinder vor ihren Augen zerschmettert, ihre Häuser geplündert und ihre Frauen geschändet werden. (Jesaja 13,16, Luther-Bibel 1984)

„Für etwas büßen“ setzt außerdem voraus, dass etwas als „Gut“ oder „Böse“ deklariert wurde, was Religionen ja entsprechend der jeweils aktuell gültigen Werte ihrer Führer tun.

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Dass man mit Nachdenken bei der Beantwortung solcher Fragen nicht weiterkommt ist nicht weiter erstaunlich, solange man von einem religiösen Gut-Böse-Dualismus indoktriniert ist.

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Ob wir alle das Nachdenken und „Nichtwissen“ aushalten müssen? Da kann ich Sie beruhigen, das müssen wir nicht. Nachdenken müssten wir aushalten, das stimmt – Nichtwissen nicht. Niemand kann uns daran hindern, uns von den archaischen Mythen, auf denen unsere Vorstellung von Gott aufbaut zu befreien und anzufangen, selbst nachzudenken und etwas gegen das „Nichtwissen“ zu tun.

Nachdenken ist mitunter anstrengender als an einen fiktiven Gott zu glauben. Aber es lohnt sich, besonders für aufgeklärte Menschen im 21. Jahrhundert! Auf praktisch alle Fragen, die sich ein Mensch stellen kann, gibt es inzwischen plausiblere und richtigere Antworten, als sie eine archaisch-magisches Glaubenskonstrukt jemals liefern könnte.

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Es mag für manche Menschen zutreffen, dass sie Leid als „schmerzhaft unerklärlich“ empfinden. Besonders unerklärlich erscheint vieles, solange man davon ausgeht, dass alles, was passiert, auf ihren angeblich existierenden, gütigen Gott zurückgeht, zu dem Leid natürlich so überhaupt nicht passt.

Da dies ja aber gar nicht der Fall ist, ist Leid durchaus erklärlich, weil ursächlich bedingt (auch wenn uns wiegesagt die Ursachen, bzw. die Ursachenkette, die letztlich zu einer Tat geführt hat, (noch) nicht immer nachvollziehbar sein mag).

Auch wenn natürlich noch längst nicht alle möglichen Ursachen für „Leid“ erforscht und geklärt sind: Alles, was geschieht, ist die Folge von etwas, was vorher geschehen ist. Mit anderen Worten: Für alles gibt es eine Ursache. Und die ist, wie der Name schon sagt, die Ursache dafür, was passiert. Und nicht der Wille oder das Handeln eines unergründlichen, von Menschen erdachten Gottes.

So etwas lässt sich höchstens behaupten, nicht aber belegen. Sonst müsste es ja auch niemand mehr glauben.

Das Online-Portal osthessennews.de veröffentlicht jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ die Gedanken einer Lehrerin, die sich selbst als „liberal-theologisch“ bezeichnet.

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