Gedanken zu Bischöflicher Neujahrsempfang – Heinz Josef ALGERMISSEN: „Das neue Jahr steht dunkel und unverfügbar vor uns!“

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Gedanken zu Bischöflicher Neujahrsempfang – Heinz Josef ALGERMISSEN: „Das neue Jahr steht dunkel und unverfügbar vor uns!“, Original-Artikel verfasst von Carla Ihle-Becker, veröffentlicht am 1.1.2016 von osthessen-news.de

Achtung: Dieser Beitrag enthält extrem brutale Bibelzitate, die für nicht religiös indoktrinierte Menschen als verstörend (bzw. gestört) wirken dürften.

 […] (Generalvikar Prof. Gerhard Stanke:) Auch die Zahl derer, die keiner religiösen Gemeinschaft angehörten, sei auf mittlerweile 37 Prozent angewachsen. Religion werde immer stärker aus dem öffentlichen Leben in den privaten Bereich verdrängt.*

Genau dort hat Religion, wenn überhaupt noch, ihre einzige Daseinsberechtigung: im privaten Bereich. Wer sich gerne göttlichen Illusionen und Fiktionen hingeben möchte, möge das gerne im privaten Bereich tun. Zum Glück für die Menschheit erkennen immer mehr Menschen, dass Religion für das öffentliche Leben im 21. Jahrhundert bestenfalls noch so relevant wie Grimms Märchen oder die Nibelungensage ist.

Dieser Tendenz müsse entgegengewirkt werden.*

Diese Tendenz ist wohl die letzte Hoffnung, die die Menschheit noch hat – die Überwindung religiöser Indoktrination, die seit Jahrtausenden Grund und Rechtfertigung für unzählig viele Tote war und immernoch ist und die die Entwicklung und die Freiheit der Menschheit so stark behindert hat wie wohl kein anderer Einfluss.

„Christen sind herausgefordert, sich auch in der Öffentlichkeit zu ihrem Glauben zu bekennen“, mahnte Stanke,*

Ich mahne: Christen sind herausgefordert, ihren Glauben kritisch zu hinterfragen und nicht länger auf die fadenscheinigen, trügerischen Heilsversprechen hereinzufallen.

…der auch auf die Pervertierung einging, Gewalt mit Glauben zu vermischen und Angehörige anderer Religionen zu verfolgen. „Aus Sicht unseres Glaubens ist ganz eindeutig: Gewalt kann nie mit Berufung auf Gott gerechtfertigt werden“.*

Wer sich die Mühe macht, aus der Bibel nicht nur das herauszulesen, was den Glaubensführern gerade in den Kram bzw. ihr Weltbild passt, wird sehr schnell sehr wohl umfassende Rechtfertigungsgrundlagen für alle Arten von Gewalt im Namen und Auftrag Gottes finden:

  • [Gott kennt keine Gnade:] So zieh nun hin und schlag Amalek und vollstrecke den Bann an ihm und an allem, was es hat; verschone sie nicht, sondern töte Mann und Frau, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel. – 1. Samuel 15,3, Luther-Bibel 1984
  • [Gott ordnet die Ermordung Homosexueller an:] Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; … 3.Mose 20,13, Luther-Bibel 1984
  • [Gott ordnet eine Gruppensteinigung an:] Wenn jemand einen widerspenstigen und ungehorsamen Sohn hat, der der Stimme seines Vaters und seiner Mutter nicht gehorcht und auch, wenn sie ihn züchtigen, ihnen nicht gehorchen will, so sollen ihn Vater und Mutter ergreifen und zu den Ältesten der Stadt führen und zu dem Tor des Ortes und zu den Ältesten der Stadt sagen: Dieser unser Sohn ist widerspenstig und ungehorsam und gehorcht unserer Stimme nicht und ist ein Prasser und Trunkenbold. So sollen ihn steinigen alle Leute seiner Stadt, dass er sterbe, … – 5. Mose 21,18-21, Luther-Bibel 1984

Schon allein diese angebliche Aussage Jesu aus dem „Neuen Testament“ reichte vor wenigen Jahrzehnten als Rechtfertigung eines millionenfachen Genozides in Deutschland:

  • [Jesus kündigt die Verbrennung von Menschen an:] Also wird es auch am Ende der Welt gehen: die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappen sein. Matthäus 13:49-50, Lutherbibel 1912

…bei Bedarf ergänzt durch weitere biblische Aussagen wie zum Beispiel:

  •  [Die Juden werden für den Tod Jesu verantwortlich gemacht und als Feind aller Menschen bezeichnet:] „Die Juden haben unseren Herrn Jesus getötet und die Propheten und haben uns verfolgt und gefallen Gott nicht und sind allen Menschen Feind.“ – 1 Thess 2,15, Einheitsübersetzung
  • [Juden werden für den Tod Jesu verantwortlich gemacht:] „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ – Mt 27,25, Einheitsübersetzung

Solange Aussagen wie diese als göttliche Offenbarungsdogmen behauptet oder auch einfach nur unkommentiert weitertradiert werden, bleibt die Aussage, man könne sich für Gewalt nicht auf den Christengott berufen, eine sarkastische Farce. Gott selbst hatte ja, glaubt man dem archaischen Märchen, seine ganze Schöpfung auch schon mal vernichtet, weil sie ihm nicht mehr gefallen hatte…

Wie wirken solche Aussagen auf uns, wenn wir sie nicht in der „eigenen“ „Heiligen Schrift“, sondern in den Büchern anderer Religionen lesen? Zeigt es nicht vielmehr, wie beliebig ein Welt- und Wertebild aus den archaischen Mythen und Märchen ganz nach Wunsch und Vorstellung derer, die die Bedeutung und die Werte einer Religion definieren, formbar ist, indem man sich einfach das gerade Passende aus der Palette zwischen Nächstenliebe und Völkermord heraussucht?

[…] (Dr. Heiko Wingenfeld:) 2016 berge die Chance, sich als Christ neu zu besinnen und auf das Wesentliche zu konzentrieren.*

Dieser Forderung schließe ich mich an: Christen sollten 2016 die Chance nutzen, sich neu zu besinnen und sich auf das Wesentliche – nämlich die real existierende Umwelt zu konzentrieren, statt noch länger Gottesfiktionen auf den Leim zu gehen.

„Doch es gibt viel mehr Hilfsbereitschaft und Engagement in uns, als wir bisher wussten“, konstatiert der OB und lobt das tatkräftige Eintreten der kirchlichen Organisationen wie das der Caritas oder der Schönstattschwestern.*

Dieses unbedingt hoch zu würdigende Engagement kann genauso von Menschen ohne irgendeinen göttlichen Auftrag erbracht werden. Dass die Kirche hier derzeit noch eine Hoheitsstellung hat, ist nur noch historisch bedingt. Gerade die Caritas ist ein „gigantisches Wohlfahrtsimperium“, „…unter dem Siegel der Gemeinnützigkeit verbergen sich Intransparenz und Ineffizienz.“ (Quelle) (weitere Infos). Nochmal ist hier deutlich zwischen dem positiven persönlichen Einsatz von Helfern und der mehr als fragwürdigen Institution zu unterscheiden.

[…] …der Austausch mit den Bürgern verlaufe hier eindeutig positiver als im Rest des Landes. Zur Erklärung dieses Phänomens werde die größere religiöse Bindung angeführt, die hier noch gegeben sei. „Christ zu sein bedeute, Weltbürger zu sein“, schloss Wingenfeld und wünschte allen Kraft und Zuversicht für die gewaltigen Aufgaben der Zukunft.*

Ausgerechnet die religiöse Bindung als Ursache für besseren Austausch mit den Bürgern zu nennen, halte ich für sehr konstruiert. Christ zu sein bedeutet eben nicht, Weltbürger zu sein, weil ein Christ ja die tatsächliche Welt um den bis zum Beweis des Gegenteils frei erfundenen Einfluss eines Gottes erweitert, statt sich an der Wirklichkeit zu orientieren.

[…] Gleichgültigkeit und Weltlichkeit verformten die Seelen.*

Weltlichkeit als zweite Ursache neben Gleichgültigkeit für eine „Verformung“ von „Seelen“ zu bezeichnen, ist nicht nur höchst arrogant, sondern auch reinste Blasphemie – an der Weltlichkeit.

Gleichgültigkeit und Religionen verformen Seelen, zum Beispiel, indem man Menschen eine angebliche Schuld einredet und eine angebliche Erlösung davon verspricht. Daran ändert sich auch nichts, wenn man das Gegenteil behauptet und Weltlichkeit beliebig mit Gleichgültigkeit gleichsetzt.

Man umgebe sich gleichsam mit abgedunkelten Scheiben, um das Außen nicht wahrnehmen zu müssen.*

Genau das beschreibt sehr treffend, was Religionen bieten: Eine scheinbare, trügerische Sicherheit, eine vermeintliche Erhebung der Gläubigen über die restliche Menschheit, eine Vernebelung des klaren Blickes auf die tatsächliche Wirklichkeit, die frei von religiösen Hirngespinsten ist. So wundert es kaum, dass Herr Algermissen das neue Jahr auch als „dunkel und unverfügbar“ wahrnimmt oder es zumindest so darstellt.

[…] Kermani hatte nach seiner Rede darum gebeten, statt zu applaudieren doch für einen ihm bekannten Priester und dessen Gemeinde zu beten, die in Syrien entführt wurden. Das Auditorium sei von dieser Bitte um ein stilles Gebet sichtlich irritiert gewesen und habe nur sehr zögerlich reagiert. „Wo selbst Christen es nicht mehr wagen, öffentlich und offensiv ihre Solidarität mit den bedrängten Glaubensbrüdern im Orient zu bekunden, hat Kermani als Andersgläubiger genau das gewagt“, lobte der Bischof.*

Es stimmt hoffnungsvoll, dass immer mehr Menschen wie in diesem Beispiel nicht mehr auf die Illusion eines Gottes hereinfallen und demzufolge logischerweise auch nicht mehr an die Wirksamkeit oder Sinnhaftigkeit irgendwelcher Gebete an diesen (oder irgendeinen anderen) Gott glauben.

*Alle als Zitat gekennzeichnete Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel, verfasst von Carla Ihle-Becker, veröffentlicht am 1.1.2016 von osthessen-news.de

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