Das Wort zum Wort zum Sonntag: Eliten statt Bildung?

Lesezeit: ~ 3 Min.

Kommentar zum „Wort zum Sonntag: Eliten statt Bildung?„, gesprochen von Dr. Wolfgang Beck (kath.), veröffentlicht am 25.02.2016 von ARD/daserste.de

[…] …ist mir die Initiative Arbeiterkind aufgefallen. Darin unterstützen Studierende sich gegenseitig und ermutigen Schüler durch Informationsveranstaltungen zum Sprung an die Uni. […]

[…]  Deshalb ist es so wichtig, immer wieder das Gegenteil zu versuchen: Menschen zu ermutigen und ihnen etwas zuzutrauen.

Das geschieht für Christen gerade durch das Handeln Gottes: Die Bibel zeigt: Da werden Menschen groß gemacht – gerade diejenigen, denen sonst wenig zugetraut wird: Etwa Moses, dessen Weg als Waisenkind beginnt und der dann doch zur wichtigsten Figur des Volkes Israel wird.

Kurz gesagt: Die Bibel begeistert sich regelrecht für Aufsteigergeschichten.*

Um zu dieser absurden Erkenntnis kommen zu können, ist, wie bei der Bibellektüre üblich, auch hier eine hochselektive Lesart nebst eigentümlicher Interpretation erforderlich. Die meisten Menschen werden in der Bibel eben nicht groß, sondern klein (bevorzugt auch einen Kopf kürzer) gemacht. Positives über Menschen gibts nur in Zusammenhang mit der Androhung ewiger Strafe.

Der Mensch an sich hat nämlich nach biblischer Sichtweise nicht mal die Chance, aus eigener Anstrengung „groß“ zu werden oder sonstwie auf einen grünen Zweig zu kommen. Er ist auf Gedeih und Verderb (im wahrsten Wortsinn) auf die Gnade Gottes angewiesen. Damit entspricht die eigentliche Aussage der Bibel diametral dem, wofür die im Beitrag vorgestellte „Initiative Arbeiterkind“ steht.

Ausgerechnet Moses als leuchtendes Beispiel für eine „Aufsteigergeschichte“ zu nennen, zeugt ebenfalls von einer schier unerträglichen Ignoranz, die bei einem Pfarrer sicher nicht in Unwissenheit begründet ist. Hier erübrigt sich jeder Kommentar, es genügt, kurz die religiöse Immunität aufzuheben, die Bibel aufzuschlagen und nachzulesen, wer Moses (laut Bibel, dem von Gott offenbarten, uneingeschränkt und ewig gültigen „Wort Gottes“) wirklich war und womit er seine gottgefällige Karriere machte.

In jeder Bibel kann man, wenn man möchte, detailliert nachlesen, worin die angebliche „Größe“ des Moses tatsächlich bestand: In höchst gottgefälligem, aber gleichzeitig (oder: weil) unglaublich inhumanem, grausamstem und gnadenlosem Verhalten gegenüber Nicht- und Andersgläubigen, aber auch gegenüber den Angehörigen des eigenen Stammes, wenn diese zum Beispiel wiedermal vergessen hatten, auch die Frauen und Kinder zu töten (Hervorhebungen von mir):

  • Und er sprach zu ihnen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Gürte ein jeglicher sein Schwert um seine Lenden und durchgehet hin und zurück von einem Tor zum andern das Lager, und erwürge ein jeglicher seinen Bruder, Freund und Nächsten.  Die Kinder Levi taten, wie ihnen Mose gesagt hatte; und fielen des Tages vom Volk dreitausend Mann. Da sprach Mose: Füllet heute eure Hände dem HERRN, ein jeglicher an seinem Sohn und Bruder, daß heute über euch der Segen gegeben werde.
    (2. Mose 32:28-29, Lutherbibel 1912)
  • […] Und die Kinder Israel nahmen gefangen die Weiber der Midianiter und ihre Kinder; all ihr Vieh, alle ihre Habe und alle ihre Güter raubten sie, und verbrannten mit Feuer alle ihre Städte ihrer Wohnungen und alle Zeltdörfer. Und nahmen allen Raub und alles, was zu nehmen war, Menschen und Vieh, und brachten’s zu Mose und zu Eleasar, dem Priester, und zu der Gemeinde der Kinder Israel, nämlich die Gefangenen und das genommene Vieh und das geraubte Gut ins Lager auf der Moabiter Gefilde, das am Jordan liegt gegenüber Jericho. Und Mose und Eleasar, der Priester, und alle Fürsten der Gemeinde gingen ihnen entgegen, hinaus vor das Lager. Und Mose ward zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute über tausend und über hundert waren, die aus dem Heer und Streit kamen, und sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Weiber leben lassen? Siehe, haben nicht dieselben die Kinder Israel durch Bileams Rat abwendig gemacht, daß sie sich versündigten am HERRN über dem Peor und eine Plage der Gemeinde des HERRN widerfuhr? So erwürget nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Weiber, die Männer erkannt und beigelegen haben; aber alle Kinder, die weiblich sind und nicht Männer erkannt haben, die laßt für euch leben. Und lagert euch draußen vor dem Lager sieben Tage, alle, die jemand erwürgt oder Erschlagene angerührt haben, daß ihr euch entsündigt am dritten und am siebenten Tage, samt denen, die ihr gefangen genommen habt. Und alle Kleider und alles Gerät von Fellen und alles Pelzwerk und alles hölzerne Gefäß sollt ihr entsündigen.Und Eleasar, der Priester, sprach zu dem Kriegsvolk, das in den Streit gezogen war: Das ist das Gesetz, welches der HERR dem Mose geboten hat: Gold, Silber, Erz, Eisen, Zinn und Blei und alles was das Feuer leidet, sollt ihr durchs Feuer lassen gehen und reinigen; nur daß es mit dem Sprengwasser entsündigt werde. Aber alles, was das Feuer nicht leidet, sollt ihr durchs Wasser gehen lassen. Und sollt eure Kleider waschen am siebenten Tage, so werdet ihr rein; darnach sollt ihr ins Lager kommen.
    (4. Moses 31:9-24, Lutherbibel 1912)

Egal, wie sehr man diese Geschichte auch abstrahiert und auf welcher Metaebene man sie auch betrachten mag: Der biblische Moses ist und bleibt eine widerliche, Menschen verachtende, raffgierige, bigotte, grausame, herrschsüchtige und insgesamt überaus unangenehme Figur – und damit wahrlich kein Vorbild für Menschen, die trotz schwieriger Bedingungen eine Karriere anstreben.

*Der als Zitat gekennzeichnete Abschnitt stammt aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.

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