Kommentar zum Pfingst-Gemeindebrief

Lesezeit: ~ 4 Min.

Im Gemeindebrief der der „Pfarreiengemeinschaft Oberer Sinngrund und der Evangelischen Kirchengemeinde Wildflecken“ wendet sich die Frau Pfarrerin Roth an die „pfingstliche“ Gemeinde. Warum der Brief dann auch in meinem Briefkasten gelandet ist weiß ich nicht, aber gerne ergänze ich die Aussagen um ein paar Informationen und Gedanken:

Mit Bezug auf die entsprechende Bibelstelle behauptet Frau Roth, Gottes Liebe sei uns geschenkt worden. Wie immer, wenn irgendetwas mit Bibelversen begründet wird, lohnt es sich, einen Blick auf den Text zu werfen, aus dem der zitierte Halbsatz herausgepickt wurde. Und da liest man dann zum Beispiel (Hervorherbung von mir):

  • Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. (Römer 5:1-2, Einheitsübersetzung)

Hoffnung auf angebliche Heilsversprechen dürfen sich also keineswegs alle Menschen machen, sondern ausdrücklich nur die, die durch den Glauben an Gott durch Jesus Christus „gerecht“ gemacht wurden (sind die anderen dann ungerecht?). Dies widerspricht der Behauptung von Frau Roth, dass Gott alle Menschen lieben würde. Das mag auf ihren persönlichen Wunschgott zutreffen, biblisch lässt sich diese kindlich-naive Hoffnung aber nicht begründen. Weiter steht im Römerbrief:

  • Mehr noch, wir rühmen uns ebenso unserer Bedrängnis; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. (Römer 5:3-5, Einheitsübersetzung)

Hierbei handelt es sich um einen frühen Versuch, die Theodizee-Frage zu bewältigen: Warum kann ein liebender Gott „Bedrängnis“ zulassen? Die zur Hoffnung umgedeutete Bedrängnis lässt sich angeblich durch das Wirken eines Geistes ertragen. Für ein vormittelalterliches Wüstenvolk mag diese Herleitung plausibel gewesen sein, aus heutiger Sicht ist diese „Erklärung“, Leid und Bedrängnis sei in Wirklichkeit nur eine Prüfung eines liebenden Gottes, eine Prüfung, die mit der Hoffnung auf eben dieses Gottes Hilfe ausgehalten werden müsse, alles andere als befriedigend.

Keiner der über 3000 Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, ist jemals auch nur ein Mal seriös belegbar irgendwie in Erscheinung getreten. Alle Aussagen darüber, was Gott angeblich möchte oder gemacht hat, sind deshalb rein menschliche Fiktion. Diese Erkenntnis hat weder mit dem Heiligen-, noch mit dem Zeitgeist zu tun, sondern mit Vernunft, Aufklärung und Wissen.  Alle angeblichen „Gottesbeweise“ sind aufgrund des heutigen Wissensstandes widerlegt. Somit spricht nach aktueller Faktenlage nichts für, aber alles gegen die Existenz und Einflussnahme überirdischer Wesen wie Götter, Göttersöhne, Geister oder anderer unbeweisbarer überirdische Phänomene.

Desweiteren ist davon auszugehen, dass es im Universum „mit rechten Dingen“ zugeht. Absicht der biblischen Geschichten war nicht die Beschreibung historischer Begebenheiten, sondern die Erschaffung eines gewünschten Gottesbildes.

EinhornFrau Roth schreibt, „wir“ hätten den Wunsch, mit Gott zu reden. Natürlich ist es jedem freigestellt, zu seinen imaginären Freunden zu sprechen und sich von ihnen Unterstützung zu erhoffen. Besonders bei Kindern ist dieses Verhalten in einem bestimmten Alter oft zu beobachten.

Die meisten erwachsene Menschen erkennen irgendwann aufgrund ihrer praktischen Erfahrung und ihrer Vernunft, dass es völlig zwecklos ist, auf Hilfe von fiktiven Göttern und Geistern zu hoffen und dass das, was sie tatsächlich erleben, in Wirklichkeit nichts mit Wesen aus einer erfundenen Scheinwelt zu tun hat.

Weiter schreibt Frau Roth, Gott habe sich immer wieder für uns Menschen eingesetzt, wovon die Bibel angeblich berichten würde. Das legt zwei mögliche Vermutungen nahe: Entweder hat Frau Roth die Bibel nicht gelesen (berufsbedingt unwahrscheinlich), oder sie pickt sich in gewohnter Manier aus der Bibel die wenigen Stellen heraus, die ihr persönliches Wunschbild untermauern und lässt den Großteil der Bibel, in denen Gott als alles andere als Menschenfreundlich beschrieben wird, weg.

Die Gesamtbilanz der Bibel in ethisch-moralischer Hinsicht ist katastrophal: Der Gott im Alten Testament wird als rach-, eifer-, und kriegssüchtiges, grausames, ungerechtes, sadistisches, willkürliches Monster beschrieben, das großes Gefallen an Angriffs- und Vernichtungskriegen hat. Göttliche Heilsversprechen gelten in der ganzen Bibel niemals für alle Menschen, sondern ausdrücklich nur für die Menschen, die sich diesem Gott bis hin zur Selbstaufgabe unterwerfen und selbst dann sind sie noch vollständig auf die göttliche Gnade angewiesen.

11059866_1070367289704422_7504908870644625741_n.pngGleiches gilt für die Aussagen im Neuen Testament. Hier steht den Heilsversprechen für Anhänger die permanente Androhung zeitlich unbegrenzter physischer und psychischer Bestrafung in Form von ewiger Höllenqual für Un- und Andersgläubige gegenüber und Gott verlangt ausdrücklich die Hinrichtung eines Menschen, zu dem er ein Vater-Sohn-Verhältnis hat, auf die denkbar grausamste Art und Weise als Menschenopfer für sich selbst, um anderen Menschen seine Liebe damit zu beweisen und diesen Menschen eine Schuld zu vergeben, die er selbst ihnen vorher eingeredet hat. Es entspricht also keineswegs der biblischen Aussage, dass Gott seine bedingungslose Liebe allen Menschen von seinem Geist „eingießen“ lassen wollen würde.

Wie schon geschrieben, spielt das alles aber auch gar keine Rolle in unserer Wirklichkeit, also in der Wirklichkeit, in der auch Christen links und rechts schauen, bevor sie über die Straße gehen. Erfundenen Wesen kann man alle beliebigen Eigenschaften zuschreiben. Nur sollte man dann redlicherweise ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Geschichten bestenfalls so bedeutsam sein können wie zum Beispiel die Illias oder die Nibelungensage und nicht so tun, als handle es sich dabei um irgendetwas Reales.

Wenn zum Beispiel reale, menschliche Liebe mit einer erfundenen Gottesliebe gleichgesetzt wird, dann könnten leichtgläubige, unkritische Menschen und besonders auch Kinder nicht erkennen, dass die Liebe, die sie tatsächlich wahrnehmen, in Wirklichkeit nichts mit Göttern und Geistern zu tun hat und dass sie getäuscht wurden, wenn ihnen etwas anderes erzählt wurde.

Die reale Wirklichkeit ist um Lichtjahre spannender, faszinierender und „wunderbarer“ als alle Geister archaischer Wüstengötter und alle angeblichen biblischen Wunder (die zudem noch ausnahmslos von früheren Mythen und Legenden übernommen worden waren). Deshalb gibt es nur einen Grund, Menschen zu erzählen, diese Geschichten hätten eine besondere Bedeutung für uns heute: Wenn man damit sein Geld verdient, dass jemand an diese Geschichten glaubt.

Und die Moral von der Geschicht: Wer Gott nicht kennt, der braucht ihn nicht!

 

 

 

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