Kommentar zu: Engagement in Innenstadtpfarrei – 16 neue Messdiener der Stadtpfarrkirche – Magische Zahl von 100 überschritten

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Kommentar zu: Engagement in Innenstadtpfarrei – 16 neue Messdiener der Stadtpfarrkirche – Magische Zahl von 100 überschritten, veröffentlicht am 27.06.16 von Osthessennews

Eine Schlagzeile, deren unfreiwillige Komik einem unwillkürlich ein Schmunzeln verschaffen kann: Nicht genug damit, dass offenbar 16 weitere Jugendliche irgendwie dazu gebracht wurden, ihre kostbare, weil einmalige Lebenszeit mit der Verehrung von imaginären Wesen aus der religiösen Scheinwelt zu verbringen – nein, jetzt werden auch noch völlig gewöhnliche Zahlen als „magisch“ erklärt.

Tatsächlich kommt auch in der Bibel, die irrtümlich auch als „Wort Gottes“ bezeichnet wird, mehrfach die Zahl 100 vor – die Stellen können einem gleich noch ein weiteres Schmunzeln oder auch Grauen verschaffen, wie zum Beispiel (Quelle: Bibel – EU,** Hervorhebungen von mir):

  • Das ist die Geschlechterfolge nach Sem: Sem zeugte im Alter von hundert Jahren Arpachschad, zwei Jahre nach der Flut.
  • Abraham war hundert Jahre alt, als sein Sohn Isaak zur Welt kam.
  • Fünf von euch werden hundert verfolgen, hundert von euch werden zehntausend verfolgen und eure Feinde werden vor euren Augen dem Schwert verfallen.
  • Sie sollen ihm eine Geldbuße von hundert Silberschekel auferlegen und sie dem Vater des Mädchens übergeben, weil der Mann eine unberührte Israelitin in Verruf gebracht hat. Sie soll seine Frau bleiben. Er darf sie niemals entlassen.
  • Saul antwortete: So sollt ihr David sagen: Der König möchte keine andere Brautgabe als die Vorhäute von hundert Philistern, um an den Feinden des Königs Rache zu nehmen. Saul plante nämlich, David den Philistern in die Hände fallen zu lassen.
  • Dann schickte David Boten zu Ischbaal, dem Sohn Sauls, und ließ ihm sagen: Gib meine Frau Michal heraus, für die ich die hundert Vorhäute der Philister als Brautpreis bezahlt habe.
  • David nahm von ihm siebzehnhundert Wagenkämpfer und zwanzigtausend Fußsoldaten gefangen; er ließ alle Wagenpferde lähmen und behielt nur hundert (für sich) zurück.
  • Dazu schuf er kettenförmige Bänder und brachte sie oben auf den Säulen an. Auch machte er hundert Granatäpfel und befestigte sie an den kettenförmigen Bändern.

Welche dieser Bibelstellen wohl im Ministrantenunterricht behandelt oder in einer öffentlichen Verkündigung herausgepickt werden und welche nicht und warum? Welches dieser Beispiele könnte für die heutige Zeit noch irgendwie von Bedeutung sein? Wer bezahlt seine Frau heute schon noch mit Vorhäuten?

[…]Wenn die Messdiener das Kreuz tragen, werde deutlich, wer vorangehe und wem die Gläubigen folgten – Jesus Christus.*

Wenn die Ministranten ein Kreuz mit einem daran befestigten Jesus Christus tragen, dann geht dieser nicht voran, sondern er wird vorangetragen. Von „Nachfolgen“ kann keine Rede sein, wenn das zu verfolgende Objekt von den angeblich nachfolgenden Menschen selbst getragen wird. Das ist genauso, wie wenn der Esel, dem man einen Stock mit einer Karotte daran am Hals befestigt hat nicht merkt, dass er die Karotte niemals erreichen kann.

An diesem, auf den ersten Blick ganz unverfänglichen Beispiel kann man gut erkennen, wie Dinge zu religiösen Zwecken mehr oder weniger subtil einfach so umdefiniert werden, dass sie die gewünschte Aussage liefern oder bestätigen.

In Wirklichkeit wird nur deutlich, dass es verantwortungslosen Erwachsenen offenbar gelungen ist, junge Menschen dazu zu bringen, erfundene überirdische Wesen zu verehren und damit Dinge für wahr und bedeutsam zu halten, die ausschließlich der menschlichen Phantasie entspringen und keinen tatsächlichen Einfluss auf unsere reale, natürliche Wirklichkeit haben. Dieser verordnete Denkverzicht hat einen so schädlichen Einfluss auf das klare, selbstständige Denken von Menschen, dass Religionen allein schon deshalb als äußert gefährlich und schädlich einzustufen sind.

Wenn sie die Leuchter tragen, dann machten sie aufmerksam, auf ihn, der im Evangelium zu den Christen spreche.

Auch das ist eine beliebige Umdeutung, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Niemand „spricht“ im Evangelium zu den Christen. Die Evangelien haben sich Menschen vor mehr als tausend Jahren ausgedacht. Nicht mal Theologen, die heute noch irgendwie wenigstens ein bisschen ernstgenommen werden möchten, vertreten heute noch die Auffassung, dass die biblischen Texte von Gott „stammen“ oder wenigstens von einem solchen „inspiriert“ wurden. Die Behauptung, jemand spreche im Evangelium, ist deshalb bis zum Beweis des Gegenteils genauso geflunkert wie die vorherige Behauptung.

Wenn sie die Gaben Brot und Wein bringen, brächten sie damit die Gaben der Gemeinde und alles, was jeder Einzelne in den Gottesdienst mitbringe.

MinistrantDie „Gaben der Gemeinde“ sind nicht „Brot und Wein“, sondern schnödes, bares Kleingeld, das die milliardenschwerreiche Kirche als „Kollekte“ während des Gottesdienstes einsammeln lässt.

Die Vorstellung, Brot und Wein seien „Gaben der Gemeinde“ hängt damit zusammen, dass es sich hier um ein Speiseopfer handelt, wie es zu der Zeit der Erfindung des Christentums weit verbreitet war. In der Bibel wird ständig alles Mögliche geopfert: Speisen, Tiere, Söhne… Sieht man heute Bilder von Abhängigen anderer Religionen, wie sie ihren Göttern Opfer darbringen, wirkt das befremdlich und absurd – nur das eigene Speiseopfer für den eigenen Gott ist von dieser objektiven Beurteilung selbstverständlich ausgenommen.

Dabei ist es in Wirklichkeit sogar noch viel grotesker, wenn man nämlich bedenkt, dass Christen ja daran glauben, dass aus dem Speise- ein Menschenopfer wird, und zwar nicht nur symbolisch, sondern „in echt.“ Laut christlicher Lehre ist nämlich die Oblate nach der „Wandlung“ gleichzeitig auch das Fleisch eines Menschen, der vor knapp 2000 Jahren von seinem eigenen Vater grausamst zu Tode gefoltert worden war – als Menschenopfer zu dessen eigener Befriedigung und zum Zweck, ein paar Menschen seine väterliche Liebe damit zu beweisen.
Der Wein erinnert nicht nur symbolisch an irgendwas, er wird in menschliches Blut eben dieses glücklosen galiläischen Endzeitpredigers, der sich so grundlegend mit seiner Prophezeiung geirrt hatte und dann auch noch von seinem eigenen Vater zu Tode gefoltert und mit dem Ewigen Leben als Drittel eines dreifaltigen Gottes bestraft worden war, verwandelt.

Verständlicherweise möchte heute eigentlich niemand mehr etwas mit solch bizarrem, nüchtern betrachtet völlig absurdem und in unserer Zeit bedeutungslosem Hokuspokus tatsächlich zu tun haben. Gläubigen bleibt nur, das Nachdenken über diesen zentralen Dreh- und Angelpunkt des Christentums aktiv zu unterdrücken, ihn als „Glaubensgeheimnis“ auszublenden und sich einfach keine Gedanken darüber machen, wie man außerhalb der eigenen Religion Menschen einschätzen würde, die jeden Sonntag gemeinsam Speise- oder Menschenopfer für imaginäre Wesen darbringen.

Umso erschreckender, dass es der Kirche tatsächlich auch heute noch gelingt, die Gesellschaft so zu beeinflussen, dass sich auch heute noch Kinder und Jugendliche finden, die auf das christliche Brimborium hereinfallen und denen, vermutlich hauptsächlich durch frühkindliche Indoktrination und durch Gruppenzwang suggeriert werden kann, dass sie einem Gott dienen würden, obwohl sie in Wirklichkeit nur einer stinkreichen Kirche dienen, die vom religiösen Abgerglauben der Menschen, die sie als „Schafe“ bezeichnet, fürstlich profitiert.

Die steil ansteigende Austrittsstatistik spricht hingegen eine andere Sprache und lässt hoffen, dass auch das Christentum in absehbarer Zeit im Geschichtenbuch archaischer Wüstenreligionen verschwunden sein wird und dass Menschen dazu übergehen, selbständig und selbstverantwortlich zu denken und zur Lösung realer Probleme nicht mehr auf irreale Wunschwesen vertrauen.

Natürlich mag es auch dann noch vereinzelt Menschen mit schwach ausgeprägtem Sinn für die Realität geben, die an einem solch wirren und verstaubten Glauben festhalten wollen, aber die mögen das dann bitte wie zum Beispiel auch die Satansjünger oder die Mitglieder der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters für sich privat, auf eigene Kosten und ohne staatliche Sonderprivilegierungen tun. Einmischungen ins Privatleben aller Menschen sind ebensowenig angebracht wie die verfassungswidrige religiöse Indoktrination von Kindern.

Ergänzung: Leider bleibt im Artikel unerwähnt, dass auch die Zahnfee, ein paar Kobolde und das Unsichtbare Pinkfarbene Einhorn mitfeierten und dass zum Höhepunkt der Zeremonie das Fliegende Spaghettimonster alle mit SEINEN Nudeligen Anhängseln berührte – ein untrügliches Zeichen für SEINE große Gnade!

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
** EU = Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart

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