Sie bedeuten etwas …Gedanken zu Nachgedacht… (230) zum Thema Sprache, Originalbeitrag verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 4.6.2017 von Osthessennews
Manchmal will man sie haben, sucht sie, schaut vielleicht in den Himmel und wünscht sich die Worte, die etwas bedeuten.*
…und wird früher, später oder manchmal auch nie feststellen, dass vom Himmel keine Worte kommen. Weder bedeutungslose, noch welche, die etwas bedeuten. Und zwar ganz egal, wie sehr man sie haben will und wie dolle man sie sich wünscht.
Diese paar Buchstaben, die alles ändern würden, die paar Silben, die unser Herz für etwas Höheres schlagen lassen.
An diesem Satz zeigt sich einmal mehr, dass Sprache auch verwendet werden kann, um eine bestimmte Aussage bis zur Unkenntlichkeit zu verschleiern und zu verneblen. Denn es ist völlig unklar, was die Autorin mit diesem Satz eigentlich sagen möchte.
Und so kann man nur raten: Was könnte mit „etwas Höheres“ gemeint sein? Welche Buchstaben oder Silben würden „alles ändern“?
Nebulöse Sprache: Gehts um Pfingsten?
In Anbetracht der Tatsachen, dass diese Kolumne manchmal unter der Rubrik „Kirche“ erscheint, die Autorin sich selbst als liberal-theologisch bezeichnet und auch sonst immermal mehr oder weniger religiös angehauchte Themen bearbeitet, lässt vermuten, dass es auch diesmal einen religiösen Bezug geben könnte.
Zumal Christen heute ja auch Pfingsten feiern. Also das christliche Fest, bei dem Sprache eine wichtige Rolle spielt (obwohl es ursprünglich nur zur Verdrängung eines älteren, heidnischen Festes eingerichtet worden war, wovon bis heute der Brauch des Pfingstochsen herrührt).
Die sehnliche Bitte an Gott, er möge sich doch endlich mal zu erkennen geben, wird in jedem Gottesdienst von den Gläubigen in Form dieser Unterwerfungsformel geäußert (Hervorhebung von mir):
- „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“
Freilich wären Götter schön blöd, wenn sie tatsächlich mit Menschen sprechen würden. Niemand würde mehr an sie glauben müssen, wenn man sicher wissen könnte, dass es sie gibt.
Und so werden die unwürdigen Menschen mit den kranken Seelen auch noch in Zukunft um ein göttliches Wort betteln müssen. Um diese paar Buchstaben, die alles ändern würden.
Ob es der Autorin tatsächlich um solche Gedanken ging, bleibt unklar. Die so genannte Nebelkerzen-Taktik, also irgendwelche Dinge zu erzählen, die auf den ersten Blick nicht völlig absurd klingen und die sich aber auf den zweiten Blick als inhaltsleer und bedeutungslos erweisen, wird von Theologen oft und gern angewendet: Man erzählt irgendwas Beliebiges, hofft, dass man von Nachfragen verschont bleibt und wechselt schnell das Thema.
Worte, die scheinbar vom Himmel kommen…
So auch hier: Nach den anfänglichen (vermutlich bewusst) unklar und unspezifisch formulierten Überlegungen, die wahrscheinlich schon irgendeinen religiösen Bezug haben sollen, gehts mit Texten von großen Dichtern und Denkern der Geschichte weiter, die es der Autorin angetan haben.
Leider verrät sie nicht, was solche großartige Texte kennzeichnet oder welche die Autorin dazu zählt. Stattdessen bedient sich die Autorin genau der floskelhaften Sprache, die sie ja offenbar eigentlich ablehnt, um ein paar weitere Zeilen mit Buchstaben zu füllen:
Oft gibt es Situationen in unserem Leben, oft gibt es Gespräche mit Menschen, da bekommt man mehr als Floskeln, mehr als abgegriffene Ratschläge, da bekommt man die bedeutenden Worte, die scheinbar vom Himmel kommen, die scheinbar dazu in der Lage sind, das Mehr in unserem Leben aus uns heraus zu holen.
Bedeutende Worte, die scheinbar vom Himmel kommen, die scheinbar dazu in der Lage sind, das Mehr in unserem Leben aus uns heraus zu holen? Das sind Floskeln, inhaltsleere Worthülsen, die nichts aussagen.
Scheinbar vom Himmel, scheinbar in der Lage, das Mehr in unserem Leben… – da läuft die Phrasendreschmaschine auf Hochtouren…
Etwas despektierlich könnte man solche Sprache auch als „Gewäsch“ oder „Geschwurbel“ bezeichnen.
Meine Worte – deine Worte
Und wir sollten uns immer wieder zwei Fragen stellen: Was sind die bedeutenden Worte für mein Leben? Und zweitens: Schenken wir anderen Menschen genug von solchen Worten?
Wenn ich herausgefunden habe, was die bedeutenden Worte für mein Leben sind, dann heißt das doch nicht, dass diese Worte auch für andere Menschen von Bedeutung sind?
Gerne schenke ich Ihnen folgende, aus meiner Sicht sehr bedeutende Worte:
- Gott existiert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Genießen Sie Ihr Leben, ohne dabei gleichberechtigte Interessen Anderer zu verletzen!
Sprache ist tatsächlich ein äußerst mächtiges Werkzeug und sicher eine der wichtigsten Grundlagen des menschlichen Entwicklungsfortschrittes. Wer verstanden werden möchte, sollte sich einer möglichst klaren und deutlichen Sprache bedienen.
Darüber hinaus bietet Sprache aber natürlich auch die Möglichkeit, Dinge so zu umschreiben, dass sich eine klare Aussage nicht erkennen lässt bzw. der Phantasie des Lesers oder Zuhörers überlassen bleibt. Jede fiktive Geschichte, jeder Mythos, jede Legende lebt von dieser sprachlichen Unschärfe. Und jeder Theologe.
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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„...trauernde Christen auf Beerdigungen…“ Ja, schon recht befremdlich. Andererseits aber auch nicht, da solch akrobatische (UN-)Logik ja untrennbar zu dieser…