wählerisch-sein: Art. 6 (1)

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Auf der Webseite wählerisch-sein.de betreibt das Evangelisch-Lutherische Landeskirchenamt Sachsens laut eigener Darstellung eine „Guerilla-Kampagne für mehr Wahlbeteiligung & Demokratie.“ 

Der Versuch, einigen Artikeln aus dem Grundgesetz irgendwie passend erscheinende Bibelzitate zuzuordnen legt allerdings eher die Vermutung nahe, dass es sich dabei um einen Versuch handelt, die Wahl dazu zu nutzen, die „Heilige Schrift“ noch als irgendwie relevant für die heutige Zeit darzustellen.

Art. 6 (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Du sollst nicht ehebrechen. (Ex 20,14)

Der „besondere Schutz“ von Ehe und Familie macht keine Aussage über das Thema Ehebruch. Beim Gesetz handelt es sich um eine rechtliche Norm, bei dem Spruch aus dem Alten Testament um eine moralische Verhaltensanweisung. Die von wählerisch-sein.de ausgewählte Bibelstelle ist also nichts weiter als ein klassisches Strohmann-Argument: Ehe und Familie?

Da passt das Gebot vom Ehebruch doch ganz gut dazu, das nehmen wir!

Würde unser Grundgesetz tatsächlich auf biblischen Werten und Normen basieren, dann wäre die Steinigung die angemessene Bestrafung für Ehebruch. Dieser Auffassung zufolge müssten nicht nur alle, die ihre Frau betrügen, gesteinigt werden, sondern auch alle Geschiedenen und Wiederverheirateten:

  • Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch; auch wer eine Frau heiratet, die von ihrem Mann aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch. (Lk 16,18)
  • Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben. Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch. (Mt 5, 31-32)
  • Ein Mann, der mit der Frau seines Nächsten die Ehe bricht, wird mit dem Tod bestraft, der Ehebrecher samt der Ehebrecherin. (3. Mo 20,10)

Was die anoymen Bibelschreiber ihrem Jesus in den Mund legten, legt die Vermutung nahe, dass Familien damals einen besonderen Schutz ihrer Familien durch staatliche Ordnung nötig gehabt hätten, um sich der Angriffe des Heilands zu erwehren:

  • Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein.
    Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig. (Mt 10, 34-37)
  • Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein. (Lk 14,26)

Quellen

  • Quelle der Auszüge aus dem Grundgesetz: © Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Stand: 23.12.2014
  • Quelle der als Zitat gekennzeichneten Bibelstellen: © Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung revidiert 2017
  • Quelle der kursiv gekennzeichneten, eingerückten Bibelzitate: Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart.

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